VwGH vom 19.09.1995, 95/14/0039
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des S in P, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , Zl. B 66-4/92, betreffend Gewerbesteuer 1987 und 1988 und Vorauszahlungen an Gewerbesteuer für 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Gewerbesteuer 1988 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 12.920 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Gewerbebetrieb des Beschwerdeführers, für den der Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt wird, umfaßt ua die Errichtung von und den Handel mit Appartements. Für das Appartementprojekt C erwarb der Beschwerdeführer im Jahr 1983 ein Objekt, um es nach Durchführung von Baumaßnahmen in Form von Eigentumswohnungen abzuverkaufen. Die mit Bauarbeiten an diesem Projekt beauftragte S-GmbH stellte ihm im Jahr 1985 für ihre Arbeiten einen Betrag von ca. 9,5 Mio. S in Rechnung. Der Beschwerdeführer beglich diese Forderung erst in den Jahren 1987 bis 1990 durch Teilzahlungen.
Im Zuge einer Buch- und Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, daß die S-GmbH dem Beschwerdeführer im Jahr 1988 für die ausstehende Werkvertragsforderung Zinsen in Höhe von ca. 2,9 Mio. S (incl. 20% USt) verrechnet habe. Diese wegen der verspäteten Zahlung verrechneten Zinsen seien im Jahr 1988 als Betriebsausgaben geltend gemacht worden. Sie müßten bei Ermittlung des Gewerbeertrages gemäß § 7 Z. 1 GewStG hinzugerechnet werden.
Der Beschwerdeführer erhob gegen die Bescheide betreffend Gewerbesteuer 1987 und 1988, mit denen verschiedenen Feststellungen des Prüfers entsprochen worden war, Berufung. Im Jahr 1983 sei die Liegenschaft für das Appartementprojekt C gekauft worden, die Umbau- und Adaptierungsarbeiten seien in den Jahren 1983 bis 1988 erfolgt. 1984 sei plangemäß mit dem Abverkauf von Wohnungseinheiten begonnen worden. Zur Sicherung der Projektfinanzierung habe der Beschwerdeführer mit der H-Bank die Vereinbarung getroffen, daß Rechtsanwalt M als Treuhänder die Kaufpreiserlöse einziehe und gemeinsam mit dem Beschwerdeführer über die Gelder verfüge. Die Kaufpreise seien primär zur Abdeckung der Projektbauleistungen und der Projektzwischenfinanzierung zu verwenden gewesen. Erst ein nach Abdeckung aller Projektverbindlichkeiten verbleibender Betrag sollte dem Beschwerdeführer als Projektgewinn zufließen. Die aus dem Ankauf der Liegenschaft sowie die aus dem Umbau und der Adaptierung der Baulichkeit erwachsenden Verbindlichkeiten sowie die zur Projektzwischenfinanzierung aufgenommenen Bankschulden stünden in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Umsatzgeschäft (Veräußerung von Wohnungseinheiten). Die S-GmbH sei bei diesem Projekt nur eine von mehreren bauausführenden Unternehmern gewesen. Ein rascher Abverkauf der Wohnungen wäre zwar im Interesse des Beschwerdeführers gelegen gewesen, habe aber aufgrund der Marktlage nicht erreicht werden können. Durch den schleppenden Abverkauf der Wohnungen sei es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen, die mit der S-GmbH vereinbarte übliche Zahlungsfrist einzuhalten. Deshalb sei es zur Vorschreibung der Verzugszinsen gekommen. Wegen des engen wirtschaftlichen Zusammenhanges zwischen der Schuld und dem Umsatzgeschäft dürften aber keine Dauerschuldzinsen iSd § 7 Z. 1 GewStG angenommen werden. Zudem stellten Verzugszinsen keine Zinsen iSd bürgerlichen Rechts, sondern Schadenersatzleistungen dar. Der Beschwerdeführer begehre daher, hinsichtlich Gewerbesteuer 1988 die aufgrund der Prüfungsfeststellungen vorgenommene Hinzurechnung der Zinsen (nach § 7 Z. 1 GewStG) für die Forderung der S-GmbH zu stornieren. Er begehre weiters, für die Jahre 1987 und 1988 die von ihm selber in den Gewerbesteuererkärungen als Dauerschuldzinsen nach § 7 Z. 1 GewStG hinzugerechneten Zinsen aus dem Kredit der H-Bank, welcher der Finanzierung des Projektes C gedient habe, nicht mehr als Hinzurechnungspositionen zu behandeln.