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VwGH vom 31.07.1996, 95/13/0225

VwGH vom 31.07.1996, 95/13/0225

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom , Zl. 6/3-3278/93-04, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1991 und Festsetzung von Einkommensteuervorauszahlungen für 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war im Streitjahr 1991 als Kolporteur für die A ZeitungsvertriebsgesmbH & Co KG (im folgenden: A KG) tätig.

Für 1991 brachte der Beschwerdeführer eine mit "Leermeldung gemäß § 21 Abs. 6 UStG" 1972 überschriebene Umsatzsteuererklärung (Umsätze S 0,--) sowie eine Einkommensteuererklärung ein, in welcher in der Spalte "Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit" der Vermerk "bitte amtswegig feststellen" aufscheint, sowie Werbungskosten in Höhe von S 18.225,-- geltend gemacht wurden.

Das Finanzamt qualifizierte die Einkünfte des Beschwerdeführers aus seiner Tätigkeit als Kolporteur als solche aus Gewerbebetrieb und veranlagte ihn diesbezüglich sowohl zur Umsatzsteuer als auch unter anderem diesbezüglich zur Einkommensteuer, wobei es sowohl die steuerpflichtigen Umsätze als auch die entsprechenden Einkünfte anhand eines den Steuererklärungen beigeschlossenen Auszuges über die von der A KG bezogenen Provisionen ermittelte. Als Betriebsausgaben wurden unter anderem die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen berücksichtigt. Überdies erließ das Finanzamt einen Einkommensteuervorauszahlungsbescheid für 1993. In einer (zusätzlichen) Begründung zum Einkommen- und Umsatzsteuerbescheid für 1991 wurde ausgeführt, daß die Einkünfte aus der Tätigkeit als Kolporteur gemäß § 23 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb darstellten. Gemäß § 2 Abs. 1 UStG liege eine unternehmerische Tätigkeit vor; die Umsätze seien daher der Umsatzsteuer zu unterziehen.

In einer gegen die erwähnten Bescheide eingebrachten Berufung wurde unter Hinweis auf ein Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien, in welchem das Vertragsverhältnis eines Kolporteurs als Dienstvertrag beurteilt worden sei, und ein dieses Urteil bestätigendes Urteil des Oberlandesgerichtes sowie einen Bescheid des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, wonach die "Tätigkeit als Kolporteur" dem ASVG unterliege, vorgebracht, daß "keine Unternehmereigenschaft vorliegt", der Beschwerdeführer somit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die nicht der Umsatzsteuer unterlägen, bezogen habe. Der Beschwerdeführer beantragte, die Umsatzsteuer für 1991 mit S 0,-- festzusetzen und die Einkommensteuer 1991 "erklärungsgemäß vorläufig" sowie die Einkommensteuervorauszahlung 1993 mit S 0,-- festzusetzen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Im Sachverhaltsteil des angefochtenen Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt:

"Sachverhaltsbezogen wird auf folgendes Aktenmaterial hingewiesen:

Steuerklärungen samt Beilagen

Bescheide einschließlich gesonderter Begründung

Berufung

Berufungsvorentscheidung

Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz

Vorhalt vom ,

Vorhaltsbeantwortung vom samt Beilagen Vorhalt vom samt Beilagen Vorhaltsbeantwortungen vom 26. Februar und samt Beilagen."

Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides setzte sich die belangte Behörde punktuell insbesondere mit der persönlichen Dienstpflicht, der Weisungsgebundenheit, dem Unternehmerrisiko, der Unfallversicherung und der Sozialversicherung auseinander, wobei sie insbesondere auf die "Vorhaltsbeantwortung vom " und auch auf eine "Niederschrift vom " Bezug nimmt.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon mehrfach ausgesprochen, daß die von der belangten Behörde auch im Beschwerdefall gewählte Form der Begründung ihres Bescheides, anstelle der gebotenen zusammenhängenden Darstellung des von ihr konkret festgestellten Sachverhaltes auf das "bekannte Aktenmaterial" zu verweisen, den an die Begründung eines Bescheides zu stellenden Anforderungen regelmäßig nicht genügt (vgl. etwa schon das hg. Erkenntnis vom , 92/13/0272 oder das hg. Erkenntnis vom , 93/13/0065). Im Beschwerdefall kommt hinzu, daß das "Aktenmaterial" auf welches die belangte Behörde "sachverhaltsbezogen" hinweist, zum Großteil in den vorgelegten Verwaltungsakten nicht enthalten ist. So sind etwa in dem dem angefochtenen Bescheid vorangegangenen Verwaltungsverfahren eine Berufungsvorentscheidung und ein Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nicht ergangen und insbesondere eine "Vorhaltsbeantwortung vom samt Beilagen", auf welche sich die belangte Behörde in der Folge wiederholt zu den Punkten "persönliche Dienstpflicht" und "Weisungsgebundenheit" stützt, nicht aktenkundig.

Der Gerichtshof ist daher mangels dargelegter Sachverhaltsannahme durch die belangte Behörde daran gehindert, den angefochtenen Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen, weshalb der angefochtene Bescheid schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben ist.

Für das fortgesetzte Verfahren wird auf die im

hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, 95/13/0220, enthaltenen

Hinweise verwiesen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.