VwGH vom 18.11.1993, 92/16/0109
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde der A.B.C.-GmbH in S, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , Zl. R-I 1/1-GA7-M/91, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Feststellung gemäß § 7 Abs. 3 EG-Abkommen-Durchführungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war seit neben einem einzigen Kommanditisten persönlich haftende Gesellschafterin der A.B.C.-GmbH & Co KG (im folgenden kurz: KG) gewesen. Für die KG waren seinerzeit Warenverkehrsbescheinigungen EUR. 1 erteilt worden. Diese betreffend hatte das Zollamt Salzburg aber später im Zuge einer Prüfung festgestellt, daß die Ursprungsnachweise als zu Unrecht erteilt anzusehen seien, weil weder ein EG/EFTA- noch ein autonomer österreichischer Ursprung der Waren nachgewiesen worden sei.
Daraufhin beantragte die nunmehrige Beschwerdeführerin im eigenen Namen die Erlassung eines Feststellungsbescheides über das Prüfungsergebnis. Das Zollamt Salzburg stellte in der Folge mit einem an die KG gerichteten Bescheid vom fest, die durchgeführten Prüfungen hätten zu dem Ergebnis geführt, daß insgesamt 85 im Spruch des Bescheides nummern- und datumsmäßig bestimmte, von den Zollämtern Arnoldstein, Brennerpaß und Suben in der Zeit vom bis erteilte Warenverkehrsbescheinigungen EUR. 1 als zu Unrecht ausgestellt gelten, weil das Zutreffen der Erfordernisse des Protokolls Nr. 3 zum Abkommen zwischen der Republik und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, BGBl. Nr. 466/1972, nicht nachgewiesen worden sei.
Dagegen beriefen sowohl die KG als auch die nunmehrige Beschwerdeführerin. In teilweiser Stattgebung der Berufung stellte daraufhin die belangte Behörde mit Bescheid vom , Zl. R-I 1/1-GA7-Pö/1988, fest, daß bestimmte im Spruch der Berufungsentscheidung näher bezeichnete Warenverkehrsbescheinigungen gemäß § 7 Abs. 3 EG-Abkommen-Durchführungsgesetz als zu Unrecht ausgestellt gelten.
Gegen diese Berufungsentscheidung erhoben sowohl die KG als auch die nunmehrige Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der mit Erkenntnis vom , Zl. 88/16/0203, die Beschwerde der nunmehrigen Beschwerdeführerin zurückwies und den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhob. Der Verwaltungsgerichtshof erachtete nämlich die angefochtene Berufungsentscheidung gegenüber der nunmehrigen Beschwerdeführerin als nicht erlassen, ging des weiteren davon aus, die KG habe gar keinen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 7 Abs. 3 EG-Abkommen-Durchführungsgesetz gestellt und rügte das Fehlen von Feststellungen zur Frage, ob zur Zeit der behördlichen Prüfung sowie der Antragstellung durch die Komplementärin die KG überhaupt schon vollbeendet war.
In weiterer Folge hob die belangte Behörde mit Berufungsentscheidung vom den an die KG gerichteten Bescheid des Zollamtes Salzburg vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf und veranlaßte eine Zurückweisung des von der nunmehrigen Beschwerdeführerin im eigenen Namen gestellten Antrages auf Erlassung des Feststellungsbescheides durch das Zollamt Salzburg, welcher Veranlassung das genannte Zollamt mit Bescheid vom entsprach.
Mit der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsentscheidung wies die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin gegen den zurückweisenden Bescheid des Zollamtes erhobene Berufung als unbegründet ab. Die belangte Behörde stellte dazu ausdrücklich fest, daß laut dem Abschichtungsvertrag vom von den beiden Gesellschaftern der ehemaligen KG deren Auflösung beschlossen worden sei. Das gesamte Vermögen der KG sei mit Ablauf des der Beschwerdeführerin zugewachsen, die auch die Firma der KG fortführe.
Der entsprechende Passus des Abschichtungsvertrages (Pkt. III 3) hat folgenden Wortlaut:
"3) Die Vertragsteile stellen demnach fest, daß mit dem Ablauf des das gesamte Vermögen der prot. Firma 'A.B.C. Gesellschaft m.b.H. & Co. KG.' nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere aber gemäß §§ 138, 142 HGB und Artikel 7 Nr. 15 EVHGB, der einzigen somit verbleibenden persönlich haftenden Gesellschafterin, der 'A.B.C. Gesellschaft m.b.H.', zugewachsen ist. Demgemäß wird in Durchführung dieses Vertrages bei der prot. Firma 'A.B.C. Gesellschaft m.b.H. & Co. KG.' im Handelsregister das Ausscheiden des einzigen Kommanditisten einzutragen sein; der verbleibende Gesellschafter, die 'A.B.C. Gesellschaft m.b.H.', wird die Fortführung der Firma 'A.B.C. Gesellschaft m.b.H. & Co. KG.' zum Handelsregister anmelden."
