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VwGH vom 21.12.1998, 97/17/0175

VwGH vom 21.12.1998, 97/17/0175

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der Charity Glücksspiel GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Franz Wohlfahrt, Rechtsanwalt in Wien IV, Prinz-Eugen-Straße 62, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , Zl. 26 1100/10-V/14/97, betreffend Erteilung einer Lotteriekonzession gemäß § 14 Glücksspielgesetz, die belangte Behörde vertreten durch die Finanzprokuratur (mitbeteiligte Partei:

Österreichische Lotterien GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Barbara Hoffmann-Schöll, Rechtsanwalt in Wien 3, Rennweg 44/R 208), nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters, der Ausführungen des Vertreters der beschwerdeführenden Partei, Rechtsanwalt Dr. Franz Wohlfahrt, der Vertreter der belangten Behörde, HR Dr. Robert Steiner, Finanzprokuratur, und Dr. Peter Erlacher, Bundesministerium für Finanzen, sowie der Vertreterin der mitbeteiligten Partei, Rechtsanwältin Dr. Barbara Hoffmann-Schöll, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 9.765,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 28.500,-- (inklusive S 40,-- Fahrkosten und S 360,-- an Stempelgebühren für die zweifach einzubringende Gegenschrift) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH mit Sitz in Wien beantragte mit Schreiben vom , ihr das Recht zur Durchführung der Ausspielungen gemäß §§ 6 bis 12 Glücksspielgesetz (GSpG), insbesondere nach den §§ 6, 8 und 9 GSpG mit Rechtswirksamkeit ab für die Dauer von 15 Jahren zu bewilligen, im Konzessionsbescheid gemäß § 14 Abs. 3 GSpG die Höhe und Art der zu leistenden Sicherstellung festzusetzen sowie der Antragstellerin die Vorlage von Spielbedingungen gemäß § 16 GSpG aufzutragen.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde diesen Antrag mit der Begründung ab, gemäß § 14 Abs. 1 und 2 erster Satz GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. Nr. 747/1996, dürfe der Bundesminister für Finanzen das Recht zur Durchführung der Ausspielungen nach den §§ 6 bis 12 GSpG nur einem Konzessionär übertragen. Diese gesetzliche Ermächtigung sei bereits ausgeschöpft. Die Erteilung einer weiteren Konzession an die Beschwerdeführerin sei daher rechtlich unzulässig. Die restlichen Bewilligungsvoraussetzungen seien nicht mehr zu prüfen, es sei aber darauf hinzuweisen, daß die Beschwerdeführerin nicht einmal behaupte, die in § 14 Abs. 2 GSpG genannten Konzessionsvoraussetzungen zu erfüllen. Beispielsweise sei aus dem dem Antrag angeschlossenen Firmenbuchauszug erkennbar, daß das Stammkapital der Beschwerdeführerin lediglich S 500.000,-- betrage, während gemäß § 14 Abs. 2 Z. 3 GSpG in der genannten Fassung ein eingezahltes Stammkapital von 300 Millionen Schilling erforderlich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Durchführung von Lotterieausspielungen in der Form des Lottos "6 aus 44" und in der Form von Sofortlotterien, sowie in ihrem Recht nicht durch gemeinschaftsrechtswidrige Regelungen an der Ausübung ihrer Dienstleistungen beschränkt zu werden, verletzt. Der Bescheid der belangte Behörde werde seinem gesamten Inhalt nach wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit angefochten und dessen Aufhebung beantragt.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten jeweils Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über Antrag der Beschwerdeführerin eine Verhandlung durchgeführt und danach in der Sache erwogen:

Das Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 747/1996, lautet im § 14 auszugsweise:

" § 14. (1) der Bundesminister für Finanzen kann das Recht zur Durchführung der Ausspielungen nach den §§ 6 bis 12 durch Erteilung einer Konzession übertragen.

