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VwGH vom 28.01.1993, 92/16/0094

VwGH vom 28.01.1993, 92/16/0094

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

92/16/0095

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde des

1.) F W und der 2.) A W in J, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in N, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland je vom , zu 1.) Zl. GA 11-310/90 und zu 2.) Zl. GA 11-310/1/90, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.530,-- und die Zweitbeschwerdeführerin in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom erwarben der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin je zur Hälfte die Grundstücke EZ. ... um den Kaufpreis von insgesamt S 425.280,--. Für diesen Erwerbsvorgang wurde die Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß "§ 15 Agrarverfahrensgesetz" beantragt. Mit Bescheid vom stellte das Amt der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz gemäß § 4 Abs. 3 des Landesgesetzes vom über das Landwirtschaftliche Siedlungswesen, LGBl. Nr. 41, fest, daß mit dem gegenständlichen Rechtsgeschäft die Aufstockung eines Landwirtschaftsbetriebes im Sinne des § 2 Z. 5 leg. cit. erfolge und diese Maßnahme unmittelbar der Zielsetzung des § 1 Abs. 2 leg. cit. entspreche.

Über Anfrage des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (in der Folge: Finanzamt), teilten die beschwerdeführenden Parteien mit, daß eines der erworbenen Grundstücke mit Tauschvertrag vom weitergegeben worden sei.

Mit nach § 200 Abs. 1 BAO an die beschwerdeführenden Parteien getrennt ausgefertigten Bescheiden setzte das Finanzamt wegen teilweiser Aufgabe des begünstigten Zweckes für das getauschte Grundstück Grunderwerbsteuer in der Höhe von je S 10.223,-- fest.

In den gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen machten die beschwerdeführenden Parteien geltend, mit Tauschvertrag vom 25. Februar und das abgabenbegünstigt erworbene Grundstück gegen ein anderes Grundstück getauscht zu haben. In diesem Tausch sei nach Ansicht der beschwerdeführenden Parteien keine Aufgabe des begünstigten Zweckes im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen zu sehen, da die Siedlungsmaßnahme (Aufstockung des landwirtschaftlichen Betriebes) nach wie vor fortwirke und keine Verringerung des Betriebes der Siedlungswerber bewirkt worden sei. Die beschwerdeführenden Parteien hätten durch den Erwerb ihres Tauschobjektes - ganz im Gegenteil - eine für ihren Betrieb wichtigere Anbaufläche erworben, zumal das mit Tauschvertrag erworbene Grundstück im Weinanbaugebiet liege und die beschwerdeführenden Parteien vornehmlich auf den Weinbau spezialisiert seien. Aus diesen Gründen sei festzustellen, daß der bäuerliche Betrieb durch den Tauschvertrag in seinem Bestand nicht beeinträchtigt, sondern im Gegenteil gefestigt worden sei.

Mit getrennt ausgefertigten Berufungsvorentscheidungen wies das Finanzamt die von den beschwerdeführenden Parteien eingebrachten Berufungen als unbegründet ab. Ein gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 lit. a GrEStG 1955 vorläufig befreiter Erwerbsvorgang unterliege gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 der Grunderwerbsteuer, wenn der begünstigte Zweck innerhalb von acht Jahren aufgegeben werde. Das erworbene Grundstück habe acht Jahre zu dem landwirtschaftlichen Betrieb zu gehören, zu dessen Arrondierung es erworben worden sei. Das verfahrensgegenständliche Grundstück sei jedoch mit Tauschvertrag vom weiterveräußert und der begünstigte Zweck somit aufgegeben worden. Kaufvertrag und Tauschvertrag stellten zwei Grunderwerbsteuervorgänge dar, von denen jeder für sich zu beurteilen sei. Für die Befreiung sei ausschließend entscheidend, ob die erworbenen Grundstücke selbst unmittelbar und unabhängig von den im Tauschweg hingegebenen Grundstücken einer Bodenreformmaßnahme zugeführt werden und dieser Zweck auch beibehalten werde. Werde der begünstigte Zweck nicht beibehalten, so sei die Steuerpflicht gegeben.

