VwGH vom 21.12.2000, 97/16/0340
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des G in H, vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in Wien III, Siegelgasse 6/10, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom , Zl. MD-VfR-S 19/97, betreffend Getränkesteuer für Jänner bis November 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Vereinbarung vom verpachtete der Beschwerdeführer sein Espresso-Lokal in Wien V, Klieberstraße 7, an die A.-GesmbH. Das Pachtverhältnis sollte am enden; als monatlicher Pachtschilling waren S 6.000,-- vereinbart. Hinsichtlich des Revisionszeitraumes April 1989 bis Dezember 1990 fand eine Prüfung statt, bei der im Einvernehmen mit der Steuerberaterin der A.-GesmbH am eine Bemessungsgrundlage ermittelt wurde.
Für das Jahr 1991 (bis zu dem von der Behörde angenommenen Betriebsende im November 1991) gelang eine solche einvernehmliche Feststellung nicht, weshalb die Abgabenbehörde mit einer Schätzung auf Grund der Vorrevision vorging. Das Schätzungsergebnis wurde der A.-GesmbH, und zwar deren Geschäftsführerin S. D. vorgehalten; sie äußerte sich dazu nicht, weshalb der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4/7, mit Bescheid vom der A.- GesmbH für die Zeit vom bis die Getränkesteuer im Betrag von S 45.411,-- vorschrieb. Außerdem wurde ein Verspätungszuschlag wegen unterlassener Einbringung der Getränkesteuererklärung und ein Säumniszuschlag auferlegt.
Von der Magistratsabteilung 6-Rechnungsamt erging am das Ersuchen an die Angabenbehörde auf Ausstellung von Haftungsbescheiden. Damals betrug der offene Rückstand insgesamt S 40.663,--. Hinsichtlich dieses Betrages wurde S. D. mit Bescheid vom zur Haftung herangezogen; mit Schreiben vom ersuchte S. D. wegen finanzieller Schwierigkeiten um die Bewilligung von Ratenzahlungen in Höhe von monatlich S 5.000,--, beginnend mit September 1993. Tatsächlich leistete sie bis Mai 1994 Ratenzahlungen in der Höhe von insgesamt S 20.333,--, sodass sich zu diesem Zeitpunkt inklusive zwischenzeitig aufgelaufener Zinsen ein Rückstand von S 22.896,-- ergab.
Mit Schreiben vom ersuchte die Magistratsabteilung 6 abermals um die Ausstellung eines Haftungsbescheides über den zuletzt genannten Betrag, wobei angeführt wurde, dass der Rückstand bei der bereits haftbar gemachten Geschäftsführerin S.D. nicht einbringbar sei. Nach Vorhalt, dass der Beschwerdeführer für die Verpächterhaftung in Anspruch genommen würde, äußerte er sich mit Schreiben vom dahingehend, dass die A.-GesmbH ab Februar 1991 keine Umsätze mehr gemacht hätte, weil der gegenständliche Gastgewerbebetrieb bereits geschlossen gewesen sei. Das Betriebsende sei am gewesen. Die Pachtzahlungen seien von der hinterlegten Kaution abgedeckt worden. Dazu legte er einen Bescheid des Finanzamtes für Körperschaften in Wien über die Festsetzung von Umsatzsteuer vor, wonach für den Zeitraum April bis Juni 1991 gegenüber der A.-GesmbH die Umsatzsteuer mit S 0,-- festgesetzt wurde.
Darauf hielt die Abgabenbehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom vor, dass am durch die Magistratsabteilung 59-Marktamt im gegenständlichen Betrieb der Verkauf von Getränken festgestellt worden sei. Dazu erklärte der Beschwerdeführer, dass er fünfmal wöchentlich versucht habe, den Pachtzins am Betriebsort einzutreiben und jedesmal festgestellt habe, dass der Betrieb geschlossen sei. Auch die Steuerberaterin habe nur bis Jänner 1991 Unterlagen erhalten.
