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VwGH vom 21.07.1998, 95/14/0054

VwGH vom 21.07.1998, 95/14/0054

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Dr. Fellner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des TK in St. J, vertreten durch Dr. Klaus Reisch und Dr. Anke Reisch, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11 a, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat I, vom , 70.079-7/95, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1986, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der als Zahnarzt Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezieht, behauptet, die Gewinnermittlungsart von jener nach § 4 Abs 3 EStG 1972 auf jene nach § 4 Abs 1 EStG 1972 zum gewechselt zu haben.

Hinsichtlich der Vorgeschichte wird auf die Ausführungen im aufhebenden hg Erkenntnis vom , 90/14/0173, verwiesen. Offen blieb, ob der Beschwerdeführer einen Wechsel der Gewinnermittlungsart zum tatsächlich vorgenommen hat.

Im fortgesetzen Verfahren hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor, nach einem vom Betriebsprüfer am erstellten Aktenvermerk sei bis dato (seit 1981) keine Änderung in der Art der Aufzeichnung der einzelnen Geschäftsfälle eingetreten (die Einnahmen würden während des Jahres gemäß § 4 Abs 3 EStG 1972 erfaßt), weswegen nach Ansicht der Betriebsprüfung auch zu den Stichtagen und nicht von einem Wechsel der Gewinnermittlungsart auszugehen sei. Sofern gegen diese Feststellung irgendein Einwand erhoben werden sollte, wäre dieser zu konkretisieren, wobei unter einem die gesamte Buchhaltung des Jahres 1986, insbesondere jener Teil zur Einsicht vorzulegen sei, aus dem der Schluß gezogen werden könne, daß tatsächlich ein Wechsel der Gewinnermittlungsart zum vorgenommen worden sei.

Der Beschwerdeführer führte hiezu aus, die Änderung in der Art der Aufzeichnung der einzelnen Geschäftsfälle sei keineswegs Voraussetzung für die Anerkennung des Wechsels der Gewinnermittlungsart. Nach den Bestimmungen des EStG 1972 sei es im Gegensatz zu denen des EStG 1988 für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG 1972 nicht erforderlich, doppelte Bücher zu führen. Dies sei allerdings in seinem Fall bedeutungslos, weil er ohnedies im Jahr 1986 doppelte Bücher geführt habe. Da die siebenjährige Aufbewahrungsfrist in Ansehung des Jahres 1986 bereits abgelaufen sei, sei er nicht in der Lage, alle Unterlagen aus diesem Jahr vorzulegen. Zum Beweis, daß im Jahr 1986 doppelte Bücher geführt worden seien, legte der Beschwerdeführer eine als Hauptabschlußübersicht bezeichnete Saldenliste sowie ein Bündel Kontoblätter vor. Abschließend gab er bekannt, daß aus dem Jahr 1985 keine Unterlagen mehr vorhanden seien.

In der Folge ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer, seine gesamte Buchhaltung des Jahres 1986, insbesondere das Journal, zur Einsicht vorzulegen.

In Beantwortung dieses Schreibens verwies der Beschwerdeführer nochmals auf den Ablauf der siebenjährigen Aufbewahrungsfrist und gab bekannt, es gäbe keine weiteren Unterlagen aus dem Jahr 1986.

In der mündlichen Verhandlung gab der Steuerberater des Beschwerdeführers bekannt, er habe während des Jahres 1986 nur die laufenden Einnahmen und Ausgaben gebucht. Erst im Zug der Bilanzerstellung seien von ihm Bestände sowie Forderungen eingebucht und somit in der Schluß- bzw Eröffnungsbilanz ordnungsgemäß ausgewiesen worden.

Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich sei nur dann vorzunehmen, wenn entweder Buchführungspflicht bestehe oder freiwillig Bücher geführt würden. Ein Steuerpflichtiger, der nicht buchführungspflichtig sei, könne zwar zwischen den Gewinnermittlungsarten nach § 4 Abs 1 EStG 1972 und § 4 Abs 3 EStG 1972 insofern wählen, als er Bücher führe oder dies unterlasse. Habe der nicht buchführungspflichtige Steuerpflichtige keine Eröffnungsbilanz erstellt und keine den Stand des Vermögens bereits während des Wirtschaftsjahres darstellende Buchführung eingerichtet, sondern im wesentlichen nur die Betriebseinnahmen und die Betriebsausgaben aufgezeichnet, dann habe der Steuerpflichtige - auf Grund der von ihm gewählten Gestaltung - sein Wahlrecht iSd Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG 1972 ausgeübt. Das spätere Verlangen, der Besteuerung einen nach § 4 Abs 1 EStG 1972 zu ermittelnden Gewinn zugrunde zu legen, stelle eine unzulässige nachträgliche Änderung der Gewinnermittlungsart dar (vgl das hg Erkenntnis vom , 90/14/0171). Da unbestritten sei, daß der Beschwerdeführer keine laufende Bestandsverrechnung vorgenommen habe, vielmehr nur die laufenden Einnahmen und Ausgaben aufgezeichnet worden seien, könne keine Rede davon sein, er habe das System der Erfassung und Aufzeichnung seiner Geschäftsfälle bereits zum auf eine Art und Weise umgestellt, daß von einer Änderung der Gewinnermittlungsart und somit einem Übergang auf den Betriebsvermögensvergleich die Rede sein könne.

