VwGH 05.12.1989, 89/07/0026
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | WRG 1959 §77 Abs3 lite; WRG 1959 §79 Abs1; WRG 1959 §79 Abs2; WRG 1959 §79 Abs3; |
RS 1 | Bestimmt die Satzung einer Wassergenossenschaft, dass die Wahl des Obmannes durch den Genossenschaftsausschuss aus seiner Mitte zu erfolgen hat, und ist ein gültig gewählter Genossenschaftsausschuss nicht vorhanden, so ist ein Wahlvorgang, bei dem ein Genossenschaftsmitglied mit der Stimmenmehrheit aller bei einer Genossenschaftsversammlung Anwesenden gewählt wird, ungültig. Die unmittelbare Anwendung des § 79 Abs 3 WRG kommt nur bei Wassergenossenschaften in Betracht, deren Satzung keine Bestimmungen über die Bestellung eines Ausschusses und eines Obmannes enthält. |
Entscheidungstext
Beachte
Vorgeschichte:
87/07/0080 E ;
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Boigner, über die Beschwerde des Dkfm. Dr. HM in N, vertreten durch Dr. Ernst Biel, Rechtsanwalt in Wien I, Rauhensteingasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. III/1-26.970/7-88, betreffend Feststellung der Obmanneigenschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird zunächst auf die Sachverhaltsdarstellung des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 87/07/0080, hingewiesen. Mit diesem Erkenntnis war der Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , mit dem im Instanzenzug die Zurückweisung eines Antrages des Beschwerdeführers auf Feststellung, er sei auf Grund eines Wahlvorganges vom zum rechtmäßigen Obmann der Wassergenossenschaft O (im folgenden kurz WG) gewählt worden, als unzulässig zurückgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden. Den durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdeausführungen zufolge behob sodann die belangte Behörde den Bescheid der ersten Instanz (Bezirkshauptmannschaft Melk). Diese Behörde führte in der Folge ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durch, in dessen Verlauf der ehemalige Obmann der Wassergenossenschaft O, Dipl. Ing. H., einvernommen und das Ermittlungsergebnis dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht wurde. Mit Bescheid vom stellte sodann die Bezirkshauptmannschaft Melk fest, daß der Beschwerdeführer am nicht rechtsgültig zum Obmann der WG gewählt worden sei.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer insbesondere geltend, die Behörde habe es unterlassen, seinen Beweisanträgen auf nochmalige Einvernahme von Dipl. Ing. H. sowie auf Einvernahme weiterer Zeugen zu entsprechen. Die Auffassung, der zurückgetretene Obmann der WG sei nicht befugt gewesen, eine Genossenschaftsversammlung für den einzuberufen, sei unrichtig, weil ein zurückgetretener Obmann die Geschäfte solange weiterführen könne, bis ein neuer Obmann gewählt sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens aus, es sei unbestritten, daß die WG im Zeitpunkt der gegenständlichen Genossenschaftsversammlung weder einen Obmann noch einen Obmannstellvertreter besessen habe. Die Genossenschaftsversammlung vom sei über Anregung der Behörde erster Instanz vom ehemaligen Obmann der WG einberufen worden. Dieser Einladung hätten jedoch nicht alle Mitglieder der WG Folge geleistet. So hätten die Mitglieder F. D., E. F. und J. L. beim Wahlvorgang gefehlt. Da die Genossenschaftsversammlung nicht vom hiefür zuständigen Obmann einberufen worden sei und bei der Versammlung nicht alle Mitglieder anwesend und bereit gewesen seien, an der Wahl teilzunehmen, müsse die Wahl als ungültig angesehen werden. Im Gegensatz zur Genossenschaftssatzung, der zufolge der Obmann vom Genossenschaftsausschuß aus seiner Mitte zu wählen sei, sei der Beschwerdeführer bei einer Stimmenthaltung von den anwesenden Mitgliedern der WG zum Obmann gewählt worden. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sei auch eine Änderung der Genossenschaftssatzung nicht eingetreten, weil einer solchen nur dann rechtliche Bedeutung zukomme, wenn sie von der Aufsichtsbehörde bewilligt werde. Den Beweisanträgen des Beschwerdeführers sei nicht zu folgen gewesen, weil einerseits der Sachverhalt hinreichend ermittelt sei und andererseits die vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen Beweisthemen in keinem Zusammenhang mit dem Wahlvorgang vom stünden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der angefochtene Bescheid als "gegen das Gesetz, gegen das Statut und wider die Verfahrensvorschriften" bezeichnet wird. Die Gesetzwidrigkeit sei darin gelegen, daß eine Aufsicht über Wassergenossenschaften hinsichtlich der "Obmannfrage" erst in Streitfällen einsetzen dürfe, während der angefochtene Bescheid sich darüber hinwegsetze. Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltene Feststellung, seit dem Ausscheiden des Obmannes Dipl. Ing. H. sei kein Ausschuß mehr gewählt worden, widerspreche dem Statut der WG. Die Verfahrensvorschriften seien dadurch verletzt, daß die belangte Behörde eine Reihe von Beweisanträgen des Beschwerdeführers entweder abgelehnt oder überhaupt nicht behandelt habe. Eine ergänzende Einvernahme des Dipl. Ing. H. hätte ergeben, daß der Beschwerdeführer, nachdem Dipl. Ing. H. zurückgetreten und der Beschwerdeführer in einer Sitzung vom als Obmann designiert worden sei, auf Grund des Wahlvorganges vom Obmann der WG geworden sei. Im übrigen liege eine Befangenheit des Beamten, der die Niederschrift mit Dipl. Ing. H. aufgenommen habe, vor, weil dieser in Angelegenheit des Beschwerdeführers bereits einmal "Verfassungsbruch" begangen habe. Auch die Unbefangenheit des Beamten, der den angefochtenen Bescheid ausgearbeitet und unterfertigt habe, sei in Zweifel zu ziehen, weil dieser anläßlich in seiner Gegenwart am Beschwerdeführer begangenen Unrechts (Verfassungsbruch) nicht eingeschritten sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Bereits im zitierten hg. Vorerkenntnis wurde ausgeführt, daß die Feststellung, ob jemand Obmann einer Wassergenossenschaft ist, der Wasserrechtsbehörde obliegt. Die Beschwerdeausführungen, in denen der Beschwerdeführer der belangten Behörde vorwirft, sie habe bei Erlassung des angefochtenen Bescheides in gesetzwidriger Weise in die Genossenschaftsautonomie eingegriffen, erscheinen angesichts des Vorerkenntnisses und des gerade auf die Feststellung, ob der Beschwerdeführer Obmann der Wassergenossenschaft sei, gerichteten Begehrens des Beschwerdeführers unverständlich.
Die belangte Behörde hat die Wahl des Beschwerdeführers unter anderem schon deshalb als ungültig angesehen, weil diese nicht wie gesetz- und satzungsgemäß vorgesehen durch den Ausschuß aus seiner Mitte erfolgt ist. Mit dieser Auffassung, die sich auf die im Einklang mit § 79 Abs. 1 und 2 WRG 1959 stehende Bestimmung des § 7 der Satzung der WG, in der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom genehmigten Fassung, stützt, befindet sich die belangte Behörde im Recht. Die angeführte Satzungsbestimmung lautet:
"§ 7 Genossenschaftsausschuß
Der Genossenschaftsausschuß hat aus vier Mitgliedern zu bestehen, welche von der Genossenschaftsversammlung durch absolute Mehrheit aus der Reihe der Mitglieder gewählt werden. Die Ausschußmitglieder werden auf drei Jahre gewählt und sind nach Ablauf dieser Zeit wieder wählbar. Beschwerden hinsichtlich der Wahl können bei der Wasserrechtsbehörde eingebracht werden. Der Ausschuß wählt aus seiner Mitte mit absoluter, nach Köpfen zu berechnender Stimmenmehrheit, einen Obmann und Obmannstellvertreter. Ergibt die Wahl Stimmengleichheit, so entscheidet das Los. Das Wahlergebnis ist bei der Wasserrechtsbehörde anzuzeigen. Der Ausschuß versammelt sich regelmäßig alle drei Monate, kann aber in dringenden Fällen jederzeit vom Vorsitzenden einberufen werden, wenn dies vom Obmann oder von zwei Mitgliedern des Genossenschaftsausschusses beantragt wird. Der Ausschuß ist nur beschlußfähig, wenn zwei Drittel der Mitglieder anwesend sind und faßt seine Beschlüsse mit nach Köpfen zu bestimmender Stimmenmehrheit."
