VwGH vom 04.05.1994, 92/17/0219
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des AK in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bundesentschädigungskommission beim Bundesministerium für Finanzen vom , Zl. 6 BEK-CS 3198/85-4, betreffend Entschädigung nach dem Entschädigungsgesetz CSSR, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom gewährte die
Bundesentschädigungskommission beim Bundesministerium für
Finanzen dem Beschwerdeführer eine Restentschädigung von
S 4.310,-- nach den Bestimmungen des Entschädigungsgesetzes
CSSR, BGBl. Nr. 452/1975 (im folgenden: EG CSSR). Es sei
unstrittig, daß dem Beschwerdeführer als Erben nach seiner am
verstorbenen Mutter BK aus unbestrittenen
Vermögensverlusten noch der eben erwähnte offene
Entschädigungsbetrag zustehe (Gesamtanspruch
54.040 Rechnungseinheiten (RE) = S 410.200,--; bisher
ausgezahlt 53.178 RE = S 405.890,--).
Darüber hinaus, so heißt es in der Begründung weiter, habe der Beschwerdeführer eine Entschädigung für Erbansprüche seiner verstorbenen Mutter nach ihrem am verstorbenen Vater JF begehrt. Der Nachlaß des JF habe insbesondere die Liegenschaft X, mit einer Landwirtschaft im Ausmaß von mindestens 10 ha, einer Sauerkrauterzeugung und einem Handelsgewerbe umfaßt. Der Wert dieses Erbanspruches betrage 720.000 Kc oder 60.000 RM. JF sei an seinem Todestag am tschechoslowakischer Staatsbürger gewesen. Ob sich dieser Erbanspruch gegen die Verlassenschaft nach JF oder gegen den Bruder der BK, CF, oder gegen dessen Gattin LF richte, sei unklar. C und LF seien am tschechoslowakische Staatsbürger gewesen; sie seien 1945 vertrieben worden und hätten in Deutschland die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Die Liegenschaften und das Betriebsvermögen, aus denen der Erbanspruch zu befriedigen sei, seien einer Maßnahme nach § 1 EG CSSR unterworfen worden.
Nach einem Schreiben der BK vom an die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Blatt 31, 32) sei ihr nach ihrem am verstorbenen Vater ein Erbteilungsanspruch in Höhe von 720.000 Kc zugestanden. Um den Weiterbetrieb der Landwirtschaft und des Geschäftes zu ermöglichen, sei keine effektive Erbteilung durchgeführt worden, vielmehr sei die Liegenschaft in das Eigentum des Bruders, CF, übertragen worden. Ihr Erbteil sowie der ihrer Geschwister sei, abgesehen von der Zahlung einer kleinen Bargeldsumme, als Forderung gegen CF "festgehalten" worden und habe grundbücherlich sichergestellt werden sollen. Ob diese erfolgt sei, wisse sie nicht. Die Liegenschaften seien im Jahr 1938 an die Ehegattin des CF, LF, übergeben worden und bis zur Ausweisung der Familie des CF in deren Eigentum gestanden. Der Erbanspruch der BK sei stets aufrecht geblieben.
Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland habe eine Entschädigung für diesen Vermögenswert abgelehnt, weil er keiner Maßnahme im Sinne des § 1 EG CSSR unterworfen gewesen sei.
Nach einer eingeholten Auskunft der tschechoslowakischen Behörden, aber auch nach den Angaben der BK in ihrem Brief vom gehe die belangte Behörde davon aus, daß hinsichtlich des Liegenschaftsbesitzes und der weiteren Vermögenswerte keine Eigentumseigenschaft bestanden habe, sondern CF nach dem Ableben des Vaters, JF, Alleineigentümer geworden sei. Es bestehe aber auch nach einer zweiten Auskunft der tschechoslowakischen Behörden in Verbindung mit den seinerzeitigen Angaben der BK - sie wisse nicht, ob eine grundbücherliche Sicherstellung erfolgt sei - kein Zweifel daran, daß für den Anspruch der BK auf finanzielle Abgeltung ihrer Erbforderung nach ihrem Vater (gleichgültig, ob dies nun eine Erbteilsforderung oder eine Entgeltforderung für eine allfällige Erbsentschlagung gewesen sei) keine Hypothek auf den erwähnten Liegenschaften begründet worden sei. Ein Entschädigungsanspruch nach § 29 Z. 3 EG CSSR scheide somit mangels Bestehens einer Hypothek aus.