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Schuld gegenüber der S-GmbH habe das Betriebskapital nicht nur vorübergehend verstärkt, weil sie über eine Zeitspanne von weit mehr als einem Jahr bestanden habe. Daß ein Schuldverhältnis bezwecke, den für einen Geschäftsfall bestehenden Geldbedarf zu decken, werde in einem engen Zusammenhang zwischen dem Schuldverhältnis und dem Geschäftsfall zum Ausdruck kommen. Dieser Zusammenhang müsse von den am Schuldverhältnis Beteiligten vertraglich begründet und bei der Abwicklung des Geschäfts tatsächlich gewahrt werden. Im vorliegenden Fall sei das Bestehen der Schuld über ihren Fälligkeitszeitpunkt hinaus nicht vereinbart gewesen; der erforderliche Zusammenhang sei somit nicht hergestellt worden. Daß der vom Beschwerdeführer erstmals im Jahr 1992 im Berufungsverfahren behauptete Zusammenhang zwischen dem Kredit der H-Bank und dem gegenständlichen Projekt tatsächlich bestehe, sei von ihm trotz behördlicher Aufforderung nicht dargelegt worden und könne von der belangten Behörde nicht erkannt werden.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Z. 1 GewStG werden Zinsen und nominelle Mehrbeträge auf Grund einer Wertsicherung für Gründungsschulden sowie für Dauerschulden - das sind Schulden, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen - dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinnes abgesetzt worden sind.
Nicht zu den Dauerschulden zählen Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs (vgl. hg. Erkenntnis vom , 85/14/0003). Verbindlichkeiten, die dadurch entstehen, daß der Lieferant einer Ware eine Kaufpreisstundung gewährt - gleiches gilt für von Dritten erbrachte Leistungen am Umlaufvermögen -, sind Bestandteil der laufenden, im gewöhnlichen Geschäftsgang stets anfallenden Geschäftsvorfälle. Sie stellen keine Dauerschulden dar, wenn sie in der nach Art des Geschäftsvorfalles üblichen Zeit abgewickelt werden, wobei bei Bauunternehmern und bei Unternehmern, deren Geschäftsbetrieb Erwerb, Bebauung und Veräußerung von Grundstücken beinhalte, auch eine Laufzeit von mehreren Jahren üblich sein kann (vgl. Glanegger/Güroff, GewStG2, § 8 Nr. 1 Rn 24; hg. Erkenntnis vom , 2516/80).
Voraussetzung für die Einordnung derartiger Verbindlichkeiten als laufende Geschäftsschuld ist der enge wirtschaftlich Zusammenhang der Verbindlichkeit mit dem laufenden Geschäftsvorfall. Bei dauernder derartiger Geschäftsbeziehung mit einem bestimmten Lieferanten muß der Zusammenhang zwischen den einzelnen Schulden und den bestimmten Warengeschäften eindeutig nachgewiesen werden (vgl. Philipp, Kommentar zum GewStG, Tz 7-74). Werden aber die Warengeschäfte in der Form abgewickelt, daß bei jedem mit einem bestimmten Wareneinkauf gewährten Kredit des Lieferanten bis zur Tilgung der Zusammenhang zwischen dem Kredit und dem einzelnen Warengeschäft gewahrt bleibt und durch entsprechende Aufzeichnungen nachgewiesen werden kann, so ist dieser enge wirtschaftliche Zusammenhang gegeben.
Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , 2516/80, aus, der enge wirtschaftliche Zusammenhang mit einem Umsatzgeschäft sei nur dann anzuerkennen, wenn er "vertraglich begründet" sei; im gegenständlichen Fall liege für die Schuld gegenüber der S-GmbH eine entsprechende Vereinbarung nicht vor. Sie übersieht dabei, daß der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis BANKKREDITEN zwecks Finanzierung von Warengeschäften (trotz längerer Laufzeit) die Eigenschaft als laufende Schuld (im Gegensatz zur Dauerschuld) zuerkannt hat, für diesen Fall aber verlangt hat, daß der enge wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Kredit und Warengeschäft durch die Beteiligten ua vertraglich begründet wird. Bei SCHULDEN GEGENÜBER DEM LIEFERANTEN aus dem Grundgeschäft bedarf es indes einer derartigen vertraglichen Vereinbarung nicht, um den Zusammenhang zum Grundgeschäft herzustellen bzw. nachzuweisen.
