VwGH vom 28.02.1995, 95/14/0032
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des S in H, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl 573/1-2/T-1994, betreffend Nachsicht einer mit Strafverfügung rechtskräftig verhängten Geldstrafe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit Strafverfügung vom zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 90.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 35 Tage) verurteilt, da er in den Jahren 1991 und 1992 vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten habe. Da der Strafbetrag im Rahmen gesetzter Exekutionsmaßnahmen nicht einbringlich gemacht werden konnte, wurde dem Beschwerdeführer mit die Aufforderung zum Antritt der festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 175 Abs 2 FinStrG zugestellt. In der Folge stellte der Beschwerdeführer an die belangte Behörde einen Antrag auf gänzliche Nachsicht der verhängten Geldstrafe. In dem über diesen Antrag absprechenden angefochtenen Bescheid ging die belangte Behörde von berücksichtigungswürdigen Umständen im Sinne des § 187 FinStrG aus, wies den Antrag aber im Rahmen des Ermessens, insbesondere aus spezial- und generalpräventiven Gründen ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 187 FinStrG kann bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände über Ansuchen des Bestraften die verhängte Strafe ganz oder teilweise nachgesehen werden. Danach und in Verbindung mit Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen vom , BGBl Nr 290/1958, in der Fassung BGBl Nr 607/1982, können die Finanzlandesdirektionen durch die Finanzstrafbehörden auferlegte Geldstrafen bis zum Gesamtbetrag von S 120.000,-- nachsehen.
Nach dieser Gesetzesstelle hat niemand einen Rechtsanspruch auf die gnadenweise Nachsicht einer Abgabenstrafe, es besteht aber ein Anspruch auf Ermessensübung im Sinne des Gesetzes (Art 130 Abs 2 B-VG).
Die Ausübung des Gnadenrechtes setzt nach der zitierten Gesetzesstelle das Vorliegen von berücksichtigungswürdigen Umständen voraus. Die Feststellung dieser Umstände ist keine Frage des Ermessens, sondern der objektiven Sachverhaltsermittlung. Liegen keine berücksichtigungswürdigen Umstände vor, muß das Gnadengesuch als unbegründet abgewiesen werden. Hat die Behörde berücksichtigungswürdige Umstände festgestellt, ist ihr der Weg zu der nach dem Gesetz in weiterer Folge zu treffenden Ermessensentscheidung eröffnet (vgl das hg Erkenntnis vom , 90/14/0049, mwN).
Aus den Beschwerdeausführungen ergibt sich, daß der Beschwerdeführer die Rechtsverletzung ausschließlich in der Nichtfeststellung aller berücksichtigungswürdigen Gründe, welche erst die Voraussetzung für eine Ermessensentscheidung bilden, sieht.
Im Antrag auf Nachsicht der verhängten Geldstrafe habe der Beschwerdeführer als berücksichtigungswürdigen Grund auch die Krankheit und Pflegebedürftigkeit seines Vaters (nach einem Herzinfarkt) angeführt. Die belangte Behörde hätte (auch) diesen berücksichtigungswürdigen Grund als gegeben feststellen müssen.
Nun ist die belangte Behörde im Beschwerdefall aber ausreichend erkennbar grundsätzlich davon ausgegangen, daß berücksichtigungswürdige Gründe im Sinne des § 187 FinStrG vorliegen. Ausdrücklich hat die belangte Behörde - nach Anführung von in der Beschwerde unbestrittenen Umständen (insbesondere das gleichgültige Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen) - auch ausgesprochen, daß das Ansuchen des Beschwerdeführers daher "auch unter Bedachtnahme auf die behaupteten Sorgepflichten des Beschwerdeführers" aus spezial- und generalpräventiven Gründen abgewiesen werden müsse.
Der Beschwerdeführer rügt daher zu Unrecht eine Rechtswidrigkeit der von der belangten Behörde zu Recht vorweg getroffenen Rechtsentscheidung. Einer ausdrücklichen "Feststellung" und "Auseinandersetzung" mit dem vom Antragsteller behaupteten Sachverhalt in der gebundenen Rechtsentscheidung bedarf es jedenfalls nicht, wenn die Behörde (auch) durch diesen Sachverhalt die Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung als erfüllt ansieht. Die Ermessensentscheidung als solche bekämpft die Beschwerde jedoch nicht.
Zur Vermeidung von Mißverständnissen wird dazu auf Folgendes hingewiesen: Mit der Behauptung, daß die Pflegebedürftigkeit eines Elternteiles nach der Rechtsprechung jedenfalls ein "berücksichtigungswürdiger Grund" sei, sodaß die belangte Behörde in der Folge bei ihrer Ermessensentscheidung dem Antrag des Beschwerdeführers auf Ausübung des Gnadenrechtes "jedenfalls" stattgeben hätte müssen, verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage. Wie ausgeführt, ist ein "berücksichtigungswürdiger Grund" im Sinne des § 187 FinStrG die Voraussetzung dafür, daß die belangte Behörde überhaupt eine Ermessensentscheidung treffen kann. Liegen "berücksichtigungswürdige Gründe" vor und ist damit die Voraussetzung für eine Ermessensentscheidung erfüllt, so bedeutet dies noch nicht, daß die belangte Behörde bei der diesfalls durchzuführenden Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen vom Ermessen keinen gesetzmäßigen Gebrauch macht, wenn sie die die Voraussetzung der Ermessensentscheidung bildenden "Gründe" nicht zugunsten des Antragstellers mit dem Ergebnis "berücksichtigt", daß sie die gegen die Nachsicht sprechenden Umstände überwiegen. In der diesbezüglichen Beschwerdebehauptung kann daher auch keine Bekämpfung einer allenfalls unrichtigen Ermessensentscheidung gesehen werden. Gegen die die Ermessensentscheidung bildenden Ausführungen der belangten Behörde führt die Beschwerde keine Gründe ins Treffen.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung im Rahmen des Beschwerdepunktes nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Durch die Entscheidung in der Hauptsache erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.