(2) Die Konzession nach Abs. 1 darf nur einem Konzessionswerber erteilt werden, der


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1.
eine Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland ist,
2.
keine Eigentümer (Gesellschafter) hat, die über einen beherrschenden Einfluß verfügen und durch deren Einfluß eine Zuverlässigkeit in ordnungspolitischer Hinsicht nicht gewährleistet ist,
3. einen Aufsichtsrat und ein eingezahltes Stamm- bzw. Grundkapital von mindestes 300 Millionen Schilling hat, wobei die rechtmäßige Mittelherkunft in geeigneter Art und Weise nachzuweisen ist,
4. Geschäftsleiter bestellt, die aufgrund entsprechender Vorbildung fachlich geeignet sind, über die für den ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb erforderlichen Eigenschaften und Erfahrungen verfügen und gegen die kein Ausschließungsgrund nach § 13 der Gewerbeordnung 1973, BGBl. Nr. 50/1994, vorliegt und
5. auf Grund der Umstände (insbesondere Erfahrungen, Kenntnisse und Eigenmittel) erwarten läßt, daß er für den Bund den besten Abgabenertrag (Konzessionsabgabe und Wettgebühren) erzielt sowie
6. bei dem die Struktur des allfälligen Konzerns, dem der oder die Eigentümer, die eine qualifizierte Beteiligung an dem Unternehmen halten, angehören, eine wirksame Aufsicht über den Konzessionär nicht behindert.
...

(5) Solange eine nach Abs. 1 erteilte Konzession aufrecht ist, dürfen weitere Konzessionen nach Abs. 1 nicht erteilt werden. Treten mehrere Konzessionswerber, die die in Abs. 2 Z. 1 bis 4 genannten Voraussetzungen erfüllen, gleichzeitig auf, so hat der Bundesminister für Finanzen auf Grund des Abs. 2 Z. 5 zu entscheiden.

(6) Liegen nach Erteilung der Konzession die Voraussetzungen gemäß Abs. 2 nicht mehr vor oder sind diese nachträglich weggefallen oder verletzt der Konzessionär Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder eines auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Bescheides, so hat der Bundesminister für Finanzen

1. dem Konzessionär unter Androhung einer Zwangsstrafe aufzutragen, den entsprechenden Zustand binnen jener Frist herzustellen, die im Hinblick auf die Erfüllung seiner Aufgaben und im Interesse der Spielteilnehmer angemessen ist;

2. im Wiederholungsfall den Geschäftsleitern des Konzessionärs die Geschäftsführung ganz oder teilweise zu untersagen;

3. die Konzession zurückzunehmen, wenn andere Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz die Funktionsfähigkeit der Spieldurchführung nicht sicherstellen können."

Im Zeitpunkt der Antragstellung der Beschwerdeführerin auf Durchführung der Ausspielungen gemäß §§ 6 bis 12 GSpG und der Entscheidung über diesen Antrag durch die belangte Behörde war - von der Beschwerdeführerin unbestritten - die an die Österreichische Lotterien GmbH mit Bescheid vom rechtskräftig erteilte Konzession aufrecht. Eine weitere Konzession konnte nach § 14 Abs. 5 GSpG an die Beschwerdeführerin nicht erteilt werden.

Die Konzession nach § 14 Abs. 1 GSpG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung darf nur einer Kapitalgesellschaft mit einem eingezahlten Stamm- bzw. Grundkapital von mindestens 300 Millionen Schilling erteilt werden. Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH mit einem Stammkapital von S 500.000,--. Somit hätte selbst bei nicht aufrechter Konzession der mitbeteiligten Partei der Beschwerdeführerin mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen keine Konzession nach § 14 Abs. 1 GSpG erteilt werden dürfen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 12.165) vermag sich die bundesgesetzliche Regelung des Glücksspielmonopols auf Art. 10 Abs. 1 Z. 4 B-VG zu stützten. Nach der angeführten Entscheidung erachtet der Verfassungsgerichtshof durch die Vergabe von Konzessionen an Private im Bereich der staatlichen Monopole die Einschränkung des Grundrechts der Erwerbsfreiheit zwar gegeben, bei Vorliegen besonderer Gründe jedoch gerechtfertigt. Die möglichen negativen Begleiterscheinungen und die Gefahren des Betriebs von Glücksspielen sowie das öffentliche Interesse einer intensiven, in wirtschaftlich effizienter Weise zu besorgenden Aufsicht sind dabei besonders zu berücksichtigende Umstände. Daher ist es auch zulässig, besondere Anforderungen an die Verläßlichkeit und die wirtschaftliche Potenz eines Konzessionärs zu stellen.

Auf Grund der besonderen Umstände des Betriebs von Glücksspielen teilt der Verwaltungsgerichtshof die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmungen des GSpG, die die Vergabe einer einzigen Lotteriekonzession und ein Stammkapital von 300 Millionen Schilling normieren, aus den genannten, die Bestimmungen sachlich rechtfertigenden Gründen nicht.

