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VwGH vom 19.01.1994, 92/16/0070

VwGH vom 19.01.1994, 92/16/0070

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde der P Gesellschaft m.b.H in X, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in X, gegen den Tarifbescheid des Bundesministers für Finanzen vom , Zl. 1572/2/1-III/7/92, betreffend Tarifierung von "Leaton Vitamin Tonicum für Erwachsene, Reg. Nr. 10860", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin beantragte am gemäß § 7 Zolltarifgesetz 1988, BGBl. Nr. 155/1987 die Tarifierung des Produktes "Leaton Vitamin Tonicum für Erwachsene" unter die Warennummer 300450 100 A 1 (andere Arzneiwaren, Vitamine oder andere Erzeugnisse der Nummer 2936 enthaltend, ethylalkoholhaltig). Als Zweckbestimmung wurde die Behebung von Hypovitaminosen durch Vitaminsubstitution angegeben. Die Antragstellerin legte den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz vom vor, wonach gemäß § 7 der Spezialitätenanordnung, BGBl. Nr. 99/1947, diese pharmazeutische Zubereitung zum Apothekenverkehr zugelassen und eine Registernummer erteilt wurde.

Im vorgelegten Gutachten der vormaligen Direktorin der bundesstaatlichen Anstalt für experimentell-pharmakologische und balneologische Untersuchungen, Dr. I, vom wird zunächst ausgeführt, daß das Präparat ausschließlich zur Vorbeugung oder Behandlung von Vitaminmangelerscheinungen bzw. zur Beeinflussung von Zuständen des Körpers im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 und 5 Arzneimittelgesetz (AMG, BGBl. Nr. 185/1983) diene. Es enthalte Vitamindosen, die dem Tagesbedarf an den jeweiligen Vitaminen entsprechend bzw. diesen sogar teilweise deutlich überschreiten. Es sei daher in der Lage, Vitaminmangelsyndromen, d.h. pathologischen Zuständen, vorzubeugen. Es entspreche nicht nur der legistischen Definition eines Arzneimittels, sondern sei auch in der Lage, als Arzneimittel zu wirken.

Aus dem ebenfalls vorgelegten Gutachten des Vorstandes der dritten internen Abteilung des Pflegeheimes der Stadt Wien Baumgarten, Univ.Prof.Dr. K, vom ergibt sich, daß es sich bei Leaton keineswegs um ein bloßes "Tonicum" sondern um ein hochwirksames Medikament handle, mit dem eine erfolgreiche und ökonomische Therapie von Polyvitaminosen durchgeführt werden könne, welche besonders bei gereatrischen Patienten sehr oft indiziert sei.

In einer Eingabe vom machte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/16/0256, VwSlg 6204/F, geltend, daß ihr Produkt nicht mit dem Produkt "Buerlecithin" vergleichbar sei. Lecithin beuge keiner spezifischen Krankheit vor und beseitige keine bestimmte Krankheit, es enthalte keine Vitamine und werde als anregendes Getränk eingenommen. Hingegen sei Leaton ein Vitaminpräparat zur Behebung von Vitaminmangelerscheinungen und könne daher für eine spezifische Krankheit eingesetzt werden.

Die belangte Behörde zog als Gutachter den Vorstand des pharmakologischen Instituts der Universität X, o.

Univ.Prof. Dr. H. W, bei. Sie richtete an ihn insbesondere die Frage, ob das Präparat als Arzneimittel im Sinne des Zolltarifes angesehen werden könne, ob es also eine spezifische Wirkung, bezogen auf bestimmte Krankheiten entfalte. Der Sachverständige wurde ausdrücklich aufgefordert, rechtliche Erwägungen insbesondere im Zusammenhang mit dem Arzneimittelgesetz außer acht zu lassen. Das in der Folge erstattete Gutachten hat auszugsweise folgenden Inhalt:

"Das Präparat LEATON VITAMINTONICUM FÜR ERWACHSENE enthält neben seinem Gehalt an Vitaminen als wesentliche Bestandteile Wermutwein und Coffein. Der Wermutwein bedingt einen Alkoholgehalt von 13 % (v/v) des Gesamtpräparates, was im Alkoholgehalt einem normalen Rotwein entspricht. Diese Zusammensetzung verändert den Charakter eines Multivitaminpräparates grundlegend und es ist daher die Frage zu klären, ob für den Konsumenten primär die Vitaminzusätze oder der Alkohol und Coffeingehalt bestimmend sind. Der Zusatz von Wermutwein (von Bitterstoffen und Alkohol) bewirkt, daß dieses Präparat im Sinne eines Aperitifs wirkt, Bitterstoffe regen die Magensaftsekretion an und ebenso tut dies Alkohol in niederen Dosen (1). Es ist allgemein bekannt, daß auf nüchternen Magen genommen, Aperitife einen angenehmen lokalen und später auch cerebralen Effekt haben. Es erscheint daher wahrscheinlich, daß dieses "Tonicum" um dieser Alkoholwirkungen wegen genommen wird und auch bei jederzeit möglicher Überdosierung dazu dienen kann, zu einem gesteigerten Alkoholbedarf beizutragen. Wenn nur etwas mehr als die doppelte Dosis pro Tag genommen wird, entspricht dies schon dem täglichen Trinken von 1/8 l Wein. Für eine schwangere Frau und für Patienten mit Leberschäden ist diese Art von Alkoholzufuhr nicht zu vertreten, wenn sie unter dem "Deckmantel" eines Medikaments erfolgt, ist sie besonders bedenklich. Dieser Alkoholzusatz ist für ein Multivitaminpräparat daher als unangebracht zu bezeichnen (wie das Präparat für Kinder zeigt, auch nicht aus galenischen Gründen notwendig). Es muß daher angenommen werden, daß der Alkoholzusatz wegen seiner spezifischen Wirkung auf den Magen und das Gehirn erfolgt ist. Eine Förderung der Resorption von Vitamtinen durch Alkohol ist nicht belegt. Diese ist auch schon deshalb nicht wahrscheinlich, weil die Heterogenität von Vitaminen (fett, bzw. wasserlöslich) unterschiedliche Resorptionsorte und Resorptionsarten bedingt.

Für den Zusatz von Coffein ist folgendes festzustellen. Dieses aus dem Kaffee stammende Stimulans liegt in einer Menge vor, die bei einer normalen Tagesdosis von Leaton Tonicum 125 mg beträgt; eine Dosis, die mindestens 2 Tassen stärkeren Kaffees entsprechen dürfte. Auch hier dürfte wieder der Zusatz dieses Genußmittels dazu beitragen, daß Leaton Vitamintonicum für Erwachsene nicht wegen seines Vitamingehaltes, sondern wegen seines stimulierenden Effekts genommen wird.

Diese Analyse erlaubt folgende Schlüsse: Im Gegensatz zu Leaton Vitamintonicum für Kinder, bei dem es sich um nichts anderes als ein Multivitaminpräparat in gelöster Form handelt, so wie es eben Pulver oder Tabletten gibt, liegt bei Leaton Vitamintonicum für Erwachsene EIN WEINARTIGES GETRÄNK MIT

ALKOHOLGEHALT UND MIT DEM ZUSATZ EINES STIMULANS ZUR

LEISTUNGSSTEIGERUNG, NÄMLICH DEM COFFEIN, VOR. Für die Beurteilung, ob dieses Präparat noch als Arzneimittel bezeichnet werden kann, stellt sich die Frage, ob der Schwerpunkt von Leaton Vitamintonicum für Erwachsene in seinem Vitamingehalt oder in seinem Alkohol-Coffeingehalt zu sehen ist. Wie oben angeführt, können Vitamine für eine kleine Gruppe von Menschen in unserer Bevölkerung prophylaktisch sinnreich verwendet werden. Wenn aber ein Präparat aufgrund seines weinartigen Charakters und aufgrund des Zusatzes einer antriebssteigernden Substanz für den Konsumenten aufgrund der subjektiven Erfahrung APERITIFÄHNLICH UND ANTRIEBSSTEIGERND wirkt, liegt für den Patienten und auch objektiv nicht mehr das prophylaktische Potential der Vitamine im Vordergrund. Dieses letztere kann der Patient nicht verspüren, genausowenig wie er dies bei einem MIT VITAMINEN ANGEREICHERTEN NAHRUNGSMITTEL TUT. So wie für ihn ein Nahrungsmittel aufgrund des Aussehens und der Stillung des Hungers klar einzuordnen ist, erkennt er eben ein alkohol- und coffeinhaltiges Tonicum und ordnet dieses dementsprechend ein. Damit ist für den Konsumenten bei Leaton für Erwachsene der Charakter eines Arzneimittels verlorengegangen, er liegt aber auch nicht medizinisch-pharmakologisch vor, weil ein Alkohol- und Coffeinzusatz bei einem Arzneimittel nicht zu vertreten ist (Gefahr der Überdosierung, Gewöhnungseffekte, Leberschädigung, Alkoholembryopathie).

