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VwGH vom 18.11.1993, 92/16/0179

VwGH vom 18.11.1993, 92/16/0179

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

92/16/0180

92/16/0181

92/16/0182

92/16/0183

92/16/0184

92/16/0185

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden 1. des M G,

2. der O G, 3. der Verlassenschaft nach N B, 4. des P G, 5. der

S G, 6. des K P, 7. der D F, alle vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide (Berufungsentscheidungen) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. GA 11-794/11/91, GZ. GA 11-794/12/91, GZ. GA 11-794/8/91, GZ. GA 11-794/14/91, GZ. GA 11-794/13/91, GZ. GA 11-794/9/91, GZ. GA 11-794/10/91, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,--, die übrigen beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 2.530,--, jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom teilte die W.KG, deren Gesellschafter die Beschwerdeführer waren, dem Finanzamt E. mit, daß sie ihr gesamtes bewegliches Anlagevermögen, das Weinlager sowie die sonstigen Vorräte an die G. GmbH und die V. GmbH verkauft habe. Mit Vertrag vom habe sie auch die Betriebsliegenschaft (EZ. 2088 der KG S) sowie sämtliche Markenrechte an die genannten Gesellschaften verpachtet. Die als Sachvermögen allein verbleibende Liegenschaft werde in das Miteigentum der Gesellschafter zu übernehmen sein; die diesbezügliche Beschlußfassung stehe allerdings noch aus.

Mit der am beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern eingelangten Abgabenerklärung gemäß § 10 GrEStG 1987 zeigten die Beschwerdeführer an, daß sie Erwerber des Grundstückes durch Betriebsaufgabe geworden seien. Da der Übergang der Betriebsliegenschaft der W. KG auf die Gesellschafter mittels Betriebsaufgabe erfolge, handle es sich um keinen der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erwerbsvorgang.

Am schlossen die Beschwerdeführer eine Vereinbarung, wonach sie sich hinsichtlich des streitgegenständlichen Grundstückes, das noch im bücherlichen Eigentum der W. KG steht, wechselseitig Vorkaufsrechte einräumen und auf eine Zivilteilung verzichten. Punkt 2 dieses Vertrages enthält die Bestimmung, daß infolge Zerfalls der noch protokollierten W. KG die Liegenschaft den beschwerdeführenden Parteien entsprechend ihren Anteilen gehöre.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung zur Feststellung der Gegenleistung für die Übertragung der Liegenschaft der W. KG auf die einzelnen Gesellschafter setzte der Prüfer den Wert der Gegenleistung mit S 3,433.824,84 fest. Dieser Betrag entspreche dem Entnahmewert der Liegenschaft, der in der von der W. KG zum erstellten "Liquidations-Schlußbilanz" ausgewiesen werde.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern erließ in der Folge Bescheide, in denen den Beschwerdeführern gegenüber die Grunderwerbsteuer entsprechend ihren Beteiligungsverhältnissen festgesetzt wurde.

In den Berufungen gegen diese Bescheide brachten die Beschwerdeführer vor, die W. KG habe mit der Einstellung der Geschäftstätigkeit, der Veräußerung und Verpachtung der früheren Betriebsmittel ihre Vollkaufmannseigenschaft verloren, sodaß sie ex lege untergegangen sei. Hinsichtlich des Grundstückes verbleibe eine schlichte Miteigentumsgemeinschaft. Da dieser Vorgang nicht unter die Erwerbstatbestände des § 1 GrEStG 1987 falle, liege kein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang vor.

Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen ab. Als Begründung führte sie an, die Vereinbarung vom sowie der in der Abgabenerklärung gemäß § 10 GrEStG 1987 beschriebene Sachverhalt zeigten, daß die Liegenschaft bereits den Gesellschaftern zurechenbar sei. Da die W. KG unstreitig ihre Vollkaufmannseigenschaft verloren habe und die Gesellschafter einvernehmlich Befugnisse, die das Eigentum gewährte, in Anspruch nähmen, verwirkliche dieser Erwerbsvorgang den Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG 1987.

Gegenleistung für die Übernahmen der Liegenschaft sei der Anteil am aufgewerteten Kapital laut "Auseinandersetzungsbilanz". Durch Nachschüsse bzw. Auszahlungen seien die Konten der Gesellschafter auf Null ausgeglichen und die Liegenschaft über Kapitalkonto mit einem Betrag von S 3,433.824,84 verbucht worden. Dieser Wert entspreche der grunderwerbsteuerpflichtigen Gegenleistung und sei auf die einzelnen Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligung aufzuteilen.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen diese Berufungsentscheidungen Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof. Mit den Beschlüssen dieses Gerichtshofes vom , B 268/92-3, B 269/92-3, B 270/92-3, B 271/92-3, B 272/92-3, B 273/92-3, B 281/92-3, wurde die Behandlung der Beschwerden abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof werden von den Beschwerdeführern inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in den Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die vorher bezeichneten sieben Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges verbunden und darüber erwogen:

1. Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 GrEStG 1987 unterliegt der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, der Grunderwerbsteuer.

Die Beschwerdeführer rügen, daß der streitgegenständliche Erwerbsvorgang keinen der in § 1 GrEStG 1987 genannten Tatbestände erfülle. Insbesondere sei § 1 Abs. 1 Z. 2 GrEStG 1987 nicht anwendbar, weil die Beschwerdeführer kein Eigentum an der Liegenschaft erworben hätten; es fehle hiefür am Modus. Da der Eigentumserwerb nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, sondern mittels Einzelrechtsnachfolge erfolge, sei der Modus erst mit der Einverleibung im Grundbuch erfüllt.