Die Kapitalausstattung von - im Beschwerdefall S 300 Millionen - erscheint, wie die Vertreter der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei in der mündlichen Verhandlung überzeugend vorgetragen haben, auf Grund des Investitionsaufwandes und der zu befriedigenden Spieleransprüche keineswegs als überhöht. Die Aufnahme und Durchführung der einzelnen Ausspielungen - dazu gehören Lotto, Toto und Zahlenlotto - sollen im Monopolgebiet flächendeckend und reibungslos abgewickelt werden. Dazu bedarf es entsprechender Investitionen und organisatorischer Einrichtungen sowie der Bekanntmachung der Spiele und der Modalitäten durch Werbung, ohne die ein bestmöglicher Abgabenertrag für den Bund nicht zu erzielen ist. Weiters sind Aufwendungen in Sicherheitseinrichtungen notwendig, um keine Zweifel an der Seriosität der einzelnen Ausspielungen aufkommen zu lassen. Voraussetzung ist ferner das Vertrauen in den Konzessionsinhaber, der durch seinen finanziellen Einsatz und Rückhalt Sicherheit dafür bietet, daß die wöchentlich erzielten in die Millionen gehenden Gewinne tatsächlich auch in der von den Spielern gewünschten Art und Weise ausbezahlt werden und auch der Bund Sicherheit für die ihm zustehenden Abgaben gegenüber dem Konzessionär hat. Unter diesen Umständen ist eine solche solide finanzielle Ausstattung des Konzessionsinhabers, wie im Glücksspielgesetz vorgesehen, erforderlich.

Die Beschwerdeführerin stützt ihre Argumentation gegen die Nichterteilung der in Rede stehenden Konzession auf die Anwendung gemeinschaftsrechtswidriger Vorschriften und vertritt in ihrer Beschwerde gegen die Konzessionsversagung die Auffassung, der abweisende Bescheid gründe sich auf Gesetzesbestimmungen, nämlich insbesondere auf die §§ 3 und 14 GSpG 1989, welche auf Grund des Anwendungsvorranges unmittelbar anwendbarer Bestimmungen des Gemeinschaftsrechtes bei der Beurteilung des Antrages der Beschwerdeführerin von der Behörde nicht (mehr) anzuwenden gewesen wären, wodurch jedoch der angefochtene Bescheid zum Nachteil der Beschwerdeführerin in (gemeinschafts-) rechtswidriger Weise in deren subjektive Rechte eingegriffen habe.

Sekundärrechtsakte, die diese Wirkung unmittelbar anwendbarer Bestimmungen in Glücksspielangelegenheiten haben könnten, werden von der Beschwerdeführerin nicht angeführt und sind dem Verwaltungsgerichtshof nicht bekannt (vgl. auch Rs C-275/92, Schindler, 1994, Schlußantrag des Generalanwaltes, I-1052). Der Bescheid verstoße nach Darstellung der Beschwerdeführerin gegen die auf Grund des Vorrangs der Bestimmungen der Gemeinschaft gegenüber den den gleichen Gegenstand regelnden Österreichischen Rechtsnormen unmittelbar anzuwendenden Bestimmungen des Primärrechts, nämlich gegen die Art. 59 ff EGV über die Dienstleistungen, den Art. 86 EGV über den Mißbrauch einer den Markt beherrschenden Stellung und den Art. 90 EGV über die öffentlichen und monopolartigen Unternehmen.

Das Recht zur Durchführung von Glücksspielen ist, soweit im Glücksspielgesetz nicht anderes bestimmt wird, gemäß § 3 GSpG dem Bund vorbehalten.

Die unter das Glücksspielmonopol fallenden Glücksspiele sind Dienstleistungen im Sinne des Art. 60 EGV (vgl. Rs C-275/92, Schindler, 1994, I-1089).

Eine Vertragsverletzung der Republik Österreich wegen einer Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs durch nationale Bestimmungen setzt einen Auslandsbezug des Sachverhaltes voraus. Weist ein zu entscheidender Fall keinerlei Bezug zu einem vom Gemeinschaftsrecht erfaßten Sachverhalt auf, so sind die Vorschriften des EGV über den freien Dienstleistungsverkehr nicht anwendbar (vgl. die ständige Rechtsprechung des EuGH Rs C-17/94, Gervais und andere, 1995, I-4377, 4378 und Rs C-152/94, Van Buynder 1995, I-3988, 3989).

Gemäß Art. 59 EGV werden die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, während der Übergangszeit nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen schrittweise aufgehoben.

