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VwGH 27.02.1990, 89/08/0200

VwGH 27.02.1990, 89/08/0200

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Sache eines Verfahrens betreffend Sozialversicherungspflicht ist die Frage des Vorliegens eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer, uzw unabhängig davon, ob nur eine oder mehrere der in Betracht kommenden Verfahrensparteien Berufung erhoben haben.
Normen
RS 2
Wird über eine Berufung mit Bescheid entschieden, dann liegt entschiedene Sache vor, uzw auch hins der übrigen Berufungswerber. Es ist daher unzulässig, über mehrere Berufungen in mehreren aufeinanderfolgenden Bescheiden abzusprechen, weil Gegenstand des Verfahrens denknotwendig immer dieselbe Sache ist, über diese aber nur einmal entschieden werden darf (hier: Abspruch über Sozialversicherungspflicht in einem bestimmten Zeitraum).
Normen
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
RS 3
Ein Bescheid, der in einer schon entschiedenen Sache nochmals eine Sachentscheidung trifft, ist inhaltlich rechtswidrig.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1086/77 E RS 1
Normen
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
RS 4
Hat die Beh in einem neuerlichen Abspruch in derselben Sache bloß die vorangegangene (vom Bf nicht bekämpfte und daher ihm gegenüber rechtskräftige) Entscheidung wiederholt, so wurde dieser durch diese inhaltliche Rechtswidrigkeit in seinen Rechten nicht verletzt (Hinweis E , 87/08/0040) (hier:

zweimaliger Abspruch über das Bestehen von Sozialversicherungspflicht für denselben Zeitraum).

Entscheidungstext

Betreff

JR gegen Bundesminister für Arbeit und Soziales vom , Zl. 123.399/4-7/89, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Niederösterreichische Gebietskrankenkasse

2.

Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten,

3.

Allgemeine Unfallversicherungsanstalt)

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Begründung

Der beschwerdegegenständliche Sachverhalt ist dem Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 89/08/0099, zu entnehmen, mit welchem die Beschwerde der Ehegattin des Beschwerdeführers betreffend seine Versicherungspflicht als unbegründet abgewiesen wurde. Daraus ist für die Entscheidung dieser Beschwerdesache folgendes wesentlich:

Mit Bescheid vom sprach die mitbeteiligte Niederösterreichische Gebietskrankenkasse aus, daß der Beschwerdeführer in seiner Tätigkeit als Angestellter seiner Ehegattin ab nicht der Voll- (Kranken-, Unfall- und Pensions-) und Arbeitslosenversicherung unterliege. Gegen diesen Bescheid erhoben der Beschwerdeführer und seine Ehegattin Einsprüche, die der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom , GZ VII/2-2262/8-1984, abgewiesen hat. Gegen den Bescheid des Landeshauptmannes erhoben der Beschwerdeführer und seine Ehegattin Berufung.

Die belangte Behörde hat mit dem zu hg. Zl. 89/08/0099, angefochtenen Bescheid vom , Zl. 120.286/6-7/88, der Berufung der Ehegattin des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am zu Handen des Beschwerdevertreters zugestellt. Die dagegen von der Ehegattin des Beschwerdeführers erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 89/08/0099, als unbegründet abgewiesen.

Mit dem nunmehr vom Beschwerdeführer angefochtenen Bescheid vom , Zl. 123.399/4-7/89, hat die belangte Behörde auch der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und den Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom (neuerlich) bestätigt.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der seine kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes beantragt wird.

Die erstmitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt; die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, beantragte ebenfalls die Abweisung der Beschwerde und erklärte - ebenso wie die zweitmitbeteiligte Partei - von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen. Die zweit- und drittmitbeteiligten Parteien haben sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gegenstand des mit Bescheid der erstmitbeteiligten Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom abgeschlossenen (erstinstanzlichen) Verfahrens war die Frage, ob zwischen dem Beschwerdeführer (als Dienstnehmer) und der Ehegattin des Beschwerdeführers (als Dienstgeberin) ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit 4 Abs. 2 ASVG in der Zeit ab bestanden hat.