Sehe man von dem langen seit 1919 verstrichenen Zeitraum ab, so habe am (vgl. § 3 Abs. 1 EG CSSR) nur eine schuldrechtliche Forderung der BK gegen ihren Bruder CF bestanden. Da keine Hypothek begründet worden sei, sei der Übergang des Liegenschaftseigentums im Jahr 1938 auf LF bedeutungslos. Im Hinblick auf die Vertreibung des CF und seiner Familie sei evident, daß er zur deutschen Volksgruppe gezählt worden sei. Er sei daher am nicht tschechoslowakischer Staatsbürger gewesen. Eine allfällige Forderung der BK habe sich daher nicht gegen eine tschechoslowakische physische Person gerichtet. Auch eine Entschädigung nach § 29 Z. 2 EG CSSR sei daher ausgeschlossen.
1.2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der angefochtene Bescheid verletze den Beschwerdeführer in seinem in den §§ 1, 10 und 29 Z. 2 EG CSSR in der Fassung BGBl. Nr. 549/1982 gewährleisteten Anspruch auf Entschädigung für eine Forderung gegen eine tschechoslowakische physische Person.
1.3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
1.4. Der Beschwerdeführer erstattete eine Äußerung vom zur Gegenschrift und nahm darin zu den dortigen Ausführungen, daß CF nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers (in dessen Eingabe vom ) im Jahr 1938 deutscher Staatsbürger geworden sei und zum Stichtag die deutsche Staatsbürgerschaft besessen habe, Stellung. Der Beschwerdeführer habe zur Klärung ausländischen Rechtes eine Anfrage an das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten gerichtet. Aus dem der Äußerung beigelegten Antwortschreiben dieses Bundesministeriums vom gehe hervor, daß die CSSR trotz der Okkupation durch das damalige Dritte Reich völkerrechtlich weiterhin existiert habe und daß tschechoslowakische Staatsangehörige durch die Okkupation ihre Staatsangehörigkeit nie verloren hätten. Die Personen deutscher Nationalität hätten die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft auf Grund des Verfassungsdekretes des Präsidenten der Republik vom Nr. 33/1945, Sammlung der Gesetze und Verordnungen, verloren. § 1 Abs. 3 und § 2 Abs. 1 dieses Dekretes enthielten gewisse Ausnahmen, die diejenigen Personen deutscher Nationalität beträfen, die auch während des Zweiten Weltkrieges der CSSR treu geblieben seien. Wenn überhaupt, so habe CF daher die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft erst auf Grund des Dekretes vom verloren und somit am nach wie vor besessen.
1.5. Mit Beschluß vom , Zl. A 5/92-1 (87/17/0290), stellte der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles den Antrag, § 21 des Besatzungsschädengesetzes, BGBl. Nr. 126/1958, in eventu die Absätze 1 bis 4 dieser Gesetzesbestimmung, als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 18, 55/92-6, wurde unter anderem auch dem genannten Antrag keine Folge gegeben. Die vom Verwaltungsgerichtshof gegen den § 21 BesatzungsschädenG vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken seien im Hinblick auf ein Vorerkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 300-307/91, zu einer gleichartigen Bestimmung (§ 19 VerteilungsG Bulgarien) als widerlegt anzusehen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. In der Beschwerde wird geltend gemacht, Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 29 EG CSSR sei es, daß sich der konfiszierte Anspruch gegen eine tschechoslowakische physische Person, also eine Person tschechoslowakischer Nationalität, gerichtet habe. Daher habe die belangte Behörde die Staatsbürgerschaft des Anspruchsgegners zu ermitteln. Der Anspruchsgegner der Mutter des Beschwerdeführers sei CF gewesen. Ihre Forderung gegen CF habe in einem Erbteilungsanspruch bestanden, der unzweifelhaft als "sonstiges Vermögen" im Sinne der §§ 10 und 29 Z. 2 EG CSSR zu qualifizieren sei. Die belangte Behörde schließe nun völlig ungeprüft aus der Tatsache der Vertreibung des CF, daß dieser kein tschechoslowakischer Staatsbürger am gewesen sei. CF sei, entgegen der Darstellung der belangten Behörde, tschechoslowakischer Staatsbürger gewesen; die Tatsache seiner Vertreibung und seiner Zugehörigkeit zur deutschsprachigen Volksgruppe ändere daran nichts. Von der Vertreibung der deutschsprachigen Volksgruppe seien nicht nur Ausländer, sondern auch tschechoslowakische Staatsbürger betroffen gewesen.
