VwGH vom 23.03.1998, 97/17/0126
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
97/17/0127 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der Stadt Wien, vertreten durch Dr. Wilhelm Noverka und Dr. E. Stanek-Noverka, Rechtsanwälte in Wien XVII, Hernalser Hauptstraße 116, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom , Zl. MD-VfR - S 63 - 87/95, betreffend Abwassergebühr und Umweltabgabe auf Abwasser, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Antrag der belangten Behörde auf Zuspruch der Verfahrenskosten wird abgewiesen.
Begründung
Die Stadt Wien, vertreten durch die Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft "Gartensiedlung" registrierte Genossenschaft m.b.H. (Verwalter), beantragte mit einer Eingabe vom für bestimmte Adressen und Wasserzähler der "Siedlung Flötzersteig" für Reihenhäuser, die einen einzigen Wasserzähler für mehr als zwei Wohnungen je Reihenhaus aufweisen, die Festsetzung eines Pauschalbetrages nach § 13 Abs. 2 des Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetzes 1978 (KKG) und § 10 Abs. 2 des Umweltabgabengesetzes (UAG).
Mit Bescheiden vom wurde dieser Antrag auf Gewährung eines pauschalen Abzuges von der Abwassergebühr und der Umweltabgabe auf Abwasser aus Anlaß der Bewässerung von Grünflächen abgewiesen. Dies mit der Begründung, es lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für den pauschalen Abzug von der Abwassergebühr bzw. der Umweltabgabe auf Abwasser nicht vor, weil Baulichkeiten mit jeweils mehr als zwei Wohnungen durch ein und denselben Wasseranschluß versorgt würden.
In den gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen brachte die Beschwerdeführerin vor, der Gesetzgeber habe die Ausnahmebestimmung in all jenen Fällen angewendet wissen wollen, in welchen auf Grund der natürlichen Gegebenheiten - nämlich vornehmlich wegen Bewässerung von Grünanlagen - für bestimmte Wassermengen kein Aufwand für die Abwasserentsorgung eintrete. Die Behörde hätte an Ort und Stelle festzustellen gehabt, ob in den beantragten Fällen ausschließlich Kleingärten bzw. Reihenhäuser oder Häuser mit nicht mehr als zwei Wohnungen mit Wasser versorgt würden. Bei richtiger Feststellung des Sachverhaltes hätte sie erkennen und bestätigen müssen, daß fast nur Einzelhäuser bzw. Reihenhäuser mit Wohnflächen zwischen 49 bis maximal 72 m2 mit Wasser versorgt würden. Des weiteren hätte die belangte Behörde auch feststellen müssen, daß zu den einzelnen Reihenhäusern Gartenflächen zwischen 115 bis 260 m2 gehörten, die als Grünflächen mit einem erheblichen Teil des bezogenen Wassers bewässert würden. Es liege daher eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor. Der Behörde sei auch ein gravierender Rechtsirrtum unterlaufen, weil die Anwendung der zitierten Gesetzesstellen davon abhängig gemacht worden sei, wie viele Einzelbestandsobjekte an einen Wassermesser angeschlossen seien. Es könne nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, die Herabsetzung der Abwassergebühr davon abhängig zu machen, wie viele Einzelbestandsobjekte an einen Wasserzähler angeschlossen seien. Reihenhäuser seien nach einer klaren Bestimmung Bestandsobjekte, die im Gegensatz zu größeren Wohnhäusern als Einzelobjekte nebeneinander gebaut würden. Die belangte Behörde hätte daher auf Grund der Gegebenheiten davon ausgehen müssen, daß es rechtlich völlig irrelevant sei, wie viele Reihenhäuser an einen Wassermesser angeschlossen seien. Sie hätte nur festzustellen gehabt, ob es sich um Reihenhäuser gehandelt habe, bei welchen sich auch entsprechende Grünanlagen befänden, um dann die vom Gesetzgeber vorgesehene Herabsetzung der Abwassergebühren und Umweltabgaben zu bewilligen.