Die zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides aufrechte Lottokonzession und die Bestimmungen über die Erteilung der Konzession nach § 14 GSpG könnten allenfalls Angehörige anderer Mitgliedstaaten der Gemeinschaft diskriminieren, nicht jedoch Unternehmen mit Sitz im Inland wie die Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin ist nämlich eine Kapitalgesellschaft mit satzungsgemäßen Sitz in Österreich. Sie war daher durch § 14 GSpG weder vor noch nach dem EU-Beitritt Österreichs in Ansehung der Bewerbung um eine Lotteriekonzession durch die Nichtanwendung von Bestimmungen des EGV diskriminiert. Zur Wahrung von Rechten der Beschwerdeführerin aus der Niederlassungsfreiheit, aus dem freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten und der Freiheit des Kapitalverkehrs war Österreich auf Grund des EGV daher weder zu Maßnahmen noch zur Unterlassung von Maßnahmen gemäß Art. 5 EGV verpflichtet. Hinsichtlich ihrer Rechte konnte insoweit Gemeinschaftsrecht keine Verdrängung mitgliedstaatlichen (österreichischen) Rechtes herbeiführen, mag dieses auf generellen Akten, wie dem Glücksspielgesetz, beruhen oder in individuellen Akten, wie in der der mitbeteiligten Partei erteilten Lotteriekonzession, bestehen.

Die Beschwerdeführerin verkennt weiters mit der Behauptung, durch die Versagung der in Rede stehenden Konzession liege eine Verletzung einer "gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Grenzüberschreitung einer Leistung" vor, daß keine Bestimmungen des EGV die völlige Freiheit des Dienstleistungsverkehrs im Bereich der Glücksspiele garantieren. Das Glücksspielmonopol ist auch ein nach Art. 90 Abs. 2 EGV in die Befugnis der Mitgliedstaaten gestelltes, in Österreich innerhalb der Grenzen dieses Staates eingerichtetes Finanzmonopol, das nach den nationalen Bestimmungen weder dem Staat selbst noch dem auf Grund einer Übertragung des Rechtes berechtigten Konzessionsinhaber gestattet, dieses Monopol in anderen Mitgliedstaaten auszuüben. Mit der Konzession können nur die innerhalb Österreichs bestehenden Rechte verliehen werden und damit ist nach dem EGV keineswegs gewährleistet, daß diese Rechte auch in den übrigen Mitgliedstaaten Berechtigungen zur Folge haben. Die Erbringung einer grenzüberschreitenden Dienstleistung im Bereich der Glücksspiele stößt an die Schranken der Finanzhoheit und solcher nach der Rechtsprechung des EuGH wegen der besonderen Umstände nicht als gemeinschaftsrechtswidrig anzusehenden Beschränkungen der Glücksspiele der anderen Mitgliedstaaten.

Selbst wenn der Umstand, daß Staatsbürger anderer Mitgliedstaaten oder Personen mit Wohnsitz in anderen Mitgliedstaaten am Glücksspiel in Österreich teilnehmen können, dem grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr im Glücksspiel zuzurechnen wäre, läge in dem Umstand, daß die beschwerdeführende Partei durch die Grundkapitalsbeschränkungsregel des GSpG an der Erwerbung einer Konzession gehindert wird, keine Beeinträchtigung von Rechten der beschwerdeführenden Partei aus der Dienstleistungsfreiheit. Hiedurch wird nämlich der Konzessionswerber nicht spezifisch daran gehindert, im Inland dem Ausländer gegenüber die Dienstleistung zu erbringen. Die Regel diskriminiert daher nicht die Erbringung von Dienstleistungen an Ausländer.

Die Beschwerdeführerin konnte sich daher aus dem Grunde der Primärbestimmungen des EGV über den freien Dienstleistungsverkehr nicht mit Erfolg auf das Vorliegen gemeinschaftsrechtswidriger Bestimmungen des Glücksspielgesetzes berufen.

Die Beschwerdeführerin bringt weiter vor, daß das nach § 14 GSpG vorgesehene Konzessionssystem und die Tatsache der Vergabe der Lotteriekonzession an einen einzigen Konzessionär zu den Wettbewerbsregeln der Art. 86 und 90 EGV in Widerspruch stünde.

