VwGH vom 13.12.1990, 89/06/0114
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Würth und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 12/03-1675/3-1989, betreffend Übertretung des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Ausspruch über die Strafe und die Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von S 10.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates Salzburg vom wurde über den Beschwerdeführer "als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufene Organ der W-Ges.m.b.H. & Co. KG" gemäß § 28 Abs. 1 lit. b des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes eine Geldstrafe von S 10.000,--, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Tagen Arrest, verhängt, weil er es zu verantworten habe, daß zumindest vom bis an der X-Hauptstraße in Salzburg, und zwar im nördlichen Anschluß an das Grundstücksareal X-Hauptstraße 16 auf Gp. nn und nm, KG X, vier Plakattafeln im Ausmaß von je 2,60 x 5,10 m und eine Plakattafel von 1,70 x 2,50 m, also Anlagen für wechselnde Ankündigungen zu Reklamezwecken ohne Bewilligung nach § 6 Abs. 1 des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes errichtet worden seien.
In der Begründung dieses Bescheides führte die Behörde erster Instanz nach Darstellung des Verfahrensganges, unter Angabe der von ihr angewendeten Rechtsvorschriften und des schon im Spruch dargelegten Sachverhaltes in Entgegnung auf die - von der Behörde erster Instanz eingeholte - Verantwortung des Beschwerdeführers aus, daß es bedeutungslos sei, ob das Werbeunternehmen nach dem Aufstellen der Anlage um eine Bewilligung angesucht habe oder nicht. Mildernde Umstände seien keine vorgelegen. Als erschwerend sei zu bewerten, daß der Beschwerdeführer bereits einmal wegen Übertretung des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes rechtskräftig bestraft worden sei, das Werbeunternehmen trotz eines Auftrages der zuständigen Magistratsabteilung (ergänze: vom ) die Anlagen zumindest bis nicht entfernt habe, sowie der Umstand, daß es sich bei der genannten Firma um eine konzessionierte Werbefirma handle und ihr daher die gesetzlichen Vorschriften und Erfordernisse bekannt seien. Die ausgesprochene Strafe halte sich im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten und entspreche bei Annahme durchschnittlicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten dem Unrechtsgehalt der begangenen Verwaltungsübertretung, sei jedoch aus Präventivgründen in dieser Höhe festzusetzen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er geltend machte, es sei zufolge eines Personalwechsels übersehen worden, rechtzeitig um die Verlängerung der 1981 erteilten Bewilligung anzusuchen; dies sei mittlerweile nachgeholt worden. Der Beschwerdeführer sei sich keiner persönlichen Schuld bewußt und finde die Höhe der ausgesprochenen Strafe nicht gerechtfertigt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 51 VStG 1950 abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die verletzte Rechtsvorschrift im Spruch des Straferkenntnisses "§ 28 Abs. 1 lit. b iVm § 6 Abs. 1 des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes" zu lauten habe. Dieser Bescheid stützt sich auf die erstinstanzlichen Feststellungen sowie auf einen von der Berufungsbehörde eingeholten Bericht des Magistrates der Stadt Salzburg vom , wonach für die gegenständlichen Werbetafeln nie eine Bewilligung gemäß § 6 des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes erteilt worden sei. Die bis befristet bewilligten Plakattafeln hätten an einer anderen Stelle, nämlich an der äußersten östlichen Grundgrenze dieses Grundstücksareals situiert werden müssen.
Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 6 Abs. 1 des Salzburger Ortsbildschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1975, in der Fassung des LGBl. Nr. 46/1980, bedarf die Errichtung und die nicht nur geringfügige Änderung von Anlagen, die für die Anbringung wechselnder Ankündigungen gemäß § 4 Abs. 1 bestimmt sind (Plakatwände, Litfaßsäulen u. dgl.) einer Bewilligung. Als Errichtung gilt auch die Widmung baulicher oder sonstiger Anlagen oder von Teilen hievon für solche Zwecke.