Mit Berufungsvorentscheidungen vom wurden diese Berufungen als unbegründet abgewiesen. Nach den Bestimmungen des § 13 Abs. 2 KKG und § 10 Abs. 2 UAG seien für Baulichkeiten mit nicht mehr als zwei Wohnungen, insbesondere Kleinhäuser, Reihenhäuser und Sommerhäuser im Sinne des § 116 der Bauordnung für Wien (BO), der Abzug eines durch Verordnung des Gemeinderates bzw. der Landesregierung festgesetzten Pauschalbetrages von der festgestellten Abwassermenge für die Gebühren- und Abgabenberechnung für das Abwasser ab dem der Antragstellung folgenden Kalenderjahr vorgesehen. Die abweislichen Entscheidungen der ersten Instanz seien damit begründet worden, daß über die Wasseranschlüsse nach den Unterlagen der "Baupolizei" (Magistratsabteilung 37 Außenstelle für den 13. und 14. Bezirk) ausschließlich Baulichkeiten versorgt würden, die jeweils mehr als zwei Wohnungen hätten.
In der Folge wurden in den Bescheidbegründungen - durch Anführung der Adresse und Anzahl der Wohnungen - die Häuser bzw. Reihenhäuser genau bezeichnet.
Nach § 116 BO werde nicht jede einzelne Wohnung, sondern das gesamte Gebäude als Reihenhaus qualifiziert. Die innerhalb der Reihenhäuser bestehende Trennung der Wohnungen durch Brandmauern mache die einzelnen Wohnungen nicht zu eigenständigen Baulichkeiten. Grundlage der von der ersten Instanz getroffenen abweislichen Entscheidung sei entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auslegung nicht, daß insgesamt mehr als zwei Bestandsobjekte über einen Wasseranschluß versorgt würden, sondern daß sich jeweils mehr als zwei Bestandsobjekte im einzelnen Gebäude befänden. Der Umstand, daß mehrere Baulichkeiten (und nicht Wohnungen) über einen Wasseranschluß versorgt würden, stehe der Gewährung des Pauschalabzugs nicht entgegen, wenn und insoweit Baulichkeiten mit nicht mehr als zwei Wohnungen angeschlossen worden seien. Da es sich bei den Vorschriften um Pauschalregelungen handle, könne es nicht darauf ankommen, wie groß die durch den jeweiligen Wasseranschluß versorgten Grünflächen und welche Wassermengen zu deren Bewässerung tatsächlich erforderlich seien. Dem Ziel, den das öffentliche Kanalnetz nicht belastenden Teil der bezogenen Wassermenge aus den Bemessungsgrundlagen der Abgaben auszuscheiden, dienten § 13 Abs. 1 KKG und § 10 Abs. 1 UAG.
Die Beschwerdeführerin stellte unter Hinweis auf die Berufungsbegründungen Anträge auf Entscheidungen über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, der gesetzlichen Definition des § 116 BO sei zu entnehmen, daß die Bauordnung für Wien nicht jede einzelne Wohnung, sondern das gesamte Gebäude als Reihenhaus qualifiziere. Daß im allgemeinen Sprachgebrauch bisweilen auch die einzelnen Wohnungen eines solchen Gebäudes als "Reihenhäuser" bezeichnet würden, sei rechtlich unbeachtlich. Nach der unbestrittenen Aktenlage handle es sich daher um Gebäude, welche jeweils mehr als vier (richtig wohl: zwei) Wohnungen enthielten. Diesen Feststellungen in den Berufungsvorentscheidungen sei die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten. Da die Regelung des § 13 Abs. 2 KKG bzw. des § 10 Abs. 2 UAG eine pauschale Ermäßigung nur für Baulichkeiten mit nicht mehr als zwei Wohnungen vorsehe, seien die Berufungen abzuweisen gewesen.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom , B 856/96-3 und B 1546/96-3, die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof wird sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Anwendung der Pauschalierungsregelung nach § 13 Abs. 2 KKG und § 10 Abs. 2 UAG verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 13 Abs. 2 des Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetzes 1978 (KKG), LGBl. für Wien Nr. 2/1978 i. d.F. LGBl. Nr. 16/1994 lautet:
"(2) Für Kleingärten sowie für Baulichkeiten mit nicht mehr als zwei Wohnungen, insbesondere Kleinhäuser, Reihenhäuser und Sommerhäuser im Sinne des § 116 der Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, i.d.F. des Gesetzes LGBl. für Wien Nr. 48/1992, kann, wenn die Nutzfläche der einzelnen Wohnungen 150 m2 nicht übersteigt, mit Beschluß des Gemeinderates für zur Bewässerung von Grünflächen verwendete Wassermengen ein Pauschalbetrag festgesetzt werden, um den die gemäß § 12 Abs. 1, 2 und 4 festgestellte Abwassermenge für die Ermittlung der Abwassergebühr vermindert wird. Der pauschale Abzug dieser Wassermengen erfolgt über Antrag für die der Antragstellung folgenden Kalenderjahre. Das Wegfallen der Voraussetzungen für den pauschalen Abzug ist dem Magistrat unverzüglich mitzuteilen."