Nachdem dieser Bescheid in vollem Umfang mit Einsprüchen beider Beteiligter, der darüber ergangene abweisliche Einspruchsbescheid ebenfalls in vollem Umfang mit Berufung beider Beteiligter bekämpft worden ist, war Gegenstand des Berufungsverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 der nämliche Tatsachen- und Rechtsfragenkomplex.

Partei dieses Verfahrens gemäß § 8 AVG 1950 waren unter anderem sowohl die Ehegattin des Beschwerdeführers als auch der Beschwerdeführer selbst.

Über diese "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 hat die belangte Behörde mit Bescheid vom , Zl. 120.286/6-7/88, entschieden; dieser Bescheid wurde auch dem Beschwerdeführer als Partei zugestellt, von ihm aber nicht mit Beschwerde bekämpft.

Die belangte Behörde hat nach dem Spruch jenes Bescheides allerdings nur über das Rechtsmittel der Ehegattin des Beschwerdeführers entschieden. Dies ändert jedoch nichts am für die Beurteilung der materiellen Rechtskraft IN DER SACHE maßgebenden, sich aus Spruch und tragender Begründung ergebenden Bescheidinhalt, nämlich dem Abspruch über die Versicherungspflicht des Beschwerdeführers bei seiner Ehegattin im Bescheidzeitraum. Dieser Bescheid unterlag keinem weiteren Rechtszug und wurde mit seiner Zustellung für die Parteien, also auch für den Beschwerdeführer rechtskräftig. In Ermangelung eines in einem Bescheid oder einem Rechtsmittel genannten Zeitpunkt der Beendigung der allfälligen Versicherungspflicht des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde auf das Nichtbestehen einer Versicherungspflicht des Beschwerdeführers bis zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung erkannt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/08/0022 u. a.). Die Rechtskraft dieses Bescheides umfaßt daher den Zeitraum vom bis .

Dadurch, daß die belangte Behörde in Verkennung dieser Rechtslage mit dem angefochtenen Bescheid über diesen Zeitraum neuerlich abgesprochen hat, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 577 vorletzter Absatz, zitierte Rechtsprechung). Der Beschwerdeführer wurde dadurch jedoch in seinen Rechten nicht verletzt, zumal die belangte Behörde lediglich ihre - vom Beschwerdeführer nicht bekämpfte und daher ihm gegenüber rechtskräftige - Entscheidung vom wiederholt hat. Eine Verschlechterung der Rechtsposition des Beschwerdeführers ist darin nicht zu erkennen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/08/0040).

Hingegen durfte (und mußte) die belangte Behörde in Erledigung der mit dem Bescheid vom nicht erledigten Berufung über den Zeitraum ab noch absprechen. Insoweit steht dem angefochtenen Bescheid nicht die Rechtskraft des früheren Bescheides entgegen. Da sich aus dem gesamten Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren und in der vorliegenden Beschwerde nicht ergibt, daß er behauptet, im Zeitraum vom bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides vom im Betrieb seiner Ehegattin überhaupt tätig gewesen zu sein, ist der angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig, wenn er das Bestehen einer Versicherungspflicht des Beschwerdeführers in diesem Zeitraum verneint.

Hinsichtlich des mit dem der Beschwerde seiner Ehegattin gleichlautenden Beschwerdevorbringens wird im übrigen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das diesbezügliche hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/08/0099, verwiesen, worin der Verwaltungsgerichtshof eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen (ebenfalls mit dem beschwerdegegenständlichen gleichlautenden) Bescheides verneint hat.

Da der angefochtene Bescheid den Beschwerdeführer somit weder in der von ihm behaupteten, noch in einer vom Verwaltungsgerichtshof etwa aus eigenem aufzugreifenden Weise in seinen Rechten verletzt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom , BGBl. 206.

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Schlagworte
Rechtskraft Besondere Rechtsgebiete Sozialversicherung
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen
Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde
subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und
Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde
Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint
keineBESCHWERDELEGITIMATION
Zurückweisung wegen entschiedener Sache
Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der
Behörde
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von
Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1990:1989080200.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAE-40465