Gegen diesen Beschweid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs 1 erster Satz EStG 1972 ist der Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.

Nach § 4 Abs 3 erster Satz EStG 1972 kann als Gewinn der Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung besteht und Bücher auch nicht freiwillig geführt werden.

Unstrittig ist, daß der Beschwerdeführer als Zahnarzt Einkünfte aus selbständiger Arbeit bezieht und nicht buchführungspflichtig ist. Strittig ist hingegen, ob der Beschwerdeführer ab dem Jahr 1986 freiwillig Bücher geführt hat, weswegen er zum einen Wechsel der Gewinnermittlungsart vorgenommen hat.

Der Beschwerdeführer behauptet, er habe im Streitjahr die notwendigen Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG 1972 erfüllt. Unzutreffend sei, daß die Geschäftsfälle nicht laufend aufgezeichnet worden seien und nicht stets ein Überblick über den Stand des Vermögens gegeben gewesen sei.

Diese Behauptung widerspricht sowohl den Feststellungen des Prüfers als auch den Ausführungen des Steuerberaters des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Auch aus den vom Beschwerdeführer im Zug des Berufungsverfahrens vorgelegten Unterlagen (eine als Hauptabschlußübersicht bezeichnete Saldenliste sowie ein Bündel Kontoblätter) ergibt sich keineswegs, daß er den Gewinn im Streitjahr iSd § 4 Abs 1 EStG 1972 ermittelt hat. Vielmehr hat der Beschwerdeführer seine Geschäftsfälle im Lauf des Streitjahres nach den Bestimmungen des § 4 Abs 3 EStG 1972 aufgezeichnet und erst im nachhinein sowohl eine Eröffnungs- als auch eine Schlußbilanz erstellt. Bei dieser Vorgangsweise kann von einer Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs 1 EStG 1972 und damit der Ermittlung eines Übergangsgewinnes zum keine Rede sein. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, genügen bloße Bestandsübersichten zum Schluß eines Wirtschaftsjahres nicht, um der Besteuerung einen gemäß § 4 Abs 1 EStG 1972 ermittelten Gewinn zugrunde zu legen (vgl das bereits von der belangten Behörde zitierte hg Erkenntnis vom , 90/14/0171). Alle Geschäftsfälle sind bereits im Zeitpunkt des Entstehens unter Beachtung der zitierten gesetzlichen Kriterien laufend auf Bestandskonten zu erfassen (vgl das hg Erkenntnis vom , 91/14/0256). Die nachträgliche Erfassung der Bestände, Forderungen und Außenstände zum Bilanzstichtag erfüllt nicht die Voraussetzung für eine laufende Buchführung nach § 4 Abs 1 EStG 1972 (vgl nochmals das hg Erkenntnis vom , 90/14/0171).

Weiters führt der Beschwerdeführer aus, wenn von vornherein schon solche Aufzeichnungen geführt würden, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG 1972 erlaubten, der Gewinn aber nach § 4 Abs 3 EStG 1972 ermittelt werde, dann müßten bei einem Wechsel der Gewinnermittlungsart weder die Aufzeichnungen noch die Buchhaltung umgestellt werden.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Wie bereits die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat, trifft der Steuerpflichtige mit der Einrichtung oder Nichteinrichtung einer entsprechenden Buchführung die Wahl, ob er den Gewinn nach § 4 Abs 1 EStG 1972 oder nach § 4 Abs 3 EStG 1972 ermitteln will (vgl das hg Erkenntnis vom , 92/13/0268). Wie bereits dargetan, hat der Beschwerdeführer den Gewinn des Streitjahres nicht iSd § 4 Abs 1 EStG 1972 ermittelt, weswegen von einem Übergangsgewinn zum keine Rede sein kann.

In Ausführung der Verfahrensrüge bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe durch ihre pauschale und unkonkrete Beurteilung des Sachverhaltes die Grundsätze eines ordentlichen Verfahrens verletzt. Die belangte Behörde hätte auf die Unterlagen im einzelnen einzugehen und nachvollziehbar darzulegen gehabt, aus welchen Gründen diese Unterlagen für oder gegen die vorgenommene Gewinnermittlungsart sprächen.

Mit diesen allgemein gehaltenen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, in welchem Punkt der festgestellte Sachverhalt von der belangten Behörde aktenwidrig angenommen worden sein soll, noch welche Ermittlungen vermißt werden oder welche der von der belangten Behörde angestellten Überlegungen unschlüssig wären, wodurch ein im Spruch anders lautender Bescheid hätte ergehen können. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht strittig war (vgl nochmals die Ausführungen des Steuerberaters des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung), liegt die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vor.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.