VwGH vom 22.03.1996, 92/17/0237
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde 1. des Hermann B, 2. der Gerda B und 3. des Johann P, alle in Z und alle vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 1/02-32-095/15-1992, betreffend Kostenbeiträge nach dem Anliegerleistungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Z, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit gleichlautenden Bescheiden vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde Grundeigentümern in der sogenannten "Finksiedlung" im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Stadtgemeinde, darunter auch den drei Beschwerdeführern, für die Herstellung einer Straßenbeleuchtung an der Verkehrsfläche (Finkstraße) Beiträge nach dem (Salzburger) Gesetz vom über bestimmte Versorgungsaufgaben der Gemeinde und Anliegerleistungen (Anliegerleistungsgesetz), LGBl. Nr. 77 in der Fassung LGBl. Nr. 35/1980, 61/1982 und 76/1988, vor. In der Begründung dieser Bescheide wurde ausgeführt, daß entsprechend einem Beschluß der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom verordnet worden sei, daß für die Finksiedlung das Erfordernis der Ausstattung mit einer Straßenbeleuchtung ab dem bestehe. Im Hinblick auf die im Bescheid näher dargestellte Berechnung der Abgabenhöhe seien die entsprechenden Abgabenbeträge vorzuschreiben gewesen. Gegen diese Bescheide erhoben unter anderem die Beschwerdeführer Berufung an die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Stadtgemeinde. Mit Bescheiden vom wurden diese Berufungen abgewiesen. Die Beschwerdeführer erhoben Vorstellung. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurden diese Vorstellungen als unbegründet abgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges, der maßgeblichen Rechtsgrundlagen und insbesondere der in ihrem Verfahren eingeholten gutachtlichen Stellungnahmen zu der 1972 in der Finkstraße von der mitbeteiligten Stadtgemeinde errichteten Straßenbeleuchtung aus, daß sich aus den schlüssigen und nachvollziehbaren gutachtlichen Feststellungen des elektrotechnischen und maschinenbautechnischen Amtssachverständigen ergebe, daß die Anfang der Siebzigerjahre errichtete Straßenbeleuchtung in der Finkstraße als "Leuchten mit gebogenen Metallarmen an Holzmasten befestigt, ausgeführt" gewesen sei, "wobei die Stromversorgung über Luftkabel erfolgte und zur Ausführung zum Teil gebrauchte Materialien verwendet wurden. Durch die Errichtung von insgesamt sechs Beleuchtungsmasten mit je einer 50 Watt Leuchte sei nach Auffassung des Amtssachverständigen nur eine minimale Beleuchtung der Straße erzielt worden. Da zu dieser Zeit neue Straßenbeleuchtungen zum größten Teil mit besseren Leuchtmitteln und Tragwerken, die nicht aus Holz waren, und Erdkabelanschlüssen errichtet worden seien, könne bei der Errichtung der Straßenbeleuchtung in der Finksiedlung in Form von Beton- bzw. Metallmasten und besseren Beleuchtungskörpern nicht von einer Erhaltungsmaßnahme (wie dies die Vorstellungswerber zum Ausdruck gebracht hätten) zur Aufrechterhaltung der Kontinuität der gegebenen Situation gesprochen werden. Dazu komme, daß die numehr installierte Straßenbeleuchtung in der Finkstraße eine größere Anzahl von Laternen mit teilweise geänderten Standorten aufweise, wodurch eine wesentlich effektivere Ausleuchtung der Verkehrsfläche gewährleistet sei. Es sei daher die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Stadtgemeinde berechtigt gewesen, nach den Bestimmungen des Anliegerleistungsgesetzes den Eigentümern der an die Finkstraße angrenzenden Grundstücke die für die Errichtung der Straßenbeleuchtung anteilig zu leistenden Kostenbeiträge vorzuschreiben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung im Recht, Anliegerleistungen für die Straßenbeleuchtung nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Salzburger Anliegerleistungsgesetz vorgeschrieben zu erhalten, geltend gemacht wird. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird geltend gemacht, daß die von der belangten Behörde herangezogenen Gutachten eindeutig feststellten, daß die in der Finksiedlung bereits installierte Straßenbeleuchtung in ihrer Ausführungsart für die Nachkriegszeit gebräuchlich gewesen sei, da damit auf kostengünstige Weise die Straßenbeleuchtung hergestellt werden konnte. Erst im Zuge der Sechziger- und Siebzigerjahre seien die Holzmasten mit dem Beleuchtungskörper durch Beton- bzw. Metallmasten und bessere Beleuchtungskörper ersetzt worden. Bemerkenswert sei die Feststellung, daß noch Straßenbeleuchtungen, wie sie in der Finkstraße angebracht gewesen waren, noch heute in Betrieb seien. Die Schlußfolgerung dieses Gutachtens könne es daher nur sein, daß die ursprüngliche Straßenbeleuchtung, welche die Finkstraße bisher mit Licht versorgt habe, nicht als Provisorium angesehen werden könne. Wenn die belangte Behörde vermeine, daß die bisherige seit nahezu zwei Jahrzehnten in Betrieb stehende Straßenbeleuchtung einem Provisorium entspreche, so müsse dem entgegengehalten werden, daß die Gutachter festgestellt hätten, daß 1974 zahlreiche Ortschaften eine derartige Beleuchtungsanlage hatten und solche Beleuchtungsanlagen vereinzelt noch bis 1990 in Betrieb gewesen seien. Würde man die in der Finkstraße ursprünglich installierte Beleuchtungsanlage als Provisorium ansehen, so käme man zu dem unbilligen Ergebnis, daß in zahlreichen Ortschaften in Salzburg bzw. Österreich Straßen provisorisch beleuchtet worden seien und werden. Das Wort "provisorisch" bedeute "als Notbehelf dienend" (Verweis auf Duden, Bedeutungswörterbuch, 2. Auflage, 502). Wie die Beschwerdeführer in ihren Rechtsmitteln ausgeführt hätten, sei die ursprüngliche Beleuchtungsanlage in der Finkstraße auf Grund eines Gemeindevertretungsbeschlusses errichtet worden. Ziel und Zweck der Willensbildung der Gemeindevertretung habe es jedoch nur sein können, die Finkstraße verkehrssicher und ordnungsgemäß aufzuschließen. Hätte es sich bei der ursprünglichen Errichtung der Beleuchtungsanlage um einen Notbehelf gehandelt, so hätte man die Beleuchtungsanlage sicher nicht bis 1989 in Betrieb gehabt.
Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften wird ausgeführt, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, auf die Einwendungen der Beschwerdeführer, daß die Gemeindevertretung bereits Ende der Sechziger- Anfang der Siebzigerjahre das Erfordernis der Einrichtung einer Straßenbeleuchtung erkannt habe und die Art der Willensbildung zur Errichtung der Straßenbeleuchtung zu ermitteln wäre, nicht berücksichtigt habe. Die belangte Behörde hätte zumindest bei der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Stadtgemeinde anfragen müssen, welchen Zweck die Errichtung der ursprünglichen Straßenbeleuchtung in der Finkstraße verfolgte. Indem die Behörde diese Nachforschungen nicht angestellt habe, habe sie den Sachverhalt mangelhaft bzw. unrichtig und insoferne aktenwidrig festgestellt, als die in den Siebzigerjahren mit einfachen Mitteln dem Sparsamkeitsgebot gehorchend errichtete Anlage keinesfalls ein Provisorium (Notbehelf) darstellte.
Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und im Vorlageschreiben zum Inhalt der Beschwerde auf die im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsansicht verwiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Anliegerleistungsgesetzes, LGBl. für Salzburg Nr. 77/1976, idF LGBl. Nr. 35/1980, 61/1982 und 76/1988, lauten:
"Anliegerleistungen
§ 1
(1) Bei der Errichtung von Straßenbeleuchtungen, Gehsteigen und Hauptkanälen durch die Gemeinde haben Anrainer Beiträge nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes zu leisten.
(2) Die Beiträge sind Gemeindeabgaben. Sie sind von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu erheben. Mehrere Eigentümer eines Grundstückes sind für Beiträge nach diesem Gesetz Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB).
...
