VwGH vom 16.12.1999, 95/15/0027
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der F KG in G, vertreten durch Dr. Josef Friedrich, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Neutorgasse 50, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 116-3/93, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Die Beschwerdeführerin ist eine Kommanditgesellschaft (KG). Durch Vertrag vom wurden die Geschäftsanteile des Kommanditisten Dr. H und zweier weiterer Kommanditisten im Ausmaß von 95 % an der KG an die neu eintretende Kommanditistin, die G-Gesellschaft m.b.H., mit Wirkung ab übertragen.
Der mit S 1,853.146,25 ermittelte Abtretungspreis sollte zufolge Punkt II. Abs. 1 - 3 des Vertrages in der Abdeckung der negativen variablen Verrechnungskonten der ausscheidenden Kommanditisten bestehen, wobei als Berechnungsgrundlage der vorgelegte Status zum zugrundegelegt wurde.
Gemäß Punkt III. Abs. 1 des Vertrages sollte für den Fall einer sich bis herausstellenden zu hohen Bewertung der Aktiven mit Ausnahme des Anlagevermögens oder einer zu niedrigen Bewertung der Passiven bezogen auf den Übergabestichtag eine sich derart ergebende Verschlechterung des zugrundegelegten Status eine Verminderung des Abtretungspreises zur Folge haben, wobei die Höhe der Kaufpreisminderung der ziffernmäßigen Differenz der Wertansätze, vermindert um einen Betrag von S 100.000,-- entsprechen sollte. Gemäß Punkt III. Abs. 2 des Vertrages sollte eine etwaige Kaufpreisminderung gemäß Abs. 1 des Punktes III. entfallen, soweit in den auf den (Bilanzstichtag für das Jahr 1989; ab dem Jahr 1990 Übergang auf das Kalenderjahr) folgenden fünf Geschäftsjahren entsprechend hohe positive ordentliche Betriebsergebnisse erzielt würden.
Während sich in der Bilanz der Beschwerdeführerin vom bei der Darstellung der Kapitalkonten der Gesellschafter ein Verrechnungsposten "Gutschrift bzw. Belastung des vorläufigen Abtretungspreises für KG-Anteile" in der für den Abtretungspreis bereits angeführten Höhe findet, fehlt ein solcher in der Folge in der auf den erstellten Bilanz. Vielmehr wurde ein auf einen symbolischen Kaufpreisschilling verminderter Abtretungspreis bei der Erstellung des obigen Jahresabschlusses und bei der Ermittlung der Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb zugrundegelegt, wie durch das Schreiben der Beschwerdeführerin an das Finanzamt vom aktenkundig ist. Diese Kaufpreisminderung wurde auch in einem "Aktenvermerk" vom als endgültig schriftlich festgehalten und die im Punkt III. Abs. 2 des Vertrages normierte Regelung einvernehmlich aufgehoben. Vertragsparteien dabei waren ein Vertreter der G-Gesellschaft m.b.H. und die Beschwerdeführerin.
In Anlehnung an die Abgabenerklärung 1990 stellte das Finanzamt die Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb gem. § 188 BAO für das Jahr 1990 zunächst antragsgemäß fest.
Im Zuge der durchgeführten Betriebsprüfung wurde das Verfahren vom Finanzamt wieder aufgenommen und im geänderten Bescheid das zum stattgefundene Ausscheiden von drei Kommanditisten zum Anlass genommen, den Veräußerungsgewinn im Sinne von § 24 Abs. 2 EStG 1988 ohne Berücksichtigung der Kaufpreisminderung festzustellen.
Über die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung entschied das Finanzamt mittels Berufungsvorentscheidung, worin es die Abweisung der Berufung damit begründete, dass die Vertragsregelung über die Kaufpreisminderung eine aufschiebende Bedingung darstelle, die erst mit Eintritt der Bedingung (frühestens am ) steuerliche Konsequenzen auslöse.
In dem fristgerecht eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, es habe sich bereits im Zuge der Bilanzerstellung zu den Stichtagen 31. März und herausgestellt, dass die dem Status zu Grunde liegenden Wertansätze um mindestens S 3 Mio zu hoch angesetzt worden seien, sodass sich der Abtretungspreis von S 1,853.146,-- auf einen symbolischen Kaufpreisschilling vermindert habe. Da Veräußerungsgewinne gemäß § 24 Abs. 2 EStG für den Zeitpunkt der Veräußerung gem. §§ 4 Abs. 1 bzw. 5 EStG zu ermitteln seien, sei unter Berücksichtigung sämtlicher zum Zeitpunkt der Erstellung der Bilanzen bekannt gewesener Umstände für die ausscheidenden Kommanditisten ein um S 1,853.146,-- verminderter Erlös bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes angesetzt und bei der eintretenden Kommanditistin die Kaufpreisminderung ergebnisverbessernd berücksichtigt worden. Die Regelung des Vertragspunktes III. Abs. 1 stelle keineswegs eine Bedingung dar, sondern eine rechnerisch erst im Nachhinein ermittelbare Korrektur des Abtretungspreises.
