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VwGH vom 29.05.1996, 95/13/0179

VwGH vom 29.05.1996, 95/13/0179

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

95/13/0180 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDr. Jahn, über die Beschwerde der E-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat IV, vom , Zl. 6/2-2037/92-09, betreffend Gewerbesteuer 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unbestritten, daß es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Vermögensverwaltungsgesellschaft im Sinne des § 8 Z. 1 Gewerbesteuergesetz 1953 handelt, deren Alleingesellschafterin die D.-Leasing Gesellschaft m.b.H. ist, deren Alleingesellschafterin wiederum die D.-Bank ist. Ein auf einem im Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin stehenden Grundstück errichtetes Gebäude war im Streitjahr zum Teil an die D.-Bank vermietet.

Über die Frage, ob dieser Umstand den Ausschlußtatbestand des § 8 Z. 1 sechster Satz Gewerbesteuergesetz 1953 von der Berechtigung zur Geltendmachung der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages im Sinne des § 8 Z. 1 zweiter Satz Gewerbesteuergesetz 1953 verwirklicht, geht der zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bestehende Streit.

Die belangte Behörde bejahte diese Frage in dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid mit der Begründung, daß eine Interpretation der Bestimmung des § 8 Z. 1 sechster Satz Gewerbesteuergesetz 1953 nach dem Gesetzeszweck die Verwirklichung des Ausschlußtatbestandes von der Möglichkeit der Geltendmachung der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages auch in einem Fall wie dem vorliegenden als gegeben zu erkennen gebiete, weil die D.-Bank durch ihre 100 %ige Beteiligung an der D.-Leasing Gesellschaft m.b.H. deren Willensbildung und damit auch die Willensbildung der Beschwerdeführerin beeinflussen könne, sodaß der Wille der Vermögensverwaltungsgesellschaft bzw. deren unmittelbaren Gesellschafters gegenüber dem des mietenden Unternehmens in den Hintergrund trete. Die D.-Bank sei daher in wirtschaftlicher Betrachtungsweise Eigentümerin der Beschwerdeführerin, wodurch ihr gesellschaftergleiche Stellung zukomme. Durch die vorliegende gesellschaftsrechtliche Konstruktion sei jenes Naheverhältnis zwischen Vermögensverwaltungsgesellschaft und dem Gewerbebetrieb, dem der Grundbesitz diene, verwirklicht, das nach dem Willen des Gesetzgebers die erweiterte Kürzungsmöglichkeit nach § 8 Z. 1 zweiter Satz Gewerbesteuergesetz 1953 ausschließe.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung jedoch mit seinem Beschluß vom , B 349/95, abgelehnt und sie über nachträglichen Antrag der Beschwerdeführerin mit seinem Beschluß vom gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Vor diesem Gerichtshof begehrt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung, sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf richtige Berechnung der Gewerbesteuer, insbesondere in ihrem Recht auf erweiterte Kürzungsmöglichkeit gemäß § 8 Z. 1 Gewerbesteuergesetz 1953 als verletzt zu erachten.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und erklärt, von der Erstattung einer Gegenschrift im Hinblick auf das zwischenzeitig veröffentlichte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/14/0128, Abstand zu nehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 8 Z. 1 erster Satz Gewerbesteuergesetz 1953 wird die Summe des Gewinnes und der Hinzurechnungen um 3 v.H. des Einheitswertes des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes gekürzt. Nach dem zweiten Satz dieser Gesetzesstelle erfolgt bei Vermögensverwaltungsgesellschaften an Stelle der Kürzung nach dem ersten Satz auf Antrag die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf den Grundbesitz entfällt. Gemäß § 8 Z. 1 sechster Satz Gewerbesteuergesetz 1953 darf die Kürzung gemäß dem zweiten Satz dieser Gesetzesstelle nicht vorgenommen werden, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder einem Unternehmen dient, an dem die Vermögensverwaltungsgesellschaft oder ein Gesellschafter unmittelbar oder mittelbar (zum Beispiel durch Treuhänder oder durch eine Kapitalgesellschaft) wesentlich beteiligt ist.

Mit der Frage der Auslegung der Ausschlußbestimmung des § 8 Z. 1 sechster Satz Gewerbesteuergesetz 1953 hat sich der Verwaltungsgerichtshof im ähnlich gelagerten Fall des von der belangten Behörde aus Anlaß der Aktenvorlage zitierten Erkenntnisses vom , 94/14/0128, ÖStZB 1995, 398, bereits befaßt und die auch im damaligen Beschwerdefall von der Behörde vorgenommene teleologische Auslegung in Richtung einer Erfassung wirtschaftlicher Naheverhältnisse zwischen Vermögensverwaltungsgesellschaft und mietendem Unternehmer schlechthin mit der Begründung als unzulässig angesehen, daß mit einer solchen Gesetzesauslegung die Grenze des äußersten Wortsinnes der gesetzlichen Beschränkung erweiterter Kürzungen im § 8 Z. 1 sechster Satz Gewerbesteuergesetz 1953 überschritten würde. Die Erwägungen des genannten Erkenntnisses, auf dessen Gründe gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG verwiesen werden kann, gelten in gleicher Weise auch für den vorliegenden Beschwerdefall. Die D.-Bank, deren Betrieb der Grundbesitz der Beschwerdeführerin dient, ist nicht Gesellschafter der Beschwerdeführerin, sondern nur Gesellschafter deren Gesellschafters. Dafür, daß jemand als Gesellschafter der Vermögensverwaltungsgesellschaft im Sinne des § 8 Z. 1 sechster Satz Gewerbesteuergesetz 1953 anzusehen sei, der nur mittelbar an der Vermögensverwaltungsgesellschaft beteiligt ist, bietet das Gesetz aber, wie der Gerichtshof im zitierten Erkenntnis vom näher dargestellt hat, keinen Anhaltspunkt. Der Umstand der mittelbaren Beteiligung der das Unternehmen, dem der Grundbesitz der Beschwerdeführerin dient, betreibenden D.-Bank an der Beschwerdeführerin wiederum verwirklicht den gesetzlich normierten Ausschlußtatbestand deswegen nicht, weil dieser, wie im genannten Vorerkenntnis ebenso dargelegt, eine Beteiligung der Vermögensverwaltungsgesellschaft am nutzenden Unternehmen, nicht aber umgekehrt eine Beteiligung des Trägers des nutzenden Unternehmens an der Vermögensverwaltungsgesellschaft zur Voraussetzung hat.

Da die belangte Behörde die Rechtslage in der aufgezeigten Weise verkannt hat, war der angefochtene Bescheid somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.