VwGH vom 26.01.1998, 97/17/0410
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des Dr. W, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-05/K/18/00104/97, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 2.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Über das Vermögen des W. K. wurde vom Landesgericht am der Konkurs eröffnet und der Beschwerdeführer zum Masseverwalter bestellt.
In ihrer mit datierten Lenkererhebung stellte die Behörde erster Instanz folgende Frage:
"Sehr geehrter Herr K. (Anmerkung Gemeinschuldner)
Unter Hinweis auf § 1a des Parkometergesetzes, LGBl. für
Wien Nr. 47/74, in der geltenden Fassung, werden Sie als
Zulassungsbesitzer ersucht, innerhalb von zwei Wochen ab
Zustellung dieses Schreibens Auskunft darüber zu geben, wem Sie
das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ..., welches am
um ... in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone
Wien ... abgestellt war, zu diesem Zeitpunkt überlassen gehabt
haben.
..."
Dieses nach Ausweis des Rückscheines an den Gemeinschuldner gerichtete Schreiben wurde - offenbar infolge der Postsperre - dem Beschwerdeführer als Masseverwalter zugestellt.
1.2. Nachdem die Behörde erster Instanz die Tatsache der Konkurseröffnung und der Bestellung des Beschwerdeführers zum Masseverwalter erhoben hatte, wurde dieser mit Schreiben vom zur Rechtfertigung aufgefordert; es werde ihm zur Last gelegt, als Masseverwalter und somit gesetzlicher Vertreter der Konkursmasse des Zulassungsbesitzer dem am ordnungsgemäß zugestellten Verlangen des Magistrats vom innerhalb von zwei Wochen nicht entsprochen zu haben.
In seinem Schreiben vom (eingelangt bei der Erstbehörde am ) erklärte der Beschwerdeführer unter anderem, daß mit Beschluß des Landesgerichtes vom der Konkurs über das Vermögen des Gemeinschuldners aufgehoben worden sei. Infolge der von ihm, dem Beschwerdeführer, vertretenen Rechtsansicht, daß er nicht gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners im Verwaltungsstrafverfahren sei, sei die wegen der Postsperre dem Masseverwalter zugestellte Aufforderung zur Auskunfterteilung an den Gemeinschuldner weitergeleitet worden. Ob dieser dem Verlangen der Behörde entsprochen habe, entziehe sich der Kenntnis des Beschwerdeführers.
1.3. Mit Straferkenntnis vom , zugestellt dem Beschwerdeführer am , wurde dieser schuldig erkannt, als Masseverwalter des Zulassungsbesitzers dem am ordnungsgemäß zugestellten Verlangen des Magistrats vom nicht innerhalb von zwei Wochen entsprochen zu haben; der Beschwerdeführer habe dadurch § 1a des (Wiener) Parkometergesetzes verletzt, weshalb über ihn gemäß § 4 Abs. 2 des zitierten Gesetzes eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Aus § 54 Abs. 1 WAO leitete die Behörde erster Instanz die (persönliche) Verpflichtung des Beschwerdeführers ab, dem Auskunftsbegehren zu entsprechen. Wenn er dieser Verpflichtung nicht persönlich nachkomme, sondern die Beantwortung einer anderen Person (hier dem Gemeinschuldner) überlasse, könne damit die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit nicht abgewälzt werden.
In seiner dagegen erhobenen, mit datierten und am bei der Erstbehörde eingelangten Berufung verwies der Beschwerdeführer zunächst darauf, daß das Konkursverfahren bereits beendet sei. Weiters sei er nicht gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners gewesen. Auch sei er als Masseverwalter nicht Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Fahrzeuges gewesen.
1.4. Mit dem Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie den Antrag stellt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde bezweifelt, daß die Auskunftspflicht den Masseverwalter und nicht den Gemeinschuldner selbst treffe, zeigt er damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Zwar ist der Masseverwalter nicht schlechthin gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners, soweit die Befugnisse des Gemeinschuldners jedoch beschränkt sind, erhält die Konkursmasse ein ex lege vertretungsberechtigtes und -verpflichtetes Organ in der Person des Masseverwalters, der kraft seiner Bestellung alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen, die der Gemeinschuldner nicht vornehmen kann, mit Wirkung für die Masse und für die Konkursgläubiger vorzunehmen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/17/0618, mwN). Das Kraftfahrzeug, auf das sich die Lenkeranfrage bezog, gehörte unbestritten zur Konkursmasse. Es ist daher davon auszugehen, daß der Masseverwalter hinsichtlich des für den Gemeinschuldner zugelassenen Fahrzeuges als gesetzlicher Vertreter des Zulassungsbesitzers, nämlich des Gemeinschuldners, anzusehen ist (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom ). Den Masseverwalter treffen demnach im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG die Pflichten des Gemeinschuldners als Zulassungsbesitzer von Fahrzeugen, die zur Konkursmasse gehören, somit auch die Pflicht zur Auskunftserteilung nach § 1a des (Wiener) Parkometergesetzes (vgl. wiederum das bereits zitierte Erkenntnis vom ). Daran ändert die der Verletzung der Auskunftspflicht nachfolgende Aufhebung des Konkurses nichts.
2.2. Gemäß § 1a Abs. 1 des Parkometergesetzes, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 47/1974 idF Landesgesetzblatt Nr. 24/1987, hat der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Fahrzeuges überläßt, für deren Abstellen Parkometerabgabe zu entrichten war, falls das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.
Gemäß § 1a Abs. 2 leg. cit. ist die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muß, unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen.
Aus Abs. 2 der erwähnten Bestimmung folgt, daß die Auskunft mit dem näher umschriebenen Inhalt (auch) nach einer schriftlichen Aufforderung, wie im Beschwerdefall, zu erteilen ist. Mit Zulassungsbesitzer im Sinne des § 1a Wiener Parkometergesetz ist aber jene Person gemeint, welcher diese Eigenschaft in jenem Zeitpunkt zukam, auf den sich die behördliche Anfrage bezieht (zu § 103 Abs. 2 KFG vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/02/0117).
Der Masseverwalter ist erst ab seiner Einführung für die Erteilung von Lenkerauskünften, die zum Massevermögen gehörige mehrspurige Kraftfahrzeuge betreffen, zuständig. Das Auskunftsbegehren muß daher in solchen Fällen an den Masseverwalter gerichtet werden. Fälschlich an den Gemeinschuldner gerichtete Anfragen müssen vom Masseverwalter nicht beantwortet werden. Die anfragende Behörde hat nämlich zu entscheiden, an wen das Auskunftsbegehren zu richten ist. Die Vorschriften über die Postsperre nach § 78 Abs. 3 KO bedeuten nicht, daß der Masseverwalter verpflichtet wäre, eine unrichtig adressierte Lenkerauskunftsanfrage umzudeuten.
Im vorliegenden Fall haben sich das von der Anfrage umfaßte Ereignis und die Anfrage nach Konkurseröffnung und Einführung des Masseverwalters und vor Aufhebung des Konkurses und Enthebung des Masseverwalters ereignet. Der Masseverwalter war daher nicht verpflichtet, auf die fälschlich an den Gemeinschuldner adressierte Anfrage zu antworten.
2.3. Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzgehen gewesen wäre.
2.4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da gemäß § 49 Abs. 1 VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997 der verzeichnete Schriftsatzaufwand nur dann gebührt, wenn der Beschwerdeführer durch einen Rechtsanwalt vertreten war. Dies trifft auf den Rechtsanwalt, der in eigener Sache einschreitet, nicht zu (Erkenntnis , Zl. 97/02/0214).
2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.