Straßenbeleuchtung
§ 2
(1) Wenn es im Hinblick auf die Bebauung und Besiedlung zu ordnungsgemäßen, insbesondere verkehrssicheren Aufschließung erforderlich ist, soll durch die Gemeinde für öffentliche Verkehrsflächen, für die sie Straßenrechtsbehörde ist, mit Zustimmung des Straßenerhalters eine öffentliche Straßenbeleuchtung eingerichtet werden.
(2) Jene Verkehrsflächen welche hiernach mit einer Straßenbeleuchtung ausgestattet werden, sowie der Zeitpunkt, ab welchem dieses Erfordernis besteht, sind nach Verordnung der Gemeindevertretung (in der Stadt Salzburg des Gemeinderates) zu bestimmen. Der Zeitpunkt, ab dem für eine Straße das Erfordernis der Einrichtung einer Straßenbeleuchtung bestimmt wird, darf nicht länger als ein Jahr vor dem Inkrafttreten der Verordnung zurückliegen.
(3) Die Eigentümer aller an beiden Seiten der Verkehrsfläche gelegenen Grundstücke haben die Anbringung und Erhaltung der für die Straßenbeleuchtung notwendigen Befestigngsvorrichtungen unentgeltlich, jedoch ohne Haftung für deren ordnungsgemäßen Bestand zu dulden. Kommen Masten u.dgl. zur Errichtung, so gilt die vorstehende Duldungspflicht mit der Maßgabe, daß für erwachsende vermögensrechtliche Nachteile in sinngemäßer Anwendung der für die Duldung der Inanspruchnahme fremder Liegenschaften im Baupolizeigesetz, LGBl. Nr. 117/1973, enthaltenen Bestimmungen Ersatz zu leisten ist.
Kostentragung für die Straßenbeleuchtung
§ 3
(1) Die Eigentümer der an der Verkehrsfläche an beiden Seiten liegenden, zum Bauplatz erklärten Grundstücke haben bei der Errichtung der Straßenbeleuchtung einen Beitrag von je einem Viertel der Kosten zu leisten. Werden an der Verkehrsfläche liegende Grundstücke zu einem späteren Zeitpunkt zum Bauplatz erklärt, so gebührt der Gemeinde von ihren Eigentümern ein Beitrag in der Höhe von je einem Viertel der für die Herstellung der öffentlichen Straßenbeleuchtung zu diesem Zeitpunkt festgestellten Kosten.
(2) Die Kosten sind in der Weise zu ermitteln, daß die Gemeindevertretung (der Gemeinderat) den Preis einer durchschnittlichen Straßenbeleuchtungsanlage im Gemeindegebiet per Längenmeter feststellt. Auf dieser Grundlage ist der Beitrag im Sinn des Abs. 1 für jedes an der Verkehrsfläche liegende Grundstück nach dem Verhältnis der Längenausdehnung des Grundstückes zu berechnen. Für die Ermittlung der Längenausdehnung sind Abschnitte der Grundstücksgrenze, die nur eine Verminderung der umschlossenen Fläche bewirken, durch die kürzeste Verbindung zu ersetzen."
2. Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid - ohne sich auf eine konkrete Bestimmung oder auf eine bestimmte Rechtsansicht zur Frage der Auslegung des Anliegerleistungsgesetzes zu berufen - erkennbar davon ausgegangen, daß eine Abgabenvorschreibung gemäß § 3 Abs. 1 Anliegerleistungsgesetz dann nicht zulässig gewesen wäre, wenn die in den Siebzigerjahren in der Finkstraße errichtete Straßenbeleuchtung nicht "nur eine minimale Beleuchtung der Straße erzielt" hätte und diese Anlage außerdem in technisch besserer Ausstattung errichtet worden wäre. Aus der Argumentation, daß nicht von einer Erhaltungsmaßnahme gesprochen werden könne, ist auch ableitbar, daß die belangte Behörde davon ausgeht, daß bei der Errichtung einer Beleuchtungsanlage anstelle einer bereits bestehenden der Beitrag gemäß § 3 Abs. 1 Anliegerleistungsgesetz nur dann vorgeschrieben werden könne, wenn die Maßnahme über eine Erhaltungsmaßnahme hinaus geht. In diesem Zusammenhang führt die belangte Behörde auch aus, daß nunmehr eine größere Anzahl von Laternen mit teilweise geänderten Standorten errichtet würde, wodurch eine wesentlich effektivere Ausleuchtung der Verkehrsfläche gewährleistet sei.
