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VwGH 09.09.1993, 92/16/0067

VwGH 09.09.1993, 92/16/0067

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
B-VG Art11 Abs1 Z3;
B-VG Art15 Abs1;
B-VGNov 1988 Art7;
WSG 1984 §42 Abs3;
RS 1
Die Weitergeltung der Gebührenfreiheit nach § 42 Abs 3 WSG 1984 besteht auch für die Zeit vom bis (Hinweis E , 91/16/0055).
Norm
GEG §9 Abs2;
RS 2
Nach stRsp des VwGH handelt es sich bei der Bestimmung des § 9 Abs 2 GEG 1962 um eine Ermessensvorschrift, doch ist das Recht der Behörde, von diesem Gebrauch zu machen, vom Vorliegen einer der beiden im Gesetz genannten Alternativvoraussetzungen abhängig.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 86/16/0041 E VwSlg 6228 F/1987 RS 1
Normen
AbgRallg;
GEG §6;
GEG §7;
GEG §9 Abs2;
VwRallg;
RS 3
So wie für das in den §§ 6 und 7 GEG nur bruchstücksweise geregelte Verfahren weder das AVG noch die BAO anzuwenden, sondern mangels gesetzlicher Regelungen die allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens heranzuziehen sind, sind auch in dem nicht näher geregelten Verfahren über Nachsichtsanträge die allgemeinen Grundsätze eines geordneten Verfahrens zu beachten (Hinweis E , 86/16/0188).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 86/16/0159 E VwSlg 6281 F/1988 RS 1
Normen
BAO §236 Abs1;
GEG §9 Abs2;
RS 4
§ 9 Abs 2 GEG 1962 stellt nicht die gleichen Voraussetzungen für eine Nachsicht auf, wie sie in § 236 BAO enthalten sind (Hinweis E , 12/73).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 86/16/0159 E VwSlg 6281 F/1988 RS 2
Normen
GEG §9 Abs2;
VwRallg;
RS 5
Es kann nicht gesagt werden, daß die Einbringung einer Gebühr, die, wenngleich rechtskräftig, so doch - materiell betrachtet - zu Unrecht vorgeschrieben wurde, allein schon deshalb eine "besondere Härte" für den Gebührenschuldner bedeuten müsse, weil ansonsten das Prinzip der Rechtskraft durch die Anwendung des § 9 Abs 2 GEG eine generelle Durchbrechung erfahren würde, was keinesfalls im Sinne dieser Gesetzesstelle gelegen sein kann (Hinweis E , 1341/63).
Normen
BAO §20;
B-VG Art130 Abs2;
GEG §9 Abs2;
RS 6
Eine mit der Einbringung der Gebührenforderung verbundene, die Behörde zum Nachlaß berechtigende "besondere Härte" kann nicht allein aus Umständen abgeleitet werden, die die Entstehung der Schuld möglicherweise als unbillig erscheinen lassen. Es kann nicht einmal gesagt werden, daß selbst die Einbringung einer zwar rechtskräftigen, materiell gesehen aber zu Unrecht vorgeschriebenen Gebühr allein schon wegen ihres Unrechtsgehaltes eine "besondere Härte" für den Zahlungspflichtigen bedeuten müsse. Ein Nachlaßbegehren kann nicht auf wirtschaftliche Folgen gestützt werden, die sich aus der richtigen Anwendung des GJGebG 1962 ergeben; vielmehr muß die besondere Härte, die eine Nachsicht begründet, in der Einbringung des Gebührenbetrages bei dem Zahlungspflichtigen, also in dessen persönlichen Verhältnissen begründet sein (Hinweis E , 86/16/0142).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 86/16/0159 E VwSlg 6281 F/1988 RS 12

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde der A-reg.Gen.m.b.H. in B, vertreten durch die Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom , GZ. Jv 344-33/92, betreffend Nachlaß von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes schrieb mit Zahlungsauftrag vom der Beschwerdeführerin für die Einverleibung eines Pfandrechtes samt Löschungsverpflichtung - wofür Befreiung gemäß § 42 WSG 1984 begehrt wurde - nachstehende Gerichtsgebühren vor:

Einhebungsgebühr, § 6 GEG S 50,--

Grundbuch-Eingabegebühr Tp 9a S 270,--

§ 31 GGG S 135,--

Grundbuch-Eintragungsgebühr

Tp 9b (S 306.000,--) S 3.366,--

Summe S 3.821,--

Die Beschwerdeführerin beantragte darauf Berichtigung. Ein "äußerst unglücklicher Gesetzgebungsakt" habe dazu geführt, daß sicher entgegen den Intentionen des Gesetzgebers für Förderungen nach den Bestimmungen des WSG im Zeitraum vom bis hinsichtlich der Grundbuchseintragungen zur pfandrechtlichen Sicherstellung von Hypothekardarlehen keine Befreiung von Gerichtsgebühren bestanden habe.

Hilfsweise wurde ein Nachlaßantrag gestellt, weil die Nachlaßgewährung im öffentlichen Interesse gelegen sei. Es sei immer das Bestreben des Gesetzgebers gewesen, im Bereich der Wohnhaussanierung Ausnahmen von der Gebührenpflicht zu schaffen; die Durchbrechung dieses Grundsatzes für eineinhalb Jahre sei ein "Mißgeschick des Gesetzesgebers".

