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VwGH vom 31.03.2000, 95/15/0085

VwGH vom 31.03.2000, 95/15/0085

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des KS in N, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VIII) vom , 17-92/4139/06, betreffend ua Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommen- und Gewerbesteuerverfahren für die Jahre 1985 bis 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde erlassenen angefochtenen Bescheid wurden die den Beschwerdeführer betreffenden Einkommen- und Gewerbesteuerverfahren für die Streitjahre im Instanzenzug gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder aufgenommen, weil nach Abschluss dieser Verfahren für die Abgabenbehörde die - geänderte Sachbescheide zur Folge habende - Tatsache neu hervorgekommen sei, dass der Beschwerdeführer von einem seiner zwei ausländischen Lieferanten erteilte, in den Abgabenerklärungen nicht einbekannte Rabattgutschriften erhalten habe, ohne dass er diese - wie der Beschwerdeführer behaupte - an den Vermittler der Geschäftsbeziehungen (an einen Herrn W. mit unbekanntem Aufenthalt, mit dem unbestrittenermaßen keine schriftliche Vereinbarung geschlossen wurde) habe weitergeben müssen. Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid den Verfahrensgang dar und brachte zum Ausdruck, dass sie in freier Beweiswürdigung der Darstellung des Beschwerdeführers, die Rabatte seien ihm nicht verblieben, weil sie an den besagten Herrn W. als dessen Vermittlungsprovision hätten weitergegeben werden müssen, keinen Glauben schenke. Dabei ist als unbestritten anzusehen, dass die in Höhe von Ausfuhrvergütungen von Marktordnungswaren erstatteten Rabatte auf ein näher angeführtes, auf den Namen des Beschwerdeführers lautendes Schweizer Bankkonto überwiesen wurden und dass die ausländischen Lieferanten dem Beschwerdeführer jeweils Abrechnungen über diese - in seine Buchhaltung nicht als Einnahmen aufgenommen - Rabatte an seine Geschäftsadresse schickten.

Im Verwaltungsverfahren hatte der Beschwerdeführer die Nichterfassung der Rabatte in seiner Buchhaltung als einen Irrtum beurteilt, der auf seine fehlende "buchhalterische Ausbildung" sowie auf das Vorhandensein einer "aussergewöhnlichen Konstellation" (gemeint: die "Zahlung eines Ausländers an einen anderen Ausländer ohne Berührung Österreichs") zurückzuführen sei. Den derzeitigen Aufenthalt des Herrn W., welchen er das letzte Mal im Jahr 1984 getroffen habe, kenne er nicht. Er wisse auch nicht, ob Herr W. von den Rabatten verständigt worden sei. Die Schweizer Bank habe er wegen näherer Auskünfte angeschrieben, aber leider keine Antwort erhalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem "Recht auf Beachtung der Rechtskraft der Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide 1985 bis 1989 verletzt".

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist zu bemerken, dass der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe den entscheidungswesentlichen Sachverhalt im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt, wodurch der Beschwerdeführer an seiner Rechtsverteidigung gehindert gewesen sei, auf dem Boden des unten näher umschriebenen Streitthemas im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht berechtigt ist. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides vielmehr eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass der Beschwerdeführer Empfänger der als Betriebseinnahmen zu erfassenden Rabattgutschriften war, dass Herr W. "keine provisionsbegründenden Vermittlungsleistungen zu Gunsten des Beschwerdeführers erbracht haben konnte" (woraus auch zu entnehmen ist, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer nicht als verpflichtet ansah, die ihm gewährten Rabattgutschriften weiterzugeben; unbestritten ist hingegen, dass eine solche Weitergabe bislang tatsächlich nicht erfolgte) und dass die behaupteten Vermittlungsleistungen keine Betriebsausgaben darstellten.

