VwGH vom 13.09.2001, 2001/12/0168

VwGH vom 13.09.2001, 2001/12/0168

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Julcher, über die Beschwerde des A in F, vertreten durch Dr. Hans-Dieter Sereinig, Rechtsanwalt in Ferlach, Hauptplatz 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , Zl. 15 1311/170- II/15/01, betreffend Ruhegenussbemessung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des vom Beschwerdeführer vorgelegten angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Der 1945 geborene Beschwerdeführer steht als Amtsdirektor in Ruhe seit in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Er war zuletzt im Ressortbereich des Bundesministers für Inneres tätig.

Seine Ruhestandsversetzung mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom mit Ablauf des erfolgte nach den Angaben des Beschwerdeführers auf Grund seines Antrages vom .

Mit dem im Instanzenzug ergangenen nunmehr angefochtenen Bescheid vom bestätigte die belangten Behörde die mit Bescheid des Bundespensionsamtes vom in Anwendung des § 4 Abs. 3 des Pensionsgesetzes 1965 (PG) in der Fassung des Pensionsreformgesetzes 2000 vorgenommene Ruhegenussbemessung (Ruhebezug in der Höhe von 66,80 % der Ruhegenussbemessungsgrundlage). Sie begründete ihren Bescheid in Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers im Wesentlichen damit, für die Ruhegenussbemessung sei entgegen seiner Auffassung nicht die Rechtslage zum Zeitpunkt des Antrages auf Versetzung in den Ruhestand, sondern zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Ruhestandsversetzungsbescheides bzw. der erstmaligen Fälligkeit des Ruhegenusses (hier: ) maßgebend. Es sei daher im Beschwerdefall das PG in der Fassung des Pensionsreformgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 95, anzuwenden gewesen. (Anwendung der Kürzungsregelung nach § 4 Abs. 3 leg. cit bei "vorzeitiger", d.h. vor Vollendung des 738. Lebensmonats erfolgter Ruhestandsversetzung; Entfall der Kürzung nach § 4 Abs. 4 nur mehr bei Tod des Beamten im Dienststand oder wenn die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit, die auf einen Dienstunfall in Ausübung des Dienstes zurückzuführen sei, erfolgt sei; Anwendung der "Einschleifregelung" nach § 62j PG = geringere Prozentpunkte des Abschlags für erstmals 2001 gebührende Ruhegenüsse.) Der Beschwerdefall sei auch kein Anlassfall in dem zur Aufhebung hier maßgebender Bestimmungen des Pensionsgesetzes 2000 führenden Gesetzesprüfungsverfahren des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , G 150/00) gewesen, sodass das Pensionsgesetz 1965 in dieser Fassung anzuwenden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem gesamten Vorbringen nach in seinem Recht auf Anwendung der im Zeitpunkt seiner Antragstellung nach § 14 Abs. 1 BDG 1979 geltenden Rechtslage verletzt.

Er leitet die Maßgeblichkeit der Rechtslage im Zeitpunkt seines Antrags auf Ruhestandsversetzung für die Ruhegenussbemessung aus der Rechtskraftwirkung des Bescheides des Bundesministers für Inneres ab, mit dem er in Stattgebung seines Antrags vom von der (Aktiv)Dienstbehörde in den Ruhestand versetzt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die Novelle des PG durch das Pensionsreformgesetz 2000 noch nicht in Kraft gestanden. Seine Ruhegenussbemessung hätte daher auf Grund der vor dem Pensionsreformgesetz 2000 geltenden Rechtslage erfolgen müssen. Im Beschwerdefall liege ein Anwendungsfall des § 4 Abs. 4 Z. 3 PG aF (Entfall der Kürzung bei vorzeitiger Ruhestandsversetzung auch im Fall der dauernden Erwerbsunfähigkeit) vor (wird näher ausgeführt). Außerdem hätte die belangte Behörde mit ihrer Bescheiderlassung den - zu diesem Zeitpunkt würden nach dem Ausspruch des Verfassungsgerichthof jene bundesgesetzlichen Bestimmungen wieder in Kraft treten, die durch die von ihm als verfassungswidrig erkannten Bestimmungen des Pensionsreformgesetzes 2000 aufgehoben worden seien - abwarten können.

Dem ist Folgendes zu erwidern:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2000/12/0282, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, unter Darstellung der Rechtslage (des Pensionsgesetzes 1965 vor und nach dem Pensionsreformgesetz 2000) näher ausgeführt hat, ist im Fall der Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit für die Ermittlung und Bemessung des Ruhegenusses die Rechtslage maßgebend, die im Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung (des Ausscheidens aus dem Dienststand) gilt. Demnach war im Beschwerdefall das PG in der Fassung des Pensionsreformgesetzes 2000 anzuwenden. Eine Bindungswirkung an die im Ruhestandsversetzungsbescheid (nach Vorbringen des Beschwerdeführers) erfolgte Bezugnahme auf die Antragstellung seitens des Beschwerdeführers besteht nicht.

