VwGH vom 07.07.2004, 2001/13/0053

VwGH vom 07.07.2004, 2001/13/0053

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde der H in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Halm, Wirtschaftsprüfer in 1090 Wien, Berggasse 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. AO 720/25-16/08/2000, betreffend Bescheidaufhebung nach § 299 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 1998 für die Beschwerdeführerin gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig fest. Da nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss sei, sei die Veranlagung gemäß § 200 BAO vorläufig durchgeführt worden.

Auf Grund einer Mitteilung eines anderen Finanzamtes über die gesonderte Feststellung von Einkünften einer KG, an der die Beschwerdeführerin beteiligt war, setzte das Finanzamt mit Bescheid vom die Einkommensteuer 1998 gemäß § 295 Abs. 1 BAO (endgültig) fest. In der Begründung führte das Finanzamt aus, dass nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss sei, weshalb die Veranlagung gemäß § 200 BAO vorläufig durchgeführt worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den Bescheid des Finanzamtes vom gemäß § 299 Abs. 1 lit. c sowie § 299 Abs. 2 BAO auf. Der Einkommensteuerbescheid 1998 sei am vorläufig erlassen worden, weil der Umfang der Abgabepflicht im Hinblick auf das offene Berufungsverfahren betreffend die Jahre 1990 bis 1994 ungewiss gewesen sei. Der nach § 295 Abs. 1 BAO geänderte Einkommensteuerbescheid 1998 vom sei endgültig erlassen worden. In der Begründung sei jedoch ausgeführt worden, dass die Veranlagung vorläufig durchgeführt worden sei, weil der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss sei. Ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung, wie er im Beschwerdefall vorliege, weil die Vorläufigkeit als Spruchbestandteil fehle, in der Begründung jedoch darauf verwiesen werde, stelle eine inhaltliche Rechtswidrigkeit dar. Gleichzeitig habe das Finanzamt Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung es einen anders lautenden Bescheid hätte erlassen können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 299 BAO idF vor dem Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz, BGBl. I Nr. 97/2002, lautet:

"(1) In Ausübung des Aufsichtsrechtes kann ein Bescheid von der Oberbehörde aufgehoben werden,


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
...
b)
...
c)
wenn Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können.

(2) Ferner kann ein Bescheid von der Oberbehörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden."

Widersprüche zwischen dem Spruch und der Begründung eines Bescheides führen zur Rechtswidrigkeit dieses Bescheides (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2002/14/0029, und Ritz, BAO2, Tz 11 zu § 299).

Wird ein Bescheid des Finanzamtes aus mehreren Gründen von der Oberbehörde gemäß § 299 BAO aufgehoben, so entspricht ein Aufhebungsbescheid dem Gesetz, wenn er sich nur in einem Aufhebungsgrund als zutreffend erweist. Mangels Bindungswirkung der Begründung des Aufhebungsbescheides ist nämlich nicht zu erkennen, in welchem subjektiv-öffentlichen Recht eine beschwerdeführende Partei dadurch verletzt wäre, wenn tatsächlich nur einer von mehreren von der belangten Behörde herangezogenen Aufhebungstatbeständen erfüllt wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 99/13/0147, mwN).

Solcherart kann es auf sich beruhen, ob - wie die Beschwerdeführerin vorträgt - eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des aufgehobenen Bescheides nicht vorgelegen sei, weil eine vorläufige Veranlagung nicht vorzunehmen gewesen sei.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde hätte der Fehlerhaftigkeit des aufgehobenen Bescheides nicht nach § 299 BAO begegnen dürfen, denn das Finanzamt hätte den fehlenden Spruchbestandteil über die Vorläufigkeit des aufgehobenen Bescheides gemäß § 293 BAO berichtigen müssen, führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Die einer Oberbehörde bis zum Inkrafttreten des AbgRmRefG eingeräumte Möglichkeit, einen Bescheid gemäß § 299 BAO aufzuheben, und die Möglichkeit, dass das Finanzamt den Bescheid selbst berichtigt, falls die jeweiligen tatbestandsmäßigen Voraussetzungen hiezu erfüllt sind, schlossen einander nicht aus (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2002/13/0152, und vom , 90/13/0243).

Soweit die Beschwerdeführerin eine Begründung für das von der belangten Behörde ausgeübte Ermessen vermisst, ist sie darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde dem Grundsatz der Rechtsrichtigkeit Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit eingeräumt hat. Welche besonderen, der Bescheidbehebung im Beschwerdefall entgegen stehenden Interessen einen weiter gehenden Begründungsaufwand für die Ermessensübung erfordert hätten, zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf.

Da sich die Beschwerde sohin insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am