VwGH vom 27.08.1998, 95/13/0274
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des MB in S, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien VI, Windmühlgasse 30, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7-1093/2/95, betreffend Pfändung von Geldforderungen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Finanzamt für den 6., 7. und 15. Bezirk in Wien erließ am an den Beschwerdeführer mittels eines Vordruckes einen Bescheid, nach dessen normativem Inhalt dem Beschwerdeführer jede Verfügung über die gepfändeten Forderungen sowie über ein für diese etwa bestelltes Pfand - über das gepfändete Arbeitseinkommen - und insbesondere die gänzliche oder teilweise Einziehung der Forderungen des Arbeitseinkommens untersagt wird. Dem Bescheid waren Durchschriften der am selben Tag an die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten und an die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt ergangenen Bescheide betreffend Pfändung und Überweisung einer Geldforderung angeschlossen. Nach diesen beiden - ebenfalls mittels Vordrucken erstellten - Bescheiden schuldete der Beschwerdeführer Abgaben einschließlich Nebengebühren in Höhe von S 221.446,-- zuzüglich Gebühren und Barauslagen für diese Pfändung in Höhe von S 2.255,--, zusammen also S 223.701,--. Wegen dieses Gesamtbetrages werde die Forderung von (im Vordruck unausgefüllt), die dem Abgabenschuldner aus dem nachfolgenden Grund gegen den Bescheidadressaten angeblich zustehe, gepfändet. Als "Schuldgrund" wurde in dem an die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten gerichteten Bescheid angeführt "aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis", in dem an die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt ergangenen Bescheid "aus der Unfallrente - aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis".
Der Beschwerdeführer erhob gegen "die Pfändungsbescheide vom " Berufung. Darin wurde ausgeführt, eine jede Exekutionsbewilligung müsse überprüfbar den Exekutionstitel nennen, sohin auch ein Pfändungsbescheid im Vollstreckungsverfahren nach der Abgabenexekutionsordnung. Die vorliegenden Pfändungsbescheide enthielten nicht die Nennung eines oder mehrerer Rückstandsausweise. Mit dem vorliegenden Bescheid werde darüberhinaus die Forderung des Beschwerdeführers gegen die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten unter Angabe des Schuldgrundes "aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis" gepfändet. Die gepfändete Forderung sei nicht ausreichend individualisiert. Es sei daher die Pfändung auch aus diesem Grunde rechtswidrig. Um Mißverständnisse zu vermeiden, werde ausdrücklich festgehalten, daß mit dem vorliegenden Rechtsmittel nicht das ausgesprochene Verfügungsverbot bekämpft wird, sondern die "Exekutionsbewilligung auf Grund der Pfändungsurkunde als solche".
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte unter anderem aus, eine Benennung des Rückstandsausweises im Pfändungsbescheid sei nicht erforderlich. Einem Vollstreckungsschuldner stehe auch ohne Benennung des Rückstandsausweises im Pfändungsbescheid das Recht zu, Einwendungen gemäß den Bestimmungen der AbgEO geltend zu machen. Auf Grund der dem Vollstreckungsschuldner zugehenden Bescheide und Buchungsmitteilungen müsse dieser in der Lage sein, die Höhe der vollstreckbaren Abgabenschuldigkeiten zu erkennen. Die Pfändung umfasse alle nach § 290a EO beschränkt pfändbaren Forderungen. Daher erübrige sich im Einzelfall die Überprüfung, ob dem Vollstreckungsschuldner nur Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis oder auf Grund anderer Rechtsverhältnisse zustehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 65 Abs. 1 AbgEO lautet in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 457/1992:
"(1) Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, daß das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben."