3. Die belangte Behörde hat damit der Sache nach zwar richtig erkannt, daß die entscheidende Rechtsfrage im Beschwerdefall in der Auslegung des in § 3 Abs. 1 Anliegerleistungsgesetz formulierten Abgabentatbestands liegt. Im Hinblick auf die im nachstehenden darzustellende Rechtslage erweist sich ihre Begründung aber nicht als ausreichend, die Schlußfolgerung, daß die Abgabenpflicht von den Gemeindebehörden zutreffend bejaht worden sei, zu tragen.
4. Da gemäß § 3 Abs. 1 die Eigentümer die an der Verkehrsfläche an beiden Seiten liegenden, zum Bauplatz erklärten Grundstücke "bei der ERRICHTUNG der Straßenbeleuchtung einen Beitrag" zu den Kosten zu entrichten haben, stellt sich die Frage, was der Gesetzgeber unter der "Errichtung der Straßenbeleuchtung" verstanden hat.
5. Im Hinblick auf § 3 Abs. 2 Anliegerleistungsgesetz, welcher die Ermittlung der Kosten entsprechend dem "Preis einer durchschnittlichen Staßenbeleuchtungsanlage im Gemeindegebiet" vorsieht, ist der belangten Behörde dahingehend zu folgen, daß im Falle von Erhaltungsmaßnahmen an einer bestehenden Straßenbeleuchtungsanlage § 3 Abs. 1 Anliegerleistungsgesetz nicht zum Tragen kommt. Das Gesetz stellt vielmehr offensichtlich auf die Errichtung einer neuen Straßenbeleuchtung ab, da ansonsten die Berechnung nach dem Preis einer durchschnittlichen Straßenbeleuchtungsanlage nicht gerechtfertigt wäre. Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa zu der durchaus vergleichbaren Regelung des § 20 Abs. 1 Oö Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 35, derzufolge ein Aufschließungsbeitrag vorgeschrieben werden konnte, wenn eine öffentliche Verkehrsfläche "errichtet" worden war, ausgesprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/17/0032, und das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0158), kann unter der Errichtung der Verkehrsfläche im Sinne der Oö BauO 1976 auch der Ausbau einer schon vorhandenen Verkehrsfläche verstanden werden, dies allerdings nur dann, wenn der Ausbau technisch und wirtschaftlich einer Errichtung gleichzusetzen ist. Im vorliegenden Fall erscheint eine Übernahme der Judikatur zum Begriff der Errichtung in § 20 Abs. 1 Oö BauO 1976 umso mehr gerechtfertigt, als dem Wortlaut des Gesetzes kein Anhaltspunkt zu entnehmen ist, daß der Beitrag nur im Falle der erstmaligen Errichtung einer Straßenbeleuchtung zu entrichten wäre (vgl. etwa § 2 des Tiroler Landesgesetzes über die Erhebung einer Abgabe für die erstmalige Herstellung zeitgemäßer Gehsteige in der Landeshauptstadt Innsbruck, LGBl. Nr. 23/1969, der im Gegensatz dazu nur die erstmalige Errichtung erfaßt). Gegen eine derartige Auslegung sprechen auch keine verfassungsrechtlichen Überlegungen, da im Falle einer gleichmäßigen Anwendung einer derart verstandenen Regelung auf die Gemeindebürger auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes keine Bedenken bestehen. Auch aus der Finanzverfassung scheinen sich keine Hindernisse zu ergeben, Interessentenbeiträge im Sinne des § 14 Abs. 1 Z 15 Finanz-Ausgleichsgesetz 1993, BGBl. Nr. 30 idF BGBl. Nr. 959/1993 und 21/1995, nicht nur für den Fall der ersten Errichtung einer Anlage vorzusehen.
