VwGH vom 26.03.1996, 95/14/0071
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des Dr. E in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom , Zl. 70.034-7/95, betreffend Einkommensteuer 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Einkommensteuerbescheid für 1991 wich das Finanzamt von der Erklärung des Beschwerdeführers insofern ab, als es 45 % des Wertes eines dem Beschwerdeführer von der Gemeinde G. im Jahre 1991 geschenkten Grundstückes als Einnahme aus selbständiger Arbeit dem Gewinn hinzurechnete. Begründend wurde ausgeführt, die Schenkung stehe in ursächlichem Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeit als praktischer Arzt, weshalb der Wert des Grundstückes den daraus erzielten Einkünften zuzurechnen sei. Der Wert des Grundstückes könne nur insoweit als Zuschuß gemäß § 3 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 angesehen werden, als er für den betrieblichen Teil verwendet worden sei.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, der Geschenkgeber sei auch an seinem Wohnsitz am Ort der Ordination interessiert, weil die Einsatzmöglichkeit eines praktischen Arztes für die Bevölkerung diesfalls besser sei (Bereitschaft, Hausapotheke). Der aus der Zurverfügungstellung des Grundstückes erfließende geldwerte Vorteil sei nicht durch den Betrieb veranlaßt, sondern sei die Voraussetzung dafür gewesen, daß überhaupt ein Betrieb habe entstehen können. Die Motive und Auflagen des Geschenkgebers verhinderten nicht das Vorliegen einer Schenkung. Im Hinblick darauf, daß den Beschwerdeführer eine Rückzahlungspflicht treffe, wenn er innerhalb von 15 Jahren seine Arztpraxis aufgebe, habe er den Gewinn noch nicht realisiert.
Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In diesem Bescheid wurde ausgeführt, für den auf die Wohnung entfallenden Anteil des Grundstückswertes komme die Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 nicht in Betracht. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 leg. cit. ermittle, sei die Einnahme in der Höhe des Grundstückswertes im Jahre der Zuwendung entstanden. Die vom Beschwerdeführer erwähnte bedingte Rückzahlungsverpflichtung ändere daran nichts.
Der Beschwerdeführer begehrte die Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Er wies in diesem Antrag auf den Inhalt des zwischen ihm und der Gemeinde G. geschlossenen Schenkungsvertrages hin. Es liege in der Natur der Schenkung des gegenständlichen Grundstückes, daß Ordination und Privatwohnung in einem Gebäude hätten untergebracht werden können. Für einen praktischen Arzt mit Hausapotheke sei diese Kombination für die Gemeinde G. vorteilhaft, weil eine dauernde Bereitschaft gegeben sei. Die Schenkung habe die einzige wirtschaftlich vertretbare Möglichkeit dargestellt, dem Beschwerdeführer die Eröffnung einer Arztpraxis zu ermöglichen. Die Zurverfügungstellung des Grundstückes sei also nicht ein Vermögenszugang im Zuge der ärztlichen Tätigkeit, sondern eine Voraussetzung für die Ausübung einer solchen Tätigkeit. Für die Herausnahme eines steuerpflichtigen Privatanteiles bestehe bei der gegebenen Sachlage kein Grund. Selbst wenn nicht von einer zur Gänze einkommensteuerfreien Schenkung, sondern im Sinne der Erstbehörde von einer Subvention gemäß § 3 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 ausgegangen werde, könne frühestens in 15 Jahren eine Gewinnrealisierung stattfinden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie änderte den Einkommensteuerbescheid 1991 zum Nachteil des Beschwerdeführers dahingehend ab, daß sie nicht nur 45 %, sondern den gesamten Wert des Grundstückes bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit berücksichtigte.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des wesentlichen Inhaltes des Abgabenverfahrens und allgemeinen Erörterungen zum Begriff der Betriebsausgaben und -einnahmen aus, gemäß Punkt 7. des Schenkungsvertrages vom sei die Überlassung des Grundstückes zum Zwecke der Errichtung eines Arzthauses mit der Auflage erfolgt, daß der Beschwerdeführer für den Fall der freiwilligen Aufgabe der Arztpraxis in G. innerhalb von 15 Jahren ab deren Eröffnung wertgesichert den Betrag von S 720.000,-- zuzüglich der von der Gemeinde bezahlten Grunderwerbsteuer der Gemeinde zu erstatten habe. Aus dieser Vertragsbestimmung ergebe sich das außerordentliche Interesse der Gemeinde G. an einem ärztlichen Betrieb des Beschwerdeführers im Gemeindegebiet. Schon im Jahr 1988 sei die Umwidmung des Grundstückes von Weideland in "Sonderfläche für Arzthaus" erfolgt. Der Beschwerdeführer habe in der Berufung behauptet, die Schenkung sei die einzige wirtschaftlich vertretbare Möglichkeit für die Errichtung einer Arztpraxis gewesen, weil es keine entsprechenden Mieträumlichkeiten gegeben habe. Der Bürgermeister der Gemeinde G. habe bestätigt, daß er sehr darum bemüht gewesen sei, einen Arzt dauernd in seine Gemeinde zu bekommen. Wenn auch die Zuwendung außerhalb der gewöhnlichen beruflichen Betriebseinnahmen angefallen sei, komme doch im Schenkungsvertrag und im Gemeinderatsbechluß vom unmißverständlich zum Ausdruck, daß die Schenkung an den Beschwerdeführer allein deshalb erfolgt sei, um das ärztliche Wirken des Beschwerdeführers im Gemeindegebiet zu ermöglichen. Damit sei eine betriebliche Veranlassung der Zuwendung gegeben. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die Zuwendung habe erst die Voraussetzung für die Entstehung eines Betriebes gebildet, sei zu erwidern, daß Betriebseinnahmen auch schon vor der Eröffnung eines Betriebes anfallen könnten, wenn sie durch den späteren Betrieb veranlaßt seien. Der Umstand, daß das Grundstück auch privaten Wohnzwecken diene, ändere nichts an dieser Beurteilung, denn bei der privaten Nutzung handle es sich um die Verwendung betrieblich veranlaßter Einkünfte. Dem Einwand, daß der Gewinn noch nicht realisiert worden sei, sei zu erwidern, daß der Wert des Grundstückes dem Beschwerdeführer durch den Eigentumserwerb im Jahr 1991 zugeflossen sei. Die Verpflichtung zur Rückzahlung der der Gemeinde erwachsenen Anschaffungskosten im Falle der freiwilligen Aufgabe der Arztpraxis stelle eine auflösende Bedingung dar. Die für den Fall des Eintrittes der Bedingung vorgesehenen Folgen seien abgabenrechtlich in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem der die Rückzahlung auslösende Tatbestand verwirklicht werde bzw. die Rückzahlung tatsächlich erfolge. Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit im Jahr 1991 zähle der gesamte Wert des Grundstückes in der Höhe von S 720.000,-- und nicht bloß der vom Finanzamt berücksichtigte Anteil von 45 %.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht, daß die Schenkung als steuerbefreiender Tatbestand gemäß § 3 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 anerkannt werde, verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel, daß die belangte Behörde nicht begründet habe, warum sie § 3 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 nicht angewendet habe. Bei Einhaltung der Begründungspflicht hätte sie zu einem anderen Bescheid kommen können. Die belangte Behörde habe zudem gegen § 161 Abs. 3 BAO verstoßen, weil sie von der Abgabenerklärung zuungunsten des Beschwerdeführers abgewichen sei, ohne ihn vorher zur Äußerung aufzufordern. Wäre er aufgefordert worden, hätte er eine Äußerung abgeben können, die allenfalls geeignet gewesen wäre, einen in der Hauptsache anders lautenden Bescheid zu bewirken. Im Rahmen des Beschwerdegrundes der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führt der Beschwerdeführer aus, im Hinblick darauf, daß es der Gemeinde G. auch darum gegangen sei, daß er den Wohnsitz in der Gemeinde nehme, sei die von der Erstbehörde vorgenommene Aufteilung der Zuwendung in einen einkommensteuerfreien betrieblichen Teil und in einen der Einkommensteuer unterliegenden Teil verfehlt. Auch wenn der Beschwerdeführer seine Wohnung im Arzthaus untergebracht habe, sei die gesamte Zuwendung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 von der Einkommensteuer befreit. Wenn man die Aufteilung für zutreffend halte, hätte die belangte Behörde jedenfalls die Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides zu seinem Nachteil unterlassen müssen.
Den Beschwerdeausführungen ist folgendes zu erwidern:
Die belangte Behörde hat sich in der Begründung ihres Bescheides im wesentlichen darauf beschränkt, die in der Berufung und im Vorlageantrag vertretene Auffassung des Beschwerdeführers, bei der Zuwendung des Grundstückes durch die Gemeinde handle es sich nicht um Betriebseinnahmen, zu widerlegen. Ihre Rechtsansicht, daß auf Grund des von ihr als erwiesen angenommenen Sachverhaltes der Wert des Grundstückes zur Gänze dem Gewinn aus selbständiger Arbeit zuzurechnen sei, wurde im angefochtenen Bescheid nicht näher begründet. Dieser Begründungsmangel, der auch durch die entsprechenden Ausführungen in der Gegenschrift nicht in Wegfall geraten ist, führt allerdings zufolge § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil die Relevanz des Begründungsmangels im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht gegeben ist. Der Sachverhalt ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht strittig. Der Beschwerdeführer war - wie auch die Beschwerdeausführungen zeigen - durch den Begründungsmangel nicht gehindert, die Gründe darzutun, aus denen sich seiner Ansicht nach die Anwendbarkeit des § 3 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 ergibt.