Mit Bescheid vom gab der Präsident des Landesgerichtes Feldkirch dem Berichtigungsantrag keine Folge und (Punkt 2 des Spruches) behielt die Entscheidung über den Nachlaßantrag dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes Innsbruck vor. Begründend wurde darauf verwiesen, daß die Befreiungsbestimmung des § 42 Abs. 3 WSG nur die Eintragung von Hypothekardarlehen betroffen habe, die zur Finanzierung der nach diesem Bundesgesetz geförderten Bauführungen aufgenommen worden sei. Im vorliegenden Fall sei jedoch aus der Zusicherung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vom zu entnehmen, daß der Liegenschaftseigentümerin zur Sanierung des Pfandobjektes ein Annuitätenzuschuß nach dem Wohnhausförderungsgesetz LGBl. Nr. 31/1989 und sohin nicht nach dem WSG gewährt wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Nachlaßbegehren keine Folge. Es könne nicht Inhalt eines Nachlaßbescheides sein, die Intentionen des Gesetzgebers in Frage zu stellen oder zu korrigieren. Das in § 9 Abs. 2 GEG erwähnte öffentliche Interesse müsse im Einzelfall so gewichtig sein, daß es jenes allgemein bestehende öffentliche Interesse an der Einhebung der Gerichtsgebühr eindeutig überwiege. Ein unmittelbar am Nachlaß bestehendes öffentliches Interesse liege nicht vor und sei auch nicht behauptet worden.

Gegen den letztgenannten Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattet eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß der Verwaltungsgerichtshof die Weitergeltung der Gebührenfreiheit nach § 42 Abs. 3 WSG 1984 auch für die Zeit vom bis bejaht hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/16/0055). Daher ist anzunehmen, daß all das, was die Beschwerdeführerin unter dem Punkt C der Beschwerde zur Gebührenfreiheit nach § 42 WSG ausgeführt hat, einer Beschwerde gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Feldkirch vom zum Erfolg verholfen hätte. Aus welchen Erwägungen die Beschwerdeführerin diesen Bescheid unbekämpft ließ, kann dahingestellt bleiben; Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist der angefochtene Bescheid, mit welchem nicht über die materielle Richtigkeit der Gebührenvorschreibung, sondern allein über das Nachlaßbegehren abzusprechen war.

Gemäß § 9 Abs. 2 GEG können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlaß im öffentlichen Interesse gelegen ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat (siehe E. 26 zu § 9 GEG in Tschugguel-Pötscher,

Die Gerichtsgebühren4; sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/16/0018, 0020, 0021) handelt es sich bei dieser Bestimmung um eine Ermessensvoschrift, doch ist das Recht der Behörde, von diesem Ermessen Gebrauch zu machen, vom Vorliegen einer der beiden im Gesetz enthaltenen Alternativvoraussetzungen abhängig.

Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, daß der Nachlaß im öffentlichen Interesse gelegen sei, sondern macht das Vorliegen einer besonderen Härte für den Zahlungspflichtigen wegen "sachlicher Unbilligkeit" geltend. Zur Stützung werden zwei Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, jeweils ergangen zu § 236 BAO (vom , Zl. 89/15/0088 und vom , Zl. 90/13/0208), herangezogen.

So wie für das in den §§ 6 und 7 GEG 1962 nur bruchstückweise geregelte Verfahren weder das AVG noch die BAO anzuwenden, sondern mangels gesetzlicher Regelungen die allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens heranzuziehen sind, sind auch in dem nicht näher geregelten Verfahren über Nachlaßanträge die genannten allgemeinen Grundsätze zu beachten. § 9 Abs. 2 GEG stellt nicht die gleichen Voraussetzungen für einen Nachlaß auf, wie sie im § 236 BAO enthalten sind (hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/16/0159 mwN).

Zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens gehört jedenfalls auch die Beachtung rechtskräftiger Entscheidungen.

Es kann in diesem Zusammenhang nicht gesagt werden, daß die Einbringung einer Gebühr, die, wenngleich rechtskräftig, so doch - materiell betrachtet - zu Unrecht vorgeschrieben wurde, schon deshalb eine "besondere Härte" für den Gebührenschuldner bedeuten müsse, weil diese Ansicht zur Folge hätte, daß das Prinzip der Rechtskraft durch die Anwendung des § 9 Abs. 2 GEG eine generelle Durchbrechung erfahren würde, was keinesfalls im Sinne dieser Gesetzesstelle gelegen sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1341/63).

Im oben zitierten Erkenntnis vom wurde betont, daß eine mit der Einbringung der Gebührenforderung verbundene, die Behörde zum Nachlaß berechtigende "besondere Härte" nicht allein aus Umständen abgeleitet werden kann, die die Entstehung der Schuld möglicherweise als unbillig erscheinen läßt. Die besondere Härte muß vielmehr in der Einbringung des Gebührenbetrages beim Zahlungspflichtigen, also in dessen persönlichen Verhältnissen begründet sein.

Die Beschwerdeführerin stützt sich allein auf die materielle Unrichtigkeit der Gebührenvorschreibung, ohne weitere Voraussetzungen für das Nachlaßbegehren auch nur zu behaupten und sich auch keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben haben. Aus den dargelegten Gründen konnte der Beschwerde daher kein Erfolg beschieden sein, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1981.

Zusatzinformationen


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Normen
AbgRallg;
BAO §20;
BAO §236 Abs1;
B-VG Art11 Abs1 Z3;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art15 Abs1;
B-VGNov 1988 Art7;
GEG §6;
GEG §7;
GEG §9 Abs2;
VwRallg;
WSG 1984 §42 Abs3;
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher
Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht
VwRallg6/1
Ermessen
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von
Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1993:1992160067.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAE-39482