6. Im Hinblick auf § 2 Abs. 2 Anliegerleistungsgesetz ist jedoch noch zu klären, welche Bedeutung die dort vorgesehene Verordnung der Gemeindevertretung, mit der das Erfordernis der Einrichtung einer Straßenbeleuchtung festgestellt wird, hat. Im Zusammenhalt mit dem Vorgesagten bedeutet § 2 Abs. 2 Anliegerleistungsgesetz zunächst einmal, daß die Beitragsvorschreibung nur dann möglich ist, WENN eine derartige Verordnung besteht. Da aber - wie ausgeführt - der Beitrag nur für die "Errichtung" zu entrichten ist, ergibt sich, daß nicht in jedem Fall, in dem eine derartige Verordnung ergeht, zwingend für die aufgrund der Verordnung erfolgenden Maßnahmen die Beitragsvorschreibung vorgenommen werden könnte. Bei verfassungskonformer Auslegung wird man - siehe auch unten die weiteren Überlegungen zur Frage der Gleichheitskonformität insbesondere im Hinblick auf die Anrechnungsbestimmungen - davon ausgehen müssen, daß dann, wenn die Straßenbeleuchtung de facto schon besteht, die Beitragsvorschreibung nicht zulässig ist. In gleicher Weise ist die Beitragsvorschreibung unzulässig, wenn sich die aufgrund der Verordnung gesetzten Maßnahmen nur als Erhaltungsmaßnahmen betreffend eine bestehende Anlage darstellen, oder wenn sie - im Sinne der zitierten Judikatur zur Oö BauO 1976 nur den Ausbau einer bestehenden Anlage bedeuten. In diesem Zusammenhang sind auch die von der belangten Behörde angestellten Überlegungen durchaus zutreffend, wenn sie den Provisorialcharakter oder die Eignung der früheren Straßenbeleuchtung als maßgeblich ansieht. Die belangte Behörde hat aber diese Überlegungen offenbar nicht dahingehend angestellt, wie sie aufgrund der dargestellten Rechtslage erforderlich wären:
7. Wenn man nämlich in diesem Sinne davon ausgeht, daß § 3 Abs. 1 Anliegerleistungsgesetz die Beitragsvorschreibung uU auch dann zuläßt, wenn für das betroffene Straßenstück bereits eine Straßenbeleuchtung bestanden hat, dies aber nur dann, wenn der Ausbau oder die Errichtung tatsächlich einer Neuerrichtung gleichzuhalten ist, so stellt sich weiters die Frage, ob schon dann, wenn die neue Anlage ohne Verwendung von Teilen der alten Beleuchtung errichtet wird, die Beitragsvorschreibung zulässig ist. Dies ist im Hinblick darauf zu verneinen, daß mangels entsprechender Anrechungsbestimmungen aus § 2 iVm § 3 Anliegerleistungsgesetz auch zu schließen ist, daß aufgrund einer Verordnung nach § 2 Abs. 2 des Gesetzes nur dann Errichtungsmaßnahmen erforderlich werden, die zur Beitragsvorschreibung ermächtigen, wenn eine bestehende Anlage den gesetzlichen Erfordernissen nicht enspricht (andernfalls wäre die Norm insoferne verfassungswidrig, als sie eine Beitragsvorschreibung auch für Maßnahmen ermöglichte, die nicht für die Herstellung des gesetzeskonformen Zustandes erforderlich sind). Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber die Beitragspflicht insofern der Disposition der Gemeindebehörden anheimgestellt hätte, als es nach Erlassung einer Verordnung nach § 2 Abs. 2 Anliegerleistungsgesetz von der Entscheidung der Gemeindebehörden abhängen sollte, ob es zu einer Neuerrichtung einer Straßenbeleuchtung kommt, die die Beitragspflicht auslöst oder nicht. Es könnte auch die Situation gegeben sein, daß die bestehende Straßenbeleuchtung den gesetzlichen Anforderungen entspricht. In diesem Fall wäre eine Errichtung einer Straßenbeleuchtung aufgrund der Verordnung nicht mehr erforderlich. In diesem Sinne kann die in § 2 Abs. 2 Anliegerleistungsgesetz vorgesehene Verordnung nicht als ausreichende Grundlage für die Vorschreibung von Beiträgen für nachfolgende Errichtungsmaßnahmen gesehen werden.
