VwGH vom 06.10.1993, 92/17/0181
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Raunig, über die Beschwerde des Dr. D in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MD-VfR - D 10/92/Str, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien
- Magistratsabteilung 4 - vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am um
13.47 Uhr in Wien 1., Biberstraße, gegenüber 22, sein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne die Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet zu haben, da der Parkschein gefehlt habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs. 3 des Wiener Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, in der geltenden Fassung, begangen und es wurde gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe von S 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Stunden) verhängt.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde "das angefochtene Straferkenntnis bestätigt". In der einleitenden Wiedergabe des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wurde statt des Wortes "gegenüber" die Abkürzung "ggü." gesetzt.
In der Begründung dieses Bescheides führt die belangte Behörde sinngemäß aus, daß aus einer Anzeige eines Kontrollorganes des Magistrates hervorgehe, daß das Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers am um
13.47 Uhr gegenüber dem Haus Wien 1., Biberstraße 22, abgestellt gewesen und nicht mit einem nach § 2 Abs. 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. für Wien Nr. 15/1986, richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet gewesen sei. Das Kontrollorgan des Magistrates habe den Abstellort des gesetzwidrig abgestellten Kraftfahrzeuges mit "1, Biberstraße ggü. 22," beschrieben, wobei diese Bezeichnung eindeutig erkennen lasse, daß der Tatort vor dem Haus Biberstraße 13, jedoch in jenem Bereich gelegen gewesen sei, der dem Haus Nr. 22 gegenüber liege. Der Tatort sei dadurch hinreichend bezeichnet, da die Front des Hauses Nr. 13 von der Rosenbursenstraße bis zur Wiesingerstraße reiche. Gegenüber Nr. 22 bedeute nicht schräg gegenüber, da hierfür die Bezeichnung des Nebenhauses (Georg-Coch-Platz 3) gewählt hätte werden müssen. Aus diesem Grunde habe es sich auch erübrigt, zu untersuchen, ob sich gegenüber dem Haus Georg-Coch-Platz 3 eine Ladezone befinde. Der Meldungsleger habe als Zeuge vernommen, seine in der Organstrafverfügung gemachten Angaben aufrecht erhalten. Dem Beschwerdeführer sei diese Zeugenaussage vorgehalten worden und es sei ihm gemäß § 17 AVG frei gestanden, Akteneinsicht zu nehmen. Von dieser Möglichkeit habe der Beschwerdeführer jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Die gegenständliche Kurzparkzone in Wien 1., Biberstraße, sei gesetzmäßig verordnet und durch Straßenverkehrszeichen ordnungsgemäß kundgemacht. Aus dem Verordnungsakt sei weiters ersichtlich, daß die Kurzparkzone in der Rosenbursenstraße 2 - 10 und Dominikaner Bastei 14-18 aufgehoben worden, jedoch gleichzeitig die Parkbeschränkung gemäß § 25 StVO für den Bereich Biberstraße verordnet worden sei. Die Behörde sehe es daher als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer die für das Abstellen seines Kraftfahrszeuges in einer Kurzparkzone vorgesehene Abgabe entgegen der Bestimmung des § 1 Abs. 3 des Parkometergesetzes nicht entrichtet und die erforderliche Abgabenentrichtung auch nicht in der vorgesehenen Weise erkennbar gemacht habe. Für derartige Handlungen sehe § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes, in der Fassung des LGBl. für Wien Nr. 30/1977, Geldstrafen bis zu S 3.000,-- vor. Die verhängte Geldstrafe, die nur ein Zehntel der Strafobergrenze ausmache, sei nicht zu hoch bemessen. Eine Herabsetzung der Strafe sei auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers auf Grund seiner beruflichen Stellung als Rechtsanwalt nicht als ungünstig angenommen werden könnten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und nicht dafür bestraft zu werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wenn der Beschwerdeführer meint, die Bezeichnung "Wien 1., Biberstraße gegenüber 22," stelle keine ausreichende Individualisierung und Konkretisierung des Tatortes gemäß § 44a Z. 1 VStG dar, ist ihm zu entgegnen, daß dieser Vorschrift entsprochen ist, wenn im Spruch des Straferkenntnisses die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch auch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch NUR nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Umschreibung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z. 1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen läßt (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. N.F. Nr. 11.894/A).
