VwGH vom 04.05.1992, 89/07/0100
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der ÖSTERREICHISCHEN BUNDESFORSTE, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung vom , Zl. LAS-285/4-1989, betreffend Elementarholzbezug (mitbeteiligte Partei: SB sen. und MB, beide in R, beide vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in J,), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und den mitbeteiligten Parteien zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.360,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom verpflichtete das Amt der Salzburger Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz die beschwerdeführende Partei gemäß § 45 des Salzburger Einforstungsrechtegesetzes, LGBl. Nr. 74/1986 (SERG), in Verbindung mit Punkt IX der Regulierungsurkunde Nr. 628/a vom 8. Oktober 1867, an die nun am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Eigentümer der berechtigten Liegenschaft T in R (urkundlich L 10), für den Wiederaufbau des am abgebrannten Wirtschaftsgebäudes (Stall und Heuhalle) 370,89 fm Rundholz am Stock abzugeben.
Die Berufung der beschwerdeführenden Partei wies der Landesagrarsenat beim Amt der Salzburger Landesregierung mit Erkenntnis vom gemäß § 1 AgrVG 1950 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG 1950 und § 45 SERG im Zusammenhang mit Punkt IX der zuvor bezeichneten Regulierungsukunde ab. Begründend wurde ausgeführt:
In rechtlicher Beurteilung sei zunächst davon auszugehen, daß die Eigentümer der berechtigten Liegenschaft am genannten Elementarfall kein Verschulden treffe. Dies werde von der beschwerdeführenden Partei auch ausdrücklich anerkannt. Von den Berechtigten sei die eingeforstete Liegenschaft an Siegfried B. jun. verpachtet worden. Der Pächter sei für die gesamte Wirtschaftsführung verantwortlich. Ausdrücklich nicht im Pachtvertrag erwähnt worden seien die Regelungen über das Holzbezugs- und Elementarholzbezugsrecht. Die Ausübung dieser Einforstungsrechte sei daher bei den Liegenschaftseigentümern verblieben. Es stelle sich nun die rechtliche Frage, ob ein allfälliges Verschulden des Pächters als selbständiger Wirtschaftsführer auf die Berechtigten überwälzt werden könne. Die beschwerdeführende Partei ziehe hiefür die Bestimmungen der §§ 1304 und 1313 a ABGB sowie mittels Analogie die Bestimmung des § 61 Versicherungsvertragsgesetz heran.
§ 1313 a ABGB setze das Bestehen eines Leistungsverhältnisses voraus. Die beschwerdeführende Partei behaupte jedoch ein Verschulden des Pächters durch Unterlassung von Temperaturmessungen, die durch § 5 Abs. 1 lit. f der Salzburger Feuerpolizeiordnung geboten wären; für dieses Verschulden hätten die Bezugsberechtigten unter Anwendung des § 1313 a in Verbindung mit § 1304 ABGB bzw. aus der analogen Anwendung des § 61 Versicherungsvertragsgesetz einzustehen. Ob den Pächter der Bezugsberechtigten ein Verschulden an dem vermutlich durch Heuselbstentzündung herbeigeführten Brandfall treffe, könne dahingestellt bleiben, weil aus den nachgenannten Gründen weder § 1313 a ABGB noch § 61 Versicherungsvertragsgesetz anwendbar seien. Gemäß § 1313 a ABGB hafte, wer einem anderen zu einer Leistung verpflichtet sei, ihm für das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters sowie der Personen, deren er sich zur Erfüllung bediene, wie für sein eigenes. Fallbezogen sei darauf zu verweisen, daß zwischen der beschwerdeführenden Partei und den Mitbeteiligten keine Leistungsverpflichtung der Bezugsberechtigten bestehe, sondern vielmehr eine auf hoheitsrechtlichem Akt beruhende Art von Reallast der beschwerdeführenden Partei vorliege. Weiters fehle es am inneren Sachzusammenhang zwischen dem hoheitsrechtlich geregelten Bezugsrecht der Mitbeteiligten und dem Pachtvertrag. Eine Bezugnahme auf § 1304 ABGB schlage überhaupt fehl, weil diese Bestimmung zu ihrer Anwendbarkeit auch ein Verschulden des Geschädigten voraussetzen würde. § 61 Versicherungsvertragsgesetz befreie den Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführe. Da ein Verschulden der Bezugsberechtigten ausscheide, beziehe sich die beschwerdeführende Partei auf die Rechtsprechung der Bundesrepublik Deutschland, um eine Haftung für das Verschulden des Pächters zu begründen. Unabhängig von der Frage, daß die Bezugsberechtigung nicht mit einem Versicherungsvertrag gleichgesetzt werden könne - es fehle die vertragsmäßige Begründung und die Gegenleistung durch eine Prämie -, sei die analoge Anwendung des Versicherungsvertragsgesetzes in diesem Punkt zu verneinen, weil die österreichische Rechtsprechung der Repräsentantentheorie der Bundesrepublik Deutschland nicht folge. Da nicht einmal fahrlässiges Verhalten einer Hilfskraft (eines Verwandten) des Versicherungsnehmers oder eines Beauftragten desselben zur Leistungsfreiheit des Versicherers führe, könne dies umso weniger im Verhältnis zum Pächter gelten, auf dessen Verhalten der Verpächter weitaus weniger Einfluß habe als auf jenes einer Hilfskraft oder eines Beauftragten. Letztlich gehe auch die Behauptung der beschwerdeführenden Partei ins Leere, der Pächter sei im Beschwerdefall eindeutig der wirtschaftlich Versicherte, da ihm letztlich das Elementarholz (auch) zugute komme. Tatsächlich seien die Bezugsberechtigten weiterhin Eigentümer der Liegenschaft, so daß jede darauf erfolgende Bauführung ihrem Eigentum zuwachse. Bei Unterbleiben des Wiederaufbaues stünden sie sogar in Gefahr, gemäß § 1104 ABGB ihren Pachtzinsanspruch zu verlieren. Ein Auswahlverschulden in dem Sinn, daß die Verpachtung wissentlich an eine ungeeignete und untüchtige Person erfolgt wäre, sei weder behauptet worden noch hervorgekommen.