Der in seiner ursprünglichen Fassung dem § 294 EO nachgebildete § 65 Abs. 1 AbgEO wurde durch die Einfügung des zweiten Satzes insoferne verändert, als nunmehr die Erlassung eines Pfändungsbescheides ausdrücklich vorgesehen ist. Obgleich die weiteren Sätze durch die genannte Novellierung unverändert geblieben sind, somit im nunmehrigen dritten Satz "die Pfändung dadurch geschieht", daß ein Drittschuldnerverbot erlassen wird, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß der im zweiten Satz des § 65 Abs. 1 AbgEO genannte Pfändungsbescheid, dessen Spruch die dort enthaltenen Angaben zu enthalten hat, an den Abgabenschuldner zu ergehen hat. Dieser Pfändungsbescheid ist mit Berufung uneingeschränkt bekämpfbar, zumal ein solcher Bescheid im § 77 Abs. 1 AbgEO nicht genannt ist.
Im Beschwerdefall wurde an den Beschwerdeführer ein Verfügungsverbot im Sinne des vierten Satzes des § 65 Abs. 1 AbgEO gerichtet; dieser Erledigung waren die an die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt und an die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten ergangenen Bescheide im Sinne des dritten Satzes des § 65 Abs. 1 AbgEO angeschlossen. Diese beiden sohin zusammen mit dem Verfügungsverbot auch an den Beschwerdeführer ergangenen Bescheide normieren die Pfändung der in Rede stehenden Forderungen und weisen in ihrem Spruchinhalt den Beschwerdeführer als Abgabenschuldner aus.
Der Beschwerdeführer erachtet sich zunächst dadurch in seinen Rechten verletzt, daß die gegen die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten zustehende Forderung durch die Worte "aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis" nicht ausreichend konkretisiert worden sei. Soweit sich der Beschwerdeführer dabei auf Heller/Berger/Stix, Kommentar zur Exekutionsordnung, 2126 (zu § 294 EO) beruft, ist ihm entgegenzuhalten, daß gerade nach dieser Literaturstelle und der dort angeführten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine genaue Bezeichnung der Schuldforderung nicht in allen Fällen erforderlich ist. Lediglich dann, wenn mehrere, namentlich hinsichtlich ihrer Pfändbarkeit unterschiedlich zu beurteilende Forderungen in Betracht kommen, muß der Exekutionsantrag die zur Abgrenzung notwendigen Angaben enthalten (Angst/Jakusch/Pimmer, EO13, § 54, E 65). In diesem Sinne hat die belangte Behörde aber im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, daß es sich bei den Forderungen zur Gänze um nach § 290a EO beschränkt pfändbare Forderungen handelt. Da der Beschwerdeführer auch in der Beschwerdeschrift keine Angaben darüber macht, um welche verschiedenartigen Forderungen es sich tatsächlich handeln könnte, sondern nur vom hypothetischen Fall verschiedener Forderungen ausgeht, erweisen sich die diesbezüglichen Einwendungen als unbegründet.
Weiters rügt der Beschwerdeführer, daß im Pfändungsbescheid der Rückstandsausweis und damit die Art und Höhe der Abgabenforderung nicht angegeben worden sind. Mit diesem Einwand verkennt der Beschwerdeführer, daß im § 65 Abs. 1 Satz 2 AbgEO die Bezeichnung der Abgabenschuld abschließend geregelt ist. Danach hat der Pfändungsbescheid - allein - die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze im Sinne des § 26 AbgEO anzugeben. Dafür, daß in den Pfändungsbescheid weitere Angaben über die Abgabenschuld aufzunehmen sind, bietet das Gesetz keine Handhabe. Dem steht auch nicht entgegen, daß in den Erläuterungen zur Novelle BGBl. Nr. 457/1992 insoweit überschießend davon die Rede ist, die Bekanntgabe der Art und Höhe der Abgabenforderung an den Drittschuldner sei erforderlich, um diesem die Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen für die vollstreckungsbehördliche Maßnahme zu ermöglichen und ihm die Grundlage für die Verteidigung seiner Interessen zu bieten. Solchen Erläuterungen kommt nämlich ein normativer Charakter nicht zu.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.