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VwGH vom 17.05.1999, 97/17/0025

VwGH vom 17.05.1999, 97/17/0025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der M, vertreten durch Dr. L und Dr. J, Rechtsanwälte in S, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-011776/2-1996 Gm/Gra, betreffend Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde P), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Beschwerdeführerin über ihr Ansuchen die Baubewilligung für den Einbau einer Wohnung im Dachgeschoß des auf dem Grundstück Nr. 393 einer näher bezeichneten Katastralgemeinde bestehenden Gebäudes entsprechend dem bei der mündlichen Bauverhandlung aufgelegenen Bauplan. In diesem, der von der Beschwerdeführerin unterfertigt wurde, befindet sich die Angabe der Wohnnutzfläche mit 106,68 m2.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 19 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 ein Verkehrsflächenbeitrag "für den Bauplatz bzw. das zu bebauende Grundstück mit der Grundstücksbezeichnung Nr. 393 und 129/3" der näher bezeichneten Katastralgemeinde im Ausmaß von insgesamt 297 m2 in der Höhe von S 36.183,-- vorgeschrieben.

Mit Bescheid vom gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Abgabenbehörde zweiter Instanz der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erwähnten Bescheid des Bürgermeisters vom nicht statt.

Der dagegen erhobenen Vorstellung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom keine Folge gegeben.

Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie erachtet sich in ihrem Recht, mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen der Gemeinde im Sinne des § 19 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 vorgeschrieben zu erhalten, zumindest nicht in dem vorgeschriebenen Umfang, verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Die mitbeteiligte Partei hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 19 Abs. 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66/1994, lautet wie folgt:

"(1) Wurde von der Gemeinde eine öffentliche Verkehrsfläche (§ 8 Abs. 2 OÖ Straßengesetz 1991) errichtet, hat sie anlässlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden, die durch diese öffentliche Verkehrsfläche aufgeschlossen werden, dem Bauwerber mit Bescheid einen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten der Herstellung dieser öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben."

§ 20 leg. cit. regelt die Berechnung des Beitrages zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen der Gemeinde.

Er lautet auszugsweise:

"(1) Der Beitrag ist für die Fläche, die der Berechnung der anrechenbaren Frontlänge zugrunde gelegt wurde, nur einmal zu entrichten, sofern nicht § 21 Abs. 4 anzuwenden ist.

(2) Die Höhe des Beitrages ist gleich dem Produkt aus der anrechenbaren Breite der öffentlichen Verkehrsfläche, der anrechenbaren Frontlänge und dem Einheitssatz.

(3) Die anrechenbare Breite der Verkehrsfläche beträgt unabhängig von ihrer tatsächlichen Breite 3 m.

(4) Anrechenbare Frontlänge ist die Seite eines mit dem zu bebauenden Bauplatz oder Grundstück flächengleichen Quadrates, bei land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken jedoch höchstens 40 m.

..."

Nach § 21 Abs. 1 Z. 2 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (in der Folge BauO) entfällt der Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen der Gemeinde, wenn die Baubewilligung erteilt wird für den Ausbau eines Dachraumes oder Dachgeschosses, durch den die Nutzfläche insgesamt höchstens um 100 m2 vergrößert wird.

Die Beschwerdeführerin vermisst Feststellungen dahin, dass bereits von Voreigentümern Beiträge für die Verkehrsfläche geleistet worden seien, die gemäß § 20 Abs. 2 der BauO anzurechnen gewesen wären. Dem ist jedoch zu entgegnen, dass bereits die Abgabenbehörde zweiter Instanz in ihrem Bescheid festgehalten hat, es gäbe keine Anhaltspunkte für eine allfällige Vorschreibung eines solchen Beitrages in der Vergangenheit. Die belangte Behörde hat dem diesbezüglichen Vorstellungsvorbringen zutreffend entgegengehalten, dass es nunmehr Sache der Beschwerdeführerin gewesen wäre, im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht ein konkretes Vorbringen zu erstatten und hiefür Beweise anzubieten. So nimmt die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung auf eine Auskunft des Voreigentümers Bezug, ohne jedoch dessen Einvernahme zu beantragen. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz hat in ihrem Bescheid in diesem Zusammenhang noch darauf verwiesen, dass der genannte Voreigentümer bei einer telefonischen Rückfrage durch die Behörde erklärt habe, dass ihm noch nie ein Verkehrsflächenbeitrag vorgeschrieben worden sei. Diese Feststellung wird in der Vorstellung nicht bekämpft. Es wird zwar - zutreffend - auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs betreffend die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Ergebnis des Telefongespräches hingewiesen, eine konkrete gegenteilige Behauptung aber nicht aufgestellt. Da auch in der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde diesbezüglich kein konkretes Vorbringen erstattet wird, vermag der Verwaltungsgerichtshof eine Mangelhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens nicht zu erkennen.

