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VwGH vom 22.10.1996, 95/14/0128

VwGH vom 22.10.1996, 95/14/0128

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der R in O, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 390/1-5/Se-1993, betreffend Jahresausgleich 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 12.980 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin und ihr Gatte schlossen als Käufer am mit der A-AG einen Kaufvertrag über eine in Österreich gelegene Liegenschaft in der Größe von 184 m2. In dem Vertrag wurde festgelegt, daß auch ein von der A-AG noch herzustellendes Eigenheim - es sei von ihr nach den Plänen des Architekturbüros X und der Bau- und Ausstattungsbeschreibung samt Änderungsprotokoll vom schlüsselfertig herzustellen - Teil des Kaufgegenstandes sei. Der Gesamtkaufpreis entfalle mit 220.000 S auf die Grundkosten und mit 1,939.220 S auf die Baukosten. Die A-AG habe mit der Errichtung des Objektes im Juli 1990 begonnen und sich verpflichtet, das Kaufobjekt bis zum August 1991 fertigzustellen und zu übergeben. Der Baukostenanteil des Kaufpreises sei bis zum Ablauf einer Frist von 13 Monaten ab Baubeginn ein Fixpreis. Von der Verkäuferin verschuldete Verzögerungen führten zu einer Verlängerung dieser Frist. Nach Ablauf der Frist verändere sich der Preis für noch nicht erbrachte Bauleistungen nach einem bestimmt bezeichneten Baukostenindex.

Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war das Wohnhaus im Rohbau fertig und ein Betrag von 1,094.000 S verbaut. Mit Datum wurde eine erste Teilrechnung (über 1,360.308 S) erstellt, die Bezahlung erfolgte am . Am übergab die A-AG das Wohnhaus an die Beschwerdeführerin und ihren Ehegatten. Der Bescheid über die Benützungsbewilligung trägt das Ausfertigungsdatum .

Im Verfahren betreffend Jahresausgleich 1990 beantragte die Beschwerdeführerin, daß der Barkaufpreis betreffend das aufgrund des Kaufvertrages vom erworbene Objekt und die Rückzahlungen für ein Darlehen, welches zur Finanzierung eines Teiles des Kaufpreises aufgenommen worden sei, mit dem Betrag von 40.000 S als Sonderausgabe iSd § 18 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 berücksichtigt werde.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Jahresausgleichsbescheid entsprach die belangte Behörde diesem Begehren nicht. Zur Begründung führt sie aus, die Erlangung eines Eigenheimes (einer Eigentumswohnung), d.h. der rechtsgeschäftliche Erwerb eines von einem anderen errichteten Objektes, sei nicht begünstigt. Wenn der Steuerpflichtige nicht selbst Bauherr sei, lägen Aufwendungen zur Errichtung eines Eigenheimes (einer Eigentumswohnung) nicht vor. Im gegenständlichen Fall gehe es um einen Kaufvertrag über ein von der Verkäuferin bereits zum Teil errichtet gewesenes, zum Teil aber noch fertigzustellendes Eigenheim samt Grundanteil. Die Beschwerdeführerin sei hinsichtlich dieses Objektes nicht Errichter. Sie habe ein schlüsselfertig zu errichtendes Eigenheim gekauft. Es lägen daher keine Sonderausgaben iSd § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. b EStG 1988 vor. Die Aufwendungen seien auch nicht als Beträge iSd § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG 1988 anzusehen. Achtjährig gebundene Beträge iSd Bestimmung hätten zur Voraussetzung, daß von vornherein eine rechtliche Bindung während der gesamten erforderlichen Bindungsfrist gegeben wäre. Es müßte also die Unkündbarkeit des zur Schaffung von Wohnraum bereitgestellten Betrages rechtsgeschäftlich vereinbart sein. Die Beschwerdeführerin habe weder einen Bestand- noch einen Kaufanwartschaftsvertrag, sondern ausschließlich einen Kaufvertrag mit der A-AG, einem großen Bauunternehmen, welches sich primär mit dem Straßenbau befasse. Es lägen daher Kaufpreiszahlungen, nicht aber achtjährig gebundene Beträge vor, zumal im Kaufvertrag von achtjährig gebundenen Beträgen nicht die Rede sei. Zudem sei die A-AG kein begünstigter Bauträger iSd § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG 1988, nämlich ein Unternehmen, dessen Betriebsgegenstand nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung die Schaffung von Wohnungseigentum sei. Die Schaffung von Wohnungseigentum sei zwar in der Satzung der A-AG aufgezählt, gehöre aber unbestritten nicht zum Hauptgegenstand des Unternehmens. Aus dem Geschäftsbericht der A-AG für das Jahr 1992 ergebe sich, daß deren Umsätze aus dem Wohnhausbau in den Jahren 1991 und 1992 jeweils weniger als 3% des Gesamtumsatzes ausgemacht hätten. Weiters sei im gegenständlichen Fall nicht eine Eigentumswohnung, sondern ein Eigenheim errichtet worden. Zu den Darlehensrückzahlungen führt die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe im Streitjahr solche nicht geleistet; im übrigen würden Darlehensrückzahlungen im gegenständlichen Fall nicht zu Sonderausgaben führen, weil das Darlehen nicht zur Schaffung von begünstigtem Wohnraum iSd § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. a oder b EStG aufgenommen worden sei.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom , B 1934/94, ab und trat sie mit Beschluß vom , gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin im Recht auf Anerkennung von Sonderausgaben in Höhe von 40.000 S im Zusammenhang mit der Errichtung eines Eigenheimes verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. b EStG 1988:

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß ihr hinsichtlich des erworbenen Objektes keine Bauherreneigenschaft zukomme. Ihr Vorbringen geht dahin, daß § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. b EStG gar nicht auf die "Errichtung" abstelle.

