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VwGH vom 10.11.1995, 92/17/0292

VwGH vom 10.11.1995, 92/17/0292

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der R-GesmbH in D, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der FLD Vlbg vom , GZ. 910-2/91, betreffend Festsetzung des Steuermeßbetrages nach der Lohnsumme für die Kalenderjahre 1988 und 1989 (mitbeteiligte Parteien: 1. Marktgemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister, 2. Stadtgemeinde D, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die erstmitbeteiligte Marktgemeinde stellte mit Schriftsatz vom betreffend die Jahre 1988 und 1989 beim Finanzamt Feldkirch gemäß § 29 Gewerbesteuergesetz den Antrag auf Feststellung des Steuermeßbetrages nach der Lohnsumme. Sie brachte vor, in ihrer Gemeinde seien sechs bis acht Arbeitnehmer der Firma R-GesmbH in D, beschäftigt. Das Finanzamt Feldkirch setzte mit zwei Bescheiden vom den Steuermeßbetrag nach der Lohnsumme für die Kalenderjahre 1988 und 1989 unter Zugrundelegung der Ansicht, die von der erstmitbeteiligten Marktgemeinde genannten Fahrverkäufer gehörten zu der im Gemeindegebiet der Erstmitbeteiligten gelegenen Betriebsstätte der Beschwerdeführerin, mit S 3.871,-- für das Jahr 1988, bzw. S 5.631,-- für das Jahr 1989 fest. Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie führte darin aus, daß sie im Gebiet der erstmitbeteiligten Marktgemeinde lediglich eine Umladestelle für die am frühen Morgen angelieferten Waren betreibe und die Fahrverkäufer die Waren an dieser Stelle lediglich übernähmen. Die in der genannten Umladestelle tätige Angestellte besitze keinerlei Weisungsbefugnis gegenüber den Fahrverkäufern. Diese erhielten ihre Weisungen und betrieblichen Anordnungen von D über den in Allerheiligen stationierten Gebietsverkaufsleiter für die Beschwerdeführerin. Wie sich aus den vorgelegten Akten weiters ergibt, wurde durch die Behörde erster Instanz auch erhoben, daß die Waren der Beschwerdeführerin vom Herstellungsbetrieb per Spedition abends bzw. in der Nacht nach S gebracht und dort frühmorgens auf die Lkws der Fahrverkäufer verladen werden. Der Einsatz der Fahrer, ihre Aufgaben und ihr Tourenplan (von S aus wird die gesamte Oststeiermark versorgt) wird durch die Zentrale in D bestimmt. Nach Abweisung der Berufung mit Berufungsvorentscheidung durch das Finanzamt und Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz durch die Beschwerdeführerin erging der nunmehr angefochtene Bescheid der belangten Behörde. Die belangte Behörde weist damit die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß einer Betriebsstätte die Lohnsumme jener Arbeitnehmer zuzurechnen sei, die mit der Betriebsstätte vorwiegend verbunden seien, auch wenn ihre Tätigkeit außerhalb der Räumlichkeiten dieser Betriebsstätte ausgeübt werde (Hinweis auf Philipp, Kommentar zur Gewerbesteuer, Tz 25-5). Es sei nicht erforderlich, daß der einzelne Arbeitnehmer räumlich in der Betriebsstätte tätig sei, maßgeblich sei jene Betriebsstätte, von der aus er leitend eingesetzt werde. Im Zweifel solle die Zurechnung an die Betriebsstätte der Wohnsitzgemeinde des Arbeitnehmers erfolgen. Da von einem leitenden Einsatz der Fahrverkäufer von der Betriebsstätte der Beschwerdeführerin in D aus keine Rede sein könne, sei die Zuordnung zur Betriebsstätte im Gebiet der mitbeteiligten Marktgemeinde geboten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung in dem Recht, daß für die Betriebsstätte im Gebiet der erstmitbeteiligten Marktgemeinde der Steuermeßbetrag nach der Lohnsumme für das Jahr 1988 und das Jahr 1989 richtig festgesetzt werde, geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 1 des für die Kalenderjahre 1988 und 1989 noch anzuwendenden Gewerbesteuergesetzes 1953, LGBl. Nr. 2, zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 281/1990, ist Besteuerungsgrundlage der Lohnsummensteuer die Lohnsumme, die in jedem Kalendermonat an die Arbeitnehmer der in der Gemeinde gelegenen Betriebsstätte bezahlt worden ist. Die Betriebsstätteneigenschaft der in Rede stehenden "Umladestation" ist im Beschwerdefall nicht strittig (vgl. zum Betriebsstättenbegriff etwa das hg. Erkenntnis VwSlg 1331 F/1955). Strittig ist aber im Beschwerdefall, ob die Löhne der Fahrverkäufer der Beschwerdeführerin, die die Ware an dieser Umladestation abholen und zu den Kunden im räumlichen Einzugsgebiet der Station bringen, dieser Betriebsstätte zuzurechnen sind oder nicht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 25 Abs. 1 GewStG ausgesprochen hat, kommt es für die Frage der lohnsummensteuerlichen Zuordnung eines Außendienstmitarbeiters zur Zentrale eines Unternehmens oder zu einer anderen Betriebsstätte darauf an, wo sich die Haupttätigkeit des betreffenden Arbeitnehmers vollzieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/15/0112, und vom , Zl. 91/15/0153). Entscheidend ist, zu welcher der mehreren in Frage kommenden Betriebsstätten die engere ständige Beziehung besteht, was nicht allein von der Frage abhängt, von wo aus der leitende Einsatz des Dienstnehmers erfolgt, sondern auch von Faktoren wie: Dem Vorhandensein eines Arbeitsplates in der Geschäftsstelle, der Beziehung der Außendienstmitarbeiter zu den in der Geschäftsstelle sonst tätigen anderen Dienstnehmern, dem regelmäßigen Aufsuchen der Geschäftsstelle bzw. der Zentrale und dem Umstand, ob ein Außendienstmitarbeiter nur eine bestimmte Geschäftsstelle bzw. deren räumlichen Einzugsbereich oder auch andere betreut. Daß die Tätigkeit eines Außendienstmitarbeiters von der Zentrale aus geleitet wird, ist nur dann von entscheidender Bedeutung, wenn im konkreten Fall zu keiner anderen Betriebsstätte eine (im beispielsweise aufgezeigten Sinn) engere Beziehung besteht (im Erkenntnis vom ging es um die Zuordnung der Löhne von leitenden Angestellten, die verschiedene Betriebsstätten beaufsichtigten; der Verwaltungsgerichtshof entwickelte für diesen Fall eine Zweifelsregel zugunsten der Zuordnung zur Zentrale).

