VwGH vom 21.02.1996, 95/14/0092

VwGH vom 21.02.1996, 95/14/0092

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger und Dr. Graf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde der Dr. U in K, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid (Beschwerdeentscheidung) des Vorsitzenden des Berufungssenates I bei der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , GZ. 226/1-6/94, betreffend Beschlagnahme von Beweisgegenständen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund eines Hausdurchsuchungsbefehles vom wurde bei der Beschwerdeführerin, einer Rechtsanwältin, am selben Tag (in ihrer Kanzlei und in ihrer Wohnung) eine Hausdurchsuchung vorgenommen. In der Begründung des Hausdurchsuchungsbefehles wird unter anderem ausgeführt, auf Grund der gepflogenen Ermittlungen bestehe der Verdacht, daß die Beschwerdeführerin Beträge vereinnahmt, aber nicht als Betriebseinnahmen erklärt habe. In der Begründung des Hausdurchsuchungsbefehles wird im einzelnen ausgeführt, auf welche Umstände sich der geäußerte Verdacht gründet.

Bei der Hausdurchsuchung vorgefundene Urkunden wurden versiegelt dem Vorsitzenden des Spruchsenates übergeben. Dieser sprach in seinem Bescheid vom gemäß § 89 Abs. 3 und 5 Finanzstrafgesetz (FinStrG) aus, daß 543 im einzelnen bezeichnete Urkunden der Beschlagnahme unterliegen. Weiters wurde ausgesprochen, daß 1.207 im einzelnen bezeichnete Urkunden nicht der Beschlagnahme unterliegen.

In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, daß die Beschwerdeführerin im Verdacht stehe, Klientengelder für sich selbst vereinnahmt, diese Einnahmen jedoch der Abgabenbehörde gegenüber verschwiegen zu haben. Da die Beschwerdeführerin behauptet habe, daß die Urkunden im Hinblick auf ihre berufliche Verschwiegenheitspflicht nicht der Beschlagnahme unterlägen, seien sie versiegelt dem Vorsitzenden des Spruchsenates übergeben worden. Der Beschwerdeführerin sei entgegenzuhalten, daß sie selbst im Verdacht stehe, Abgaben hinterzogen zu haben, weshalb sie sich nicht auf ihre Verschwiegenheitspflicht nach der Rechtsanwaltsordnung berufen könne. Die Beschlagnahme sei daher in dem im Spruch genannten Umfang zur Feststellung der Besteuerungsgrundlagen zu verfügen gewesen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde ausgeführt, die Beschlagnahme der mit den Zahlen 1 bis 1207 bezeichneten Unterlagen sei mit der Begründung des Bescheides nicht in Einklang zu bringen. Es sei nicht erkennbar, auf Grund welcher gesetzlichen Bestimmungen die Beschlagnahme erfolgt sei. Es sei auch nicht erkennbar, welche konkreten Anschuldigungen gegen die Beschwerdeführerin erhoben würden, insbesondere welche Gelder sie eingenommen und nicht erklärt haben solle. Im übrigen seien in der Wohnung Unterlagen beschlagnahmt worden, die mit dem im Hausdurchsuchungsbefehl genannten Fall in keinem Zusammenhang stünden.

"Drittunterlagen" hätten keinesfalls beschlagnahmt werden dürfen. Es sei unzulässig, Unterlagen zu beschlagnahmen, um damit allenfalls Erkundungsbeweise durchzuführen. Es sei nicht ausgeführt, warum die einzelnen beschlagnahmten Unterlagen als Beweismittel dienen sollten.

Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde gegen die Beschwerdeführerin das Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, daß sie vorsätzlich

1. unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch die Nichterklärung von Betriebseinnahmen in noch festzustellender Höhe für die Jahre 1986, 1988, 1989 und 1992 eine Verkürzung an Umsatz- und Einkommensteuer bewirkt habe und 2. durch Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen für die Zeit von Jänner bis Dezember 1993 eine Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen bewirkt habe. Sie habe dadurch Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a FinStrG begangen.

