VwGH vom 21.12.2000, 97/16/0343
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der J Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien I, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom , Zl. MD-VfR-C 3/97, betreffend Getränkesteuer für den Zeitraum vom bis , zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Di Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Laut Kaufvertrag vom erwarb die beschwerdeführende Gesellschaft von T. einen im Vertrag näher bezeichneten Gastgewerbebetrieb in W., S-Straße 13, mit allem rechtlichen und faktischen Zubehör einschließlich des in einer Beilage aufgelisteten Inventars und aller zugehörigen Mietrechte um den Kaufpreis von S 700.000,--. Als Zeitpunkt des Besitzübergangs ergibt sich aus dem Vertrag der Tag der Vertragsunterzeichnung, also der . Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdeführerin in Abweisung ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Haftungsbescheid vom "auf Grund des § 12 Abs. 1 und §§ 2 und 5 der Wiener Abgabenordnung - WAO, LGBl. für Wien Nr. 21/1962, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 21/1988, als Haftpflichtige zur Zahlung der für die Zeit vom bis im Betrieb in W., S-Straße 13 entstandenen Getränkesteuerschuld des Vorgängers T. im Betrage von S 37.435,10 herangezogen" und zur Entrichtung dieses Betrages aufgefordert.
Dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 93/17/0261, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. In Verkennung der Rechtslage habe es die belangte Behörde unterlassen, in sachverhaltsmäßiger Hinsicht zu prüfen, ob im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 letzter Satz WAO in der Fassung LGBl. Nr. 40/1992 erfüllt sind. Feststellungen darüber, welche Betriebsgegenstände der Primärschuldner der beschwerdeführenden Partei nun tatsächlich übereignet hat - woraus der Schluss gezogen hätte werden können, die Beschwerdeführerin habe ein lebendes (lebensfähiges) Unternehmen (hier: einen lebenden Gastgewerbebetrieb) erworben - seien im angefochtenen Bescheid jedoch nicht getroffen worden. Auch sei nicht festgestellt worden, ob die strittige Übertragung die wesentlichen Unternehmensgrundlagen zum Gegenstand hatte und in diesem Zeitpunkt noch ein lebendes (zumindest ein ohne wesentliche Unterbrechung reaktivierbares) Unternehmen vorhanden gewesen ist. Vielmehr sei die belangte Behörde von der unzutreffenden Rechtsauffassung ausgegangen, es komme bei der Beurteilung eines Erwerbsvorganges als Übereignung eines Unternehmens im Ganzen im Sinne des § 12 Abs. 1 WAO ausschließlich auf die Beurteilung des der Übertragung zugrundegelegten Vertrages an.
Darauf erließ die Abgabenbehörde erster Instanz am eine neuerliche Berufungsvorentscheidung, mit der die Berufung abermals abgewiesen wurde; allerdings erfolgte eine Abänderung insoferne, als die Haftung auf § 12 Abs. 1 WAO in der Fassung LGBl. Nr. 40/1992 gestützt wurde. Festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführerin sofort den Betrieb nach Übernahme weitergeführt hätte. Sie habe dementsprechend beginnend bereits mit April 1991 und für Mai und Juni 1991 Getränkesteuer abgerechnet. Eine Schließung sei erst dann im Sommer erfolgt, für die Monate Juli bis September sei keine Getränkesteuer abgerechnet worden. Nach der Schließung sei das Lokal als Spezialitätenrestaurant geführt und ab Oktober 1991 wieder Getränkesteuer abgerechnet worden. Dieser Sachverhalt ergebe sich aus zwei Anzeigen des Marktamtes wegen unbefugter Gewerbsausübung; vor dem Umbau sei eine "normale" Speisekarte ohne fernöstliche Spezialitäten festgestellt worden, nachher Speisen vorwiegend aus Japan und Korea.
Zur Haftungsbegrenzung im § 12 Abs. 1 WAO wurde festgestellt, dass der frühere Betreiber im Jahr 1989 S 71.611,-- Getränkesteuer abgerechnet habe.