Nach den Anträgen auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vertraten die beschwerdeführenden Parteien in einer Vorhaltebeantwortung die Ansicht, es handle sich nicht um eine Bodenreformmaßnahme (Flurbereinigung), sondern um eine sogenannte Siedlungsmaßnahme im Sinne des Landwirtschaftlichen Siedlungs-Grundsatzgesetzes, BGBl. Nr. 79/1967, und "des oben zitierten Landesgesetzes". Gemäß § 1 des Burgenländischen Landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes sei das ausschließliche Ziel des landwirtschaftlichen Siedlungsverfahrens, lebensfähige bäuerliche Betriebe zu schaffen und zu erhalten, um einer bäuerlichen Familie einen angemessenen Lebensunterhalt nachhaltig zu sichern. Durch den vorliegenden Tausch werde diese Zielsetzung keinesfalls verletzt, sondern im Gegenteil voll verwirklicht.

Mit getrennt ausgefertigten Berufungsentscheidungen wies die belangte Behörde die von den beschwerdeführenden Parteien eingebrachten Berufungen als unbegründet ab, änderte gemäß § 289 Abs. 2 BAO die Abgabenfestsetzung (gemäß § 10 Abs. 1 GrEStG 1955: S 212.640,-- x 8 %) auf je S 17.011,-- und erklärte den vorläufigen Bescheid für endgültig.

In den Entscheidungsgründen führte die belangte Behörde aus, daß der begünstigte Zweck einer Aufstockungsmaßnahme jedenfalls dann aufgegeben werde, wenn das zur Aufstockung erworbene Grundstück vom Betrieb wieder losgelöst und weitergegeben werde.

Der Verwaltungsgerichtshof habe dargelegt, daß die Steuerfreiheit nur einem Erwerb zukomme, der dem begünstigten Zweck unmittelbar diene, nicht aber einem solchen, der ihm nur mittelbar diene und nur eine Voraussetzung für die Durchführung des Erwerbes bilde, der dem begünstigten Zweck unmittelbar diene (Erkenntnis vom , "Zl. 901/66"). Es könne sohin die Tatsache, daß der Tauschvertrag vom ein Erwerb sei, der selbst eine Bodenreformmaßnahme darstelle, nichts daran ändern, daß damit der begünstigte Zweck des vorausgehenden Kaufvertrages gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 aufgegeben worden sei.

Der begünstigte Zweck sei überwiegend aufgegeben worden - von den gekauften Grundstücken mit insgesamt 23.652 m2 sei ein Grundstück im Ausmaß von 14.214 m2 weitergegeben worden -, sodaß die belangte Behörde ohne nähere Begründung als Bemessungsgrundlage für die Abgabenfestsetzung je die Hälfte des Gesamtkaufpreises der mit dem Kaufvertrag erworbenen Grundstücke heranzuziehen habe.

Die beschwerdeführenden Parteien haben mit getrennten jedoch inhaltsgleichen Schriftsätzen gegen diese Bescheide (Berufungsentscheidungen) Beschwerde eingebracht. Dem gesamten Beschwerdevorbringen nach machen sie Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. Sie erachten sich in ihrem Recht auf Einhaltung sowie Anwendung der Bestimmungen über die Befreiung von der Grunderwerbsteuer gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 lit. a GrEStG 1955 und der Bestimmungen über das Landwirtschaftliche Siedlungsgesetz verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verbindung beider Rechtssachen wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung beschlossen und danach erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 2 GrEStG 1987 sind auf vor dem verwirklichte Erwerbsvorgänge die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung stehenden Vorschriften anzuwenden. Dies gilt insbesondere, wenn für einen vor dem verwirklichten, steuerbefreiten Erwerbsvorgang die Steuerschuld oder ein Erhebungsgrund für die Steuer nach dem entsteht.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1955 unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, der Grunderwerbsteuer, soweit sich diese Rechtsgeschäfte auf inländische Grundstücke beziehen.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 lit. a GrEStG 1955 ist in Angelegenheiten der Bodenreform (Art. 12 Abs. 1 Z. 5 B-VG) der Erwerb eines Grundstückes unmittelbar zur Durchführung einer Bodenreformmaßnahme von der Besteuerung ausgenommen, wenn dieser Zweck durch einen Bescheid der zuständigen Agrarbehörde nachgewiesen wird.

Gemäß § 1 Abs. 1 des Landwirtschaftlichen Siedlungs-Grundsatzgesetzes, BGBl. Nr. 79/1967, und des in den folgenden Bestimmungen im wesentlichen gleichlautenden Burgenländischen Landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes, LGBl. Nr. 41/1970, können zum Zwecke der Verbesserung der Agrarstruktur landwirtschaftliche Siedlungsverfahren durchgeführt werden.