8. Damit ist es aber weiters nicht von entscheidender Bedeutung, ob die seinerzeitige Straßenbeleuchtung als Provisorium gedacht war, sondern ob diese den gesetzlichen Anforderungen des Anliegerleistungsgesetz gerecht wird oder nicht. Die maßgebliche Rechtsfrage ist nicht, ob die alte Straßenbeleuchtung den früheren Rechtsvorschriften entsprochen habe oder aus welchen Gründen sonst lediglich von einem "Provisorium" gesprochen werden könnte; es wäre vielmehr zu prüfen, ob eine im Sinne des Gesetzes erforderliche "Errichtung" vorliegt. Einerseits könnte etwa bei der Verwendung von Teilen der bestehenden Anlage gegebenenfalls nicht von einer wirtschaftlich der Neuerrichtung der Straßenbeleuchtung gleichzuhaltenden Errichtung gesprochen werden. Soweit aber - worauf die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid hindeuten - die neue Anlage tatsächlich eine eigenständige Einrichtung ist und nur unter vernachlässigbarer Verwendung etwa der Verankerung der Masten errichtet wurde, wäre die Erforderlichkeit der Neuerrichtung im Sinne der vorstehenden Ausführungen zu prüfen. Dazu hätten entweder die Gemeindebehörden entsprechende Ermittlungen und Feststellungen in ihrer Bescheiden treffen müssen bzw. ihre Bescheide entsprechend begründen müssen, oder aber die belangte Behörde - wozu sie als Vorstellungsbehörde berechtigt ist - die entsprechenden ergänzenden Ermittlungen durchführen müssen bzw. ihren Bescheid im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage so begründen müssen, daß eine nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof möglich ist (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 1710/77, vom , Zl. 83/04/0248, oder , Zl. 1579/73). Dadurch, daß die belangte Behörde dies im Hinblick auf ihre Rechtsansicht unterlassen hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Es ist nämlich damit einerseits der für die belangte Behörde entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht ausreichend festgestellt und damit ergänzungsbedürftig, andererseits leidet der Bescheid damit an einem wesentlichen Begründungsmangel, bei dessen Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid kommen hätte können.
9. Zur Frage, welche Bedeutung das Anliegerleistungsgesetz mit dem Begriff Errichtung verbindet, und zur Frage, inwieweit das Anliegerleistungsgesetz auch bei der hier zugrunde gelegten Auslegung verfassungskonform ist, wird auf die bis zum Inkrafttreten des Anliegerleistungsgesetzes geltenden Bestimmungen und die Übergangsbestimmungen des Anliegerleistungsgesetzes eingegangen:
Gemäß § 72c Abs. 3 der Bauordnung für das Land Salzburg, LGBl. Nr. 84/1968 (Wiederverlautbarung) oblag die Erhaltung der öffentlichen Straßenbeleuchtung der Gemeinde auf ihre Kosten. Die grundsätzliche Verpflichtung zur Errichtung von Straßenbeleuchtungen wurde in der Salzburger Bauordnung 1968 im § 72b vorgesehen. Diesem zufolge war für öffentliche Verkehrsflächen "von dem Zeitpunkt an, der durch Beschluß der Gemeindevertretung bestimmt wird, eine öffentliche Straßenbeleuchtung einzurichten". Gemäß § 72c Salzburger Bauordnung 1968 waren die Eigentümer der an die Verkehrsflächen an beiden Seiten angrenzenden Grundstücke, sofern diese Grundstücke im Flächenwidmungsplan als Bauland festgelegt sind, zur Tragung eines Beitrages der Kosten verpflichtet. Aus § 72c Abs. 1 dritter Satz ("werden Grundflächen, die im Zeitpunkt der Herstellung der öffentlichen Straßenbeleuchtung im Flächenwidmungsplan nicht als Bauland festgelegt sind, zu einem späteren Zeitpunkt durch eine Abänderung des Flächenwidmungsplanes als Bauland festgelegt, so gebührt der Gemeinde ...") ist abzuleiten, daß die grundsätzliche Verpflichtung zur Tragung des Kostenbeitrages auch nach § 72c Salzburger Bauordnung 1968 mit der "Herstellung der öffentlichen Straßenbeleuchtung" entstand.