Sonderausgaben im Sinne dieser Bestimmung können nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nur Beträge sein, die für die Errichtung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen verausgabt werden. Der Steuerpflichtige muß sohin Errichter des Wohnraumes, also Bauherr gewesen sein (vgl. Hofstätter/Reichel, Tz 3.3. zu § 18 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988). Der Verwaltungsgerichtshof hat dies zur vergleichbaren Bestimmung des EStG 1972 bereits wiederholt ausgesprochen. Es wird daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die hg Erkenntnisse vom , 83/14/0226, vom , 86/13/0015, 0016, und vom , 88/13/0025 verwiesen.

2. § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG 1988:

Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG 1988 sind mindestens achtjährig gebundene Beträge, die vom Wohnungswerber zur Schaffung von Wohnraum an Bauträger geleistet werden, bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen (soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind). Bauträger sind


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-
gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen
-
Unternehmen, deren Betriebsgegenstand nach Satzung und
tatsächlicher Geschäftsführung die Schaffung von Wohnungseigentum ist
-
Gebietskörperschaften.

Ein Steuerpflichtiger muß, um Sonderausgaben nach § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG geltend machen zu können, Wohnungswerber sein (vgl. Hofstätter/Reichel, Tz 2 zu § 18 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988). Die verba legalia "Schaffung von Wohnraum" erfassen allerdings nicht nur Eigentumswohnungen, sondern auch Eigenheime (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 81/13/0082, zu Beträgen an eine Bau-, Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft für den Erwerb eines Reihenhauses). Daran ändert nichts, daß Bauträger iSd zweiten Teilstriches des § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG nur dann vorliegen, wenn der Betriebsgegenstand des Unternehmens (auch, siehe unten) die Schaffung von Wohnungseigentum umfaßt.

Der angefochtene Bescheid führt aus, die strittigen Zahlungen beträfen Kaufpreisteile und damit nicht achtjährig gebundene Beträge. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 88/13/0025, zu Kaufpreiszahlungen für eine Eigentumswohnung nach der vergleichbaren Gesetzesstelle des EStG 1972 ausgesprochen, daß diese Sonderausgaben sein können. In jenem Beschwerdefall enthielt der Kaufvertrag zwar auch noch einen Vertragspunkt, wonach, sofern die Steuerbegünstigung in Anspruch genommen werde, alle geleisteten Kaufpreiszahlungen auf die Dauer von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Einzahlung "gebunden" seien. Da aber nicht erkennbar ist, daß eine derartige Vereinbarung eine weitergehende Bindung des Käufers, als sie sich bereits aus einem Kaufvertrag ergibt, bewirkt, gelangt der Verwaltungsgerichtshof nunmehr - anzuwenden ist eine Norm des EStG 1988 - zu der Auffassung, daß auch die Verpflichtung aus einem Kaufvertrag für sich eine Bindung im Sinne der strittigen Gesetzesstelle darstellt (vgl. in diesem Sinne auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 699/89, Slg. 12469).

Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid schließlich die Auffassung, ein Unternehmen iSd zweiten Teilstriches des § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG liege nur dann vor, wenn dessen Hauptgegenstand ("überwiegender Betriebsgegenstand") die Schaffung von Wohnungseigentum sei.

Das EStG 1988 stellt (in seiner Stammfassung) in § 10 Abs. 3 letzter Satz darauf ab, ob "der ausschließliche Betriebsgegenstand die gewerbliche Vermietung von Wirtschaftsgütern ist". Aus dem Grundsatz der Einheit der Rechtssprache und der Überlegung, daß dem Gesetzgeber nicht zugemutet werden kann, daß er überflüssige Worte gebraucht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. 5085/F), läßt sich ableiten, daß die Formulierung des § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. a - diese verwendet nicht den Begriff "ausschließlich" - nicht dahingehend verstanden werden darf, daß nur der im Gesetz genannte Zweck den Betriebsgegenstand bilden dürfe. Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber auch nicht zu erkennen, daß der Gesetzeswortlaut auf ein Gewichten im Sinne eines Überwiegens abstellen würde. Daraus folgt aber, daß es, um der tatbestandsmäßigen Voraussetzung zu genügen, hinreicht, wenn die Schaffung von Wohnungseigentum - nach Satzung und tatsächliche Geschäftsführung - einen unter mehreren Betriebsgegenständen bildet.

Der angefochtene Bescheid zieht nicht in Zweifel, daß zum Betriebsgegenstand der A-AG nach der Satzung auch die Schaffung von Wohnungseigentum gehört. Hinsichtlich der tatsächlichen Geschäftsführung enthält der angefochtene Bescheid lediglich die Feststellung, daß die Umsätze aus dem Wohnhausbau weniger als 3% des Gesamtumsatzes betragen hätten. Aufgrund der unrichtigen Rechtsauffassung, daß das Gesetz auf den überwiegenden Betriebsgegenstand abstelle, hat die belangte Behörde sohin keine Feststellungen getroffen, ob sich der Betriebsgegenstand nach der tatsächlichen Geschäftsführung auch auf die Schaffung von Wohnungseigentum erstreckt hat. Sollte dies der Fall sein, so zeigten die im angefochtenen Bescheid angeführten Umstände kein Hindernis für die Anerkennung von Sonderausgaben nach § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG auf.

Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzugeben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.