2.2. § 1 EG CSSR bestimmt:
"Entschädigung ist für Vermögenschaften, Rechte und Interessen (Vermögenswerte) österreichischer Personen zu leisten, wenn diese Vermögenswerte bis zum tschechoslowakischen Konfiskations-, Nationalisierungs- oder ähnlichen gesetzlichen Maßnahmen unterzogen worden sind."
Gemäß § 3 gelten Vermögensverluste, welche durch die im § 1 genannten Maßnahmen bewirkt wurden, als am eingetreten. Wurden Vermögenswerte erst nach dem erworben, so gilt ihr Verlust als an jenem Tag eingetreten, an dem der Erwerb erfolgt ist.
§ 4 EG CSSR in der Fassung BGBl. Nr. 549/1982 lautet
auszugsweise:
"Entschädigung ist nicht zu leisten für
...
3.a) ...
b) Ansprüche aus Lieferungen, Leistungen und Forderungen aller Art, wenn sich diese Ansprüche gegen andere als tschechoslowakische Personen richten;
..."
§ 29 EG CSSR in der eben zitierten Fassung bestimmt
auszugsweise:
"Zum sonstigen Vermögen gehören, wenn sie nicht dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, dem Grundvermögen oder dem Betriebsvermögen zuzurechnen sind,
...
2. Ansprüche aus Lieferungen, Leistungen und Forderungen aller Art, wenn sich diese gegen tschechoslowakische physische und juristische Personen richten;
3. Pfandrechte (Hypotheken) und sonstige Rechte an einer Liegenschaft, wenn diese einer Maßnahme (§ 1) unterzogen worden ist;
..."
2.3.1. Auslegungsbedürftig ist im Beschwerdefall der § 29 Z. 2 leg. cit. Der angefochtene Bescheid enthält hierüber in seiner Begründung keine Erwägungen, stellt aber offenkundig darauf ab, ob die Forderung der primär anspruchsberechtigten Mutter des Beschwerdeführers an dem nach § 3 EG CSSR für maßgebend erachteten gegen einen tschechoslowakischen STAATSBÜRGER gerichtet war oder nicht. Im Bescheid heißt es dazu nämlich, "im Hinblick auf die Vertreibung des CF und seiner Familie ist evident, daß er zur deutschen Volksgruppe gezählt wurde. Er war daher am nicht tschechoslowakischer Staatsbürger". Eine allfällige Forderung der Mutter des Beschwerdeführers habe sich "daher" nicht gegen eine tschechoslowakische physische Person gerichtet. Die Schlußfolgerung aus der Zuordnung zur deutschen Volksgruppe auf das Nichtvorliegen der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit entbehrt hinsichtlich der Frage des aufrechten Bestandes der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit des Anspruchsgegners am einer nachvollziehbaren Begründung an Hand der hiefür in Betracht kommenden staatsbürgerschaftsrechtlichen Bestimmungen. Immerhin zeigen die vom Beschwerdeführer in seiner (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten) Äußerung vom genannten Regelungen, daß die Frage des Verlustes der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft einer entsprechenden Prüfung durch die belangte Behörde bedurft hätte; bei Zutreffen der dargestellten Rechtslage könnte jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, daß der Schuldner, auch wenn er als Angehöriger der deutschen Volksgruppe betrachtet worden wäre, am keinesfalls tschechoslowakischer Staatsbürger hätte sein können.
Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf einen Schriftsatz des Beschwerdeführers vom Bezug nimmt, in welchem dieser selbst eingeräumt habe, CF sei "nach Gründung der CSSR tschechoslowakischer Staatsbürger und sodann 1938 deutscher Staatsbürger geworden", so ist zum einen festzuhalten, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid eine solche (mit der eigenen Behauptung des Beschwerdeführers begründete) Feststellung allerdings nicht getroffen hat. Zum anderen wäre eine solche Auslegung des zitierten Vorbringens im Sinne einer Tatsachenbehauptung durchaus problematisch gewesen. In seinem Antrag an die Bundesentschädigungskommission vom behauptete nämlich der Beschwerdeführer weiters, CF sei am "wieder" tschechoslowakischer Staatsbürger gewesen. Bei beiden Behauptungen handelt es sich daher offenkundig nicht um tatsächliches Vorbringen, sondern um unbeachtliche Rechtsmeinungen - was die Ausführungen des Beschwerdeführers in der Replik zur Gegenschrift (siehe oben Punkt 1.4.) durchaus unterstreichen.