IM FALLE VON LEATON TONICUM FÜR ERWACHSENE LIEGT DAHER EIN

ALKOHOL- UND COFFEINHÄLTIGES GETRÄNK VOR, DEM VITAMINE

ZUGESETZT WURDEN".

Die belangte Behörde hielt den Inhalt dieses Gutachtens der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom vor. Nach einer Äußerung durch die Beschwerdeführerin vom teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom ihre Auffassung mit, daß das Präparat als "anderer Wein aus frischen Weintrauben mit Pflanzen oder anderen Stoffen aromatisiert" angesehen werde. Die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen, ließ die Beschwerdeführerin ungenützt.

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, daß die als "Leaton Vitamin Tonicum für Erwachsene, Reg. Nr. 10.860" bezeichnete Ware als "anderer Wein aus frischen Weintrauben, mit Pflanzen oder anderen Stoffen aromatisiert, anderer als Schaumwein, mit einem Alkoholgehalt in Volumenteilen von 18 % Vol. oder weniger, in Flaschen mit einem Inhalt von 1 Liter oder weniger" in die Unternummer 2205 10 Bla des Zolltarifes einzureihen sei. In der Begründung wurde ausgeführt, daß alle vorliegenden Gutachten dem Produkt eine spezifische arzneiliche Wirkung zusprechen. Es liege aber kein bloßes Medikament vor, sondern eben eine Mischung von im wesentlichen Wermutwein, Coffein und Vitaminen, wobei die Ware zolltariflich als Ganzes zu beurteilen sei. Das Gutachten Winkler habe sich mit allen Wirkungen, Anwendungen und Inhaltstoffen auseinandergesetzt, sodaß dieses Gutachten vom zolltariflichen Standpunkt als objektiv und schlüssig angesehen werden müsse. Unter Zugrundelegung dieses Gutachtens müsse die Ware gemäß Anmerkung 1 a zum Kapitel 30 als tonisierendes Getränk dem Kapitel 22 zugewiesen werden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, daß das Präparat nicht in die Warennummer 100 A1 tarifiert wird. Mit der Beschwerde wurde ein Konvolut Unterlagen vorgelegt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten

vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 2 des Zolltarifgesetzes 1988 bildet der im Anhang angeschlossene Zolltarif, der auch die Allgemeinen Vorschriften für seine Auslegung (AV) und die Zollbegünstigungsliste umfaßt, einen Bestandteil des Bundesgesetzes. Nach den Allgemeinen Vorschriften sind für die Einreihung der Wortlaut der Nummern und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln maßgebend. Kapitel 30 des Zolltarifes erfaßt pharmazeutische Erzegunisse; nach Anmerkung 1 a sind von diesem Kapitel Nahrungsmittel und Getränke (z.B. diätetische Nahrungsmittel, Nahrungsmittel für Diabetiker, angereicherte Nahrungsmittel oder Ergänzungsnahrungsmittel, tonisierende Getränke und Mineralwässer ausgenommen. Unter der Nummer 3004 sind Arzneiwaren aus gemischten oder ungemischten Erzeugnissen für therapeutische oder prophylaktische Zwecke, dosiert oder in Aufmachungen für den Kleinverkauf angeführt; die von der Beschwerdeführerin gewünschte Unternummer 3004 50 betrifft andere Arzneiwaren, Vitamine oder andere Erzeugnisse der Nummer 2936 enthaltend. Die dort genannte Nummer 2936 betrifft Provitamine und Vitamine, natürliche oder synthetisch hergestellte (einschließlich natürliche Konzentrate), sowie deren hauptsächlich als Vitamine verwendeten Derivate, alle diese auch untereinander gemischt, auch in Lösungsmitteln aller Art. Das Kapitel 22 des Zolltarifes betrifft Getränke, alkoholische Flüssigkeiten und Essig; nach der Anmerkung 1 e sind Arzneiwaren der Nummer 3003 oder 3004 ausgenommen. Nach den "Erläuterungen zum Österreichischen Zolltarif", Bemerkung 1 zur Nummer 2205, umfaßt diese Nummer eine Reihe von Getränken, die im allgemeinen als Aperitifs oder tonische Getränke verwendet werden; nach Bemerkung 2 können diese Getränke hier auch eingereiht werden, wenn sie Zusätze von Vitaminen oder Eisenverbindungen enthalten. Derartige Erzeugnisse, die manchmal als Ergänzungsnahrung bezeichnet werden, sind zur Erhaltung der Gesundheit oder des Wohlbefindens bestimmt.

