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VwGH vom 17.08.1998, 97/17/0454

VwGH vom 17.08.1998, 97/17/0454

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde

1. des F und 2. der E, beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom , Zl. 02/04-36/1, betreffend vorläufiger Anschlußbeitrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Pilgersdorf, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit rechtskräftigem Bescheid vom verpflichtete der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die beschwerdeführenden Parteien gemäß §§ 2, 3 und 11 des Burgenländischen Kanalanschlußgesetzes als Eigentümer eines näher bezeichneten Grundstückes und der darauf befindlichen Gebäude, die Schmutzwässer in die wasserrechtlich bewilligte öffentliche Kanalisationsanlage (Schmutzwasserkanal) und die Niederschlagswässer in den wasserrechtlich bewilligten Entwässerungskanal der mitbeteiligten Gemeinde einzuleiten.

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den beschwerdeführenden Parteien ausgehend von einer Berechnungsfläche von 501,49 m2 den vorläufigen Anschlußbeitrag inklusive Mehrwertsteuer in der Höhe von S 33.098,34 vor.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, Oberflächen- und Dachwässer dürften in das Kanalnetz nicht eingeleitet werden, daher sei es unzulässig die Dachfläche als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde gab der Berufung nicht statt und änderte die Abgabenfestsetzung, ausgehend von einer Berechnungsfläche von 513,85 m2 auf S 33.914,10. Mit rechtskräftigem Bescheid vom seien die beschwerdeführenden Parteien verpflichtet worden, die Niederschlagswässer in den wasserrechtlich bewilligten Entwässerungskanal einzuleiten. Bei dem am durchgeführten Lokalaugenschein sei festgestellt worden, daß die Dachwässer in den Entwässerungskanal abgeleitet würden und im Nebengebäude (Anschlußgebäude zum Wohnhaus) eine Dusche installiert sei. Es sei daher die Berechnungsfläche neu festgelegt worden. Die Berechnung des vorläufigen Anschlußbeitrages erfolge nach den Gebäudeaufnahmen und gemäß § 5 Burgenländisches Kanalabgabegesetz (Bgld KAbG).

Die belangte Behörde wies die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, nach der Aktenlage sei das Ermittlungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Vorschreibung des vorläufigen Anschlußbeitrages nach § 6 Bgld KAbG sei zu Recht erfolgt, da für jene Anschlußgrundflächen bzw. Teile der Anschlußgrundfläche, für die eine Anschlußverpflichtung ausgesprochen worden sei, ein Anschlußbeitrag zu erheben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich in ihrem Recht, keine Kanalanschlußgebühren für Bauten, an denen nur Niederschlagswässer anfallen, vorgeschrieben zu erhalten, sowie in ihrem Recht auf Einhaltung der Verfahrensgarantien des AVG verletzt.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Gemeinde erstatteten jeweils eine Gegenschrift. Die belangte Behörde stellte den Antrag, die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen in eventu als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der angefochtene Bescheid wurde den beschwerdeführenden Parteien nachweislich am zugestellt. Die sechswöchige Beschwerdefrist an den Verwaltungsgerichtshof endete somit unter Berücksichtigung von Feiertag und Wochenende am . Die beschwerdeführenden Parteien stellten am den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe, dem mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom , VH 97/17/0010-3, nicht stattgegeben wurde. Dieser Beschluß wurde am zugestellt.

Mit Telefax erhoben die beschwerdeführenden Parteien innerhalb der sechswöchigen Frist nach Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom am Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Die mit Rücksicht auf § 26 Abs. 3 VwGG fristgerecht erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war daher - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nicht als verspätet zurückzuweisen.

Das Gesetz vom über den Anschluß an öffentliche Kanalisationsanlagen und deren Benützung sowie über die Aufhebung einer Bestimmung der Burgenländischen Bauordnung (Burgenländisches Kanalanschlußgesetz 1989), LGBl. Nr. 27/1990, lautet auszugsweise:

"§ 1

Begriffsbestimmungen

(1) Abwasser ist Schmutzwasser oder

Niederschlagswasser aus dem Bereich von Anschlußgrundflächen.

(2) Schmutzwasser ist durch Nutzung in seiner

Beschaffenheit nachteilig verändertes Wasser. Zum Schmutzwasser gehören auch Fäkalien.

(3) Niederschlagswasser ist Wasser, das von

atmosphärischen Niederschlägen stammt und in seiner natürlichen Beschaffenheit nicht wesentlich nachteilig verändert ist.

(4) Anschlußgrundflächen im Sinne dieses Gesetzes sind

bebaute oder unbebaute Grundflächen, die aus einem oder mehreren benachbarten Grundstücken bestehen, welche eine funktionelle oder wirtschaftliche Einheit bilden.

