VwGH vom 09.07.1997, 95/13/0268
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Dr. A in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat V, vom , GZ 16-94/3002/09, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 1988 bis 1990 und Umsatzsteuer 1988 bis 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war in den Streitjahren als Vertragsassistent am Institut für S der Universität Wien beschäftigt. Außerdem erhielt er in diesem Zeitraum remunerierte Lehraufträge im Ausmaß von regelmäßig zwei Wochenstunden.
Über entsprechende Aufforderung wurde vom Beschwerdeführer im Veranlagungsverfahren ein Schreiben des Institutsvorstandes vom vorgelegt, wonach die vom Beschwerdeführer ausgeübte Lehrtätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang mit einer zugehörigen Vorlesung stehe, die von anderen Lehrenden geboten werde. Die jeweils durch Lehraufträge vergebenen Pflichtübungen und Pflichtseminare seien in engster Weise in den Institutsbetrieb integriert und würden daher prinzipiell nur an am Institut beschäftigte Assistenten vergeben.
In der Folge verfügte das Finanzamt unter anderem die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 1988 bis 1990 und erließ entsprechende Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre.
In der Berufung gegen diese Bescheide wurde ausgeführt, der Lehrbeauftragte sei bei seiner Tätigkeit in den Betrieb des Hochschulinstituts eingegliedert und dort gleich den anderen im Institut als Arbeitnehmer beschäftigten Personen tätig. Seine Abhängigkeit vom Institutsbetrieb sei so groß, daß sie sich faktisch nicht von der eines Arbeitnehmers unterscheide. Auf Grund der Eingliederung der Lehrveranstaltung sei ein persönliches Weisungsrecht des Professors vorgelegen. Der Beschwerdeführer sei an Vorgaben gebunden gewesen und habe die Lehrveranstaltungen als Ergänzung zu Vorlesungen auf der Basis eines festgelegten Konzeptes durchführen müssen. Da es im Krankheitsfalle nicht zu einer Kürzung der Remuneration gekommen sei, sondern der Beschwerdeführer auch durch eine Veränderung des Umfanges seiner Tätigkeit auf die Höhe der Einnahmen keinen wesentlichen Einfluß habe ausüben können, sei kein Unternehmerwagnis vorgelegen.
Auf einen Vorhalt der belangten Behörde wurde in einer Eingabe vom ausgeführt, die "Letztkontrolle" sei durch den zuständigen, die Vorlesung abhaltenden Professor erfolgt. Von den zuständigen Professoren sei vorgegeben worden, wie das Seminar zu gestalten ist. Lehrveranstaltungen seien ausschließlich von Beschäftigten des Institutes erlangt worden, sodaß die Eingliederung in den Betrieb vorauszusetzen gewesen sei. Die Tätigkeit als Lehrbeauftragter könne nicht von der Tätigkeit als Assistent getrennt werden. Der Beschwerdeführer habe in diversen Gremien und Kommissionen mitgearbeitet und auch an der Institutskonferenz teilgenommen. In dieser Institutskonferenz seien auch Fragen der Lehraufträge besprochen worden. Sämtliche Lehrveranstaltungen hätten nur von Mitarbeitern des Instituts abgehalten werden können, externe Lektoren habe es nicht gegeben. Die Lehrveranstaltungsaufträge hätten de facto nicht abgelehnt werden können. Der Beschwerdeführer habe ausschließlich Arbeits- und Betriebsmittel des Instituts verwendet.
Im angefochtenen Bescheid wurde die Unternehmereigenschaft des Beschwerdeführers bejaht. Die belangte Behörde vertrat dabei die Auffassung, daß die Merkmale einer selbständigen Tätigkeit im Beschwerdefall überwiegen.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen Aufhebung beantragt. Nach dem Inhalt der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, daß seine Tätigkeit als Lehrbeauftragter nicht der Umsatzsteuer unterworfen wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1972 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt.
Ein - die Beurteilung der Tätigkeit als eine unternehmerische ausschließendes - Dienstverhältnis eines Lehrbeauftragten ist dann anzunehmen, wenn der Lehrbeauftragte fest in den Betrieb eines Hochschulinstitutes eingegliedert und dort gleich den anderen am betreffenden Institut als Arbeitnehmer beschäftigten Personen tätig ist. Ist die zeitliche und örtliche Bindung des Lehrbeauftragten an eine bestimmte Arbeitsstätte und seine Abhängigkeit vom Institutsbetrieb bereits so groß, daß sie sich faktisch nicht mehr von der eines Dienstnehmers unterscheidet, so ist sie auch steuerlich nicht anders zu beurteilen (vgl. zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/15/0123, mit zahlreichen weiteren Hinweisen).
Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren in umfangreichen Darstellungen dargetan und dies durch schriftliche Äußerungen unter anderem des Institutsvorstandes belegt, daß es sich bei der Tätigkeit als Lehrbeauftragter um eine Nebentätigkeit zu seiner Haupttätigkeit als Universitätsassistent gehandelt hat. Nach der vom Beschwerdeführer gegebenen Sachverhaltsdarstellung - der die belangte Behörde nicht entgegengetreten ist, mit der sie sich aber auch im angefochtenen Bescheid inhaltlich nicht auseinandergesetzt hat - war der Beschwerdeführer bei der von seiner Tätigkeit als Assistent nicht trennbaren Tätigkeit als Leiter eines jeweils zweistündigen Seminars in den Betrieb des Instituts für S völlig eingegliedert.
Wenn die belangte Behörde demgegenüber - auch sprachlich schwer verständlich - meint, der Beschwerdeführer habe nur seine Eingliederung in den Institutsbetrieb als Universitätsassistent, nicht aber als Lehrbeauftragter dargetan, so steht dies mit dem Erhebungsergebnis nicht im Einklang. Bei der vorliegenden Abhängigkeit der Nebentätigkeit von der Haupttätigkeit ist für die von der belangten Behörde vorgenommene Unterscheidung kein Raum.
Der angefochtene Bescheid war hinsichtlich der Absprüche über Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens und hinsichtlich Umsatzsteuer daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kosten waren im begehrten Ausmaß zuzusprechen.