VwGH vom 19.02.1998, 97/16/0341

VwGH vom 19.02.1998, 97/16/0341

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der B-GmbH in K, vertreten durch Dr. Peter Fiegl, Dr. Frank Riel, Dr. Wolfgang Grohmann und Dr. Josef Cudlin, Rechtsanwälte in Krems, Gartenaugasse 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV 0117-09/07/97, betreffend Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Notariatsakt vom trat die W-GmbH ihren Geschäftsanteil an der W-B GmbH um einen Abtretungspreis von S 1,-- an die Beschwerdeführerin ab. In Punkt "Sechstens" wurde vereinbart, daß die abtretende Gesellschafterin von den von ihr für die W-B GmbH übernommenen Bürgschaften bei näher bezeichneten Banken im Innenverhältnis entlassen wird. Die Beschwerdeführerin verpflichtete sich, die abtretende Gesellschafterin vollkommen schad- und klaglos zu halten, falls diese auf Grund der obgenannten Bürgschaften zu irgendeiner Zahlung oder Leistung in Anspruch genommen werden sollte.

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien der Beschwerdeführerin für den Erwerb des Geschäftsanteils ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 5,182.071,-- (Summe der übernommenen Bürgschaften S 5,182.070,--) die Börsenumsatzsteuer in der Höhe von S 129.552,-- vor.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, mit der Tilgung der Bankkredite aus dem laufenden Geschäftsbetrieb verlören die Bürgenschaften ihre Grundlage, weshalb Zahlungen und Leistungen auf Grund der Bürgschaften nicht zu erwarten seien. Es sei weder eine ziffernmäßige Fixierung allfälliger Leistungen gegeben, noch eine vertragliche Vereinbarung getroffen, daß eine Nichterfüllung der Leistungen die Auflösung des Abtretungsvertrages nach sich ziehe.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung wies die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag darauf hin, daß die Bürgschaften keineswegs schlagend seien. Der Anspruch auf Schad- und Klagloshaltung bedeute, daß erst dann, wenn die Bürgschaften schlagend geworden seien, die abtretende Gesellschafterin einen Vermögensvorteil durch die Beschwerdeführerin erhalte, weil diese erfüllen müsse. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sei keine Vermögensverschiebung eingetreten.

In Ergänzung des Vorlageantrages legte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom ein Schreiben einer Bank vor, aus dem - nach Ansicht der Beschwerdeführerin - hervorgehe, daß bereits vor Abtretung des Geschäftsanteiles der W-GmbH an die Beschwerdeführerin die Bürgschaften zur Gänze von der Beschwerdeführerin bzw. deren Rechtsvorgängerin übernommen gewesen wären, was auch aus der Bilanz der Beschwerdeführerin per zu ersehen sei. Aus diesen Gründen könnten die übernommenen Bürgschaften/Garantien nicht in die Bemessungsgrundlage für die Börsenumsatzsteuer einbezogen werden.

Dieses Schreiben vom hat auszugsweise folgenden Inhalt:

"bezugnehmend auf das mit Ihnen geführte Telefonat vom heutigen Tage, bestätigen wir Ihnen wunschgemäß, daß sowohl die (BW-GmbH) als auch die (W-GmbH) solidarisch für die gesamten Kredite der (W-B GmbH) hafteten. Eine Teilbürgschaft (z.B. gemäß Anteile an der GmbH.) ist nur in Ausnahmefällen möglich und wenn dann nur bei erstklassiger Bonität des Kreditnehmers sowie beider Bürgen. Nachdem es sich bei der (W-B GmbH) seinerzeit um eine Neugründung handelte, stand eigentlich eine Teilbürgschaft daher nie zur Diskussion.

Durch die im April 1996 stattgefundenen Anteilsabtretung der (W-GmbH) an die (Beschwerdeführerin) wurde die (W-GmbH) aus ihren Bürgschaftsverpflichtungen entlassen. Gleichzeitig wurde auch die (BW-GmbH) aus der Bürgschaft für die der (W-B GmbH) gewährten Kredite entlassen. An Stelle der bisherigen 100%igen Bürgschaft der (BW-GmbH) trat nunmehr gemäß Bürgschaftsanbot vom die (Beschwerdeführerin) zur Gänze in diese Bürgschaft ein."

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, im Beschwerdefall sei die Höhe des Entgeltes strittig. Zum Entgelt zähle auch die Entlassung aus der Haftung und die Übernahme von Verpflichtungen und Verbindlichkeiten bei Banken und Sparkassen, wenn dies nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien conditio sine qua non für den Erwerb der GmbH-Anteile sei. Der GmbH-Anteil sei gegen einen Abtretungspreis von S 1,-- und Übernahme der Haftungen für diverse Bürgschaften in der Höhe von S 5,182.070,-- erworben worden. Ohne Übernahme der Haftungen hätte die Beschwerdeführerin den GmbH-Anteil nicht erwerben können. Auch bedingte Leistungen, die Haftungsübernahmen, seien in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, die Börsenumsatzsteuer lediglich vom Abtretungspreis von S 1,-- unter Außerachtlassung der Bürgschaften von S 5,182.070,-- zu bemessen, verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG gelten als Anschaffungsgeschäfte auch bedingte oder befristete Anschaffungsgeschäfte.

Nach § 21 Z. 1 leg. cit. wird die Steuer regelmäßig von dem vereinbarten Preis berechnet.