Soweit der Beschwerdeführer einen Verstoß der belangten Behörde gegen § 161 Abs. 3 BAO rügt, weil ihn die belangte Behörde nicht zur Äußerung aufgefordert habe, obwohl sie von seiner Abgabenerklärung zu seinen Ungunsten wesentlich abgewichen sei, ist ihm entgegenzuhalten, daß die Relevanz dieses Verfahrensmangels in der Beschwerde nicht dargetan wird, weil seinen Ausführungen nicht zu entnehmen ist, welchen Inhalt die von ihm abzugebende Äußerung gehabt hätte und warum die belangte Behörde auf Grund dieser Äußerung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Auch dieser gerügte Verfahrensmangel führt daher nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Für den Ausgang des Beschwerdeverfahrens ist - unter Bedachtnahme auf den Beschwerdepunkt - entscheidend, ob die belangte Behörde zu Recht die Anwendbarkeit des § 3 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 verneint hat. Nach dieser Bestimmung sind von der Einkommensteuer befreit Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln (einschließlich Zinsenschüsse) zur Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens oder zu ihrer Instandsetzung (§ 4 Abs. 7), wenn sie auf Grund gesetzlicher Ermächtigung oder eines Beschlusses eines Organes einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gewährt werden. Dies gilt auch für entsprechende Zuwendungen der im § 4 Abs. 4 Z. 5 genannten Institutionen.
Zuwendungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 sind unentgeltliche Leistungen mit der genannten Zweckbindung. Nicht unter den Begriff Zuwendungen im Sinne dieser Gesetzesstelle fallen Leistungen der in dieser Gesetzesstelle genannten Körperschaften und Institutionen, wenn diese Leistungen mit Leistungen des Empfängers in der Weise verknüpft sind, daß sie die Gegenleistung für dessen Leistung darstellen, m.a.W. wenn sie Entgeltcharakter haben. Eine derartige Verknüpfung liegt vor, wenn die Leistung erbracht wird, um die Gegenleistung zu erhalten, und diese wiederum bewirkt wird, um die Leistung zu erhalten. Keine entgeltliche Leistung wird erbracht, wenn eine Zuwendung ohne jeden Zusammenhang mit einen Leistungsaustausch gegeben wird.
Einen Leistungsaustausch im dargelegten Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof in einem Fall angenommen, in dem sich eine Hebamme verpflichtet hatte, in einem bestimmten Ort tätig zu sein, und dafür von der Sanitätsgemeinde, die in ihrem Bereich eine Hebamme benötigte, einen Zuschuß erhielt (siehe das Erkenntnis vom , 1511/72). Weiters wurde Entgeltcharakter in einem Fall bejaht, in dem eine Gemeinde, die an der Ansiedlung eines zweiten Arztes interessiert war, diesem zusicherte, für den Fall des Freiwerdens der Gemeindearztstelle ihn an erster Stelle für die Neubesetzung zu reihen, und sich unter anderem verpflichtete, bis zu seiner Bestellung als Gemeindearzt für eine privat abzuschließende Lebensversicherung S 14.100,-- jährlich zu leisten (siehe das Erkenntnis vom , 89/14/0071).
Diese beiden Fälle sind, was die Frage der Entgeltlichkeit anlangt, mit dem vorliegenden Fall vergleichbar. Aus der vom Beschwerdeführer mit der Gemeinde G. geschlossenen Vereinbarung ergibt sich seine Verpflichtung, mindestens 15 Jahre lang die Arztpraxis in der Gemeinde G. zu betreiben. Eine Verletzung dieser Obliegenheit führt zur Verpflichtung, der Gemeinde die Anschaffungskosten und die Grunderwerbsteuer zu ersetzen. Die Leistung der Gemeinde G. steht demnach mit der Führung der Arztpraxis während der vereinbarten Zeitdauer in der beschriebenen Wechselbeziehung. Eine unentgeltliche Zuwendung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 liegt demnach nicht vor, sodaß diese Gesetzesstelle nicht anwendbar ist. Mangels Anwendbarkeit dieser Bestimmung brauchte nicht näher untersucht zu werden, ob die Zuwendung im Sinne der Erstbehörde entsprechend den Nutzungsanteilen in einen steuerfreien betrieblichen Teil und in einen steuerpflichtigen Teil aufzuteilen ist.
Da nach dem Gesagten der angefochtene Bescheid im Ergebnis nicht zu einer Verletzung des vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtes geführt hat, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.