VwGH vom 19.02.1991, 89/08/0210
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der K gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom , Zl.125.793/2-7/88, betreffend Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wien V, Wiedner
Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, daß die Beschwerdeführerin in der Zeit vom bis gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterlegen sei. Begründend wurde ausgeführt, es sei unbestritten, daß der Beschwerdeführerin ab das Witwenfortbetriebsrecht nach ihrem verstorbenen Ehegatten Josef K für dessen Taxikonzession zuerkannt worden sei. Die Rücklegung der Konzession sei am erfolgt. Für den Zeitraum vom bis August 1983 habe die Beschwerdeführerin das Taxiunternehmen verpachtet. Aktenkundig sei weiters, daß die gegenständliche Gewerbeberechtigung im Zeitraum vom bis geruht habe. Wenn die Beschwerdeführerin der Meinung sei, die zivilrechtliche Verpachtung des Taxigewerbes reiche aus, um eine Ausnahme von der Versicherungspflicht nach dem GSVG zu erreichen, so werde ihr entgegengehalten, daß Verpächter von Betrieben, wenn die Kammermitgliedschaft ausschließlich auf der verpachteten Gewerbeberechtigung beruhe, zwar für die Dauer der Verpachtung von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung ausgenommen seien, jedoch eine bloß zivilrechtliche Verpachtung eines Gewerbebetriebes für den Eintritt dieses Ausnahmegrundes nicht hinreiche (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 296/68). Somit sei die Beschwerdeführerin im betreffenden Zeitraum aufgrund des § 4 Abs. 1 Z. 3 GSVG von der Pflichtversicherung nicht ausgenommen gewesen. Ihrer Behauptung, sie habe in ihrem ganzen Leben nie ein Taxifahrzeug gelenkt, komme keine Bedeutung zu, weil die Versicherungspflicht an die Kammermitgliedschaft und nicht an das Lenken eines Fahrzeuges anknüpfe. Überdies sei es ein charakteristisches Merkmal für eine selbständige Tätigkeit, sie nicht selbst auszuführen, sondern durch Dritte ausführen zu lassen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, die dieser nach Ablehnung ihrer Behandlung über Antrag der Beschwerdeführerin dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Nach ihren Beschwerdeausführungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sei der angefochtene Bescheid deshalb rechtswidrig, weil die belangte Behörde nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens richtigerweise zum Schluß hätte kommen müssen, daß die Beschwerdeführerin im obgenannten Zeitraum nicht der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterlegen sei. Von der belangten Behörde sei festgestellt worden, daß die Beschwerdeführerin vom bis August 1983 das Taxiunternehmen zivilrechtlich verpachtet habe, wobei das genaue Ende des Pachtverhältnisses nicht festgestellt worden sei. Jedenfalls habe sie im relevanten Zeitraum vom bis das Taxiunternehmen verpachtet und hiefür einen monatlichen Pachtzins von S 2.500,-- erhalten. Während des relevanten Zeitraumes habe sie selbst keine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt, insbesondere kein Taxiunternehmen betrieben. Darüberhinaus sei sie der Ansicht, daß sie zu keinem Zeitpunkt Mitglied der Kammer gewesen sei; dies sei jedoch von der belangten Behörde nicht festgestellt worden. Darüberhinaus erhalte sie nach dem Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom ,
AZ 25 R 327/85, für den Zeitraum vom bis von der mitbeteiligten Partei die Witwenpension. Für den selben Zeitraum habe sie aufgrund der mit dem angefochtenen Bescheid festgestellten Pflichtversicherung der mitbeteiligten Partei Pensionsbeiträge zu zahlen. Dies widerspreche jedoch dem Prinzip einer Pensionsversicherung. Bei richtiger Anwendung des § 4 GSVG hätte die belangte Behörde feststellen müssen, daß die Beschwerdeführerin im relevanten Zeitraum nicht der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG unterlegen sei.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm aber ebenso wie die mitbeteiligte Partei von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen.
Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG, über die die belangte Behörde zu entscheiden hatte, war die Frage, ob die Beschwerdeführerin im Zeitraum vom 16. Jänner bis der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG unterlag. Entsprechend den Darlegungen im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr 9315/A, hatte sie hiebei wegen der Zeitraumbezogenheit dieser Beurteilung das GSVG in der in diesem Zeitraum geltenden Fassung anzuwenden.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG (in der eben genannten Fassung) sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen die Mitglieder der Kammern der gewerblichen Wirtschaft pflichtversichert. Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 leg.cit. sind von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung Personen ausgenommen, die das Ruhen ihres Gewerbebetriebes bzw. ihrer Befugnis zur Ausübung der die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründenden Erwerbstätigkeit angezeigt haben, für die Dauer des Ruhens . Gemäß § 4 Abs. 3 Z. 1 sind von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung überdies Verpächter von Betrieben ausgenommen, wenn die Kammermitgliedschaft ausschließlich auf der verpachteten Gewerbeberechtigung oder Befugnis zur Ausübung der die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit beruht, für die Dauer der Verpachtung. Gemäß § 6 Abs. 3 Z. 1 leg.cit. beginnt die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung u.a. bei den in § 2 Abs. 1 Z. 1 genannten pflichtversicherten Kammermitgliedern mit dem Tag der Erlangung einer die Pflichtversicherung begründenden Berechtigung. Gemäß § 6 Abs. 3 Z. 6 leg.cit. beginnt die Pflichtversicherung der Pensionsversicherung mit dem Tag nach Wegfall eines Ausnahmegrundes. Gemäß § 7 Abs. 2 Z. 1 leg.cit. endet die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung u.a. bei den im § 2 Abs. 1 Z. 1 genannten pflichtversicherten Kammermitgliedern mit dem Letzten des Kalendermonates, in dem die die Pflichtversicherung begründende Berechtigung erloschen ist.
Gemäß § 3 Abs. 2 des Handelskammergesetzes, BGBl. Nr. 182/1946 in der im obgenannten Zeitraum geltenden Fassung sind Mitglieder jeder Kammer der gewerblichen Wirtschaft alle physischen und juristischen Personen sowie offenen Handelsgesellschaften (Kommanditgesellschaften), die zum selbständigen Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes, der Industrie, des Handels, des Geld-, Kredit- und Versicherungswesens, des Verkehrs und des Fremdenverkehrs berechtigt sind. Die Kammermitgliedschaft hängt demnach von der Berechtigung zum selbständigen Betrieb der eben genannten Unternehmungen, nicht aber von der Ausübung dieser Berechtigung selbst oder von der tatsächlichen Erfassung der Kammermitgliedschaft durch die Kammern ab (vgl. u.a. das Erkenntnis vom , Zl. 85/08/0111, Slg. Nr. 11903/A). Das diese Berechtigung und damit die Kammermitgliedschaft bewirkende Fortbetriebsrecht des überlebenden Ehegatten (vgl. §§ 38 Abs. 2, 41 Abs. 1 der GewO, die gemäß § 1 Abs. 3 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes, soweit dieses Gesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, auch für das diesem Bundesgesetz unterliegende Taxi-Gewerbe gilt) entsteht gemäß § 43 Abs. 1 GewO kraft Gesetzes mit dem Zeitpunkt, in dem das Fortbetriebsrecht der Verlassenschaft gemäß § 42 Abs. 2 leg.cit. endet. Gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 GewO endet das Fortbetriebsrecht der Verlassenschaft mit der Verständigung der Erben und Noterben, daß eine Verlassenschaftsabhandlung von Amts wegen nicht eingeleitet wird. Gemäß § 43 Abs. 3 GewO kann der fortbetriebsberechtigte Ehegatte spätestens einen Monat nach der Entstehung seines Fortbetriebsrechtes auf dieses mit der Wirkung verzichten, daß das Fortbetriebsrecht für seine Person als überhaupt nicht entstanden gilt. Gemäß § 85 Z. 1 GewO endet die Gewerbeberechtigung mit dem Tod der natürlichen Person, im Falle von Fortbetrieben (§§ 41 bis 45) erst mit der Endigung des Fortbetriebsrechtes. Nach § 85 Z. 9 GewO endet die Gewerbeberechtigung mit der Zurücklegung der Gewerbeberechtigung, im Falle von Fortbetrieben gemäß § 41 Abs. 1 Z. 1 bis 3 mit der Zurücklegung des Fortbetriebsrechtes.