Die Beschwerdeführerin räumt vor dem Gerichtshof auch die Möglichkeit ein, dass eine Beitragsvorschreibung bisher noch nicht erfolgt ist; hierin liege aber ein Verzicht der mitbeteiligten Stadtgemeinde. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die Errichtung der hier gegenständlichen Verkehrsfläche durch die Gemeinde und die daraus abgeleitete (grundsätzliche) Berechtigung zur Einhebung eines Verkehrsflächenbeitrages. Sie übersieht aber (soweit sie einen Verzicht behauptet), dass nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes das die Abgabenpflicht auslösende Ereignis die Erteilung der Baubewilligung mit Bescheid vom war. Ungeachtet der Frage der rechtlichen Wirksamkeit eines Verzichtes, hat die Beschwerdeführerin jedoch nie behauptet, dass auf diesen Abgabenanspruch verzichtet worden wäre. Auch eine Verjährung (vgl. hiezu die §§ 153 ff der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung 1996, LGBl. Nr. 107/1996) ist nicht erkennbar.

Die Beschwerdeführerin verweist weiters darauf, dass die Baubewilligung für den gegenständlichen Dachgeschoßausbau hinsichtlich des Grundstückes .393 erteilt worden sei. Dem entgegen beziehe die Berechnung des Verkehrsflächenbeitrages zu Unrecht auch das Grundstück Nr. 129/3 mit ein. Das Grundstück .393 umfasse nur eine Fläche von 105 m2; nur diese Fläche sei der Berechnung des Verkehrsflächenbeitrages zugrunde zu legen.

Der Verwaltungsgerichtshof erachtet jedoch im Beschwerdefall die Einbeziehung auch des Grundstückes Nr. 129/3 in die Bemessung des Verkehrsflächenbeitrages als zutreffend. Zunächst hat die belangte Behörde darauf verwiesen, dass nach dem Einreichplan die bebaute Fläche des Dachraumausbaues 135,67 m2 umfasse; auch liege die angegebene Nutzfläche mit 106,68 m2 über dem Flächenausmaß der Baufläche (des Grundstückes .393). Schon daraus folge zwingend, dass sich die bewilligte Baumaßnahme nicht nur auf die Parzelle .393 erstreckt habe, sondern auch das (dieses zum Teil umschließende) Grundstück Nr. 129/3 berühre. Es seien somit die Grundstücke Nr. 129/3 und .393 bebaut worden.

Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, dass dann nur die bebaute Fläche des Dachraumausbaues von 135,67 m2 als Bemessungsgrundlage hätte herangezogen werden dürfen. Sie übersieht jedoch dabei, dass § 20 Abs. 4 BauO ausdrücklich von der anrechenbaren Frontlänge eines mit dem zu bebauenden Bauplatz oder Grundstück flächengleichen Quadrates spricht. Im Beschwerdefall ist nun das Grundstück Nr. 129/3 gleichfalls Baufläche, wie sich aus dem von der Beschwerdeführerin mit ihrer Berufung vorgelegten Grundbuchsauszug ergibt. Nach dem Akteninhalt ist vom Grundstück .393 die öffentliche Verkehrsfläche nur über das Grundstück Nr. 129/3 zu erreichen. Auch das Grundstück Nr. 129/3 (Baufläche) wird durch die öffentliche Verkehrsfläche aufgeschlossen. Wenn nun - wie von der belangten Behörde angenommen - sich das Bauwerk auf beide von der öffentlichen Verkehrsfläche aufgeschlossenen Bauflächen erstreckt, sind diese mit ihrer Gesamtfläche (im Beschwerdefall 297 m2) als zu bebauender Bauplatz im Sinne des § 20 Abs. 4 leg. cit. anzusehen, ungeachtet eines davon abweichenden Wortlautes der Baubewilligung. Diese den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechende Betrachtungsweise erscheint auch sachgerecht, da es nach dem Gesetz eben nicht auf die tatsächlich bebauten Flächen sondern auf den entsprechenden Bauplatz ankommt; ein anderer Grundstückseigentümer, der den ihm zur Verfügung stehenden Bauplatz nicht voll ausnützt, kann sich gleichfalls nicht darauf berufen, dass die tatsächlich verbaute Fläche kleiner sei.