Art. 7 EGV regelt das schrittweise Inkrafttreten des gemeinsamen Marktes. Gemäß Art. 85 EGV sind mit dem gemeinsamen Markt alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen unvereinbar und verboten, welche den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbes innerhalb des gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken. Mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten ist gemäß Art. 86 EGV die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein Unternehmen, soweit dieses dazu führen kann, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

Art. 90 EGV lautet:

" (1) Die Mitgliedstaaten werden in bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine diesem Vertrag und insbesondere dessen Art. 7 und 85 bis 94 widersprechende Maßnahmen treffen oder beibehalten.

(2) Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Vorschriften dieses Vertrages, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft.

(3) Die Kommission achtet auf die Anwendung dieses Artikels und richtet erforderlichenfalls geeignete Richtlinien oder Entscheidungen an die Mitgliedstaaten."

Mit dem Glücksspielgesetz (§ 3 GSpG) wird die Durchführung von Glücksspielen und somit eine Dienstleistung monopolisiert. Eine solche Dienstleistung ist dem Bund vorbehalten. Er übt diese Dienstleistung jedoch nicht selbst aus, sondern vergibt sie durch eine Konzession. Da die Lotteriekonzession nur an einen einzigen Konzessionswerber vergeben werden kann, wird diesem Unternehmen in Österreich das ausschließliche Recht gewährt und überdies die Pflicht auferlegt, bestimmte in der Konzession genannte Lotterien zu betreiben. Die Konzession darf nur einem Konzessionswerber erteilt werden, der erwarten läßt, daß er für den Bund den besten Abgabenertrag erzielt (§ 14 Abs. 2 Z. 5 GSpG). Die Erteilung einer einzigen Konzession und damit das Abhalten der Konkurrenz hat den Zweck, dem öffentlichen Haushalt eine besondere Einnahmequelle zu sichern. Daneben bestehen ordnungspolitische Zielsetzungen insbesondere zum Schutz der Spieler und der Sozialordnung.

Nach dem unmittelbar wirkenden Art. 90 Abs. 1 EGV ist die Schaffung einer beherrschenden Stellung durch Gewährung ausschließlicher Rechte im Sinne des Art. 90 Abs. 1 EGV nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH als solche noch nicht mit Art. 86 EGV unvereinbar (vgl. Rs C-179/90,

Merci Convenzionali Porto di Genova, 1991, I-5928; Rs C-266/96, Corsica Ferries France SA/Gruppo Antichi Ormeggiatori del Porto di Genova, 1998).

Art. 86 EGV regelt das Verhalten von Unternehmen und nicht die gesetzgeberischen oder verwaltungsrechtlichen Maßnahmen von Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten sind jedoch kraft Art. 5 Abs. 2 EGV verpflichtet, durch ihre nationalen Rechtsvorschriften nicht die uneingeschränkte und einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts und die Wirksamkeit der zu dessen Vollzug ergangenen oder zu treffenden Maßnahmen zu beeinträchtigen und keine Maßnahmen zu ergreifen oder beizubehalten, die die praktische Wirksamkeit der für Unternehmer geltenden Wettbewerbsregeln ausschalten können. Soweit es sich um Unternehmen handelt, denen die Mitgliedstaaten ein Monopol gewährt haben, stellt Art. 90 Abs. 1 EGV eine spezifische Ausprägung des Art. 5 Abs. 2 EGV dar (Rs C-179/90, 1991, Schlußantrag des Generalanwaltes I-5911, 5912).

Aus der Rechtsprechung des EuGH zur Anwendung von Art. 90 Abs. 1 EGV i.V.m. den Art. 85 und 86 EGV auf Maßnahmen der öffentlichen Behörden geht hervor, daß die Schaffung einer beherrschenden Stellung durch die Gewährung ausschließlicher Rechte nur dann gegen diese Vorschriften verstößt, wenn das betreffende Unternehmen durch die bloße Ausübung der übertragenen ausschließlichen Rechte seine beherrschende Stellung mißbräuchlich ausnutzt oder wenn durch diese Rechte eine Lage geschaffen werden könnte, in der dieses Unternehmen einen Mißbrauch begeht. Sofern der Konzessionsinhaber seine beherrschende Stellung nicht mißbräuchlich ausnutzt oder nicht gezwungen ist, einen solchen Mißbrauch zu begehen, kann ein Mitgliedstaat zulässigerweise solche ausschließlichen Rechte einräumen (vgl. Rs C-266/96, Corsica Ferries France SA/Gruppo Antichi Ormeggiatori del Porto di Genova, 1998).

