VwGH vom 18.03.1994, 92/17/0182
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der I in W bzw. G, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 7 - 48 Fa 31/2 - 1992, betreffend Fremdenverkehrsabgabe für das Jahr 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der Gemeinde G "gemäß § 1 und § 9a bis § 9d des Steiermärkischen Fremdenverkehrsabgabegesetzes, LGBl. Nr. 54/1980, in der Fassung der Gesetze LGBl. Nr. 24/1982, 55/1984 und 23/1990", der Beschwerdeführerin als grundbücherlicher Eigentümerin der Ferienwohnung, die nicht den ordentlichen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311) bilde, mit der Anschrift G, D 178, für das Jahr 1991 die Fremdenverkehrsabgabe in Höhe von S 1.600,-- vor.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin - die darin ihre Anschrift mit "N-G. 60/6 in W" angab - im wesentlichen vor, sie habe in G 178 einen ordentlichen Wohnsitz und es handle sich hiebei nicht um eine Ferienwohnung im Sinne der Bestimmungen des Steiermärkischen Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1980 (Stmk. FrAbgG). Ihr diene die Wohnung in G, D 178, sehr wohl zum ganzjährigen Wohnbedarf, wobei sie je nach ihrem Gutdünken ihre ordentlichen Wohnsitze einerseits in G-D und andererseits in W tatsächlich bewohne. Darüber hinaus diene ihr Wohnhaus einschließlich des Gartens nicht nur zu Aufenthalten an Wochenenden und zu Urlaubszwecken, weil ihr Grundstück sowie Obst- und Gemüsegarten von ihr bewirtschaftet würden. Dies könnte sie sicher nicht, wäre sie "nur zum Zwecke meines Urlaubs hier".
Im Zuge des Berufungsverfahrens erging seitens der Steiermärkischen Landesregierung mit Vorhalt vom an die Beschwerdeführerin die "Einladung", den entscheidungsrelevanten Sachverhalt an Hand in der Folge detailliert angeführter Merkmale für den ordentlichen Wohnsitz aufzuklären. Darüber hinaus erging die "Einladung", mitzuteilen, an wie vielen Tagen (Wochen) des Jahres 1991 der Wohnsitz G 178 zur Aufenthaltsnahme gedient habe.
In ihrem daraufhin erstatteten Schriftsatz vom brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, sie sehe den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen sowohl in W als auch in G als gleichermaßen gegeben. Jener in W liege in ihrem Berufserwerb als Lehrerin begründet, daher sei ihr Wohn(sitz)finanzamt auch in W. Da die Beschwerdeführerin aber zirka in zwei bis drei Jahren in Pension gehen werde, sei sie im Begriffe, sich ihren Ruhesitz in G einzurichten. Somit sähe sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen auch hier überwiegend gegeben und dem in W gleichwertig. Ordnungsgemäße polizeiliche Meldungen lägen für die Beschwerdeführerin und ihren Sohn sowohl in W als auch in G vor. Ihr Sohn studiere in V und halte sich häufig in G auf.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Steiermärkische Landesregierung die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Sie führte hiezu im wesentlichen aus, für den Tatbestand des ordentlichen Wohnsitzes sei ein nicht nur vorübergehender Aufenthalt mit der Absicht, diesen Ort bis auf weiteres zum Mittelpunkt "seiner" Rechtsverhältnisse und Geschäfte frei zu wählen, erheblich. Eine Aufenthaltnahme für eine mehr oder weniger ungenau bestimmte Zeit vermöge einen ordentlichen Wohnsitz nicht zu begründen. Daraus sowie insbesondere aus den Angaben der Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom über Eintragung in Wählerevidenz, Wohnsitzfinanzamt und Arbeitsplatz, die als ausreichendes Indiz für den ordentlichen Wohnsitz in W zu werten seien, erhelle, daß die gemäß § 9c Abs. 1 Stmk. FrAbgG rechtserhebliche Tatsache des Vorliegens einer Unterkunft, die nicht den ordentlichen Wohnsitz einer Person bilde, zutreffe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung von Fremdenverkehrsabgabe verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Stmk. FrAbgG in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 23/1990 lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 1
In der Steiermark wird eine Fremdenverkehrsabgabe von Nächtigungen und eine Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen eingehoben. Die Fremdenverkehrsabgabe von Nächtigungen ist eine gemeinschaftliche Landesabgabe im Sinne des § 6 Z. 4 lit. a, die Fremdenverkehrsabgabe von Ferienwohnungen eine ausschließliche Gemeindeabgabe im Sinne des § 6 Z. 5 des Finanzverfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45.
...
§ 9a
(1) Für Ferienwohnungen ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine jährliche Abgabe zu leisten.
(2) Eine Ferienwohnung ist eine Wohnung oder eine sonstige Unterkunft in Gebäuden oder baulichen Anlagen, die nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dient, sondern überwiegend zu Aufenthalten während der Freizeit, des Wochenendes, des Urlaubes, der Ferien oder auch nur zeitweise für nichtberufliche Zwecke als Wohnstätte dient.
(3) Abgabepflichtig ist der grundbücherliche Eigentümer der Ferienwohnung, Miteigentümer sind Gesamtschuldner gemäß § 4 Steiermärkische Landesabgabenordnung (LGBl. Nr. 158/1963 in der jeweils geltenden Fassung).
