VwGH vom 28.01.1998, 95/13/0229
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des M P in W, vertreten durch Dr. Peter Pullez, Rechtsanwalt in Wien I, Bäckerstraße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ 16-95/3086/04, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1976 bis 1982, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als die Berufung gegen die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1977 bis 1982 zurückgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Finanzamt für den 4., 5. und 10. Bezirk in Wien versuchte im Jahre 1987 die Erlassung von Bescheiden betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften der Jahre 1976 bis 1982 betreffend eine - wie sich der Beschwerdeführer ausdrückt - "angebliche" Gesellschaft bürgerlichen Rechts "Josef K und Mitgesellschafter I". Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird dabei auch auf das ebenfalls an den nunmehrigen Beschwerdeführer ergangene Erkenntnis vom , Zl 89/13/0059, verwiesen. In diesem Erkenntnis ging der Gerichtshof davon aus, daß es sich weder beim Beschwerdeführer noch bei seinem Steuerberater um vertretungsbefugte Personen iSd § 81 BAO handelte. Die an die Gesellschaft gerichteten Bescheide seien somit nicht erlassen und damit rechtlich nicht existent geworden.
In der Folge wurden die fünf Gesellschafter vom Finanzamt mit einer Verfügung vom aufgefordert, einen gemeinsamen Bevollmächtigten als vertretungsbefugte Person namhaft zu machen. Schließlich wurde Josef K mit einem am zugestellten Bescheid vom gemäß § 81 Abs 2 BAO zum Vertreter der Gesellschaft bestellt. Die übrigen Gesellschafter - darunter der Beschwerdeführer - wurden von der Bestellung des Josef K zum Vertreter verständigt.
Im Juli 1991 richtete das Finanzamt neuerlich eine Postsendung an Josef K mit den Feststellungsbescheiden 1976 bis 1982. Die Sendung wurde am hinterlegt.
Nach einem Aktenvermerk vom sprach der vom Beschwerdeführer bevollmächtigte Steuerberater Mag. B an diesem Tag beim Finanzamt vor. Dieser habe auf Kopien der entsprechenden Bescheide verzichtet, weil diese ohnedies den "alten Bescheiden (zugestellt an den StB)" entsprechen würden. Gleichzeitig legte Mag. B die Kopie einer ihm von Josef K erteilten Vollmacht vom vor.
Mit einem von Mag. B namens des Beschwerdeführers eingebrachten Schriftsatz vom wurde gegen die Feststellungsbescheide 1976 bis 1982 Berufung erhoben. Darin wurde die Auffassung vertreten, wenn überhaupt von einer Zustellung gesprochen werden könne, so sei diese frühestens am erfolgt.
Auf eine entsprechende Anregung von Mag. B wurde von der Abgabenbehörde durch eine Anfrage bei der Strafvollzugsanstalt Wien-Simmering festgestellt, daß sich Josef K vom 3. Juni bis in Strafhaft befunden hatte.
Am wurden die Feststellungsbescheide 1977 bis 1982 an Josef K persönlich ausgehändigt.
Mit Bescheid vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers vom mit der Begründung zurückgewiesen, die Bescheide seien im Zeitpunkt der Einbringung der Berufung noch nicht zugestellt gewesen.
Mit einer Eingabe vom verwies Mag. B auf die ihm von Josef K erteilte Zustellvollmacht und stellte fest, daß ihm die Feststellungsbescheide für 1977 bis 1982 am von Josef K übermittelt worden seien.
Ebenfalls am erhob der Beschwerdeführer durch seinen steuerlichen Vertreter Mag. B Berufung gegen die Feststellungsbescheide 1976 bis 1982. Darin wurde die Ansicht vertreten, die rechtmäßige Zustellung sei am erfolgt.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt die Berufung vom als verspätet zurück. Die Bescheide seien am Josef K zugestellt worden. Eine Bevollmächtigung des Einschreiters (gemeint Mag. B) zur Vertretung der Gesellschaft habe nicht bestanden.
In der Berufung gegen diesen Zurückweisungsbescheid vom verwies der Beschwerdeführer insbesondere auf den Umstand, daß Josef K dem Mag. B eine Zustellvollmacht erteilt hatte.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid vom als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde verwies dabei darauf, daß ein "anderer Vertreter (Zustellungsbevollmächtigter)" als Josef K von der Gesellschaft nicht namhaft gemacht worden sei.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Entscheidung über seine Berufung (gemeint gegen die Feststellungsbescheide) verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 81 Abs 1 und 2 BAO lautet:
"§ 81. (1) Abgabenrechtliche Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen.
(2) Kommen zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten mehrere Personen in Betracht, so haben diese hiefür eine Person aus ihrer Mitte oder einen gemeinsamen Bevollmächtigten der Abgabenbehörde gegenüber als vertretungsbefugte Person namhaft zu machen; diese Person gilt solange als zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt, als nicht eine andere Person als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. Solange und soweit eine Namhaftmachung im Sinn des ersten Satzes nicht erfolgt, kann die Abgabenbehörde eine der zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten in Betracht kommenden mehreren Personen als Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit bestellen. Die übrigen Personen, die im Inland Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz haben, sind hievon zu verständigen."
§ 9 Abs 1 Zustellgesetz lautet:
"§ 9. (1) Ist eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt, so hat die Behörde, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist."
Dem Vertreter einer Personenvereinigung im Sinne des § 81 Abs 2 BAO steht es zweifellos frei, sich seinerseits selbst - zur Empfangnahme von Schriftstücken - vertreten zu lassen. Die Erteilung einer Zustellvollmacht durch den Vertreter nach § 81 Abs 2 BAO ist dabei von der Namhaftmachung eines anderen Vertreters durch die Mitglieder der Personenvereinigung zu unterscheiden.
Im Beschwerdefall war der als Vertreter der Personenvereinigung bestellte Josef K von demselben Wirtschaftstreuhänder wie der Beschwerdeführer selbst vertreten. Auf dieses Vollmachtsverhältnis zu Josef K hatte sich der Wirtschaftstreuhänder bei seiner Vorsprache am unter Vorlage einer Kopie der Vollmacht ausdrücklich berufen. Nach dieser Vollmacht war Mag. B ausdrücklich als Zustellungsbevollmächtigter des Josef K namhaft gemacht worden. Da die in Rede stehenden Feststellungsbescheide 1977 bis 1982 dem vom Vertreter der Personenvereinigung zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigten Wirtschaftstreuhänder Mag. B nach dessen von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogenem Vorbringen erst am im Sinne des § 9 Abs 1 zweiter Satz Zustellgesetz tatsächlich zugekommen waren (vgl hiezu zB Ritz, BAO-Kommentar, Tz 10 zu § 9 ZustG), erwies sich die Auffassung der Behörde, die Berufung gegen diese Bescheide sei verspätet, als unrichtig. Der angefochtene Bescheid war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Hingegen übersehen beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, daß ein Feststellungsbescheid für das Jahr 1976 gar nicht erlassen wurde. In der Übernahmsbestätigung des Josef K vom sowie in der Eingabe des Wirtschaftstreuhänders Mag. B vom ist auch ein solcher Feststellungsbescheid nicht erwähnt. Damit erwies sich aber eine Berufung gegen einen Feststellungsbescheid 1976 als unzulässig, sodaß sich die Zurückweisung der Berufung insoweit im Ergebnis als dem Gesetz entsprechend erweist. Die Beschwerde war daher hinsichtlich des Jahres 1976 gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.