zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 28.10.1997, 95/14/0060

VwGH vom 28.10.1997, 95/14/0060

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Dr. Walter Kerle, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 57, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des M in I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat II, vom , 31.041-3/93, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 1987 bis 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Gemeinschuldner, ein Wirtschaftstreuhänder, erwarb im Jänner bzw Februar 1987 unter Einsatz von Fremdmitteln mehrere mit Fabriksgebäuden bebaute Liegenschaften (idF nur: Liegenschaften), die er an eine GmbH, an der er ab Dezember 1987 zu 90 % und ab Februar 1990 zu 100 % beteiligt war, und die er steuerlich vertrat, seinen Angaben zufolge verpachtete. Ein Pachtzins wurde nie entrichtet. Die GmbH stellte ihre unternehmerische Tätigkeit im November 1990 ein. Im Dezember 1990 wurde über die GmbH das Ausgleichsverfahren eröffnet, das jedoch mangels Bestätigung im März 1991 in ein Konkursverfahren mündete. Der Konkurs über das Vermögen der GmbH wurde nach Verteilung der Masse im August 1993 aufgehoben. Da der Gemeinschuldner nicht nur die von ihm zum Erwerb der Liegenschaften aufgenommenen Fremdmittel zu bedienen hatte, sondern auch für die der GmbH gewährten Kredite haftete, wurde im September 1991 auch über sein Vermögen der Konkurs eröffnet. Die dem Gemeinschuldner gehörenden Liegenschaften wurden im Mai 1994 zwangsversteigert.

Der Gemeinschuldner erklärte in den Jahren 1987 bis 1992 ausschließlich negative Einkünfte aus der Verpachtung der Liegenschaften von insgesamt rund 7,3 Mio S, wobei die Werbungskostenüberschüsse fast zur Gänze auf Anlagenabschreibungen und Fremdmittelkosten zurückzuführen sind.

Strittig ist, ob die erklärten negativen Einkünfte und die mit der Verpachtung der Liegenschaften im Zusammenhang stehende Vorsteuer steuerlich zu berücksichtigen sind.

Die belangte Behörde stellte zunächst fest, zwischen dem Gemeinschuldner und der GmbH habe ein Naheverhältnis bestanden, weswegen ein zwischen ihnen abgeschlossener Pachtvertrag einem Fremdvergleich standhalten müsse. Der Gemeinschuldner habe keinen schriftlichen Pachtvertrag mit der GmbH abgeschlossen. Nach den Angaben des Gemeinschuldners sei im September 1988 ein nie verwirklichter Pachtvertrag entworfen worden, in dem ein monatlicher Pachtzins von 206.000 S zuzüglich Umsatzsteuer ab Oktober 1988 fixiert worden sei. Im Juni 1989 habe der Gemeinschuldner bekannt gegeben, es sei ab dem Jahr 1990 mit Pachteinnahmen von monatlich 200.000 S bis 250.000 S zu rechnen. Im September 1989 habe der Gemeinschuldner mitgeteilt, die GmbH werde ab dem Jahr 1990 einen Pachtzins in Höhe seiner Annuitäten bezahlen. Im Juli 1992 habe der Gemeinschuldner behauptet, es sei ein von der Produktion der GmbH abhängiger Pachtzins vereinbart worden. Die belangte Behörde gelangte auf Grund der widersprüchlichen Angaben des Gemeinschuldners zur Ansicht, es sei niemals zu einem rechtsverbindlichen Vertragsabschluß zwischen dem Gemeinschuldner und der GmbH gekommen. Es seien mit Ausnahme für den Zeitraum März 1989 bis August 1990 auch keine Rechnungen vom Gemeinschuldner über einen Pachtzins gelegt worden, wobei die gelegten Rechnungen nicht unterfertigt seien, die darin ausgewiesenen Beträge mit den behaupteten Vereinbarungen nicht übereinstimmten und kein dementsprechender Aufwand im Rechenwerk der GmbH aufscheine. Auch die Tatsache, daß die GmbH niemals einen Pachtzins entrichtet habe, führe zu dem Schluß, es sei kein Pachtvertrag abgeschlossen worden. Schließlich sei es völlig unverständlich, daß ein auf die Erzielung von Einnahmen bedachter Verpächter von Liegenschaften keinerlei Schritte unternehme, um seine Ansprüche aus dem Pachtvertrag durchzusetzen. Der Gemeinschuldner habe der GmbH die Liegenschaften ohne Nutzungsentgelt überlassen, was nur mit seiner Stellung als beherrschender Gesellschafter erklärbar sei. Es liege daher keine auf die Erzielung von positiven Einkünften aus der Verpachtung der Liegenschaften gerichtete Tätigkeit und somit keine Einkunftsquelle vor. Daran vermögen die Ausführungen des Gemeinschuldners, die GmbH wäre auf Grund der vom Geschäftsführer zu vertretenden Mißwirtschaft zahlungsunfähig gewesen, nichts zu ändern, weil es für das Vorliegen einer Einkunftsquelle irrelevant sei, aus welchen Gründen die GmbH keinen Pachtzins entrichtet habe. Vielmehr wäre es Sache des Gemeinschuldners gewesen, ernsthafte Anstrengungen zu unternehmen, um den angefallenen Werbungskosten Pachteinnahmen gegenüberzustellen.