2.3.2. Entgegen der in der Gegenschrift der belangten Behörde vertretenen Rechtsauffassung ist der bei der Verneinung der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft des CF unterlaufene Feststellungs- und Begründungsmangel auch relevant.
Der Begriff der tschechoslowakischen "physischen" Personen wurde durch die Novelle BGBl. Nr. 549/1982 in die Z. 2 des § 29 leg. cit. aufgenommen; bis dahin hatte diese Gesetzesstelle nur Ansprüche aus Lieferungen, Leistungen und Forderungen aller Art erfaßt, wenn sich diese gegen tschechoslowakische juristische Personen richteten, deren Vermögenswerte selbst einer Maßnahme (§ 1) unterzogen worden sind.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes trifft es nun nicht zu, daß es bei der Auslegung des Gesetzesbegriffes "tschechoslowakische physische Person" im § 29 Z. 2 EG CSSR nicht auf ihre tschechoslowakische Staatsangehörigkeit ankommt und Personen tschechoslowakischer Staatsangehörigkeit, die in der Tschechoslowakei zur deutschen Volksgruppe gerechnet worden sind, nicht als "tschechoslowakische physische Personen" beurteilt werden dürften.
Die in der Gegenschrift der belangten Behörde vertretene Rechtsauffassung geht von § 2 Z. 2 EG CSSR in der Fassung BGBl. Nr. 549/1982 aus, welcher lautet:
"2. Ansprüche aus Lieferungen, Leistungen und Forderungen aller Art, die für oder im Auftrage des ehemaligen Deutschen Reiches, seiner Einrichtungen oder deutscher Personen in der Tschechoslowakei bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges erbracht worden oder entstanden sind. Unter deutschen Personen sind deutsche physische und juristische Personen zu verstehen;"
Während in den Erläuterungen zur RV zum Stammgesetz, 1584 BlgNR 13. GP, 10, dazu ausgeführt wurde, unter einer deutschen Person seien deutsche physische und juristische Personen nach § 2 Abs. 1 und 4 des 1. Staatsvertragsdurchführungsgesetzes, BGBl. Nr. 165/1956, zu verstehen - diese Bestimmungen stellten auf die Staatsangehörigkeit ab - heißt es nunmehr in den Erläuterungen zur RV zur zitierten Novelle aus 1982, 1184 BlgNR 15. GP, 4:
"Unter deutschen physischen Personen sind physische Personen zu verstehen, die am die deutsche Staatsangehörigkeit besessen haben oder in der Tschechoslowakei zur deutschen Volksgruppe gerechnet wurden. Unter deutschen juristischen Personen sind nicht nur juristische Personen im Sinne des § 2 Abs. 4 des 1. Staatsvertragsdurchführungsgesetzes, BGBl. Nr. 165/1956, sondern auch solche juristischen Personen zu verstehen, die am ihren Sitz auf dem bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dem ehemaligen Deutschen Reich angegliederten Gebiete der Tschechoslowakei gehabt haben."
Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob die Auffassung der Erläuterungen zum Stammgesetz oder jener zur Novelle aus 1982 eine mit dem Vermögensvertrag korrespondierende Lösung enthalten, für die Auslegung des § 29 Z. 2 EG CSSR in der Fassung aus 1982 läßt sich daraus nichts gewinnen. § 2 Z. 2 leg. cit. will nämlich die Fälle der Ansprüche aus Lieferungen, Leistungen und Forderungen aller Art vom Anwendungsbereich des EG CSSR ausschließen, wenn sie für das ehemalige Deutsche Reich, seine Einrichtungen oder deutsche Personen oder in deren Auftrag erbracht wurden oder (aus diesem Anlaß) entstanden sind. Diese Norm stellt eine flankierende Maßnahme zu § 2 Z. 1 EG CSSR dar, wonach dieses Bundesgesetz auf Vermögenswerte nicht anzuwenden ist, die auf eine Weise erworben worden sind, welche nach der österreichischen Rechtsordnung eine nichtige Vermögensentziehung dargestellt hätte. Ein Fall vergleichbarer Art liegt im Beschwerdefall unzweifelhaft nicht vor. Die Forderung der (österreichischen) Mutter des Beschwerdeführers ist nicht für das Deutsche Reich, seine Einrichtungen oder eine deutsche Person oder in deren Auftrag entstanden, sondern richtete sich gegen eine Person mit (behauptetermaßen) tschechoslowakischer Staatsangehörigkeit.
