VwGH vom 17.09.2001, 97/17/0241

VwGH vom 17.09.2001, 97/17/0241

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des JK in K, vertreten durch Dr. Günther Karpf, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Villacher Ring 59, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt vom , Zl. Jv 1095-33/97-41, betreffend Rückersatz von Sachverständigengebühren nach GEG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Justiz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Zahlung von Sachverständigengebühren in der Höhe von S 91.051,-- vorgeschrieben. Die Vorschreibung betraf eine Pauschalgebühr und die Gebühren der Sachverständigen M. und D. Die belangte Behörde führte begründend aus, dass nicht von der rechtskräftigen Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes auszugehen gewesen sei, sondern von der Bestimmung der Kostentragungspflicht gemäß § 2 Abs. 2 GEG 1962. Mit den jeweiligen Beschlüssen des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom sei mit der Auszahlungsanweisung auch ein Grundsatzbeschluss gemäß § 2 Abs. 2 GEG gefasst worden. Die in den Auszahlungsanweisungen gewählten Formulierungen "gegen nachträgliche Einhebung bei den Streitparteien" sowie der erste Satz der jeweiligen Begründung "Gemäß § 2 Abs. 2 GEG haften die Streitteile für den Rückersatz der Gebühren zur ungeteilten Hand" bildeten eine nicht zu trennende Einheit, die eindeutig einen gesetzeskonformen Ausspruch gemäß § 2 Abs. 2 GEG 1962 erkennen ließen.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den angefochtenen Bescheid insbesondere mit der Behauptung, dass die rechtskräftige Entscheidung des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom eine Grundsatzentscheidung darstelle, von welcher bei der Bestimmung der Kostenersatzpflicht auszugehen gewesen wäre. Deshalb seien "die Bestimmungen des § 2 Abs. 2 GEG 1962 nicht mehr zu berücksichtigen". Die im angefochtenen Bescheid zitierten Beschlüsse (vom ) des BG Klagenfurt stellten keineswegs einen Grundsatzbeschluss gemäß § 2 Abs. 2 GEG 1962 dar, in diesen Beschlüssen werde über das Ausmaß der beide Streitteile treffenden Kostenersatzpflichten nichts ausgesprochen.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des GEG 1962 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. Nr. 501/1984, 646/1987 und 343/1989 (vor den Novellen BGBl. I Nr. 70/1997 und 140/1997) lauteten auszugsweise:

"§ 1. Das Gericht hat nachstehende Beträge von Amts wegen einzubringen:

...

5. in bürgerlichen Rechtssachen alle Kosten, die aus Amtsgeldern berichtigt wurden, sofern sie von einer Partei zu ersetzen sind. Solche Kosten sind insbesondere:

...

c) die Gebühren der Zeugen, Sachverständigen, Dolmetscher und Beisitzer, ...

...

§ 2. (1) Die in § 1 Z 5 genannten Kosten sind, sofern hiefür kein Kostenvorschuß (§ 3) erlegt wurde oder keine andere Regelung getroffen ist, aus Amtsgeldern zu berichtigen; diese und die in § 1 Z 7 genannten Kosten sind dem Bund von der Partei zu ersetzen, die nach den bestehenden Vorschriften hiezu verpflichtet ist. Hiebei ist, wenn über die Kostenersatzpflicht der Parteien schon rechtskräftig entschieden worden ist, von dieser Entscheidung auszugehen. Mangels einer Vorschrift oder Entscheidung sind diese Beträge von denjenigen Beteiligten zu ersetzen, die sie veranlaßt haben oder in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wurde. Mehrere Personen, die zum Ersatz desselben Betrages verpflichtet sind, haften zur ungeteilten Hand.

(2) Sind in bürgerlichen Rechtssachen die Kosten einer Amtshandlung, die den Betrag von 3.000,-- S übersteigen, aus Amtsgeldern zu berichtigen oder berichtigt worden, so hat das erkennende Gericht (der Vorsitzende) mit der Auszahlungsanweisung oder, wenn die Auszahlung nicht vom Richter angeordnet wird, unverzüglich nach dieser Anweisung mit gesondertem Beschluß dem Grunde nach zu bestimmen, welche Partei in welchem Umfang diese Kosten nach Abs. 1 zu ersetzen hat. Gegen diesen Beschluß ist der Rekurs zulässig.

(3) ...

§ 7. (1) Der Zahlungspflichtige kann, wenn er sich durch den Inhalt des Zahlungsauftrages beschwert erachtet, binnen vierzehn Tagen dessen Berichtigung verlangen. Der Berichtigungsantrag ist bei dem Gericht einzubringen, dessen Kostenbeamter den Zahlungsauftrag erlassen hat. In Ansehung von Beträgen, die in Durchführung einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtes in den Zahlungsauftrag aufgenommen wurden, gilt dies jedoch nur dann, wenn die Zahlungsfrist unrichtig bestimmt wurde oder wenn der Zahlungsauftrag der ihm zugrundeliegenden Entscheidung des Gerichtes nicht entspricht.

...

(3) Dem Berichtigungsantrag kann der Kostenbeamte selbst stattgeben, wenn es sich um eine offenbare Unrichtigkeit handelt. In allen übrigen Fällen entscheidet der Präsident des Gerichtshofes erster Instanz, wenn aber der Zahlungsauftrag von einem Oberlandesgericht erlassen wurde, der Präsident dieses Gerichtshofes im Justizverwaltungsverfahren durch Bescheid. Er ist an die gestellten Anträge nicht gebunden, sondern kann den Zahlungsauftrag auch zum Nachteil des Zahlungspflichtigen ändern. In Fragen von grundsätzlicher Bedeutung kann er die Akten dem Bundesministerium für Justiz zur Entscheidung vorlegen. Dieses kann unrichtige Entscheidungen über Gebühren und Kosten innerhalb der Verjährungsfrist (§ 8) auch von Amts wegen aufheben oder abändern."