Die Beschwerdeführerin verweist weiters noch auf die Befreiungsbestimmung des § 21 Abs. 2 BauO; der Dachausbau habe die Nutzfläche höchstens um 100 m2 vergrößert, sodass ein Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen der Gemeinde entfalle. Bei der Berechnung der Nutzfläche sei in analoger Berücksichtigung der Intentionen der alten Rechtslage bzw. bei zweckorientierter Interpretation der nunmehr maßgeblichen Bestimmungen auf die bewohnbare Fläche abzustellen. In der in der Baubeschreibung und im Bauplan angeführten Fläche von 106,68 m2 sei "auch die Fläche in der Dachschräge mitenthalten". Die Fläche ab einer Dachschräge von 130 cm Höhe sei aber unter keinen Umständen mehr bewohnbar; die Behörde habe es jedoch - ausgehend von einer falschen Rechtsansicht - unterlassen, Feststellungen über die tatsächlich bewohnbare Fläche (und somit über die Nutzfläche) zu treffen.

Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Oberösterreichische BauO keine (Legal-)Definition des Begriffes "Wohnfläche" oder des Begriffes "Nutzfläche" kennt.

Nach § 20 Abs. 9 lit. c der Oberösterreichischen BauO, LGBl. Nr. 35/1976 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 33/1988, entfiel der Beitrag zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn öffentlicher Verkehrsflächen dann, wenn auf dem Bauplatz ein Umbau eines bestehenden Gebäudes geplant ist, durch den die bisher zur Verfügung stehende Wohn- bzw. Nutzfläche höchstens um 50 m2 vergrößert wird. Der Verwaltungsgerichtshof interpretierte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0291) den hier verwendeten Begriff der Nutzfläche - zur Unterscheidung von dem der Wohnfläche - als eine Fläche für einen spezifischen Verwendungszweck, für den nicht ganz allgemein jeder Verwendungszweck, der einer Fläche zukommen könne, genüge. Dachbodenräume fielen nicht unter den Begriff der "Wohn- bzw. Nutzfläche", soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder zB Geschäftszwecke geeignet seien.

Der Gesetzgeber der Oberösterreichischen BauO 1994 unterscheidet nicht mehr zwischen "Wohn- und Nutzfläche". Nach dem Wortsinn ist daher auch die "Wohnfläche" vom Überbegriff der "Nutzfläche" umfasst.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 94/17/0323, zum Begriff der "bewohnbaren Fläche" in § 20 Abs. 10 der Oberösterreichischen BauO 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 33/1988, die Meinung vertreten, dass durch die Verwendung dieses eigenständigen Begriffes in Ansehung der flächenabhängigen Einschränkung der Begünstigung betreffend den Verkehrsflächenbeitrag für Einfamilienhäuser der Gesetzgeber nicht auf den jeweiligen Nutzflächenbegriff des Wohnbauförderungsrechtes verweisen wollte. Er hat in der Folge den Begriff der "bewohnbaren Fläche" im Sinne der Eignung des Gebäudeteiles zur dauernden Nutzung für Wohnzwecke interpretiert. Im Beschwerdefall geht es aber um die Auslegung des Begriffes der Nutzfläche. Diese wird in § 2 Z. 8 des Oberösterreichischen Wohnbauförderungsgesetzes 1993, LGBl. Nr. 6/1993 als die gesamte Bodenfläche einer Wohnung mit Ausnahme der Wandstärken und der im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen), der Stiegen und Vorhäuser, Windfänge, offenen Balkone bzw. Terrassen und der Räume innerhalb einer Wohnung, die für landwirtschaftliche oder berufliche Zwecke spezifisch ausgestattet sind, definiert. Ohne näheren Hinweis (vgl. die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom und vom ) ist nun nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber ein und den selben Begriff der Nutzfläche - soweit sich nicht aus dem jeweils verfolgten Gesetzeszweck anderes ergibt - in der BauO anders als im Wohnbauförderungsgesetz verstanden hat.

Legt man aber den so definierten Begriff der Nutzfläche (ohne Bezugnahme auf Dachschrägen) im Beschwerdefall zugrunde, dann folgt hieraus, dass durch den Dachausbau die Nutzfläche um mehr als 100 m2 vergrößert wurde, die Ausnahmebestimmung des § 21 Abs. 1 Z. 2 BauO daher nicht zum Tragen kommt.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am