Demgegenüber meint der Beschwerdeführer, zwischen dem Gemeinschuldner und der GmbH habe ein mündlich abgeschlossener Pachtvertrag bestanden, wobei ein von der Produktion der GmbH abhängiger Pachtzins vereinbart worden sei. Dieser Pachtvertrag wäre auch realisierbar gewesen, hätte zu positiven Einkünften aus der Verpachtung der Liegenschaften geführt und halte somit einem Fremdvergleich stand. ISd abgeschlossenen Pachtvertrages habe der Gemeinschuldner Rechnungen für den Zeitraum März 1989 bis August 1990 gelegt, wobei es im Geschäftsleben üblich sei, Rechnungen nicht zu unterfertigen. Es könne daher keine Rede davon sein, zwischen dem Gemeinschuldner und der GmbH sei kein Pachtvertrag abgeschlossen worden bzw habe der Gemeinschuldner der GmbH die Liegenschaften ohne Nutzungsentgelt überlassen. Der Gemeinschuldner habe auch alles unternommen, um seine Ansprüche aus dem Pachtvertrag durchzusetzen, um so den angefallenen Werbungskosten Pachteinnahmen gegenüberzustellen. So habe er Rechnungen mit Beträgen von rund 384.000 S gelegt und seine Forderungen im Konkurs über das Vermögen der GmbH angemeldet. Schließlich habe nicht vorausgesehen werden können, daß über das Vermögen der GmbH der Konkurs eröffnet werde. Die Tätigkeit des Gemeinschuldners sei daher auf die Erzielung von positiven Einkünften aus der Verpachtung der Liegenschaften gerichtet gewesen, weswegen die erklärten negativen Einkünfte und die mit der Verpachtung der Liegenschaften im Zusammenhang stehende Vorsteuer steuerlich zu berücksichtigen seien.

Gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unbestritten ist, daß die GmbH keinen Pachtzins entrichtet und dem Gemeinschuldner in den Jahren 1987 bis 1994 keine Einnahmen aus den Liegenschaften zugeflossen sind. In der Beschwerde wird zwar behauptet, zwischen dem Gemeinschuldner und der GmbH sei ein Pachtvertrag abgeschlossen worden, nicht aber, dem Gemeinschuldner seien jemals Einnahmen aus den Liegenschaften zugeflossen.

Der Streitzeitraum umfaßt die Jahre 1987 bis 1990. Es ist daher für die Jahre 1987 bis 1989 unter Berücksichtigung von Lehre und Rechtsprechung zu untersuchen, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers primär objektiv gesehen geeignet gewesen ist, Einnahmenüberschüsse zu erzielen, während für das Jahr 1990 die Liebhabereiverordnung vom , BGBl Nr 322/1990, (idF: LVO) anzuwenden ist.