Gemäß § 1 Abs. 2 beider Gesetze ist das Ziel dieser Verfahren die Schaffung und Erhaltung solcher bäuerlicher Betriebe, deren Erträgnisse allein oder in Verbindung mit einem Nebenerwerb einer bäuerlichen Familie einen angemessenen Lebensunterhalt nachhaltig sichern.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 5 des Burgenländischen Landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes in der Fassung LGBl. Nr. 11/1972, ist Gegenstand des Siedlungsverfahrens die Aufstockung bestehender, vom Eigentümer selbst oder gemeinsam mit dem voraussichtlichen Betriebsnachfolger bewirtschafteter Betriebe mit Grundstücken, Gebäuden, agrargemeinschaftlichen bzw. genossenschaftlichen Anteilsrechten oder Nutzungsrechten oder Miteigentumsanteilen an land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken, wenn deren Teilung unzweckmäßig wäre.

Gemäß § 4 Abs. 2 dritter Satz GrEStG 1955 unterliegen die im Abs. 1 Z. 1 bis 4 und Z. 7 bezeichneten Erwerbvorgänge der Steuer, wenn der begünstigte Zweck innerhalb von acht Jahren aufgegeben wird.

Durch den Bescheid des Amtes der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz vom ist nachgewiesen, daß der durch Kaufvertrag erfolgte Erwerb der Grundstücke unmittelbar der Zielsetzung des § 1 Abs. 2 des Burgenländischen Landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes entspricht.

Der begünstigte Zweck besteht nach den oa. Bestimmungen in der Verbesserung der Agrarstruktur und das Ziel ist die Schaffung und Erhaltung solcher bäuerlicher Betriebe, deren Erträgnisse allein oder in Verbindung mit einem Nebenerwerb einer bäuerlichen Familie einen angemessenen Lebensunterhalt nachhaltig sichern. Im Vordergrund steht somit die Schaffung und Erhaltung bestimmter bäuerlicher Betriebe (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/16/0033) und die Verbesserung der Agrarstruktur. Demnach ist die belangte Behörde zunächst mit Recht davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen der Abgabenfreiheit nach § 4 Abs. 1 Z. 4 lit. a GrEStG 1955 vorgelegen haben.

Mit Tauschvertrag vom wurde von den mit Kaufvertrag vom erworbenen Grundstücken im Ausmaß von insgesamt 23.652 m2 ein Grundstück im Ausmaß von

14.214 m2 getauscht. Damit wurde dieses zur Aufstockung des landwirtschaftlichen Betriebes erworbene Grundstück innerhalb von acht Jahren nach dem Erwerbsvorgang wieder aus dem Betrieb genommen. Der begünstigte Zweck ist schon dann aufgegeben, wenn das Grundstück - aus welchen Gründen immer - dem Betrieb entzogen und weitergegeben wird.

§ 1 Abs. 1 GrEStG 1955 unterwirft die dort genannten Rechtsvorgänge der Grunderwerbsteuer, ohne eine Teilung des Rechtsvorganges in einen steuerpflichtigen und einen steuerbefreiten Teil vorzunehmen. Die Grunderwerbsteuer ist eine Verkehrssteuer, die an einen bestimmten Verkehrsvorgang, im vorliegenden Fall an den Erwerb des Eigentums an Grundstücken, anknüpft. Die Gestaltung dieses Rechtsvorganges ist den vertragschließenden Parteien selbst überlassen. Daraus folgt, daß der von den vertragschließenden Parteien einheitlich vereinbarte Rechtsvorgang - auch der Bescheid des Amtes der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom bezieht sich auf das gesamte Rechtsgeschäft vom - nicht für Zwecke der Besteuerung aufgespaltet werden kann. Es ist lediglich zu prüfen, ob der Rechtsvorgang als Ganzes gesehen den gesetzlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung entspricht (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/16/0170, mit weiterer Rechtsprechung).

Demnach kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Ergebnis zutreffend die Grunderwerbsteuer gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 für den gesamten Erwerbsvorgang festgesetzt hat.

Da den angefochtenen Bescheiden die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes nicht anhaftet, waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.