Nach Ansicht der Beschwerde soll der bekämpfte Bescheid deshalb inhaltlich rechtswidrig sein, weil die belangte Behörde bei Auslegung des Begriffes "Arzneiwaren" im Zolltarif nicht auf die Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes (BGBl. Nr. 185/1983) zurückgegriffen habe. Die belangte Behörde hat sich diesbezüglich auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes berufen, wonach der Zolltarif den international gebundenen Begriff "Arzneiwaren" für seine Zwecke besonders definiert, sodaß auf Begriffsbestimmungen anderer Gesetze nicht zurückgegriffen werden kann (hg. Erkenntnisse vom , Zl. 85/16/0073, VwSlg. 6042/F, vom , Zl. 86/16/0113, VwSlg. 6142/F, und vom , Zl. 86/16/0256, VwSlg. 6204/F). Der Bundesfinanzhof hat schon in einem Urteil vom (BFHE Band 118, Nr. 28) ausgesprochen, daß im deutschen Arzneimittelgesetz und im Lebensmittelgesetz enthaltene Begriffsbestimmungen zur Abgrenzung der Begriffe Arzneiwaren und Lebensmittel im zolltariflichen Sinn nicht herangezogen werden können. Der Begriff Arzneiwaren sei im Kapitel 30 des gemeinsamen Zolltarifs besonders definiert, sodaß auf Definitionen anderer Gesetze und auch auf Begriffsvorstellungen der allgemeinen Verkehrsauffassung nicht zurückgegriffen werden könne.

Die Beschwerdeführerin verkennt offenbar den völlig unterschiedlichen Regelungsbereich, sodaß sich die Frage der Derogation nicht stellen kann. Für die Tarifierung kann auch keine Rolle spielen, welcher Standard für Arzneimittelzulassungen in anderen Ländern besteht. Schließlich muß auch die Zulassungsbehörde der Arzneimittel keinerlei Rücksicht auf die Zolltarifierung nehmen. Jedenfalls sind die Beschwerdeausführungen diesbezüglich nicht geeignet, ein Abgehen von der ständigen Rechtsprechung herbeizuführen.

Die streitverfangene Ware ist unbestrittenermaßen ein gemischtes Erzeugnis. Nach dem Wortlaut der Nummer 3004 sind aber nicht alle Arzneiwaren, sondern nur Arzneiwaren aus gemischten Erzeugnissen für therapeutische (= die Krankenbehandlung betreffende) oder prophylaktische (= Krankheiten vorbeugende) Zwecke umfaßt.

Ausgangspunkt für die Prüfung, ob eine "Arzneiware" der Nummer 3004 vorliegt, ist also die Zweckbestimmung. Diese kann sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht nach den (subjektiven) Vorstellungen des Herstellers richten, weil ihm damit die rechtliche Einordnung in den Zolltarif zufiele. Maßgebend dafür, ob ein Mittel heilend oder vorbeugend wirkt, können nur die auf wissenschaftlicher Prüfung basierenden medizinisch-pharmakologischen Erkenntnisse sein.

Ausgehend von allen vorliegenden Gutachten billigte die belangte Behörde dem Präparat zwar eine spezifisch arzneiliche Wirkung zu, sah aber die objektive Beschaffenheit der gesamten Ware bzw. die Beurteilung sämtlicher Inhaltstoffe als maßgeblich für die Tarifierung als Wermutwein an.

Diese spezifische arzneiliche Wirkung beschrieb die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag (Beilage D zum Antrag vom ) damit, daß das Präparat geeignet sei, Hypovitaminosen, also (leichte) Vitaminmangelerkrankungen zu beheben. Läge also ein reines Vitaminpräparat vor - wie etwa Leaton Vitamin Tonicum für Kinder - stünde der gewünschten Tarifierung nichts im Wege.

