VwGH vom 30.11.1999, 95/14/0046
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
95/14/0047
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des O D in S, vertreten durch Dr. Peter S. Borowan und Dr. Erich Roppatsch, Rechtsanwälte in 9800 Spittal an der Drau, Tiroler Straße 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat) vom , GZ. E 118-4/94, in der Fassung vom , GZ. B 118/1-4/94, betreffend Gewerbesteuer 1990 und 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 13.010 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt eine Kfz-Werkstätte. Im Jahr 1990 erhielt er von einem seiner Lieferanten (Firma C.) ein Darlehen in Höhe von 2,5 Mio. S, das in 84 gleich bleibenden Monatsraten zu tilgen war. Als Gegenleistung verpflichtete sich der Beschwerdeführer zu einer Mindestabnahme bestimmter, von der Firma C. vertriebener Produkte (insbesondere Schmier-, Motor- und Getriebeöle). Weiters durfte der Beschwerdeführer keine Konkurrenzprodukte zukaufen, während er die Produkte der Firma C. entsprechend werbewirksam anzubieten hatte. Das Darlehen war mit 9 % p.a. kontokorrentmäßig zu verzinsen, jedoch sollten die Zinsen nur im prozentuellen Ausmaß der Mindererfüllung der Abnahmeverpflichtung zur Verrechnung gelangen. Auch für den Fall der vorzeitigen Darlehenstilgung blieb der Beschwerdeführer zum Bezug der Mindestabnahme gehalten.
Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, dass der Beschwerdeführer in den Streitjahren seiner Abnahmeverpflichtung nachgekommen ist und deshalb keine Zinsen zu entrichten waren. Nach Ansicht der belangten Behörde sind die vereinbarten Zinsen dennoch dem Gewinn aus Gewerbebetrieb gemäß § 7 Z. 1 GewStG hinzuzurechnen. Der Beschwerdeführer sei insoweit mit den Zinsen belastet worden, als er durch die Erfüllung der Abnahmeverpflichtung daran gehindert worden wäre, beim Kauf der Produkte günstigere Konditionen auszuhandeln. Ungeachtet gegenteiliger Behauptungen sei zwingend a priori anzunehmen, dass die Firma C. den Kredit nicht langfristig ertraglos vergebe, sondern den Kunden durch ungünstigere Konditionen im Ergebnis doch mit Zinsen belaste. Die auf diese Weise eingetretenen finanziellen Belastungen seien nach den Bestimmungen des Darlehensvertrages für das Jahr 1990 mit S 105.310,-- und für das Jahr 1991 mit S 126.367,-- zu ermitteln.
Dagegen wendet sich die Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 GewStG werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb bestimmte Beträge, die bei Ermittlung des Gewinnes abgesetzt wurden, wieder hinzugerechnet. Nach der im Beschwerdefall relevanten Z. 1 u.a. Zinsen sowie nominelle Mehrbeträge auf Grund einer Wertsicherung für
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Dauerschulden, worunter Schulden zu verstehen sind, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen.
Der belangten Behörde ist zunächst insofern zuzustimmen, als für die Frage, ob hinzuzurechnende Zinsen vorliegen, nicht die Bezeichnung, sondern der sachliche Inhalt der Leistung entscheidend ist. Als Zinsen sind diejenigen Leistungen des Schuldners an den Gläubiger anzusetzen, die das Entgelt für die Nutzung des Darlehens darstellen (vgl. Philipp, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, Tz 7, Z. 29). Zu denken ist in diesem Zusammenhang etwa an Sondervergütungen, die neben den Zinsen vereinbart werden. Auch können Zinsen durchaus im Verrechnungswege mit sonst zustehenden Kaufpreisminderungen (Rabatte, Skonti, Bonifikationen) dem Schuldner - offen oder verdeckt - angelastet werden. Einen derartigen Sachverhalt hat die belangte Behörde indes nicht festgestellt. Schon im Verwaltungsverfahren wurde ihr ein Schreiben der Firma C. vorgelegt. Demnach gebe es (nur) eine Wiederverkäufer-Preisliste. Diese gelte für alle Kunden, gleichgültig ob diesen ein Darlehen gewährt worden sei oder nicht. Die Firma C. schließe seit vielen Jahrzehnten mit österreichischen Kfz-Werkstätten derartige Abkommen. Mit diesen langfristigen Bindungen des Wiederverkäufers an die Firma C. werde versucht, die Sicherheit des österreichischen Autofahrers zu gewährleisten, da durch die gleiche Verwendung derselben Ölmarke eine optimale Qualität der Motorleistung gegeben sei. Die belangte Behörde stellt diese Ausführungen zur Preisgestaltung gar nicht in Abrede, meint aber, a priori sei anzunehmen, dass ein Lieferant kein zinsenloses Darlehen gewähre, sondern die vereinbarten Zinsen im Wege seiner Preisgestaltung den Kunden anlaste. Würde der Lieferant von vornherein zu den günstigsten Konditionen anbieten, so ergäbe sich schon daraus die gewünschte Kundenbindung.
Diese Überlegungen mögen betriebswirtschaftlich zutreffen. Den angefochtenen Bescheid tragen sie nicht. Für die im Beschwerdefall zu lösende Frage ist ausschließlich von Bedeutung, ob der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Schuldner des Lieferanten bestimmt zu beziffernde, ungünstigere Konditionen in Kauf nehmen musste. In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof zu den insoweit vergleichbaren Getränkelieferungsabkommen ausdrücklich darauf abgestellt, ob der zur Getränkeabnahme Verpflichtete während der Laufzeit des Vertrags von den sonst üblichen Rabatten ausgeschlossen ist (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom , 90/14/0172). Nur dieser - allenfalls im Schätzungswege zu ermittelnde - Teilbetrag verliert seine Eigenschaft als Wareneinsatz und steht mit der Darlehensgewährung in Zusammenhang. Ohne diesen konkreten Veranlassungszusammenhang ist aber davon auszugehen, dass keine Zinsen - auch nicht in verdeckter Form eines Wareneinsatzes - bei der Gewinnermittlung abgezogen wurden. Mögliche wirtschaftliche Nachteile infolge der Bindung an einen bestimmten Lieferanten sind somit nicht Gegenstand einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am
Fundstelle(n):
HAAAE-39779