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu diesen Vorschriften etwa im hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/17/0178, ausgesprochen hat, ist ein Grundsatzbeschluss nach § 2 Abs. 2 GEG 1962 sowohl vor Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache als auch nach Vorliegen einer derartigen rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache und den Kostenersatz zu treffen. Der Unterschied bestehe nur im Prüfungsmaßstab für die zu treffende Entscheidung über Träger und Umfang der Ersatzverpflichtung gegenüber dem in Vorlage getretenen Bund. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch klargestellt, dass die spätere Kostenentscheidung der Entscheidung gemäß § 2 Abs. 2 GEG 1962 nicht derogiere; die beiden Entscheidungen stünden mangels Identität der Sache nicht in einem derogatorischen Verhältnis zueinander. Die Grundsatzentscheidung gemäß § 2 Abs. 2 GEG 1962 gehöre auch nach dem Zeitpunkt der Entscheidung in der Hauptsache und der Entscheidung über die Kostenersatzpflicht der Parteien untereinander dem Rechtsbestand an und entfalte die in § 7 Abs. 1 GEG 1962 zum Ausdruck gebrachte Bindungswirkung für die Verwaltungsbehörde (bei der Entscheidung, von wem der Rückersatz zu fordern sei).

Die belangte Behörde hat daher grundsätzlich die Rechtslage richtig erkannt, wenn sie davon ausgegangen ist, dass die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Entscheidung des Berufungsgerichtes (des Landesgerichtes Klagenfurt) vom nichts an der Ersatzpflicht ändern könnte, wenn eine Grundsatzentscheidung gemäß § 2 Abs. 2 GEG 1962, der zufolge der Beschwerdeführer zum Kostenersatz gegenüber dem Bund verpflichtet ist, vorgelegen wäre. Eine solche Grundsatzentscheidung wäre gemäß § 2 Abs. 2 GEG 1962 der Entscheidung über den Rückersatz und daher auch der Entscheidung gemäß § 7 Abs. 1 GEG 1962 zu Grunde zu legen gewesen.

Die von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang genannten Beschlüsse des Bezirksgerichts Klagenfurt vom enthalten jedoch in ihrem Spruch lediglich die Festsetzung der Sachverständigengebühren. Es kann dahingestellt bleiben, ob die in den Beschlüssen weiters enthaltene Auszahlungsanweisung an den Rechnungsführer ebenfalls einen der Rechtskraft fähigen Spruch darstellt, der gegebenenfalls von den Streitteilen des gerichtlichen Verfahrens anzufechten wäre; die von der belangten Behörde für ihren Standpunkt, dass die Beschlüsse einen Grundsatzbeschluss iSd § 2 Abs. 2 GEG darstellten, ins Treffen geführte Wendung "gegen nachträgliche Einhebung bei den Streitteilen" stellt jedenfalls keine Entscheidung iSd § 2 Abs. 2 GEG dar, lässt sie doch nicht erkennen, wer in welchem Ausmaß zum Ersatz verpflichtet ist. Eine in der Begründung einer gerichtlichen Entscheidung enthaltene Aussage über die Ersatzpflicht stellt jedoch ebenfalls keine Entscheidung dar. Die beiden Beschlüsse sind eindeutig dahingehend gegliedert, dass unter der Überschrift "Beschluß:" die Bestimmung der Kosten des jeweiligen Sachverständigen erfolgt, daran anschließend die Auszahlungsanweisung an den Rechnungsführer enthalten ist und schließlich unter der Überschrift "Begründung:" der von der belangten Behörde zitierte Satz von der Ersatzpflicht der Streitteile und ein Hinweis auf die Tarifmäßigkeit der zuerkannten Kosten enthalten sind. Eine Umdeutung eines derartigen Beschlusses dahingehend, dass das Bezirksgericht auch eine Entscheidung über die Ersatzpflicht treffen wollte, scheidet daher aus. Das Erfordernis der Rechtsklarheit verbietet eine Auslegung sprachlich eindeutiger Gerichtsbeschlüsse unter Berufung auf einen angeblichen (vermuteten) Willen des entscheidenden Gerichts, da auch dann, wenn kein übertrieben formaler Maßstab angelegt wird, von einem Gericht erwartet werden kann, das normativ Gewollte hinreichend deutlich zum Ausdruck zu bringen, und es den Parteien nicht zuzumuten ist, im Hinblick auf im Kontext nicht verständliche Begründungsteile mit Rechtsmitteln zu reagieren, um allfälligen späteren Umdeutungen des Spruches einer Gerichtsentscheidung vorzubeugen.

Es lagen daher im Beschwerdefall keine Grundsatzentscheidungen über die Ersatzpflicht im Sinne des § 2 Abs. 2 GEG vor. Bei dieser Sachlage konnte sich die belangte Behörde für die Begründung ihres Standpunktes nicht auf die genannten Beschlüsse des Bezirksgerichtes Klagenfurt berufen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des Antrags auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die nicht in der Amtlichen Sammlung der Entscheidungen und Beschlüsse des Gerichtshofes enthalten sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGB. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am