Mit dem numehr angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerde gegen den (Beschlagnahme)Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wird auf den Einleitungsbescheid vom Bezug genommen und ausgeführt, der Verdacht sei ausreichend konkretisiert. Die Beschwerdeführerin könne sich zufolge § 89 Abs. 3 FinStrG nicht auf ihre Verschwiegenheitspflicht berufen, weil der Verdacht bestehe, daß sie selbst Beteiligter (Täter) eines Finanzvergehens sei. Da sich bei der Sichtung der Unterlagen in der (im Hausdurchsuchungsbefehl beschriebenen) Angelegenheit O. weitere Verdachtsmomente ergeben hätten, insbesondere da die Herkunft von Geldern für die Einzahlung auf Sparbücher unklar gewesen sei, bestünden gegen den Umfang der Beschlagnahme keine Bedenken.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erblickt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß in seinem Spruch das Datum ihrer Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nicht angeführt worden sei, sie zeigt aber nicht auf, aus welcher Gesetzesstelle sie eine Verpflichtung zur Anführung des Beschwerdedatums ableiten zu können glaubt. Da eine solche Norm nicht besteht und die Beschwerdeführerin zudem nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides keinem Zweifel unterliegen konnte, daß damit über ihre Beschwerde (vom ) gegen den Beschlagnahmebescheid vom abgesprochen wurde, liegt die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vor.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, der mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte erstinstanzliche Bescheid gebe nicht alle Unterlagen wieder, die anläßlich der Hausdurchsuchung vom beschlagnahmt worden seien, läßt nicht erkennen, welche Urkunden sie konkret vermißt. Soweit sie sich in diesem Zusammenhang auf die "Bestätigung vom " beruft, ist festzuhalten, daß sich im Akt zwei Quittungen vom über beschlagnahmte Gegenstände befinden, wobei eine die in der Kanzlei und die andere die in der Wohnung beschlagnahmten Gegenstände betrifft. In diesen Quittungen sind die Urkunden naturgemäß nicht wie im Beschlagnahmebescheid in insgesamt 1.750 Einzelposten gegliedert. Die die Beschlagnahme in der Kanzlei betreffende Quittung bezieht sich auf "1 Karton braun diverse Unterlagen

...".

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, es sei kein Bezug zwischen den beschlagnahmten Urkunden und dem von der Behörde geäußerten Verdacht hergestellt worden, ist zu entgegnen, daß ein Bescheid betreffend die Beschlagnahme von Beweisgegenständen schon im Hinblick auf seinen (bloß) beweissichernden Zweck keine abschließende Auseinandersetzung mit dem Inhalt von Urkunden und deren Beweiswert erfordert, sondern es genügt, daß die beschlagnahmten Gegenstände als Beweismittel "in Betracht kommen", das heißt, daß sie möglicherweise der Beweisführung dienen können. Es genügt daher ein dem ersten Anschein nach gegebener Konnex zwischen dem Tatverdacht und dem beschlagnahmten Beweisgegenstand. Daß ein solcher Konnex in Ansehung der beschlagnahmten Urkunden fehle, hat die Beschwerdeführerin nicht konkret dargetan; dies ist auch für den Verwaltungsgerichtshof auf Grund der Aktenlage nicht erkennbar. Bei jenen Unterlagen, hinsichtlich welcher im erstinstanzlichen Beschlagnahmebescheid ausgesprochen wurde, daß sie nicht der Beschlagnahme unterliegen, erübrigte sich von vornherein die Darlegung eines Zusammenhanges mit dem Tatverdacht.

Mit ihrem Vorbringen, die belangte Behörde habe den gegen sie geäußerten Tatverdacht nicht schlüssig begründet, verkennt die Beschwerdeführerin, daß sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht mit der Berechtigung der mit Bescheid vom erfolgten Einleitung des Finanzstrafverfahrens und den diesem Bescheid zugrundeliegenden Verdachtsgründen zu befassen hatte. Die belangte Behörde hatte im angefochtenen Bescheid vielmehr zu beurteilen, ob die Urkunden als Beweismittel in diesem Verfahren in Betracht kommen und ob das von der Beschwerdeführerin behauptete Beschlagnahmeverbot nach § 89 Abs. 3 und 4 FinStrG besteht.

Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.