§ 2

Anschlußpflicht

(1) Die Eigentümer von Anschlußgrundflächen sind

verpflichtet, die Abwässer (Schmutzwässer oder Niederschlagswässer) in die bewilligte öffentliche Kanalisationsanlage (§ 32 des Wasserrechtsgesetzes 1959) nach den Bestimmungen dieses Gesetzes einzuleiten. Sind Eigentümer der Anschlußgrundfläche und Eigentümer eines auf dieser Grundfläche befindlichen Baues oder sonstigen Anlage verschiedene Personen, trifft diese Verpflichtung den Eigentümer des Baues oder der sonstigen Anlage.

(2) Diese Verpflichtung besteht nicht

...


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2.
für unbebaute Anschlußflächen, wenn darauf keine Schmutzwässer anfallen und die Niederschlagswässer ohne nachteilige Auswirkungen und ohne Anlagen auf eigenem Grund versickern oder verrieseln können,
3.
für Bauten, bei denen nur Niederschlagswässer anfallen, die ohne nachteilige Auswirkungen zur Gänze versickern oder verrieseln können. Bauten im Sinne dieser Bestimmung sind solche, die mit Bauten, bei denen auch Schmutzwässer anfallen, nicht in Verbindung stehen oder im Falle des Abbruches der anderen Bauten für sich allein bestehen könnten,
...

(3) Über Ansuchen des Eigentümers der Anschlußgrundfläche, des Baues, der sonstigen Anlage oder des für die Verwaltung der öffentlichen Verkehrsfläche zuständigen Organes ist diesem jedoch der Anschluß zu bewilligen, auch wenn auf Grund des Abs. 2 keine Anschlußpflicht besteht. Für die im Abs. 2 Z. 6 geregelten Fälle darf der Anschluß nicht bewilligt werden."

Das Gesetz vom über die Einhebung von Kanalabgaben (Kanalabgabegesetz-KAbG), LGBl. für das Burgenland Nr. 41/1984 i.d.F. LGBl. Nr. 37/1990, lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 2

Allgemeines

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, durch Verordnung

des Gemeinderates Kanalisationsbeiträge (Erschließungsbeitrag, vorläufiger Anschlußbeitrag, Anschlußbeitrag, Ergänzungsbeitrag, vorläufiger Nachtragsbeitrag, Nachtragsbeitrag) zur Deckung der Errichtungskosten der Kanalisationsanlage nach den Bestimmungen dieses Abschnittes zu erheben. An Kanalisationsbeiträgen darf jedoch jeweils insgesamt nicht mehr erhoben werden, als den von der Gemeinde geleisteten oder vorschlagsmäßig zu leistenden Aufwendungen für die Kanalisationsanlage entspricht.

...

(4) Miteigentümer schulden die Kanalisationsbeiträge

zur ungeteilten Hand.

...

(7) Das Recht, die Kanalisationsbeiträge festzusetzen,

verjährt binnen fünf Jahren.

§ 3

Beitragssatz

(1) Der Beitragssatz ist vom Gemeinderat durch

Verordnung festzusetzen. Er darf jenen Betrag nicht überschreiten, der sich aus der Teilung der abgerechneten Errichtungskosten der Kanalisationsanlage (§ 2 Abs. 1 und 2) durch die um 10 v.H. erhöhte Summe der Berechnungsflächen gemäß § 5 Abs. 2 in der Gemeinde ergibt. Für die Ermittlung der Summe aller Berechnungsflächen in der Gemeinde ist der Zeitpunkt der erstmaligen Beschlußfassung einer Verordnung nach dem 2. Abschnitt dieses Gesetzes maßgebend.

...

§ 5

Anschlußbeitrag

(1) Für jene Grundstücke bzw. Teile der Anschlußgrundfläche, für die eine Anschlußverpflichtung oder eine Anschlußbewilligung rechtskräftig ausgesprochen wurde, ist ein Anschlußbeitrag zu erheben.

(2) Die Berechnungsfläche ergibt sich aus der Summe

der in Z. 1 und Z. 2 genannten, mit dem Bewertungsfaktor vervielfachten Flächen.

1. Bebaute Fläche:

Als bebaute Fläche gilt die von Gebäuden und überdachten Bauwerken bedeckte bzw. überdeckte Grundfläche; nicht einzurechnen sind Eingangsüberdeckungen, Vordächer, Balkone, Erker, Terrassen, Außenstiegen, Außenrampen, Lichtschächte, Dachüberstände, Gesimse udgl.

Ausmaß der bebauten Flächen 0,5

2. Nutzfläche:

Für die Berechnung dieser Fläche in Gebäuden ist die Grundfläche des Mauerwerks, das die Nutzfläche umgibt, einzubeziehen. Sind in demselben Gebäude in einem Geschoß Nutzflächen mit verschiedenen Bewertungsfaktoren zu berücksichtigen, dann ist die zwischen diesen Nutzflächen liegende Mauerfläche je mit ihrem halben Ausmaß den beiden Flächen zuzuschlagen.