Zur Auslegung des § 29 Z. 2 EG CSSR in der Fassung BGBl. Nr. 549/1982 selbst heißt es in den bereits zitierten Erläuterungen 1184 BlgNR 15. GP im Zusammenhang mit § 4 Z. 3 lit. b (wonach eine Entschädigung für Ansprüche aus Lieferungen, Leistungen und Forderungen aller Art nicht zu leisten ist, wenn sich diese Ansprüche gegen andere als tschechoslowakische Personen richten): "Die Bestimmung lit. b korrespondiert mit der Bestimmung des § 29 Z 2 und soll klarstellen, daß Ansprüche der genannten Art dann nicht entschädigt werden können, wenn sie sich gegen andere als tschechoslowakische Personen richteten, deren Vermögen einer Maßnahme unterzogen worden ist." Der Sinn dieser Textstelle wird wiederum aus dem Allgemeinen Teil der Erläuterungen deutlicher; dort heißt es:
"Durch den vorliegenden Gesetzesentwurf soll nunmehr sichergestellt werden, daß im § 29 alle unter den Begriff "Sonstiges Vermögen" fallende Vermögenswerte erfaßt werden, für deren Verlust die im Vermögensvertrag vereinbarte Globalentschädigung vorgesehen ist.
Gleichzeitig wird jedoch der Gesetzentwurf zum Anlaß genommen, diejenigen österreichischen Vermögenschaften, Rechte und Interessen, welche tschechoslowakischen Konfiskations-, Nationalisierungs- oder ähnlichen gesetzlichen Maßnahmen unterzogen worden waren und deren Verlust daher zu entschädigen ist, von Vermögensverlusten abzugrenzen, welche als Folge tschechoslowakischer Maßnahmen gegen Vermögenswerte von Angehörigen dritter Staaten entstanden sind. Bei Ansprüchen aus derartigen Vermögensverlusten handelt es sich aber nicht um solche, welche unmittelbar zwischen den Vertragsstaaten des Vermögensvertrages und ihren Angehörigen entstanden sind. Sie sind daher nicht Gegenstand der vertraglichen Regelung und können auch nicht vom Entschädigungsgesetz CSSR erfaßt werden."
Aus diesen Bemerkungen wird nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes klar erkennbar, daß es in diesem Zusammenhang um das Verhältnis der vertragschließenden Staaten zu ihren Staatsangehörigen geht. Deswegen ist nach § 4 Z. 3 lit. b leg. cit. keine Entschädigung für Ansprüche aus Lieferungen, Leistungen und Forderungen aller Art zu leisten, wenn sich die Ansprüche gegen andere als tschechoslowakische Personen richteten. Es sollten Ansprüche österreichischer Staatsangehöriger, welche als Folge tschechoslowakischer Maßnahmen gegen Vermögenswerte von Angehörigen dritter Staaten entstanden sind, ausgeschlossen werden, nicht aber solche, die sich als Folge solcher Maßnahmen gegen tschechoslowakische Staatsangehörige darstellen.
2.3.3. Unter "tschechoslowakischen physischen Personen" im Sinne des § 29 Z. 2 EG CSSR in der Fassung BGBl. Nr. 549/1982 sind daher Personen tschechoslowakischer Staatsangehörigkeit zu verstehen.
Da somit nicht ausgeschlossen ist, daß die belangte Behörde bei Vermeidung des vom Beschwerdeführer zu Recht gerügten Verfahrensmangels zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre - vorausgesetzt freilich, daß das Vorliegen einer tschechoslowakischen Konfiskations-, Nationalisierungs- oder ähnlichen Maßnahme im Sinne des § 1 EG CSSR hinsichtlich der streitgegenständlichen Forderung als erwiesen angenommen werden kann, worüber gleichfalls keine Feststellungen von der belangten Behörde getroffen wurden - belastete diese den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Stempelgebührenersatz war für die überzähligen Drittausfertigungen der Beschwerde und der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten (an sich zweckdienlichen) Äußerung nicht zuzusprechen.