Die finanzielle Abwicklung des Bauprojektes erfolgte im gegenständlichen Fall nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers durch Einschaltung eines Treuhänders. Die eingegangenen Erlöse aus dem Verkauf von Wohnungen wurden für die Abdeckung der Schulden gegenüber den Baufirmen und für die Abdeckung der den Bau betreffenden Bankdarlehen verwendet. Im Verwaltungsakt befindet sich ein Schreiben des als Treuhänders fungierenden Rechtsanwaltes, der diese Finanzierungsabwicklung im wesentlichen bestätigt. Die belangte Behörde hat keine Feststellung getroffen, daß die Finanzierung nicht tatsächlich in dieser vom Beschwerdeführer dargestellten Weise abgewickelt worden wäre. Wenn die belangte Behörde bei dieser Sachlage die Verbindlichkeit gegenüber der S-GmbH als Dauerschuld qualifizierte, hat sie die Rechtslage verkannt und damit den Bescheid betreffend Gewerbesteuer 1988 mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Sollte der Beschwerdeführer die Zinsen - sie entfallen nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid auf den Zeitraum von September 1985 bis Jänner 1989 - nur zum Teil zu Recht im Jahr 1988 gewinnmindernd geltend gemacht haben, trifft dies jedenfalls hinsichtlich dieses Teiles der Zinsen zu.
Bei Bankkrediten ist nach der hg. Rechtsprechung (vgl. hg. Erkenntnis , 557/76) der enge wirtschaftliche Zusammenhang mit dem Warengeschäft vertraglich zu begründen und bei der Abwicklung tatsächlich zu wahren. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Fall den Bankkredit in seinen Gewerbesteuererklärungen als Dauerschuld behandelt, im Berufungsverfahren aber das Berufungsbegehren dahingehend ausgedehnt, daß auch diese Bankzinsen nicht nach § 7 Z. 1 GewStG hinzugerechnet werden sollten. Das Finanzamt forderte den Beschwerdeführer mit Vorhalt vom auf, entsprechende Unterlagen zum Nachweis dieses wirtschaftlichen Zusammenhanges zwischen Kredit und Projekt C vorzulegen. Der Beschwerdeführer ersuchte mit Schreiben vom 1. Juli und vom um Erstreckung der Frist zur Beantwortung dieses Vorhaltes, zuletzt bis zum . Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aufgrund des Umstandes, daß der Beschwerdeführer den Vorhalt nicht beantwortete, davon ausging, daß er einen entsprechenden Zusammenhang nicht dargetan habe, so kann darin eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht erblickt werden. Die belangte Behörde war nicht verpflichtet, dem Auftrag auf Vorlage von Unterlagen "Nachdruck zu verleihen", wie dies der Beschwerdeführer meint. Daran ändert auch nichts, daß die Beantwortung des Vorhaltes "lediglich in Vergessenheit" geraten sei. Auch der Hinweis auf die amtswegige Ermittlungspflicht vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen: Bei der Frage nach einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Bankkredit und Umsatzgeschäft steht der Beschwerdeführer der Beweisführung wesentlich näher als die Abgabenbehörde, sodaß er im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht die entsprechenden Nachweise hätte erbringen müssen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 1559). Mangels eines Nachweises des engen wirtschaftlichen Zusammenhanges kann es aber nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die Bankschuld aufgrund ihrer Laufzeit als Dauerschuld qualifizierte.
Hinsichtlich Vorauszahlungen an Gewerbesteuer für 1992 enthält die Beschwerde keine Ausführungen; es ist dem Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar, daß die Vorschreibung nicht dem § 22 GewStG entsprechen würde.
Der Bescheid war sohin, soweit er Gewerbesteuer 1988 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, im übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994. Der Ersatz der Beilagengebühr konnte nur für eine Abschrift des angefochtenen Bescheides zugesprochen werden.