Ferner führte die Beschwerdeführerin über Vorhalt der belangten Behörde konkret aus, dass der Bescheid jedenfalls rechtswidrig sei, weil unter Zugrundelegung eines vom Finanzamt festgestellten Veräußerungspreises die der eintretenden Gesellschafterin entstandenen Sonderbetriebsausgaben in voller Höhe unberücksichtigt geblieben seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung in dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren strittigen Punkt ab.
Dabei ging die belangte Behörde im Wesentlichen davon aus, dass Abs. 2 des Punktes III. des Abtretungsvertrages vom als aufschiebende Bedingung der Bestimmung des Abs. 1 der zitierten Vertragsbestimmung zu verstehen sei, sodass die Frage einer endgültigen Kaufpreisminderung erst mit Ablauf der auf den folgenden fünf Geschäftsjahre beurteilt werden könne. Daher sei diese Vertragsbedingung jedenfalls nicht für das Streitjahr 1990 erfüllt. Die danach allfällige Herabsetzung des Veräußerungserlöses stelle nach dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/14/0181, negative Einkünfte im Sinne des § 32 Z. 2 EStG 1988 dar. Auch wenn es der im Aktenvermerk vom bekundete Wille der Vertragsparteien gewesen sei, die Kaufpreisminderung eintreten zu lassen, sei dies abgabenrechtlich irrelevant, weil privatrechtlich rückwirkende Vereinbarungen abgabenrechtlich bedeutungslos seien.
II.
In der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf gesetzmäßige Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gem. § 24 Abs. 2 EStG 1988 ist im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist, als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muss. Dies gilt auch für die Veräußerung eines Kommanditanteiles (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/13/0083).
Im Beschwerdefall ist strittig, ob die belangte Behörde bei der mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommenen einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die im Streitjahr endenden Wirtschaftsjahre wegen der Abtretung von Kommanditanteilen mit Vertrag vom zu Recht von einem Veräußerungsgewinn der ausgeschiedenen Kommanditisten in Höhe von S 1,853.146,-- ausgegangen ist oder ob dieser Veräußerungsgewinn (bei dann bloß einem Ausgeschiedenen) lediglich S 1,-- beträgt, weil die Kaufpreisminderung bereits für das Streitjahr steuerlich zu berücksichtigen war.
Hiezu bringt die Beschwerdeführerin zunächst vor, die oben in Punkt III Abs. 1 des Vertrages dargestellte Regelung stelle eine "kaufpreiskorrigierende" dar und sei nicht als Bedingung anzusehen. Die anschließende Vertragsregelung in Punkt III Abs. 2 sei als auflösende und nicht - kombiniert mit der Regelung in Abs. 1 - als aufschiebende Bedingung zu verstehen. Die Kaufpreisminderung sei daher im vorliegenden Fall nicht auf die nachträgliche Vereinbarung im "Aktenvermerk" vom zurückzuführen, sondern beruhe auf Punkt III Abs. 1 des Abtretungsvertrages. Der Veräußerungsgewinn sei gemäß §§ 4 Abs. 1 und 5 EStG 1988 unter Beachtung von handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften zu ermitteln. Eine spätere Erfassung als in der Bilanz zum hätte daher zwingenden Bewertungsvorschriften widersprochen. Gesetzeszweck des § 32 Z. 2 EStG 1988 könne nicht sein, fehlerhafte Veranlagungen für Vorjahre zu sanieren; dies umso mehr, als die Bestimmung voraussetze, dass der Veräußerungsgewinn unter Beachtung der gesetzlichen Bewertungsbestimmungen ermittelt worden sei.
Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu. Der Beschwerdeführerin ist nämlich darin beizupflichten, dass der von ihr im Berufungsverfahren vorgebrachte und von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht als unrichtig beurteilte Umstand, dass sich anlässlich der Erstellung der Bilanzen zum 31. März und herausgestellt habe, dass die der Ermittlung des Abtretungspreises zugrundegelegten Wertansätze "um saldiert mindestens S 3,000.000,-- zu hoch angesetzt wurden", einer war, für den Punkt III Abs. 1 des Vertrages eine Verminderung des Abtretungspreises vorsah. Dies erforderte im Hinblick darauf, dass es sich hiebei um einen "werterhellenden" und nicht um einen zu den beiden in Rede stehenden Bilanzstichtagen nicht vorhersehbaren und daher hiebei noch nicht zu berücksichtigenden "wertbeeinflussenden" Umstand handelt (s. zu dieser Unterscheidung Doralt, EStG3, Rz 15 zu § 6), auch in steuerlicher Hinsicht eine entsprechende Bedachtnahme in den Bilanzen. Punkt III Abs. 2 des Vertrages spricht nicht gegen diese Beurteilung, wäre doch ein sich nach dieser Regelung ergebender Wegfall der Kaufpreisminderung wegen hoher positiver ordentlicher Betriebsergebnisse in den auf den folgenden fünf Geschäftsjahren im Jahr des Wegfalls gemäß § 32 Z. 2 EStG (Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit) zu berücksichtigen (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/13/0106).
Da sich sohin der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig erweist, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am