Wie den Sachverhaltsfeststellungen zu entnehmen ist, veräußerte die W. KG ihr gesamtes bewegliches Anlagevermögen, das Weinlager sowie die sonstigen Vorräte und verpachtete sämtliche Markenrechte sowie die streitgegenständliche Liegenschaft. Durch diese Veräußerung und Verpachtung des Unternehmens verlor die W. KG die Merkmale eines vollkaufmännischen Handelsgewerbes. Durch den Wegfall eines ihre Rechtsform bedingenden wesentlichen Begriffsmerkmales (Betrieb eines Vollhandelsgewerbes) wurde die Kommanditgesellschaft ohne Identitätsverlust zu einer Gesellschaft nach bürgerlichen Recht (; vgl. Schwimann/Jabornegg, ABGB IV/2, § 1175 Rz. 33; Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts5 (1990), 54; HS 8103; GesRZ 1987, 210 f); dies gilt trotz fortbestehender Eintragung der W. KG im Firmenbuch, weil mit der Einstellung des Gewerbebetriebes das Merkmal des Betriebes eines Gewerbes fehlt (vgl. Thiery, Zur Ex-lege-Umwandlung einer OHG (KG) in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, GesRZ 1987, 202), woran auch § 5 HGB nichts zu ändern vermag, weil diese Bestimmung einerseits ebenfalls das Weiterbestehen des Betriebs eines Gewerbes verlangt und andererseits im öffentlichen Recht, insbesondere im Steuerrecht nicht anzuwenden ist (vgl. Straube in Straube, Kommentar zum HGB I Rz. 4 und 9 zu § 5 HGB).

Durch die ex-lege-Umwandlung der W. KG in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts tritt automatisch auch ein Wechsel der Vermögenszuständigkeit ein (vgl. Schwimann/Jabornegg, ABGB IV/2, § 1183 Rz. 9; Strasser in Rummel2, Rz. 5 zu § 1183). Während das Vermögen der W. KG im Gesamthandeigentum der Gesellschafter stand (vgl. Kastner/Doralt/Nowotny, aaO. 83; sowie die hg. Erkenntnisse vom , 84/16/0155; vom , 16/0981/80 und vom , 1902/76), geht es durch den Rechtsformwechsel ohne Übertragungsakt in das bloß obligatorisch gebundene Miteigentum der Gesellschafter über (vgl. ecolex 1991, 696 f; Strasser in Rummel, ABGB II2, Rz. 4 zu § 1183). Die Gesellschafter der W. KG werden somit kraft Gesetzes nach Maßgabe ihrer Anteile am Gesellschaftsvermögen Miteigentümer des Grundstückes. Die Eigentümereintragung im Grundbuch ist lediglich in der Weise zu berichtigen, daß anstelle der Firma W. KG die einzelnen Gesellschafter eingetragen werden (vgl. GesRZ 1985, 194 ff; SZ 57/156).

Da die Beschwerdeführer - entgegen ihrer Auffassung - Miteigentümer der Liegenschaft durch die (übertragende) Umwandlung der W. KG in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts wurden, unterliegt dieser Erwerbsvorgang gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 GrEStG 1987 - und nicht, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides fälschlich angenommen hat, gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG - der Grunderwerbsteuer. Die von den Beschwerdeführern in der Folge geschlossene Vereinbarung, in der sie sich gegenseitig Vorkaufsrechte einräumen sowie auf die Zivilteilung verzichten, kommt für die grunderwerbsteuerliche Beurteilung keine Relevanz zu.

2. Nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Die Beschwerdeführer rügen die Anwendung des § 4 Abs. 1 i. V.m. § 5 GrEStG 1987 sowie die Festsetzung des "Entnahmewertes" der Liegenschaft als Gegenleistung. Da § 5 GrEStG 1987 den vorliegenden Erwerbsvorgang nicht erfasse, greife die Bewertung nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 nicht. Die "Entnahme" der Betriebsliegenschaft sei keine Gegenleistung, weil für die Betriebsaufgabe kein Entgelt geleistet worden sei.

Diesen Einwänden ist entgegenzuhalten, daß gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu berechnen ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 89/16/0101). Die Berechnung vom Wert der Gegenleistung wird somit zum Besteuerungsgrundsatz erhoben; die Berechnung vom Wert des Grundstückes ist dagegen - abgesehen von den im Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991, bezeichneten Erwerbsvorgängen - nur in den in § 4 Abs. 2 GrEStG 1987 taxativ aufgezählten Fällen zulässig (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 90/16/0021 und vom , 82/16/0047).

Was als Gegenleistung zu verstehen ist, wird im § 5 GrEStG 1987 nicht erschöpfend aufgezählt (vgl. die

hg. Erkenntnisse vom , 93/16/0056 und vom , 89/16/0101). Der Begriff der Gegenleistung im Sinne des § 4 Abs. 1 GrEStG ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/16/0056). Er umfaßt jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstückes gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 91/16/0037, 0038 und vom , 84/16/0093).

Gegenleistungen für die übertragende Umwandlung, durch die das Vermögen der W. KG kraft Gesetzes auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts übergeht, sind die Übernahme der Schulden sowie der Verzicht auf die Gesellschaftsrechte an dieser Gesellschaft. Diese Leistungen sind im vermögensmäßiger Beziehung als Wertrechte anzusehen (vgl. BFH , II R 28/86, BStBl. II 466 f). Der Ansicht der Beschwerdeführer, die Umwandlung erfolge ohne Gegenleistung, kann daher nicht beigetreten werden.

Die Verfahrensrüge wurde nicht näher ausgeführt; auch bei amtswegiger Prüfung erkannte der Verwaltungsgerichtshof keine das Ergebnis beeinflussenden Verfahrensverstöße. Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der von den Beschwerdeführern beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.