Im Beschwerdefall ist somit sehr wohl auf der Grundlage von Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid die Frage strittig, ob die belangte Behörde im Sinne des § 303 Abs. 4 BAO zu Recht davon ausgegangen ist, dass nach Abschluss der Einkommen- und Gewerbesteuerverfahren für die Streitjahre eine Tatsache neu hervorgekommen ist, deren Kenntnis in den abgeschlossenen Verfahren im Spruch anders lautende Abgabenbescheide herbeigeführt hätte. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob den dem Beschwerdeführer gewährten Rabattgutschriften schon deshalb keine gleich hohen Betriebsausgaben gegenüber stehen, weil diesen keine Verpflichtung zur Leistung von Provisionen an Herrn W. getroffen hat (so im Ergebnis die Ansicht der belangten Behörde) oder ob eine derartige Verpflichtung zu bejahen ist, weswegen kein Wiederaufnahmegrund vorliege bzw das Hervorkommen der zuvor nicht erklärten Rabattgutschriften für die Abgabenbehörde keine anders lautenden Sachbescheide herbeigeführt hätte (Ansicht der Beschwerde). Diese Streitfrage ist auf der Tatsachenebene zu lösen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die gemäß § 167 Abs. 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, welche Tatsachen als erwiesen anzunehmen sind, vom Verwaltungsgerichtshof insoweit zu überprüfen, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Denkvorgang bei der belangten Behörde zu einem den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung entsprechenden Ergebnis geführt hat und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (vgl. hiezu bspw. das hg. Erkenntnis vom , 95/15/0181- 0183).

Der aus den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid aufgezeigten Umständen gezogene Schluss darauf, dass der Beschwerdeführer nicht verpflichtet war, die ihm gewährten Rabattgutschriften an Herrn W. als Vermittlungsprovisionen weiterzugeben, weswegen sich die Bemessungsgrundlagen der in Rede stehenden Abgabenbescheide für die Streitjahre erhöhten, lässt keinen Verstoß gegen die Denkgesetze erkennen und widerspricht auch nicht der Lebenserfahrung, wie selbst die Beschwerde einräumt. Der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde sei allerdings im Beschwerdefall "ungeprüft und ohne genügende Erhebung des Sachverhaltes (ja sogar mit unschlüssigen Beurteilungskriterien)" davon ausgegangen, dass der sich nach dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut ergebende Verdacht "auch richtig sei", ist unbegründet. Die im Instanzenzug verbundenen Abgabenbehörden haben im Gegenteil alle ihnen (wegen des gegebenen Auslandsbezuges entsprechend der erhöhten Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers vermindert) zumutbaren Anstrengungen zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes unternommen. Da auch die Bemühungen des Beschwerdeführers, den Sachverhalt mit Hilfe des Herrn W. und/oder der Schweizer Bank zu klären (u.a. auch zur Behauptung des Beschwerdeführers, er habe das Bankkonto weder eröffnet noch sei er "auf diesem zeichnungsberechtigt"), letztendlich erfolglos blieben, kann es der belangten Behörde nicht als unschlüssige Beweiswürdigung angelastet werden, wenn sie die behauptete Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Weitergabe der Rabattgutschriften an Herrn W. weder als bewiesen noch als glaubhaft gemacht angesehen hat. Infolgedessen hat die belangte Behörde aber zu Recht angenommen, dass nicht nur die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in den Streitjahren bis dahin der Abgabenbehörde unbekannte Rabattgutschriften erhalten hat, nach Abschluss der abgeschlossenen Einkommen- und Gewerbesteuerverfahren für die Streitjahre nachträglich neu hervorgekommen ist, sondern dass diese Tatsache auch andere Sachbescheide für die Streitjahre herbeigeführt hätte.

Die in der Beschwerde aufgezeigten Umstände (Vielzahl von "ungerechtfertigten Anzeigen und Anschuldigungen" eines von "biblischem Hass" geleiteten Anonymus, Höhe der vom Beschwerdeführer in den Streitjahren entrichteten Abgaben und seine Unbescholtenheit) sind für die Beurteilung, ob die Rechtsvoraussetzungen für eine Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 4 BAO erfüllt sind, ohne rechtliche Bedeutung.

Auf Grund des in einem mängelfreien Verfahren erzielten Verfahrensergebnisses, dass den Beschwerdeführer keine Verpflichtung zur Weitergabe der Rabattgutschriften an Herrn W. traf, war es - entgegen dem Beschwerdestandpunkt - auch nicht Aufgabe der belangten Behörde, die "positive Feststellung" zu treffen, "wer sonst, wenn nicht Herr W." die Geschäftsbeziehung zu den ausländischen Lieferanten des Beschwerdeführers vermittelt hat.

Auf Grund des Gesagten musste die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl 416/1994.

Wien, am