Nicht mitzurechnen sind:

Keller- und Dachbodenräume, die ihrer Ausstattung nach

nicht für die unter lit. a bis lit. l genannten Zwecke geeignet sind;

Kellerräume in Wohngebäuden, die nur für

Haushaltszwecke genutzt und nicht für die unter lit. a genannten Zwecke verwendet werden, in denen keine Abwässer anfallen und die nicht an die Kanalisationsanlage angeschlossen sind;

Gebäude, ausgenommen Wohngebäude, bei denen nur

Niederschlagswässer anfallen und die an die Kanalisationsanlage angeschlossen sind.

...

§ 6

Vorläufiger Anschlußbeitrag

(1) Für jene Grundstücke bzw. Teile der Anschlußgrundfläche, für die im Falle der Fertigstellung des wasserrechtlich bewilligten Projektes über die Errichtung oder Änderung der Kanalisationsanlage Anschlußpflicht bestehen würde, kann ein vorläufiger Anschlußbeitrag erhoben werden.

(2) Für das Ausmaß der Berechnungsfläche gilt § 5

sinngemäß. Der Beitragssatz ist unter sinngemäßer Anwendung des § 3 unter Zugrundelegung der veranschlagten Errichtungskosten der Kanalisationsanlage mit höchstens 30 v.H. des so errechneten Betrages festzusetzen."

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde hat über die Einhebung eines vorläufigen Anschlußbeitrages nach dem Bgld KAbG die Verordnung Nr. 5/1996 erlassen. Diese hat folgenden Inhalt:

"§ 1

Für jene Anschlußgrundflächen, bzw. Teile von Anschlußgrundflächen, für die nach Fertigstellung des wasserrechtlich bewilligten Projektes über die Errichtung (Änderung) der Kanalisationsanlage Salmannsdorf Anschlußpflicht bestehen würde, ist ein vorläufiger Anschlußbeitrag zu erheben.

§ 2

1) Die veranschlagten Errichtungskosten der Kanalisationsanlage betragen S 4,451.247,61. Die um 10 v.H. erhöhte Summe aller Berechnungsflächen beträgt 20.297,27 m2.

2) Der Beitragssatz wird mit S 60,-- festgesetzt. Die

gesetzliche Umsatzsteuer ist gesondert hinzuzurechnen."

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die beschwerdeführenden Parteien als Eigentümer des in Rede stehenden Grundstückes und der darauf befindlichen Gebäude verpflichtet wurden, die Schmutzwässer in die wasserrechtlich bewilligte öffentliche Kanalisationsanlage und die Niederschlagswässer in den wasserrechtlich bewilligten Entwässerungskanal der mitbeteiligten Gemeinde einzuleiten. Kraft dieses Bescheides besteht somit die Anschlußpflicht für alle im Bescheid angeführten Grundstücke bzw. Teile der Anschlußgrundfläche. Für diese anschlußpflichtigen Bereiche kann der vorläufige Kanalisationsbeitrag gemäß § 6 Bgld KAbG erhoben werden, weil auf Grund des rechtskräftigen Bescheides über die Anschlußpflicht feststeht, daß im Sinne dieser Vorschrift Anschlußpflicht bestehen würde. Daß für bestimmte Anschlußflächen und Bauten gemäß § 2 Abs. 2 Burgenländisches Kanalanschlußgesetz keine gesetzliche Anschlußpflicht bestünde, ändert an diesem Umstand nichts, weil sich die Anschlußpflicht aus dem rechtskräftigen Bescheid ergibt. Die belangte Behörde konnte daher, ohne den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit zu belasten, von der durch den Bescheid vom ausgesprochenen Anschlußpflicht ausgehen und war nicht gehalten, weitere Erhebungen darüber zu führen, ob für die vom Bescheid erfaßten Grundstücksflächen bzw. Teile der Anschlußflächen gesetzliche Anschlußpflicht bestehen würde.

Im verwaltungsbehördlichen Verfahren und auch vor dem Verwaltungsgerichtshof wurde von den beschwerdeführenden Parteien nicht behauptet, daß andere als die im Bescheid vom angeführten Grundstücksflächen bzw. Teile der Anschlußflächen Gegenstand der Abgabenvorschreibung waren.

Da die von den beschwerdeführenden Parteien behauptete sowie eine von Amts wegen aufzugreifende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Der Antrag der anwaltlich nicht vertretenen mitbeteiligten Gemeinde auf Zuerkennung von Aufwandersatz war aus den im hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/17/0243, näher dargelegten Gründen unter Bedachtnahme auf § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997 abzuweisen.