Der Berufung habe daher ein Erfolg versagt bleiben müssen.
Dieses Erkenntnis wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes angefochten, wobei sich die beschwerdeführende Partei nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht verletzt erachtet, nicht zur Elementarholzabgabe an die Mitbeteiligten verpflichtet zu werden.
Die belangte Behörde und die Mitbeteiligten haben Gegenschriften erstattet und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei meint zunächst, die Bestimmung des Punktes (nach der Terminologie der Urkunde selbst: Absatzes) IX der im Beschwerdefall maßgebenden Regulierungsurkunde über die Berechtigung zum Elementarholzbezug "für den Fall eines unverschuldeten Brand- oder anderen Elementar-Unglückes" wäre so zu verstehen, daß nur ein von niemandem verschuldetes derartiges Ereignis zum Bezug von Elementarholz berechtige, da auch der Brand als - stets vom Menschen unverschuldetes - Elementarereignis gewertet werde (arg.: "anderes Elementar-Unglück"). Eine Auslegung der Urkunde in diesem Sinn scheitert aber bereits daran, daß es in einem solchen Fall der Beifügung "unverschuldeten", gleichgültig, ob diese Eigenschaft nur auf ein Brand- oder auch auf ein anderes Elementar-Unglück bezogen wird, nicht bedurft hätte; da also das Brandunglück als Elementarunglück nicht schon als notwendigerweise unverschuldet verstanden wurde und eine Beifügung "von jedermann" (unverschuldet) unterblieben ist, muß der Berechtigte selbst als die insofern maßgebende Bezugsperson angesehen werden, was auch durch das sprachliche Naheverhältnis zum Ausdruck kommt (arg.: "... wird dem Berechtigten für den Fall eines unverschuldeten Brand- oder anderen Elementar-Unglückes ...").
Die beschwerdeführende Partei ist ferner der Ansicht, die belangte Behörde habe verabsäumt, ein allfälliges Verschulden des Pächters der Beschwerdeführer zu untersuchen. Sie bezieht sich dabei in erster Linie auf § 1313 a ABGB. Die beschwerdeführende Partei glaubt, diese Bestimmung heranziehen zu können, da ihres Erachtens die - auf einem Vergleich beruhende - Regulierungsurkunde privat-rechtlichen Charakter habe. Daß und warum dies nicht zutrifft, hat der Verwaltungsgerichtshof für Regulierungsvergleiche allgemein in seinem Erkenntnis vom , Zl. 89/07/0075, bereits näher dargelegt, weshalb gemäß § 43 Abs. 2 VwGG lediglich hierauf verwiesen wird; davon abgesehen könnte ein Einforstungsberechtigter auch nicht als der "zu einer Leistung Verpflichtete" (der sich eines Erfüllungsgehilfen bedient) im Sinne der genannten Gesetzesstelle gelten; es würde nicht einmal seine Gegenleistung (§ 35 SERG) betroffen. Daß schon deswegen auch § 1313 a in Verbindung mit § 1304 ABGB nicht anwendbar ist, liegt auf der Hand; darüber hinaus läßt sich nicht in Abrede stellen, worauf bereits die belangte Behörde hingewiesen hat, daß § 1304 ABGB ein Verschulden sowohl auf seiten des Beschädigers als auch des Beschädigten voraussetzte, was im Beschwerdefall sachverhaltsbezogen gar nicht zuträfe (wer immer als der "Beschädiger" bzw. als der "Beschädigte" verstanden würde).
Die beschwerdeführende Partei vertritt schließlich den Standpunkt, es könnte § 61 des Versicherungsvertragsgesetzes analog angewendet werden, wonach der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei ist, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführt. Analogie kommt jedoch nur bei einer echten - "planwidrigen" - Lücke des Gesetzes in Betracht (vgl. Walter-Mayer, Bundesverfassungsrecht6, 1988, Rz 136), die im Bereich des Verwaltungsrechtes im Zweifel nicht anzunehmen ist (siehe Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 1986, S. 94 f.). Letzteres trifft auch für den vorliegenden Fall zu. Der Verwaltungsgerichtshof ist darüber hinaus nicht der Meinung, daß Nutzungsrechte im Sinne des SERG (einschließlich eines Elementarholzbezugsrechtes) Ähnlichkeit mit vertraglichen Versicherungsrechten hätten, abgesehen davon, daß sehr zu bezweifeln wäre, ob ein Pächter des Nutzungsberechtigten tatsächlich, wie die beschwerdeführende Partei annimmt, als der "wahre wirtschaftlich Versicherte" zu gelten und der Versicherungsnehmer für diesen zu haften hätte, zumal auch die sogenannte Repräsentantentheorie in Österreich, wie auch die beschwerdeführende Partei einräumt, derzeit in ständiger Rechtsprechung abgelehnt wird (siehe Grubmann, VersVG3,1990, § 23 E 15,§ 61 E 28).
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.