Das Anliegerleistungsgesetz enthält im Hinblick auf frühere
Beitragspflichten folgende Übergangsbestimmungen:
"§ 16
...
(2) Soweit für Grundstücke wegen ihrer Widmung als Bauland (§ 14 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1968, LGBl. Nr. 78) bereits Kostenbeiträge für Straßenbeleuchtungen oder Gehsteige auf Grund früherer Rechtsvorschriften geleistet wurden, entsteht aus Anlaß allfälliger Bauplatzerklärungen keine neuerliche Beitragspflicht. Wurden für Grundflächen auf Grund früherer Rechtsvorschriften Kostenbeiträge für Hauptkanäle geleistet, entsteht aus Anlaß der Bauplatzerklärung darauf gebildeter, am Hauptkanal liegender Bauplätze nur insoweit eine neuerliche Beitragspflicht, ...
(3) Auf Gehsteige, für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits ein Beitragsbescheid erlassen worden ist, sind die bisherigen Vorschriften weiterhin anzuwenden. Soferne eine Beitragsvorschreibung für Straßenbeleuchtungen oder Hauptkanäle zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits vorliegt, ist das betreffende Verfahren auf Grund der bisherigen Rechtsvorschriften zu Ende zu führen."
Mit § 16 Abs. 2 wird dem Umstand Rechnung getragen, daß gemäß § 72c Abs. 3 Sbg. BauO 1968 die Abgabenpflicht an die Widmung des Grundstückes als Bauland geknüpft war, wohingegen mit dem Anliegerleistungsgesetz das System dahingehend geändert wurde, daß nunmehr auf die Bauplatzwidmung abgestellt ist. Es sollte offensichtlich eine Doppelbelastung auf Grund der Änderung des Systems vermieden werden (wobei § 16 Abs. 2 Anliegerleistungsgesetz nicht den Fall erfaßt, in dem eine Beitragsvorschreibung möglich gewesen wäre, jedoch nicht erfolgt ist, sodaß Verjährung eingetreten ist; im Hinblick darauf, daß ein solcher Tatbestand im Beschwerdefall nicht behauptet wird bzw. die Feststellungen der belangten Behörde keinen Anhaltspunkt dafür geben, daß dieser Umstand im Beschwerdefall von Bedeutung wäre, ist darauf im vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht näher einzugehen).
Außer § 16 Abs. 2 enthält das Anliegerleistungsgesetz keine Anrechnungsbestimmungen. Für den beschwerdegegenständlichen Fall bedeutet dies etwa, daß selbst für den Fall der Entrichtung eines Beitrags für die ursprünglich errichtete Straßenbeleuchtung eine Anrechnung nicht in Betracht käme. In weiterer Folge bedeutet dies aber auch, daß es aus gleichheitsrechtlicher Sicht auch nicht relevant ist, ob allenfalls eine Vorschreibung erfolgen hätte können, aber aus welchen Gründen immer unterblieben ist. Damit ist es im Beschwerdefall aber tatsächlich nicht von Bedeutung, ob die seinerzeitige Anlage ein "Provisorium" dargestellt hat, für welches die Beitragsvorschreibung nach der früheren Rechtslage gar nicht zulässig gewesen wäre. Eine Sachverhaltserhebung betreffend die frühere Straßenbeleuchtung erübrigt sich daher
INSOFERN.
10. Zur Vermeidung von Mißverständnissen wird aber darauf hingewiesen, daß die belangte Behörde (allenfalls die Gemeindebehörden) im fortgesetzten Verfahren im Zusammenhang mit der Frage der Zulässigkeit der Abgabenvorschreibung sehr wohl Beweis dahingehend wird (werden) erheben bzw. begründen müssen, ob die bestehende Anlage den Anforderungen des Anliegerleistungsgesetzes nicht mehr entsprach und inwiefern die Herstellung einer den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Straßenbeleuchtung die Errichtung einer (gänzlich) neuen Anlage erforderte.
11. Im Hinblick auf die unter 8. dargestellte Rechtswidrigkeit des Inhaltes war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
12. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
13. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die angesprochene Mehrwertsteuer, da in den Pauschalsätzen der genannten Verordnung Umsatzsteuer bereits enthalten ist.