VwGH vom 20.08.1998, 97/16/0510
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über die Beschwerde der G-GmbH in P, vertreten durch Dr. Rainer Kornfeld, Rechtsanwalt in Wien VI, Mariahilferstraße 1D, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom , Zl. 62.950/15-VI/A2/97, betreffend Ermäßigung des Importausgleichsatzes nach dem Geflügelwirtschafts-G 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Antrag vom (Eingangsdatum ) begehrte die Beschwerdeführerin betreffend 25 in den Jahren 1993 und 1994 ergangene Abgabenbescheide, mit denen der Importausgleich nach dem Geflügelwirtschafts-G 1988 festgesetzt worden war, die Ermäßigung der Importausgleichsätze gemäß § 4 leg. cit. auf S 0,--. Begründet wurde dieser Antrag damit, daß die Frist zur Bekämpfung der betreffenden Bescheide zufolge eines Versehens einer Angestellten versäumt und einem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattgegeben worden sei.
Die belangte Behörde gab dem Antrag keine Folge, wobei sie ihren Bescheid insbesondere damit begründete, daß die §§ 1 bis 6 Geflügelwirtschafts-G 1988 zufolge der Novelle BGBl. Nr. 298/1995 auf Sachverhalte nicht mehr anzuwenden seien, die nach dem Beitritt Österreichs zu den Europäischen Gemeinschaften verwirklicht worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die (ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene) Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Ermäßigung des Importausgleichssatzes verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird. Die Beschwerdeführerin replizierte auf die Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 4 Abs. 1 Geflügelwirtschaftsgesetz 1988 (= Abschnitt I des BGBl. 579/1987) hatte folgenden Wortlaut:
"(1) Soweit es mit den im § 2 genannten Zielen vereinbar und aus Gründen des öffentlichen Interesses geboten ist, kann der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft nach Anhörung des Beirates gemäß § 9 mit Bescheid bestimmen, daß der Importausgleichssatz gemäß § 3 ganz oder teilweise ermäßigt wird."
Die in § 2 leg. cit. genannten Zielsetzungen waren:
"1 Stabilisierung der Preise,
2 Gewährleistung einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung,
3 Schutz der inländischen Geflügelwirtschaft."
Mit Abschnitt IV der Marktordnungsnovelle 1995, BGBl. Nr. 298, wurde das Geflügelwirtschaftsgesetz 1988 wie folgt geändert:
"1) Die §§ 1 bis 6 sind auf Sachverhalte, die nach dem Wirksamwerden des Vertrages über den Beitritt der Republik Österreich zur Europäischen Union verwirklicht werden, nicht mehr anzuwenden.
2) Die §§ 7 bis 13 treten mit Ablauf des außer Kraft."
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht ausschließlich die Frage in Streit, ob ein nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union gestellter Ermäßigungsantrag einen Sachverhalt iS des Abschnittes IV Z. 1 der MOG-Nov 1995 darstellt oder nicht.
Gemäß § 6 Abs. 1 Geflügelwirtschafts-G 1988 ist der Importausgleich von den Zollämtern nach den für Zölle geltenden Rechtsvorschriften zu erheben. Der maßgebende Zeitpunkt für die Anwendung des gesetzlichen Importausgleiches richtet sich daher nach § 6 Abs. 1 erster Satz ZollG 1988. Der Sachverhalt wurde daher vor dem Wirksamwerden des Vertrages über den Beitritt der Republik Österreich zur Europäischen Union verwirklicht.
Erst nach diesem Beitritt fallen alle Abgaben des gemeinsamen Agrarmarktes sowie die Zölle des gemeinsamen Zolltarifes in die europäische Regelungskompetenz . Diese Abgaben fließen nach Abzug einer nationalen Verwaltungspauschale als Eigenmittel in den Gemeinschaftshaushalt.
Bei einem Bescheid nach § 4 Abs. 1 Geflügelwirtschafts-G 1988 handelt es sich um einen gesetzlich vorgesehenen Feststellungsbescheid (vgl. Stoll Kommentar zur BAO Seit 1962). Er kann auch nachträglich mit den Folgewirkungen des § 6 Abs. 5 zweiter Satz leg. cit. erlassen und der Abgabenbemessung zugrundegelegt werden.
In der Sache selbst führt die Beschwerdeführerin zur Begründung ihres Antrages aber im Ergebnis nur die Versäumung eines ordentlichen Rechtsmittels gegen die seinerzeitigen Bescheide ins Treffen, nicht jedoch das Vorliegen der von § 4 Abs. 1 leg. cit. geforderten Voraussetzungen des § 2 Geflügelwirtschafts-G 1988.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der Durchführung der beantragten Verhandlung abzusehen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Wien, am