Unter diesem Gesichtspunkt kann aber auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens, der Tatort hätte "ordnungsgemäß mit Georg-Coch-Platz 2 bzw. allenfalls Biberstraße 13" oder auch mit "Wien 1, Biberstraße 13, gegenüber dem Haus Biberstr. 22" bezeichnet werden müssen, der Gerichtshof nicht finden, daß die getroffene Tatumschreibung im Zusammenhang mit der erfolgten Tatort- und Tatzeitangabe mangelhaft ist. Insbesondere vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht mit dem Beschwerdevorbringen aufgezeigt zu werden, aus der im Spruch des Berufungsbescheides verwendeten Abkürzung "ggü." sei nicht ableitbar, daß es sich dabei um eine Abkürzung für das Wort "gegenüber" handle, da im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses der Ausdruck "gegenüber" nicht abgekürzt wurde und dieser Spruch von der Berufungsbehörde erkennbar nicht abgeändert wurde. Darüber hinaus handelt es sich bei der Abkürzung "ggü." um einen üblichen und allgemein verständlichen Ausdruck.
Soweit der Beschwerdeführer weitwendig rügt, durch die Unterlassung der Übermittlung einer vollständigen Aussage des Kontrollorganes in der Aufforderung zur Stellungnahme an den Beschwerdeführer bzw. durch die Nichtbeantwortung seines Ersuchens, ihm die Möglichkeit zur Akteneinsicht einzuräumen, habe die Behörde "gegen Bestimmungen der Prozeßordnung verstoßen", vermag auch damit ein entscheidungswesentlicher Verfahrensmangel nicht aufgezeigt zu werden. Dies schon deshalb, weil der Beschwerdeführer in konkretisierter Form nicht dargetan hat, daß die behaupteten Verletzungen von Verfahrensvorschriften solche waren, bei deren Vermeidung die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Gemäß § 1 Abs. 3 zweiter Satz des Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, hat jeder Lenker eines mehrspurigen Fahrzeuges, der ein solches Fahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Anordnung nach Abs. 1 getroffen wurde, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Nach Abs. 5 dieses Paragraphen umfaßt der Begriff "Abstellen" sowohl das Halten als auch das Parken von mehrspurigen Fahrzeugen. Ausgehend von dieser Rechtslage vermag auch mit der Beschwerderüge, aus dem Umstand, daß vom Beschwerdeführer am um 13.47 Uhr im Vorfallsbereich das von ihm gehaltene Fahrzeug abgestellt worden sein solle, nicht der Schluß gezogen werden könne, das Fahrzeug sei dort gehalten bzw. geparkt worden, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt zu werden. Anhaltspunkte dafür nämlich, daß der Tatbestand des "Abstellens" eines Fahrzeuges im Sinne des Parkometergesetzes nicht erfüllt sei, weil ein (bloßes) "Anhalten" des Fahrzeuges vorgelegen sei, ohne bereits zu einem Abstellen im Sinne des Parkometergesetzes und damit die Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometeterabgabe entstanden wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 16/0633/80, sowie das den Beschwerdeführer betreffende Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 92/17/0206), bietet der Beschwerdefall keinerlei Anhaltspunkt und wird diesbezüglich auch in der Beschwerde nichts vorgebracht.
Soweit in der Beschwerde gerügt wird, eine Verfolgungshandlung sei erst nach Ablauf der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist erfolgt, ist dieses Beschwerdevorbringen schon deshalb verfehlt, weil gemäß § 31 Abs. 2 VStG die Verjährungsfrist bei Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr beträgt.
Wenn der Beschwerdeführer nunmehr in der Beschwerde erstmals bestreitet, das Kraftfahrzeug zum Tatzeitpunkt am Vorfallsort abgestellt zu haben, handelt es sich hiebei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung.
Schließlich führt der Beschwerdeführer zur Strafbemessung aus, daß seine im Tatzeitpunkt bestehende Unbescholtenheit als Milderungsgrund zu berücksichtigen sei, und daß die Behörde es unterlassen habe, seine Einkommens- und Familienverhältnisse zu erheben. Dem ist zu erwidern, daß auf die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers nach den oben wiedergegebenen Begründungsdarlegungen des angefochtenen Bescheides Bedacht genommen wurde. Auch vermag der Verwaltungsgerichtshof auf dem Boden des nicht näher konkretisierten Beschwerdevorbringens nicht finden, daß bei der im unteren Bereich des Strafrahmens (von bis S 3.000,--) liegenden Geldstrafe (von S 300,--) die belangte Behörde hinsichtlich der Strafbemessung den Anforderungen des § 19 VStG nicht entsprochen hätte.
Da der angefochtene Bescheid weder mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes noch mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.