Die mit Beschluß des Gemeinderates vom erlassene Kanalgebührenordnung 1988, Abl. der Stadt Wien Nr. 51/1987 idF der Verordnung, Abl. der Stadt Wien Nr. 52/1993, hat auszugsweise folgenden Inhalt:
"§ 2. (1) Der Pauschalbetrag gemäß § 13 Abs. 2 des Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetzes 1978, LGBl für Wien Nr. 2/1978, in der Fassung des Gesetzes LGBl. für Wien Nr. 73/1990, wird für
1. Baulichkeiten mit nicht mehr als zwei Wohnungen, wenn die Nutzfläche der einzelnen Wohnungen 150 Quadratmeter nicht übersteigt, mit 200 Liter je Tag,
... festgesetzt.
(2) Von der festgestellten Abwassermenge ist der Pauschalbetrag gemäß Abs. 1 Z. 1 nur insoweit in Abzug zu bringen, als dadurch eine tägliche Abwassermenge von 270 Litern je Baulichkeit mit nicht mehr als zwei Wohnungen nicht unterschritten wird."
§ 10 Abs. 2 des Umweltabgabengesetzes, LGBl. für Wien Nr. 43/1989 i.d.F. LGBl. 16/1994, ist bis auf folgende Wortfolge wortgleich der vorangeführten Bestimmung des KKG. Anstelle der Wortfolge "um den die gemäß § 12 Abs. 1, 2 und 4 festgestellte Abwassermenge für die Ermittlung der Abwassergebühr vermindert wird", heißt es im UAG: "um den die gemäß § 9 Abs. 2, 3 und 5 festgestellte Abwassermenge für die Ermittlung der Abgabe vermindert wird."
Der Pauschalbetrag nach § 13 Abs. 2 KKG und § 10 Abs. 2 UAG kann somit nur für Kleingärten und für Baulichkeiten mit nicht mehr als zwei Wohnungen festgesetzt werden. In der demonstrativen Aufzählung der Baulichkeiten in diesen Bestimmungen sind auch "Reihenhäuser" angeführt. Für ein Reihenhaus besteht allerdings die in Rede stehende Pauschalierungsmöglichkeit auch nur dann, wenn die Baulichkeit nicht mehr als zwei Wohnungen aufweist.
Strittig ist zunächst der im § 116 BO definierte Begriff "Reihenhaus". Gemäß § 116 BO - also der in § 13 Abs. 2 KKG verwiesenen Vorschrift - sind Reihenhäuser Wohnhäuser mit einer Gebäudehöhe von höchstens 7,50 m, wenn die einzelnen Wohnungen nicht übereinander angeordnet, voneinander durch bis in den Keller reichende Brandmauern getrennt sind, jede einen unmittelbaren Ausgang ins Freie hat und für Betriebs- oder Geschäftszwecke höchstens ein Geschoß eines solchen Brandabschnittes in Anspruch genommen wird.