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist somit der Aspekt, von wo aus der leitende Einsatz erfolgt, nur eines unter mehreren Merkmalen, die für die Zuordnung zu einer Betriebsstätte sprechen können. Diese Grundsätze sind auch im Beschwerdefall anzuwenden, zumal in den hier relevanten Fragen kein wesentlicher Unterschied zwischen einem Außendienstmitarbeiter und einem Fahrverkäufer besteht. Für den Beschwerdefall folgt aus dieser Auffassung, daß es letztlich nicht entscheidend ist, ob - wie die Beschwerdeführerin geltend macht - die Weisungen der Fahrverkäufer von D über den Gebietsverkaufsleiter an die Fahrverkäufer weitergeleitet werden oder über die in der Umladestelle beschäftigte Angestellte. Der belangten Behörde ist vielmehr im Ergebnis zuzustimmen, wenn sie auf Grund des ihr vorliegenden Sachverhalts von einer Zuordnung der Verkaufsfahrer zur Betriebsstätte im Gebiet der erstmitbeteiligten Marktgemeinde ausgegangen ist. Die Beschwerdeausführungen betreffend die Unterlassung der Vernehmung des von der Beschwerdeführerin zum Beweis dafür, daß die Weisungen aus D ergingen, namhaft gemachten Zeugen können daher keinen wesentlichen Verfahrensmangel aufzeigen. Es ist für den Beschwerdefall nicht maßgebend, ob die Weisungen an die Fahrverkäufer von der Zentrale oder von der Betriebsstätte im Gebiet der erstmitbeteiligten Marktgemeinde aus ergehen.

Im Hinblick darauf, daß die in Rede stehenden Fahrverkäufer auch nach den Ausführungen der Beschwerdeführerin die angelieferte Ware in der Umladestation im Gebiet der erstmitbeteiligten Marktgemeinde abholen und die Lieferung zu den Kunden im Einzugsgebiet dieser Station besorgen, stellt diese Umladestation den überwiegenden faktischen Bezugspunkt zum Unternehmen der Beschwerdeführerin dar. Im Sinne der zur Zuordnung von Außendienstmitarbeitern entwickelten Kriterien im oben genannten Erkenntnis kann daher davon ausgegangen werden, daß insofern ein ausschlaggebender faktischer Anknüpfungspunkt zur Betriebsstätte im Gebiet der erstmitbeteiligten Marktgemeinde gegeben ist. Indizien für eine räumliche Beziehung zur Zentrale (im Sinne der oben genannten Kriterien wie Vorhandensein eines Arbeitsplatzes, regelmäßiges Aufsuchen der Zentrale oder ähnliches) hat das Verwaltungsverfahren nicht ergeben und werden auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Die Beschwerdeführerin stützt ihre Auffassung vielmehr auf die Ansicht, daß der Umstand der Weisungserteilung von der Zentrale aus für die Zuordnung maßgeblich sei. Die Fahrverkäufer der Beschwerdeführerin, die von der Betriebsstätte in der erstmitbeteiligten Marktgemeinde die Waren abholen, betreuen nur den räulichen Einzugsbereich dieser Betriebsstätte. Sie haben im Rahmen ihrer Verpflichtungen der Beschwerdeführerin gegenüber keinen Kontakt mit der Zentrale; auch die Weisungen erhalten sie nach den Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht von der Zentrale direkt, sondern über einen räumlich näher situierten Gebietsverkaufsleiter. Es scheidet daher eine Zuordnung zur Zentrale aus.

Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht stattgefunden haben, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.