Nach Art. 86 EGV ist die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Daß das Fehlen von Wettbewerb auf Maßnahmen des Gesetzgebers oder der Verwaltung zurückzuführen ist oder durch solche Maßnahmen begünstigt wird, steht der Anwendung von Art. 86 EGV in keiner Weise entgegen. Bei einem Unternehmen, dem ein gesetzliches Monopol gewährt wurde, könne davon ausgegangen werden, daß es eine beherrschende Stellung im Sinne von Art. 86 EGV innehabe (vgl. den genannten Schlußantrag, I-5914).

Art. 90 Abs. 2 EGV ist eine Bestimmung ohne unmittelbare Wirkung (vgl. Rs C-10/71, Muller, 1971, I-723). Es ist Sache des innerstaatlichen Gerichts, zu prüfen, ob die Konzession einem Unternehmen erteilt wurde, das mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut ist oder den Charakter eines Finanzmonopols hat (vgl. Rs C-179/90, 1991, I-5920). Für solche Unternehmen gelten die Vorschriften des EGV, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft.

Die Konzessionsbeschränkung nach dem GSpG stünde dann in Widerspruch zu Art. 90 EGV in Verbindung mit den Wettbewerbsregeln des EGV, wenn bereits sie an sich eine Maßnahme wäre, die den Art. 85, 86 EGV widerspricht, ohne notwendig zu sein, um eine Verhinderung der Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen Aufgabe - hier also der eines Finanzmonopols mit besonderen ordnungspolitischen Zielsetzungen - zu vermeiden, oder die die Entwicklung des Handelsverkehrs in einem Ausmaß beeinträchtigt, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft. Ein solcher Widerspruch liegt jedoch - wie bereits dargestellt - nicht vor (vgl. auch Rs C-179/90, 1991, I-5928). Gegen die weitere Öffnung des Glücksspielmarktes in Richtung eines völlig freien Wettbewerbes sprechen vielmehr von den Mitgliedstaaten übereinstimmend vorgebrachte und ins Gewicht fallende Gründe (vgl. Rs C-275/92, Schindler, 1994, I-1076).

Es bestehen ferner keine Anhaltspunkte, daß die Aufgabe, die dem Konzessionär übertragen wurde, sowie deren Erfüllung dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft. Durch den bekämpften Bescheid und die ihm zugrundeliegenden Vorschriften des GSpG sowie die Konzession der mitbeteiligten Partei wurde keine staatliche Maßnahme in bezug auf ein Unternehmen, welchem die Republik Österreich besondere Rechte gewährt und den Charakter eines Finanzmonopols verleiht, getroffen, die es diesem "bevorrechteten" Unternehmen erlaubte, ein mit den Bestimmungen des EGV in Widerspruch stehendes Verhalten zu setzen. Daß die mitbeteiligte Partei ein solches Verhalten -also eine mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung mit Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten - gegen Art. 85, 86 EGV bereits gesetzt habe, durch Sachzwänge setzen müsse oder zu setzen beabsichtige, behauptet die Beschwerde nicht. Hierfür bieten sich auch sonst keine Anhaltspunkte.

Die Einrichtung von Finanzmonopolen ist durch Art. 90 Abs. 2 EGV in die Befugnis der Mitgliedstaaten gestellt und damit auch die in ihrem finanzpolitischen Interesse gelegene Ausgestaltung dieses Monopols. Wenn der österreichische Gesetzgeber daher im Rahmen dieser Zielbestimmung der Meinung war, durch eine einzige Konzession an einen Konzessionär (die Mitbeteiligte) das beste Einnahmeergebnis erzielen zu können, so steht dem grundsätzlich Gemeinschaftsrecht nicht entgegen. Daß eine solche Maßnahme an sich bereits Verstöße gegen Art. 85, 86 EGV herbeiführe oder bereits herbeigeführt habe, also Kartelle bzw. abgestimmte Verhaltensweisen geschaffen habe, die geeignet sind, aus einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, ist durch das Sachvorbringen nicht hervorgekommen.

Da solcherart die Gemeinschaftsrechtslage schon durch den EGV und die Rechtsprechung des EuGH klar und somit zweifellos zutage liegt, konnte der Verwaltungsgerichtshof davon absehen, die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten gemeinschaftsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung der Konzessionserteilung im Österreichischen Glücksspielgesetz und ihren Vollzug durch Konzessionsbescheide dem EuGH zur Vorabentscheidung gemäß Art. 177 EG vorzulegen.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil die Gegenschrift nur zweifach einzubringen war und die Vorlage einer Vollmacht im Hinblick auf § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG nicht erforderlich war.

Wien, am