Nach dieser Vorschrift ist somit ein Reihenhaus ein Wohnhaus mit einzelnen bestimmt angeordneten Wohnungen. Nicht die einzelne Wohnung, sondern das gesamte, alle Wohnungen umfassende Wohnhaus ist - insofern verkannte die Beschwerdeführerin die Rechtslage - das Reihenhaus.
Für die Entscheidung des Beschwerdefalles kann dahinstehen, ob als Baulichkeit (mit nicht mehr als zwei Wohnungen) iSd § 13 Abs. 2 KKG das "Reihenhaus" iSd verwiesenen Definition des § 116 BO anzusehen ist, oder - um eine allenfalls nicht sachgerechte Ungleichbehandlung im Vergleich zu in geschlossener oder gekuppelter Bauweise errichteten Häusern (mit nicht mehr als zwei Wohnungen) zu vermeiden - die einzelne Wohnung im Reihenhaus.
Folgt man der erstgenannten Auslegung, so durfte die belangte Behörde schon deshalb mit Recht davon ausgehen, daß es sich bei den im Antrag vom angeführten Objekten jeweils um Baulichkeiten mit mehr als zwei Wohnungen gehandelt hat und daher die Voraussetzungen für die Anwendung der Pauschalierungsbestimmung des § 13 Abs. 2 KKG und § 10 UAG nicht vorlagen. Folgt man hingegen der zweitgenannten Auslegung, so ist die Pauschalierungsverordnung jedoch aus folgendem Grund unanwendbar: § 2 Abs. 2 der Verordnung setzt voraus, daß durch Wassermessung festgestellt werden kann, ob je Baulichkeit die tägliche Abwassermenge unterschritten wird; wäre iSd zweitgenannten Auslegung die einzelne Wohnung des Reihenhauses die Baulichkeit iSd § 13 Abs. 2 KKG, müßte die Feststellung der Abwassermenge, das ist gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 KKG die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene, nach § 11 Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. für Wien Nr. 10, also grundsätzlich durch von der Stadt Wien beigestellte Wasserzähler ermittelte Wassermenge, je Wohnung des Reihenhauses erfolgen, was hier nicht der Fall ist, besteht doch ein Wasserzähler nur je Reihenhaus, das jeweils mehrere (mehr als zwei) Wohnungen umfaßt. Daß eine Schätzung gemäß § 11 Abs. 1 Wasserversorgungsgesetz 1960 zu erfolgen hätte, ist nicht anzunehmen, hat doch die beschwerdeführende Partei nie behauptet, die Anbringung eines Wasserzählers je Wohnung sei unmöglich.
Die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe es unterlassen, an Ort und Stelle die Beschaffenheit der gegenständlichen "Reihenhäuser" festzustellen, ist nicht begründet, weil es auf die "Beschaffenheit" der Reihenhäuser selbst nicht ankommt.
Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Antrag der belangten Behörde auf Zuspruch von Kosten war abzuweisen. Der erkennende Senat schließt sich der im Erkenntnis vom , Zl. 92/06/0226, vertretenen Auffassung an, daß es gedanklich ausgeschlossen ist, daß ein und derselbe Rechtsträger sich selbst Kosten ersetzen kann:
§ 47 VwGG setzt - wie aus dessen Abs. 5 hervorgeht - zwei verschiedene Rechtsträger der obsiegenden und der unterlegenen Partei voraus, da nur unter dieser Voraussetzung einem solchen Rechtsträger Aufwandersatz "zufließen" kann (§ 47 Abs. 5 letzter Satz VwGG). Ein Kostenersatz, der auf eine bloße Umschichtung innerhalb des Rechenwerks desselben Rechtsträgers (wenn auch zwischen verschiedenen Budgetansätzen) hinausläuft, kann diesem Rechtsträger (hier: der Stadt Wien) nicht "zufließen". Der erkennende Senat ist daher der Auffassung, daß im Falle der Identität des Rechtsträgers, dem der Kostenersatz aufzuerlegen wäre, mit jenem Rechtsträger, dem er zuzusprechen wäre, der Zuspruch von Kostenersatz nicht in Betracht kommt.