Rechtlich vertrat die belangte Behörde dazu die Auffassung, die Parteifähigkeit der KG sei "schon auf Grund des noch am offenen Nachprüfungsverfahrens und des daraus sich ergebenden Rechtes auf Antrag binnen zwei Wochen nach Aufnahme der Niederschrift, einen Bescheid über das Ergebnis der Prüfung zu begehren, auch nach der Auflösung der Gesellschaft und der Löschung der Firma im Handelsregister als weiterbestehend anzusehen" gewesen. § 19 BAO sei nicht anzuwenden, weil keine Vollbeendigung der KG vorliege. Da sohin zur Stellung des Antrages auf Erlassung des in Rede stehenden Feststellungsbescheides noch die KG als seinerzeitige Exporteurin berechtigt gewesen sei, sei die Beschwerdeführerin dazu im eigenen Namen nicht legitimiert gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf ein gesetzmäßiges Verwaltungsverfahren und auf Sachentscheidung betreffend die Feststellung, daß die gegenständlichen Warenverkehrsbescheinigungen nicht als zu Unrecht ausgestellt gelten, verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über.
Die Beschwerdeführerin ist im Ergebnis im Recht, wenn sie u. a. ausführt, es ergebe sich bereits aus dem von ihr vorgelegten Abschichtungsvertrag die Vollbeendigung der KG. Auf Grund der nunmehr vorliegenden Feststellung der Übernahme des gesamten Vermögens der KG durch die Beschwerdeführerin ohne Liquidation ist nämlich in weiterer Folge davon auszugehen, daß es im Wege des zitierten Abschichtungsvertrages betreffend das Vermögen der ehemaligen KG zu einer sogenannten Geschäftsübernahme gemäß § 142 HGB durch die Beschwerdeführerin kam. Ein solcher Vorgang kann nämlich nicht nur auf Grund einer Übernahmsklage gemäß § 142 Abs. 1 HGB durch die rechtsgestaltende Wirkung des Urteiles, sondern nach herrschender Lehre und Judikatur auch im Vertragsweg (und zwar sowohl im Gesellschaftsvertrag als auch durch vertragliche Regelung anläßlich des Ausscheidens eines Gesellschafters) stattfinden (vgl. Hueck, Das Recht der OHG4, 467;
Kastner-Doralt-Novotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts5, 129 Abs. 3 unter Berufung auf OGH JBl. 1978, 97 = HS 10.427; Hämmerle-Wünsch,
Handelsrecht II4, 247; Karsten Schmidt in Schlegelberger, HGB III/15 Rz. 46 zu § 142 HGB) und bewirkt einerseits die Vollbeendigung der Personengesellschaft, deren Geschäft durch den übernehmenden Gesellschafter ohne Liquidation fortgeführt wird (vgl. dazu Hueck, aaO, 469; Koppensteiner in Straube, HGB I Rz. 9 zu § 142 HGB; Kastner-Doralt-Novotny, aaO, 128 unter Berufung auf OGH GesRZ 1984, 213), und andererseits den Eintritt des übernehmenden Gesellschafters in alle Rechtspositionen der früheren Gesellschaft kraft Universalsukzession (vgl. Hueck, aaO, 468; Karsten Schmidt, aaO, Rz. 26 bis 28 zu § 142 HGB; Koppensteiner, aaO, Rz. 10 zu § 142 HGB; Kastner-Doralt-Novotny, aaO, 128 mit Judikaturnachweisen in FN 109; Hämmerle-Wünsch, aaO, 246; OGH JBl. 1978, 97 = HS 10.427).
Daraus folgt aber für den vorliegenden Fall, daß die Beschwerdeführerin als Universalsukzessorin der KG auch in deren Rechtsstellung als seinerzeitiger Exporteur eingetreten ist (weshalb bereits die Zuständigkeitsverfügung vom an sie zu richten gewesen wäre) und zur Antragstellung gemäß § 7 Abs. 3 EG-Abkommen-Durchführungsgesetz aktiv legitimiert war. Indem die belangte Behörde dies verkannte, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was zu seiner Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG führen muß, ohne daß auf die übrigen Beschwerdeargumente noch weiter eingegangen zu werden braucht.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.