VwGH vom 23.03.1998, 97/17/0306
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2002/17/0029 E
2002/17/0026 E
2002/17/0030 E
97/17/0364 E
97/17/0390 E
97/17/0391 E
97/17/0392 E
97/17/0393 E
97/17/0394 E
97/17/0395 E
97/17/0397 E
97/17/0398 E
97/17/0399 E
97/17/0415 E
97/17/0426 E
97/17/0482 E
97/17/0483 E
97/17/0531 E
98/17/0069 E
98/17/0072 E
98/17/0076 E
98/17/0078 E
98/17/0124 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der Y Gesellschaft m.b.H. in Loosdorf, vertreten durch M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV 158-17/09/97 *** St.Nr.: 260/2172, betreffend Energieabgabenvergütung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte für das Kalenderjahr 1996 die Vergütung von Energieabgaben nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz (EnAbgVergG) in der Höhe von S 802.093,--. Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt den Vergütungsbetrag mit S 688.291,-- fest. Dies mit der Begründung, bei der Berechnung des Vergütungsbetrages sei der Nettoproduktionswert des gesamten Kalenderjahres 1996 anzusetzen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, das EnAbgVergG sei gleichzeitig mit dem Erdgasabgabegesetz und dem Elektrizitätsabgabegesetz für Vorgänge nach dem in Kraft getreten. Nach § 1 EnAbgVergG seien somit im Jahr des Inkrafttretens dieser Regelung bei der Ermittlung des Vergütungsbetrages die bezahlten Energieabgaben von Juni bis Dezember 1996 dem Nettoproduktionswert für den Zeitraum Juni bis Dezember 1996 und nicht dem vollen Kalenderjahr 1996 gegenüberzustellen. Dies ergebe sich aus der grammatikalischen Interpretation des Gesetzeswortlautes.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte aus, die Rechtsansicht der Beschwerdeführerin sei durch den Gesetzeswortlaut nicht gedeckt. Im § 1 Abs. 1 EnAbgVergG werde festgelegt, daß die Energieabgaben pro Kalenderjahr (bzw. Wirtschaftsjahr) in einem bestimmten Ausmaß vergütet würden. Analog dazu sei auch der Nettoproduktionswert des Kalenderjahres heranzuziehen, und zwar unabhängig davon, ob die Energieabgaben das ganze Jahr hindurch zu bezahlen seien. Eine Ausnahme von der Bestimmung bezüglich des Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) sei im Gesetz nicht normiert. Auch im Wege der Auslegung könne aus der Inkrafttretensbestimmung keine Ausnahme betreffend die Nettoproduktionswertberechnung abgeleitet werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Berechnung der Vergütung der Energieabgaben für das Jahr 1996 auf Basis des Nettoproduktionswertes der Monate Juni bis Dezember 1996 verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist die Berechnung des Nettoproduktionswertes nach dem EnAbgVergG für das Kalenderjahr 1996 strittig.
Gemäß § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Vergütung von Energieabgaben (Energieabgabenvergütungsgesetz), BGBl. Nr. 201/1996, sind die Energieabgaben auf Erdgas und elektrische Energie für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) auf Antrag insoweit zu vergüten, als sie (insgesamt) 0,35 % des Unterschiedsbetrages zwischen
1. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 und
2. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, die an das Unternehmen erbracht werden, übersteigen (Nettoproduktionswert).
Nach § 4 Abs. 1 EnAbgVergG tritt dieses Bundesgesetz mit dem Inkrafttreten des Erdgasabgabegesetzes und des Elektrizitätsabgabegesetzes in Kraft.
Das Erdgas- und das Elektrizitätsabgabegesetz wurden wie auch das EnAbgVergG mit der BGBl. Nr. 201/1996 (Strukturanpassungsgesetz 1996) am verlautbart. Nach den "Inkrafttretensbestimmungen" des Erdgasabgabegesetzes (§ 7 Abs. 1) und des Elektrizitätsabgabegesetzes (§ 8 Abs. 1) sind diese Gesetze auf Vorgänge nach dem anzuwenden. Die Vergütung dieser Energieabgaben nach dem EnAbgVergG kann somit erst mit Beginn der Erhebung der Energieabgaben für Zeiträume ab dem erfolgen.
Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, die Energieabgaben seien pro Kalenderjahr zu vergüten, daher sei analog dazu auch der Nettoproduktionswert des (gesamten) Kalenderjahres 1996 heranzuziehen.
Mit dieser Auffassung verkennt die belangte Behörde die Rechtslage.
Das EnAbgVergG regelt ausdrücklich nur die Vergütung der Energieabgaben für (volle) Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre), enthält aber keine Bestimmung für "Rumpf"-Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre). Nach dem EnAbgVergG sind die Energieabgaben auf Erdgas und elektrische Energie jeweils für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) zu vergüten. Für die Berechnung des Vergütungsbetrages sind die entstandenen Energieabgabenschuldigkeiten und der Nettoproduktionswert eines Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) heranzuziehen. Von Gesetzes wegen sind somit für die Energieabgabenvergütung die entstandenen Energieabgabenschuldigkeiten und der Nettoproduktionswert des gleichen Zeitraumes - eines Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) - gegenüberzustellen.
Aus der Art der Berechnung der Energieabgabenvergütung ("Übersteigen" der Energieabgaben für ein "Kalenderjahr") für volle Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ergibt sich bei der Berechnung der Energieabgabenvergütung für ein "Rumpf"-Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) - bei der wegen Fehlens einer Regelung gebotenen systematisch-teleologischen Interpretation -, daß Energieabgabenschuldigkeiten und Nettoproduktionswerte gleicher Zeiträume gegenüberzustellen sind. Beginnt daher wie im Beschwerdefall aufgrund gesetzlicher Bestimmungen die Abgabenerhebung für die Energieabgaben und die Energieabgabenvergütung erst mit , dann sind bei der Berechnung des Nettoproduktionswertes auch nur die Umsätze Juni bis Dezember 1996 heranzuziehen. Die Heranziehung des Nettoproduktionswertes des vollen Kalenderjahres 1996 - sollte sie auch den Wortlaut des Gesetzes nicht gegen sich haben - führte zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Verzerrung der Energieabgabenvergütung für das Rumpf-Kalenderjahr 1996 gegenüber der Energieabgabenvergütung voller Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre), weil auf diese Weise - unsystematisch - der Nettoproduktionswert eines anderen Zeitraumes als den der Erhebung der Energieabgaben angesetzt würde. Eine solche ungleiche Berechnung der Energieabgabenvergütung für das Rumpf-Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) einerseits und die folgenden Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) andererseits kann dem Gesetz nicht unterstellt werden.
Wenn auch im § 1 Abs. 1 EnAbgVergG die Vergütung der Energieabgaben für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) normiert ist, darf nicht übersehen werden, daß im Jahr 1996 die Vergütung nicht für das gesamte Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) erfolgen kann, weil der zeitliche Anwendungsbereich des EnAbgVergG erst ab beginnt. Im Rumpf-Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) 1996 ist die in Rede stehende Vergütung daher nur für die letzten sieben Monate des Jahres gesetzlich vorgegeben. Die "Vergütung für das Kalenderjahr" ist somit für das Jahr 1996 teleologisch auf die letzten sieben Monate dieses Jahres zu reduzieren, weil eine Vergütung für ein Kalenderjahr im Jahre 1996 die Vergütung für den Zeitraum ab Juni 1996 bedeutet. Bezieht sich die Vergütung nur auf dieses Rumpf-Kalenderjahr, dann ist es bei der Auslegung des Gesetzes geboten, auch die Ansätze bei der Berechnung des Nettoproduktionswertes auf diese Zeiträume einzuschränken. Die Wortfolge "für ein Kalenderjahr" im § 1 Abs. 1 EnAbgVergG bezieht sich nämlich nicht bloß auf den Zeitraum der Energieabgabenvergütung, sondern auch auf den der Berechnungsgrundlagen des Nettoproduktionswertes (vgl. im Ergebnis Rief, RdW 1997/5, 301 und 302).
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.