Nach ständiger hg Rechtsprechung kommen als Einkunftsquelle iSd § 2 Abs 2 EStG 1972 bzw 1988 vor Geltung der LVO nur Tätigkeiten in Betracht, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse erwarten lassen. Fehlt dagegen bei einer Tätigkeit objektiv gesehen die Möglichkeit, Gewinne oder Einnahmenüberschüsse zu erzielen, oder mangelt es einem Abgabepflichtigen an der entsprechenden Absicht, so liegt keine Einkunftsquelle, sondern Liebhaberei im steuerrechtlichen Sinn vor. Dabei ist zu beachten, daß nach ständiger

hg Rechtsprechung bei der Beurteilung des jeweiligen Falles in erster Linie auf die objektiven Merkmale (Gewinn- bzw Einnahmenüberschußerzielungsmöglichkeit) Bedacht genommen werden muß, während den subjektiven Merkmalen (Absicht des Steuerpflichtigen) nur untergeordnete Bedeutung zukommt. Darüber hinaus ergeben sich, wenn einer Tätigkeit der Charakter einer Einkunftsquelle abzusprechen ist, regelmäßig auch entsprechende umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen. So ist gemäß § 2 Abs 5 Z 2 UStG idF ab dem Jahr 1984 Liebhaberei nicht als unternehmerische Tätigkeit iSd § 2 Abs 1 leg cit anzusehen, weswegen diesfalls weder Umsatzsteuer vorzuschreiben noch Vorsteuer abzuziehen ist (vgl das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 93/13/0171, mwA).

Im Beschwerdefall ist daher für die Jahre 1987 bis 1989 zunächst zu prüfen, ob innerhalb eines absehbaren Zeitraumes Einnahmenüberschüsse zu erzielen gewesen wären (objektive Komponente). Bei der vom Gemeinschuldner im Zeitraum Jänner bzw Februar 1987 bis Mai 1994 gewählten Bewirtschaftungsart, die nur zu Werbungskosten, nicht jedoch zum Zufluß von Einnahmen geführt hat, ist von vornherein festgestanden, daß die Liegenschaften keine Einkunftsquelle darstellen. Daran vermag auch das Vorbringen, der Gemeinschuldner habe Rechnungen mit Beträgen von rund 384.000 S für den Zeitraum März 1989 bis August 1990 gelegt, nichts zu ändern. Abgesehen davon, daß die insgesamt erklärten negativen Einkünfte aus der Verpachtung der Liegenschaften bei Bezahlung dieser Beträge nur geringfügig niedriger gewesen wären, sind diese Beträge weder bezahlt worden, noch hat der Gemeinschuldner vor Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GmbH Handlungen gesetzt, um diese Beträge einbringlich zu machen. Mit der Behauptung, daß der Gemeinschuldner, der als steuerlicher Vertreter der GmbH über deren schlechte wirtschaftliche Lage Kenntnis haben mußte, die in Rechnung gestellten Beträge als Forderungen im Konkurs über das Vermögen der GmbH angemeldet habe, wird ein tauglicher Versuch zur gänzlichen Einbringung dieser Forderungen nicht dargetan. Da bereits die objektiven Merkmale (Einnahmenüberschußerzielungsmöglichkeit) zweifelsfrei gegen das Vorliegen einer Einkunftsquelle sprechen, erübrigt es sich, hinsichtlich der Jahre 1987 bis 1989 auf die Frage einzugehen, ob der Gemeinschuldner die Absicht gehabt hat, Einnahmenüberschüsse zu erzielen (subjektive Komponente).

Für das Jahr 1990 ist die LVO anzuwenden. Da nach den Ausführungen des Beschwerdeführers die Bewirtschaftung der Liegenschaften in der entgeltlichen Überlassung an die GmbH bestand, ist gemäß § 2 Abs 3 LVO das Vorliegen der Absicht, einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen, nach dem Verhältnis des Zeitraumes, innerhalb dessen ein Gesamtüberschuß geplant ist, zum üblichen Kalkulationszeitraum zu beurteilen. Selbst nach dem Beschwerdevorbringen hat aber der Gemeinschuldner im Streitzeitraum - abgesehen von der Legung von Rechnungen - keine Schritte zur Bewirkung der Pachtzinszahlungen unternommen. Die behauptete Bewirtschaftung der Liegenschaften stellt sich somit auch im Jahr 1990 nicht als Einkunftsquelle dar.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.