Im Vorlageantrag machte die Beschwerdeführerin die Unzuständigkeit der Abgabenbehörde erster Instanz zur Erlassung einer neuerlichen Berufungsvorentscheidung geltend. Es sei unrichtig und aktenwidrig anzunehmen, die Beschwerdeführerin hätte das bisherige Cafe "Regenwurm" weitergeführt; vielmehr hätte die Beschwerdeführerin umfangreiche Umbauarbeiten für ein Spezialitätenrestaurant für japanische und koreanische Küche vorgenommen; beispielsweise hätte jeder Gasttisch mit einer Kochgelegenheit versehen werden müssen. Es sei zu einer Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit des Inhabers des Cafe "Regenwurm", dann zu einer mehrmonatigen Umbauphase und dann zur Einrichtung des nunmehrigen Unternehmens gekommen, sodass von einem Unternehmenskauf keine Rede sein könne.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung neuerlich als unbegründet ab, wobei sie wie in der Berufungsvorentscheidung eine Abänderung hinsichtlich der anzuwendenden Rechtsgrundlagen vornahm. Die vom Verwaltungsgerichtshof geforderte Voraussetzung, dass der Erwerber in der Lage sein müsse, in den vorhandenen Betriebsräumen ohne wesentliche Unterbrechung einen dem vorangegangenen gleichwertigen Betrieb fortzuführen, sei im vorliegenden Fall gegeben, weil bei einer Erhebung am festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführerin am gegenständlichen Standort ohne Gewerbeberechtigung das Gastgewerbe wie bisher, also ohne fernöstliche Spezialitäten fortgeführt habe. Dies zeige sich auch daran, dass die Beschwerdeführerin für April bis Juni 1991 Getränkesteuer abgerechnet habe. Die im Vorlageantrag angeführten Umbauarbeiten seien offenkundig erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt worden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dass auf Grund des Zeitpunktes der Inanspruchnahme zur Haftung § 12 Abs. 1 WAO in der Fassung LGBl. Nr. 40/1992 anzuwenden war, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Vorerkenntnis ausgeführt. Diese Bestimmung lautet:
"(1) Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber
1. für Abgaben, bei denen die Abgabepflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen;
2. für Steuerabzugsbeträge, die seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres abzuführen waren, mit folgenden Einschränkungen:
Der Erwerber haftet für die Abgabenrückstände jedes Kalenderjahres bis zu 110 vH des Steuerbetrages, der im zweitvorangegangenen Kalenderjahr im erworbenen Betrieb angefallen ist; hat der Betrieb nicht das ganze Vergleichsjahr bestanden, so ist der im Vergleichsjahr angefallene Steuerbetrag auf ein ganzes Jahr hochzurechnen, hat er überhaupt nicht bestanden, so ist ein vergleichbarer Betrieb heranzuziehen."
Zur Frage, ob eine Unternehmensübereignung vorliegt, hat die belangte Behörde ergänzende Sachverhaltsfeststellungen dahingehend getroffen, dass nach dem Erwerb in den Monaten April bis Juni der Betrieb unverändert weitergeführt wurde und erst dann ein Umbau stattfand. Dieser Sachverhalt wurde der Beschwerdeführerin im Rahmen der Berufungsvorentscheidung vorgehalten; sie hat dem nicht widersprochen, indem sie auf die mehrmonatige Umbauphase verwies, ohne konkret auf den Zeitraum April bis Juni 1992, für den auch Getränkesteuer abgeführt wurde, einzugehen. Gleiches gilt auch für die im zweitvorangegangenen Jahr abgeführte Umsatzsteuer.
Wenn aber das Unternehmen sogar ohne Unterbrechung fortgeführt wurde, dann wurde jedenfalls ein lebender Betrieb im Sinne der im Vorerkenntnis aufgezeigten Kriterien erworben. Der Haftungstatbestand der (der Höhe nach unbestrittenen) Haftungssumme ist daher erfüllt.
Hinsichtlich der gesetzlichen Beschränkung der Haftungssumme wurde der Beschwerdeführerin schon mittels Berufungsvorentscheidung vorgehalten, wie hoch die Abgabenschuld im zweitvorangegangenen Kalenderjahr, also im Jahr 1989 war. Sie hat sich dazu nicht geäußert. Im Übrigen teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der Behörde, dass nichts gegen eine neuerliche Berufungsvorentscheidung nach Aufhebung einer Berufungsentscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof spricht, weil damit die Berufung wieder unerledigt ist und dem Gesetz entsprechend zu behandeln war. Diese Frage spielt allerdings deshalb keine Rolle, weil durch den angefochtenen Bescheid nicht über die Richtigkeit der Berufungsvorentscheidung, sondern über die Berufung entschieden wurde. Die Bedeutung der Berufungsvorentscheidung lag vielmehr darin, dass damit Gelegenheit geboten wurde, zu entscheidenden Sachverhaltsfeststellungen Stellung zu nehmen, weil eine Berufungsvorentscheidung wie ein Vorhalt der Abgabenbehörde wirken kann. In diesem - auch hier gültigen - Fall wäre es Sache der Beschwerdeführerin gewesen, im Vorlageantrag Entsprechendes vorzubringen (siehe das schon von der belangten Behörde in der Gegenschrift zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/16/0019).
Damit erwies sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
In Anbetracht der Klärung der Rechtsfragen schon im Vorerkenntnis konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am