Nach ständiger hg. Judikatur sind neben dem jeweils fixierten Abtretungspreis auch noch alle anderen ziffernmäßig bestimmten Leistungen zum vereinbarten Preis zu rechnen, wenn diese Leistungen des Erwerbers notwendig waren, um den Geschäftsanteil zu erhalten (vgl. dazu insbesondere die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 95/16/0110, und vom , Zl. 93/16/0142, 0143). Auch die Übernahme von Haftungen, sofern sie ziffernmäßig bestimmt sind, gehört zum vereinbarten Preis, wenn die Haftungsübernahme Voraussetzung für den Erwerb des Geschäftsanteiles ist (vgl. dazu insbesondere das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/16/0111, 0112, 0113).

In der Beschwerde wird wie schon in der Ergänzung zum Vorlageantrag behauptet, im Zeitpunkt der Erstellung des Notariatsaktes habe bereits die Haftung der Beschwerdeführerin bestanden.

Die Beschwerdeführerin hat nach den im Akt befindlichen Urkunden die Bürgschafts- und Garantieverpflichtungen für die der W-B GmbH gewährten Kredite in der Höhe von S 5,182.070,-- - durch Annahme der mit datierten Bürgschaftsanbote am sowie der Garantieerklärung vom - übernommen und danach mit Notariatsakt vom sich verpflichtet, die abtretende Gesellschafterin (W-GmbH) von den von ihr gemeinsam mit der BW-GmbH solidarisch übernommenen Bürgschaften für die W-B GmbH "im Innenverhältnis zu entlassen" und sie vollkommen schad- und klaglos zu halten, falls sie auf Grund der Bürgschaft zur Zahlung oder zu Leistungen in Anspruch genommen werden sollte. Somit erbrachte die Beschwerdeführerin, um den Geschäftsanteil zu erhalten, anläßlich der Geschäftsteilabtretung die Leistung sowohl der Übernahme von Bürgschaften/Garantien für Kredite der W-B GmbH, für die die abtretende Gesellschafterin haftete, als auch die Entlassung der W-GmbH aus der Solidarhaftung mit der WB-GmbH aus diesen Bürgschaften/Garantien. Dies war daher auch der Preis des Anschaffungsgeschäftes. Weder aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin noch aus den Verwaltungsakten ist zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin die von der W-GmbH eingegangenen Verpflichtungen von dieser bereits zu einem früheren Zeitpunkt übernommen oder diese schad- und klaglos gestellt hätte.

Die Beschwerdeführerin scheint davon auszugehen, daß sie Gesamtrechtsnachfolgerin der WB-GmbH sei und deswegen schon vor der Bürgschafts- bzw. Garantieübernahme am bzw. mit der W-GmbH solidarisch für die eingegangenen Bürgschaften haftete. Abgesehen davon, daß die Behauptung einer solchen Gesamtrechtsnachfolge weder aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin noch aus den Verwaltungsakten nachvollziehbar ist - in der Beschwerde wird behauptet, durch Abspaltung von der BW GmbH "zur Neugründung durch Gesamtrechtsnachfolge" sei der Unternehmensbereich "Transport- und Reisebüro" auf die BW GmbH übertragen worden und diese habe bei der Neugründung der Beschwerdeführerin den Teilbetrieb "Reisebüro" gemäß § 15 Umgründungssteuergesetz als Sacheinlage eingebracht - würde selbst das Vorliegen der Gesamtrechtsnachfolge nichts daran ändern, weil die Beschwerdeführerin wegen der Geschäftsteilabtretung mit dem Notariatsakt vom sich verpflichtet hat, die W-GmbH aus der solidarischen Haftung zu entlassen und sie im Fall der Inanspruchnahme vollkommen schad- und klaglos zu halten. In der Haftungsfreistellung der W-GmbH samt Schadloshaltung liegt - wie bereits dargestellt - die Entlastung des Vermögens der W-GmbH durch die Beschwerdeführerin (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/16/0040, 0041).

Nach ständiger Judikatur (vgl. dazu insbesondere die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/16/0100, und , 91/15/0109) gelten gemäß § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG bedingte Anschaffungsgeschäfte als unbedingt geschlossen und begründen die Steuerpflicht ohne Rücksicht darauf, ob in der Folge überhaupt eine Verbindlichkeit zur Erfüllung des Geschäftes begründet wird. Dies entspricht dem für Verkehrsteuern ganz allgemein geltenden Grundsatz, daß auch der spätere Wegfall der vertraglich vereinbarten Pflicht nichts mehr an der bereits entstandenen Steuerschuld ändert. Angewendet auf die hier in Rede stehende Entlassung aus den Bürgschafts- und Garantieverpflichtungen bedeutet dies, daß diese vertraglich übernommene Verpflichtung ohne Rücksicht darauf in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen ist, ob der Erwerber des Geschäftsanteils letztendes überhaupt als Bürge oder Garant herangezogen wird (bzw. in welchem Ausmaß). Ebenso ohne Einfluß auf die einmal begründete Steuerpflicht ist die Frage der Regreßmöglichkeit (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/16/0348).

Die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe es auf Grund der unrichtigen Rechtsansicht unterlassen, allfällige zusätzliche Erhebungen und Klarstellungen durchzuführen, erweist sich als nicht berechtigt, weil der belangten Behörde im Ergebnis keine unrichtige Rechtsansicht angelastet werden kann. Der vorliegende Begründungsmangel, die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid auf Vorbringen der Beschwerdeführerin im verwaltungsbehördlichen Verfahren nicht eingegangen, führt deswegen nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil auch bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften kein anderer Bescheid hätte ergehen können.

Aus den dargestellten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG mit Rücksicht auf die vorliegende Judikatur in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.