Die Beschwerdeführerin stellt in der Beschwerde nicht in Abrede, daß ihr "ab das Witwenfortbetriebsrecht" nach ihrem verstorbenen Ehegatten "für dessen Taxikonzession zuerkannt wurde" (sachverhaltsbezogen: daß dieses Recht gemäß § 43 Abs. 1 in Verbindung mit § 42 Abs. 2 Z. 3 GewO kraft Gesetzes entstanden ist), "die gegenständliche Gewerbeberechtigung im Zeitraum vom bis ruhte", und "die Rücklegung der Konzession" am erfolgte. Ausgehend davon ist es bei Zugrundelegung der dargestellten Rechtslage nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde (vorerst abgesehen vom Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes nach § 4 Abs. 3 Z. 1 GSVG) für die Zeit vom bis die Pflichtversicherung der Beschwerdeführerin gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG bejaht hat. Einer gesonderten ausdrücklichen "Feststellung" ihrer Kammermitgliedschaft bedurfte es dazu nicht, weil sie aus den eben genannten unstrittigen Umständen folgte. Daß die belangte Behörde die Kammermitgliedschaft der Beschwerdeführerin aber ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde legte, ergibt sich aus dem Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides, in dem die belangte Behörde dem Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe in ihrem ganzen Leben nie Taxifahrzeuge gelenkt, mit Recht deshalb keine Bedeutung zugemessen hat, weil die Versicherungspflicht an die Kammermitgliedschaft anknüpfe und nicht an das Lenken eines Fahrzeuges.
Zutreffend ist aber auch die Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß die bloße zivilrechtliche Verpachtung eines Gewerbebetriebes keine Ausnahme von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung bewirkt. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z. 3 GSPVG dargelegt (vgl. außer dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom , Zl. 296/68, Slg. Nr. 7362/A, das Erkenntnis vom , Zl. 1189/69, Slg. Nr. 7809/A), daß der in der Ausnahmebestimmung verwendete Ausdruck "Verpächter von Betrieben" (in Bezug auf die wegen ihrer Mitgliedschaft zu Kammern der gewerblichen Wirtschaft Pflichtversicherten) nur im Zusammenhang mit der im anschließenden Konditionalsatz enthaltenen Bezugnahme auf die "verpachtete Gewerbeberechtigung" verstanden werden kann und sich daraus ergibt, daß der Ausnahmetatbestand nur dann und insoweit gegeben ist, wenn und solange eine Verpachtung der Gewerbeberechtigung vorliegt. Der Verwaltungsgerichtshof hält diese Rechtsauffassung aufrecht. Gemäß § 40 Abs. 3 GewO (von dem insofern § 7 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes keine Ausnahme vorsieht) entsteht bei konzessionierten Gewerben das Recht des Pächters zur Ausübung des Gewerbes (nach § 40 Abs. 1 GewO: auf eigene Rechnung und im eigenen Namen) frühestens mit der Genehmigung der Übertragung der Ausübung des Gewerbes. Vor diesem Zeitpunkt kann nicht von einer Verpachtung der Gewerbeberechtigung im Sinne des § 4 Abs. 3 Z. 1 GSVG gesprochen werden (vgl. in diesem Sinn die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Gewerbeordnung, 395 BlgNR XIII GP., Seite 141). Daß die gg. Verpachtung von der Gewerbebehörde genehmigt worden sei, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet; nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist eine solche Genehmigung auch nicht erfolgt. Die belangte Behörde hat daher zu Recht das Vorliegen eines auf die Verpachtung gestützten Ausnahmetatbestandes in der Pensionsversicherung verneint. Daß sie hiebei bei von der ab geltenden, durch die Novelle BGBl. Nr. 112/1986 geschaffenen Fassung des § 4 GSVG ausging, ist ohne Bedeutung, weil sich durch diese Neufassung für den Bereich der Pensionsversicherung inhaltlich nichts geändert hat.
Die aktenkundige Verpflichtung der mitbeteiligten Partei zur Zahlung einer Witwenpension auch für den Zeitraum vom bis durch das in der Beschwerde genannte Urteil des Oberlandesgerichtes Wien schließlich vermöchte an der rechtlichen Bewertung nur dann etwas zu ändern, wenn entweder aufgrund dieses Urteiles für das Verwaltungsverfahren betreffend die Versicherungspflicht der Beschwerdeführerin im relevanten Zeitraum bindend feststünde, daß sie nicht der Versicherungspflicht unterlegen sei, oder wenn der Bezug einer solchen Pension einen Ausnahmegrund von der Pflichtversicherung nach dem GSVG darstellte. Dies ist aber nicht der Fall.
Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.