Der Beschwerdeführer führt in der Beschwerde selbst aus, seine Wahl zum Obmann der WG sei mit der Stimmenmehrheit aller Anwesenden und nicht durch den Genossenschaftsausschuß erfolgt. Demzufolge konnte eine Wahl des Beschwerdeführers zum Obmann schon allein deshalb nicht rechtmäßig erfolgen, weil der Beschwerdeführer nicht Mitglied des Genossenschaftsausschusses war bzw. nach seinen Angaben ein solcher in diesem Zeitpunkt nicht bestand. Soweit der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, seine direkte Wahl durch die Genossenschaftsversammlung stehe in Übereinstimmung mit § 79 Abs. 3 WRG 1959, dem zufolge im Falle einer Genossenschaft, die aus weniger als zwanzig Mitgliedern besteht, anstelle des Ausschusses ein Geschäftsführer, der die Aufgabe des Ausschusses und des Obmannes in sich vereinigt, mit einem Stellvertreter gewählt werden kann, ist ihm entgegenzuhalten, daß diese Bestimmung nur dann unmittelbar Anwendung finden kann, wenn die Genossenschaftssatzung keine Bestimmungen über die Bestellung eines Ausschusses und eines Obmannes enthält. Im Fall der WG weist die Genossenschaftssatzung Bestimmungen über die Wahl des Genossenschaftsausschusses und des Obmannes auf, sodaß von der satzungsgemäß vorgesehenen Vorgangsweise bei Bestellung dieser Genossenschaftsorgane ohne Vorliegen einer von der Wasserrechtsbehörde genehmigten diesbezüglichen Satzungsänderung nicht abgegangen werden durfte
Damit erweist sich schon aus diesem Grund die Richtigkeit der von der belangten Behörde im Instanzenzug bestätigten Feststellung der Ungültigkeit des Wahlvorganges vom . Somit konnte seitens des Verwaltungsgerichtshofes auch eine aktenmäßige Überprüfung der Feststellungen der belangten Behörde - denen der Beschwerdeführer nicht mit gegenteiligen Behauptungen entgegengetreten ist -, der Wahlvorgang sei auch deshalb ungültig, weil die Genossenschaftsversammlung vom nicht vom Obmann einberufen worden sei und an der Genossenschaftsversammlung selbst nicht alle Genossenschaftsmitglieder teilgenommen hätten, unterbleiben.
Soweit der Beschwerdeführer unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 81/07/165,166, der Ansicht ist, der Wahlvorgang vom habe durch die nachträgliche Unterfertigung des Versammlungsprotokolles durch ihn Rechtsgültigkeit erlangt, ist festzuhalten, daß auf Grund dieser Unterschriftsleistung allenfalls auf ein Einverständnis des Beschwerdeführers mit seiner vermeintlichen Wahl bzw. auf die Anerkennung der Richtigkeit des Protokolles durch ihn geschlossen werden könnten. Inwieferne die Gültigkeit des Wahlvorganges von der Leistung der Unterschrift des Beschwerdeführers auf dem Versammlungsprotokoll abhängen sollte, ist nicht erfindlich und weder aus den Ausführungen des Beschwerdeführers noch aus dem von ihm zitierten hg. Erkenntnis ableitbar.
Was die Verfahrensrüge anlangt, so ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, einen wesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen, weil die belangte Behörde auch bei Nichtvorhandensein der vom Beschwerdeführer aufgezeigten angeblichen Mängel nicht zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.
Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren und somit auch ohne Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung über das Begehren des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | WRG 1959 §77 Abs3 lite; WRG 1959 §79 Abs1; WRG 1959 §79 Abs2; WRG 1959 §79 Abs3; |
Sammlungsnummer | VwSlg 13075 A/1989 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1989:1989070026.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAE-39840