Die Anwendbarkeit des Pensionsreformgesetzes 2000 wird auch nicht durch den Umstand berührt, dass der Verfassungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom , G 150/00, große Teile dieser Novelle (darunter auch die im Beschwerdefall angewandten Bestimmungen des PG) wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben hat. Aus den weiteren Aussprüchen des Verfassungsgerichtshofes (vgl. dazu Abs. 2 und 3 der am verlautbarten Kundmachung des Bundeskanzlers, BGBl. I Nr. 34/2001) ergibt sich, dass das Pensionsreformgesetz 2000 im Beschwerdefall weiterhin anzuwenden war, weil dieser kein Anlassfall im Sinn des Art. 140 Abs. 7 B-VG war und der angefochtene Bescheid vor dem auf Art. 140 Abs. 6 B-VG vom Verfassungsgerichtshof festgesetzten Zeitpunkt der Aufhebung mit Ablauf des erlassen wurde. Ein Rechtsanspruch des Beschwerdeführers auf Zuwarten der Entscheidung über diesen Termin hinaus besteht nicht, zumal die belangte Behörde nach § 73 Abs. 1 AVG verpflichtet war, über seine Berufung ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlagen den Bescheid zu erlassen. "Ohne unnötigen Aufschub" bedeutet, dass die Behörde objektiv-rechtlich verpflichtet ist, ehestmöglich zu entscheiden; sie darf also nicht grundlos zuwarten oder überflüssige Verwaltungshandlungen setzen, um die Entscheidung zu verzögern (so zutreffend Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage, Rz 636). Unbeschadet des Umstandes, dass es sich um eine objektiv-rechtliche Verpflichtung handelt, deren Verletzung nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen könnte, liegt eine solche Verletzung im Beschwerdefall auch gar nicht vor, war doch die Sache (es ging letztlich bereits im Berufungsverfahren ausschließlich um die Rechtsfrage, welche Rechtslage im Beschwerdefall anzuwenden ist) bereits vor Ablauf der sechsmonatigen (Maximal)Frist entscheidungsreif und daher zu entscheiden.

Im Übrigen sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu folgender Äußerung veranlasst: mit ist - soweit dies hier von Interesse ist - das Pensionsreformgesetz 2001, BGBl. I Nr. 86, in Kraft getreten. Art. 3 leg. cit. enthält die Abänderungen des Pensionsgesetzes 1965. Art. 3 Z. 37 regelt § 62j PG ("Übergangsbestimmungen zur Novelle BGBl. I Nr. 86/2001") neu. Anders als das Pensionsreformgesetz 2000 enthält die Neufassung im (neuen) Satz 2 des § 62j Abs. 2 PG die Anordnung, dass auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 BDG 1979 vor dem eingeleitet worden ist, § 4 Abs. 4 Z. 3 in der am geltenden Fassung weiter anzuwenden ist. In diesen Fällen findet also der Entfall der Kürzungsregelung wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (diese Möglichkeit besteht auf Grund des PG in der Fassung der Novelle durch das Pensionsreformgesetz 2001 nicht mehr) weiterhin Anwendung. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass in diesem Zusammenhang auch die alte Fassung des § 4 Abs. 7 PG, in der die dauernde Erwerbsunfähigkeit im Sinn des Abs. 4 Z. 3 definiert wird, auf diese "Altfälle" anzuwenden ist, auch wenn diese Bestimmung nicht ausdrücklich im zweiten Satz des § 62j Abs. 2 PG nF erwähnt wird. Dass § 62j Abs. 2 Satz 2 PG nF nur auf Verfahren anzuwenden wäre, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Pensionsreformgesetz 2001 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind, lässt sich der Novelle nicht entnehmen. Daraus folgt für den Beschwerdefall, dass (bei Zutreffen des Vorbringens des Beschwerdeführers bezüglich des Zeitpunktes der Antragstellung nach § 14 Abs. 1 BDG 1979 oder im Fall einer amtswegigen Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens vor dem ) von der Pensions-Dienstbehörde erster Instanz (hier: Bundespensionsamt) zur prüfen sein wird, ob ein Anwendungsfall des § 4 Abs. 4 Z 3 PG aF vorliegt, was bejahendenfalls zu einer Neufestsetzung der Ruhebezugs (ohne Anwendung der Kürzungsregelung) zu führen hat. Auf Grund der Änderung der Rechtslage durch das Pensionsreformgesetz 2001 steht die Rechtskraft des angefochtenen Bescheides einem solchen Verfahren im Beschwerdefall nicht entgegen.

Da die Beschwerde bereits nach ihrem Inhalt erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am