...
§ 9c
(1) Eigentümer bzw. Miteigentümer von Häusern und Wohnungseigentümer haben als Abgabepflichtige der Gemeinde unter Angabe der Größe der Nutzfläche jede Wohnung mitzuteilen, die nicht den ordentlichen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311) einer Person bildet. Derartige Wohnungen gelten als Ferienwohnungen im Sinne des § 9a Abs. 2, sofern der Abgabepflichtige nicht das Gegenteil nachweist.
..."
Gemäß § 5 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 ist der ordentliche Wohnsitz einer Person an dem Ort begründet, an dem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, ihn bis auf weiteres zum Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen zu wählen. Hiebei ist es unerheblich, ob die Absicht darauf gerichtet war, für immer an diesem Ort zu bleiben.
Vorweg sei bemerkt, daß auch ein Haus als "sonstige Unterkunft" im Sinne des § 9a Abs. 2 und damit als Ferienwohnung in Betracht kommt (vgl. zur ähnlichen Rechtslage nach § 3 Abs. 3 des Tiroler Aufenthaltsgesetzes, LGBl. Nr. 23/1976, das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/17/0252, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).
Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß sie offensichtlich nicht die Möglichkeit erhalten habe, alle jene Umstände darzulegen, die es ihr möglich gemacht hätten, nachzuweisen, daß der Wohnsitz in G einen ordentlichen Wohnsitz darstelle.
Dieses Vorbringen ist aktenwidrig; es genügt, hiezu auf den oben wiedergegebenen Vorhalt vom und dessen Beantwortung mit Schriftsatz vom zu verweisen.
Davon abgesehen kommt jedoch der Frage, ob die Beschwerdeführerin in G einen ordentlichen Wohnsitz hat, entgegen der Auffassung beider Streitteile keine entscheidende Bedeutung zu. Nach der Bestimmung des § 9c Abs. 1 Stmk. FrAbgG ist die Frage des ordentlichen Wohnsitzes vielmehr nur insofern von Relevanz, als an sie die Beweislastregel des zweiten Satzes dieser Gesetzesstelle anknüpft.
Für die Abgabepflicht selbst ist gemäß § 9a Abs. 2 leg. cit. vielmehr entscheidend, ob die Wohnung oder sonstige Unterkunft nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dient, sondern überwiegend zu Aufenthalten während der Freizeit, des Wochenendes, des Urlaubes, der Ferien oder auch nur zeitweise für nichtberufliche Zwecke als Wohnstätte dient. Nun hat aber die Beschwerdeführerin in ihrer Vorhaltsbeantwortung selbst ausgeführt, daß sie in W ihrem Beruf als Lehrerin nachgeht und dort auch einen ordentlichen Wohnsitz (offenkundig in der in der Berufung genannten Wohnung in W, N-Gasse 60/6) hat. Allein daraus ergibt sich schon zwingend, daß die Wohnung in G nicht der Deckung ihres GANZJÄHRIG gegebenen Wohnbedarfes dient, sondern überwiegend nur zu Aufenthalten während der Freizeit, des Wochenendes, des Urlaubes bzw. der Ferien dienen kann; denn daß die Beschwerdeführerin ihrem Beruf in W von der in G gelegenen Wohnung aus nachgeht ("pendelt"; vgl. hiezu auch das zum Salzburger Kurtaxengesetz, LGBl. Nr. 52/1957 idF. LGBl. Nr. 80/1972, ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 17/1119/80), hat sie nicht behauptet und ist auch angesichts der gerichtsbekannten Entfernung zwischen W und G auszuschließen.
Daran ändert es auch nichts, wenn die Beschwerdeführerin in der Beschwerde (zum Teil erstmals) behauptet, sie verbringe praktisch jede freie Minute in G und sei dort nicht nur zu Urlaubszwecken, sondern bewirtschafte insbesondere auch ihr ererbtes Grundstück. Denn als in W berufstätige Lehrerin ist ihr eine solche Bewirtschaftung offenkundig nur während der Freizeit, des Wochenendes oder der Ferien möglich.
Ebensowenig zielführend ist die Beschwerdebehauptung, daß der Sohn der Beschwerdeführerin in V studiere und sich ebenfalls häufig in G aufhalte, um mit der Beschwerdeführerin "im Familienverband zu leben". Denn auch dieses "Leben im Familienverband" kann notwendigerweise nur in jenen Zeiträumen stattfinden, in denen sich auch die Beschwerdeführerin in G aufhält. Daß deren Aufenthalte nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dienen, wurde jedoch schon oben dargelegt. Auch eine Behauptung des Inhalts, daß der Sohn der Beschwerdeführerin in G AUSSCHLIEßLICH (vgl. hiezu das Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 92/17/0071) seinen Studien nachgehe, wurde von ihr nicht aufgestellt.
Soweit sich die Beschwerdeausführungen auf die Frage des ordentlichen Wohnsitzes beziehen, gehen sie aus den oben dargestellten Gründen ins Leere.
Die belangte Behörde ist daher zumindest im Ergebnis nicht rechtswidrig vorgegangen, wenn sie die Abgabepflicht der Beschwerdeführerin als gegeben annahm. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.