VwGH vom 17.09.1996, 95/14/0113
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des S in G, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , Zl. 7/37/3-BK/Kd-1994, betreffend u.a. Einkommensteuer 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Gewerbetreibender. Anläßlich einer bei ihm im Jahr 1991 durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung wurde u. a. folgende Feststellung getroffen: Der Beschwerdeführer habe mit Vertrag vom eine echte stille Beteiligung an der A-Maschinenvermietungs-GmbH (Nominale 500.000 S) erworben; die Beteiligung sei treuhändig durch die A-Bank-AG gehalten worden. Seitens der A-Leasing-GmbH & Co OHG sei bereits bei Vertragsabschluß ein unwiderrufliches Anbot auf Kauf der stillen Beteiligung zum Stichtag (um den Kaufpreis in Höhe von 75% des Nominales der Beteiligung) vorgelegen. Im Jahre 1984 sei dem Beschwerdeführer ein Verlust in Höhe seiner Einlage zugewiesen worden; in den Folgejahren habe er eine Verzinsung seiner Einlage (in Höhe von jährlich 2%) erhalten. Mit Schreiben vom habe die A-Leasing-GmbH dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß sie in das Kaufanbot der A-Leasing-GmbH & Co OHG an deren Stelle zu den gleichen Bedingungen eintrete. Die Überweisung des Kaufpreises von 375.000 S an den Beschwerdeführer aus dem sodann erfolgten Verkauf an die A-Leasing-GmbH sei am durchgeführt worden. Nach Ansicht des Prüfers liege wirtschaftlich eine Abschichtung des Stillen durch den Inhaber des Handelsgewerbes und die Einräumung einer neuen stillen Beteiligung an einen Dritten vor, wenn die Beteiligung an den Dritten veräußert werde und dieser nicht den Einlagestand übernehme. Der im Jahr 1987 zugeflossene Betrag von 375.000 S sei daher im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen beim Beschwerdeführer zu erfassen.
In der Berufung gegen den aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid 1987 brachte der Beschwerdeführer - soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist - vor, die Veräußerung einer vor dem erworbenen stillen Beteiligung sei nicht einkommensteuerbar. Den Kaufpreis habe die A-Leasing-GmbH bezahlt; bei der A-Maschinenvermietungs-GmbH als Inhaberin des Handelsgewerbes hätten sich die für die Beteiligung zu führenden Konten nicht verändert.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Übernehme bei der Veräußerung einer stillen Beteiligung der Erwerber nicht den Einlagestand seines Vorgängers, so sei dies wirtschaftlich als Neugründung einer stillen Gesellschaft anzusehen. Es liege dann eine Abschichtung durch den Inhaber des Handelsgewerbes vor. Die direkte Zahlung durch den Dritten stelle nur eine Abkürzung des Zahlungsweges dar. Nach Auffassung der Großbetriebsprüfung bildeten die Anschaffungskosten der Beteiligung für den neuen Erwerber dessen neuen Einlagestand; der Einlagestand des Beschwerdeführers habe hingegen aufgrund der Verlustzuweisung Null S betragen. Im gegenständlichen Fall sei im Informationsschreiben der A-Gruppe auf die Einkommensteuerfreiheit der Veräußerung der Beteiligung hingewiesen worden. Es sei nach Auffassung der belangten Behörde offenkundig, daß ein unbeteiligter Dritter nicht eine Beteiligung mit dem Einlagestand von Null S um den Preis von 375.000 S erwerben würde. Es sei daher in wirtschaftlicher Betrachtungsweise von einer Abschichtung durch den Inhaber des Handelsgewerbes und von der gleichzeitigen Einräumung einer neuen stillen Beteiligung an den Dritten auszugehen. Stehe der Erwerber der stillen Beteiligung in rechtlicher Nahebeziehung zum Inhaber des Handelsgewerbes, so könne der Vorgang zudem als Mißbrauch gewertet werden. Ob im gegenständlichen Fall der Erwerber der Beteiligung in einem rechtlichen Naheverhältnis zum Inhaber des Handelsgewerbes stehe, könne aber dahingestellt bleiben.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 27 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 zählen die Einkünfte aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.
Zu den vorgenannten Einkünften des stillen Gesellschafter zählt unbestritten stets die Abschichtung des Stillen durch den Inhaber des Handelsgewerbes, insoweit der Abschichtungsbetrag über den Stand der Einlage hinausgeht (vgl Schögl/Wiesner/Nolz/Kohler, EStG9, Anm. 5a zu § 27; Schubert/Pokorny/Schuch, Einkommensteuerhandbuch 1972, § 27 Tz 31). Die Steuerpflicht der Veräußerung einer im Privatvermögen gehaltenen stillen Beteiligung an einen Dritten normiert hingegen erst die durch das AbgÄG 1984, BGBl. 531, mit Wirkung für stillen Beteiligungen, die nach dem neu erworben worden sind, geschaffene Regelung des § 27 Abs. 2 Z. 3 EStG 1972.
Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde vor, daß das Zeichnungsanbot für die stille Beteiligung u.a. Informationen über die geplante Geschäftstätigkeit des Inhabers des Handelsgewerbes und über die steuerlichen Grundlagen des Modells und auch die Information darüber enthielt, daß seitens der A-Leasing GmbH & Co OHG ein unwiderrufliches Anbot vorliege, die Beteiligung zum um 75 % des Nominales vom Kunden zu erwerben. Hiezu ergibt sich aus dem im Akt befindlichen Informationsblatt des Anbieters der Beteiligung, daß im Jahr 1984 garantiert ein Verlust im Höhe von 100 % der Einlage zugewiesen werde und daß der "Rücknahmepreis" für die Veräußerung im Jahr 1987 75 % der Einlage betrage. Unter Berücksichtigung der Einkommensteuerersparnis aus der Verlustzuweisung im Jahr 1984, der Verzinsung von 2 % in den Jahren 1985 bis 1987 und der Veräußerung im Jahr 1987 ("vollkommen steuerfrei") ergebe sich bei der Progressionsstufe des Anleger (im Jahr 1984) von 58 % eine Nettorendite von 20,9 %, bei der Progressionsstufe des Anlegers von 62 % eine solche von 24,9 %.
Dem gegenständlichen Fall liegt sohin eine stille Beteiligung im Rahmen eines Beteiligungsmodelles zugrunde, bei welchem für 1984 eine Verlustzuweisung in Höhe der Einlage feststand und das Zeichnungsanbot für die Beteiligung die Information enthielt, daß trotz der grundsätzlich auf Null geminderten Einlage eine GmbH - nicht der Inhaber des Handelsgewerbes - die Beteiligung im Jahr 1987 um 75 % der ursprünglichen Einlage erwerben werde.
Der Anleger sollte also so gestellt werden, daß er im Ergebnis - abgesehen von einem Gesamtzinsertrag für 1985 bis 1987 von 3 x 2 % der Einlage - nur 25 % seiner Einlage verliert.
Den Einkunftstatbeständen des EStG ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise jene Auslegung beizumessen, aufgrund derer sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen erfassen. Eine an der wirtschaftlichen Betrachtungsweise orientierte Auslegung des § 27 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 hinsichtlich der Vorgänge des gegenständlichen Beteiligungsmodelles, bei welchem die Verlustzuweisung im Jahr 1984 in untrennbarem Zusammenhang mit dem Anbot auf Übernahme im Jahr 1987 steht, kann daher nur zu dem Ergebnis führen, daß die handelsrechtliche Verlustzuweisung im Jahr 1984 durch das im Zeichnungsanbot für die stille Beteiligung enthaltene Anbot auf Abtretung an eine GmbH im Jahr 1987 wieder neutralisiert wird. Mit anderen Worten: Die Veräußerung der stillen Beteiligung im Jahr 1987 ist nicht als völlig gesonderter Vorgang einer (nicht steuerbaren) Übertragung an einen Dritten zu sehen, sondern stellt im gegenständlichen Fall die (teilweise) Rückgängigmachung der Verlustzuweisung des Jahres 1984 dar. Soweit die handelsrechtliche Verlustzuweisung im Jahr 1984 zu negativen Einkünften iSd § 27 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 führt, hat daher die wirtschaftliche Neutralisierung dieser Verlustzuweisung im Wege der Veräußerung positive Einkünfte iSd § 27 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 zur Folge.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß ihm für das Jahr 1984 zu Recht ein steuerlicher Verlust aus der stillen Beteiligung in Höhe von 500.000 S zugerechnet worden ist.
Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid ohne Begründung und trotz entgegenstehendem Berufungsvorbringen davon aus, daß die A-Leasing-GmbH bei Erwerb der stillen Beteiligung des Beschwerdeführer im Jahr 1987 nicht dessen Einlagestand (beim Inhaber des Handelsgewerbes) übernommen hat. Zurecht verweist der Beschwerdeführer darauf, daß darin eine Verletzung von Verfahrensvorschriften zu erblicken ist. Diese erweist sich aber als nicht wesentlich. Wie sich aus den vorstehenden Absätzen ergibt, kann der Verwaltungsgerichtshof den Spruch des angefochtenen Bescheides nicht als rechtswidrig erkennen. Der Beschwerdeführer wurde nämlich im Ergebnis durch die Zurechnung von positiven Einkünften aus der stillen Beteiligung im Jahr 1987 nicht in subjektiven Rechten verletzt.
Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.