Gemäß § 28 Abs. 1 lit. b leg. cit. in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 76/1986, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ohne Berechtigung Ankündigungen oder Ankündigungsanlagen anbringt oder abändert oder solche entgegen bestehender Verpflichtung nicht beseitigt; er ist gemäß § 28 Abs. 1 drittletzter Satz, letzter Halbsatz mit Geldstrafe bis zu S 10.000,-- oder Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen.
Der Beschwerdeführer räumt in seiner Beschwerde ein, daß im Tatzeitraum vom 2. September bis keine aufrechte Bewilligung für die beanstandeten Plakattafeln bestanden habe. Daraus folgt zunächst, daß die vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde behauptete Verletzung des Parteiengehörs, die darin liegen soll, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit gegeben hat, den im Berufungsverfahren eingeholten Bericht des Magistrates Salzburg vom zur Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen, nicht vorliegt: Für die Tatbildmäßigkeit im Sinne des § 28 Abs. 1 lit. b leg. cit. ist es nämlich unerheblich, ob für diese Plakattfafeln VOR dem Tatzeitraum eine Bewilligung bestanden hat und ob sich die Bewilligung (gegebenenfalls auch nur geringfügig) auf einen anderen Standort auf der gleichen Liegenschaft bezogen hat oder nicht. Unentscheidend ist auch, ob die Plakattafeln bewilligungsfähig wären, sodaß - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch die im Bewilligungsverfahren allenfalls von den Behörden mittlerweile eingeholten Ortsbildschutzgutachten in diesem Zusammenhang bedeutungslos sind. Für das Tatbild des § 28 Abs. 1 lit. b leg. cit. ist ausschließlich maßgebend, daß für die Plakattafeln im Tatzeitraum keine Bewilligung bestanden hat; daher erübrigt es sich auch auf die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage einzugehen, ob ein bloß geringfügiges Abweichen von der vorherigen Bewilligung vorliegt, da diese Bewilligung im Tatzeitraum nicht mehr aufrecht bestanden hat. Damit erweist sich der Schuldspruch als frei von Rechtsirrtum.
Der Beschwerdeführer ist allerdings mit der Bekämpfung des Strafausspruches im Recht:
Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. N.F. 10077/A, ausgeführt hat, ist gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1950 Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im Grunde des Abs. 2 der bezogenen Gesetzesstelle sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.
Im vorliegenden Fall hat die Behörde über den Beschwerdeführer die Höchststrafe von S 10.000,-- verhängt; weder die Strafbehörde erster Instanz, noch die belangte Behörde hat dabei die Wertung der Tat im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG 1950 dargelegt, nämlich die Frage nach der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie nach den (möglichen) nachteiligen Folgen, welche die konkrete Tat nach sich gezogen hat; damit sind die Grundlagen für die Strafbemessung im Sinne der zitierten Gesetzesstelle im angefochtenen Bescheid nicht dargelegt. Die Verhängung der Höchststrafe kommt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nämlich nicht schon dann in Betracht, wenn - wie hier - die Erschwerungsgründe die Milderungsgründe überwiegen, sondern nur dann, wenn überdies eine erhebliche Verletzung der durch die Strafdrohung geschützten Interessen (hier: das Ausmaß der tatsächlichen Störung des Ortsbildes) durch die Tat erfolgt ist oder die Tat erhebliche nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Der von der belangten Behörde hervorgehobene Umstand, daß die bei einem Werbeunternehmen zu vermutende einschlägige Rechtskenntnis die Verhängung der Höchststrafe aus generalpräventiven (Ü?) Gründen rechtfertige, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht nachzuvollziehen, besteht doch zwischen dem Anliegen, der Begehung strafbarer Handlungen durch anderen entgegenzuwirken (zu dessen Dringlichkeit die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im übrigen nichts ausführt) und der Rechtskenntnis des Täters kein ersichtlicher Zusammenhang.
Es war daher der angefochtene Bescheid im Straf- und Kostenausspruch gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben; im übrigen war die Beschwerde jedoch gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.