Im Interesse der Rechtssicherheit und einer geordneten Verwaltungstätigkeit bzw. der Meßbarkeit des Verwaltungshandelns ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Tarifnummer und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/16/0012 m.w.N.). Die Beurteilung der Merkmale und Eigenschaften des Gesamtproduktes kann nicht allein an Hand des (auch gegebenen) Vitaminanteiles erfolgen. Die Beschwerdeführerin gibt selbst an, daß in 100 ml (= 109,14 g) 60 g Wermut und 250 mg Coffein enthalten seien. In der Fachinformation wird dargetan, das Präparat wirke fördernd auf das Allgemeinbefinden, in der Rekonvaleszenz, bei Ermüdung und Appetitlosigkeit, sowie Hypovitaminosen infolge mangelhafter bzw. eingeschränkter Ernährung, bei Malabsorbtion der Vitamine bei Magen- und Darmerkrankungen, erhöhter geistiger und körperlicher Anforderung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich anläßlich der Tarifierung von Buerlecithin flüssig (VwSlg. 6204/F) mit dem Begriff "Tonika" auseinandergesetzt und ausgeführt, Tonika seien dazu bestimmt, beim Menschen die Leistungsfähigkeit zu verbessern, die innerhalb der physiologischen Grenzen abgesunken oder beeinträchtigt sei, aufgrund von Umständen wie überstandenen Krankheiten, Mangelerscheinungen oder daraus resultierenden Funktionsanomalien sowie als Folge von Schwangerschaft und Stillzeit, weiters, um Altersbeschwerden zu lindern. Der Zweck der Tonika bestehe sohin darin, in unspezifischer Weise die abgesunkene oder beeinträchtigte Leistungsfähigkeit des Menschen zu verbessern oder Altersbeschwerden, auch wenn sie nicht krankhaft seien, zu lindern. Sie seien überwiegend dazu bestimmt, Folgezustände nach Krankheiten oder Mangelerscheinungen bei Krankheit oder Alter zu beseitigen oder zu mildern. Durch eine allgemeine körperliche Kräftigung sollen sie unmittelbar dem Eintritt von Krankheiten oder Funktionsanomalien entgegenwirken oder der Aktivierung der Körperkräfte und Hebung des Allgemeinbefindens dienen.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß auch das gegenständliche Präparat "tonisierend" wirke; der Vergleich mit der in der Fachinformation beschriebenen Wirkungsweise zeigt diesbezüglich deutliche Ähnlichkeiten. Tonisierende Getränke sind aber gemäß Anmerkung 1 a von der Nummer 3004 ausdrücklich ausgenommen.

Wenn die belangte Behörde bei Beurteilung der Eigenschaften und Merkmale den weinartigen Charakter sowie die aperitifähnliche und antriebssteigernde Wirkung als im Vordergrund liegend ansah, konnte sie sich auf das Gutachten des beigezogenen Sachverständigen Univ.Prof.Dr. W berufen. Der Verwaltungsgerichtshof kann im Rahmen der ihm zustehenden nachprüfenden Kontrolle, die darauf beschränkt ist, ob ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt oder ob die Erwägungen den Denkgesetzen, somit auch dem allgemein menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, diese Beweiswürdigung nicht als unschlüssig erkennen. Insbesondere überzeugt, daß die Beigabe eines alkoholischen Getränks im Umfang von fast 60 % und von gleichfalls für die Behandlung von Hypovitaminosen nicht erforderlichem Coffein (siehe Leaton für Kinder) den Charakter des Produktes entscheidend verändert hat. Vielmehr gebietet eine Gesamtbetrachtung die Annahme eines tonisierenden Getränkes und damit gemäß Anmerkung 1 a zum Kapitel 30 den Ausschluß von der Einreihung unter die Nummer 3004; das Präparat entspricht der Unternummer 220510, wofür schließlich auch die (als Auslegungsbehelf heranzuziehenden, siehe das genannte Erkenntnis vom m.w.N) Bemerkungen 1 und 2 in den "Erläuterungen zum Österreichischen Zolltarif" sprechen. Die Beigabe einer den Tagesbedarf deckenden Dosis Vitamin vermag einem anders zu tarifierenden Produkt noch nicht die Arzneiwareneigenschaft der Tarifnummer 3004 zu verleihen.

Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil sich eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erwies, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 104/1991.