Mit Bescheid vom zog die Abgabenbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer auf Grund des § 5 Abs. 2 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971 und der §§ 2 und 5 WAO als Haftungspflichtigen zur Zahlung für die in der Zeit vom bis im Betrieb der ehemaligen Pächterin im Betrage von S 22.896,-- entstandenen (noch offenen) Getränkesteuerschuld heran. In der Begründung wurde darauf verwiesen, dass sich die Rückstände aus dem beigelegten Bemessungsbescheid vom ergeben und dass sie weder bei der A.-GesmbH noch bei der Geschäftsführerin eingebracht werden konnten. Die Betriebsführung sei mit November 1991 eingestellt worden.
Ausdrücklich gegen den Haftungsbescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er verwies darauf, dass ab Februar 1991 das Lokal ständig geschlossen gewesen wäre, weshalb keine Getränkesteuerschuld entstanden sein konnte. Darauf wurde dem Beschwerdeführer vorgehalten, dass am vom Marktamt der Kauf von Getränken im gegenständlichen Lokal festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführer selbst das Betriebsende mit November 1991 im Zuge der Getränkesteuerschätzung angegeben habe und dass er weiters angegeben habe, das Pachtverhältnis hätte im Februar 1992 geendet. Er wurde aufgefordert, Beweise für eine Betriebsschließung im Februar 1991 vorzulegen.
Dazu äußerte sich der Beschwerdeführer dahingehend, dass er Ende November 1991 die Schlösser im Lokal gewechselt habe und ab das Lokal an einen anderen Pächter verpachtet hätte.
Das Finanzamt für Körperschaften teilte der Abgabenbehörde mit Schreiben vom mit, dass für das Jahr 1991 keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht wurden. Die A.-GesmbH sei im Firmenbuch gelöscht worden und sei der Steuerakt am ohne Erlassung eines Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 1991 gelöscht worden.
Aus einer Anfragebeantwortung der Verrechnungsstelle der Wiener Stadtwerke ergab sich, dass der Strom- und Gasverbrauch im gegenständlichen Betrieb im Jahr 1991 genauso hoch war wie im Jahr 1990.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4/7, die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Unter Bedachtnahme auf Feststellungen, die das Marktamt am an Ort und Stelle getroffen hat und den Strom- und Gasverbrauch wurde von einer Betriebsführung bis mindestens November 1991 ausgegangen; die Umsatzsteuerfestsetzung sei durch keine Betriebsprüfung gedeckt. Im Übrigen habe die Hauptschuldnerin die mit Bescheid vom festgesetzte Steuer als richtig anerkannt und kein Rechtsmittel erhoben. Auch die zur Haftung herangezogene Geschäftsführerin habe kein Rechtsmittel erhoben, sodass an der Betriebsführung im Zeitraum bis November 1991 kein Zweifel bestanden habe. Da die Einhabung der aushaftenden Rückstände weder bei der Primärschuldnerin noch bei der haftungspflichtigen Geschäftsführerin möglich gewesen sei, seien die Voraussetzungen der Geltendmachung der Haftung beim Verpächter gegeben.
Im Vorlageantrag verwies der Beschwerdeführer auf seine bisherigen Ausführungen und rügte, es gebe keine konkreten Beweismittel darüber, dass tatsächlich der Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Das Berufungsvorbringen, wonach im Haftungszeitraum eine Betriebsführung durch die Primärschuldnerin nicht stattgefunden habe, erscheine im Hinblick darauf, dass die Primärschuldnerin den Bemessungsbescheid unbekämpft gelassen hätte, nicht glaubwürdig. Außerdem wurde auf den Bericht vom und die Bestätigung der Stadtwerke verwiesen. Im Hinblick auf den ausgewiesenen Pachtzins von S 6.000,-- pro Kalendermonat sei eine Einschränkung der Haftung in betragsmäßiger Hinsicht nicht gegeben.
Mit seiner dagegen erhobenen Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung dieses Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 5 Abs. 2 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971, LGBl. Nr. 2 (in der Fassung des Gesetzes vom , LGBl. für Wien Nr. 33; GetrStG) hat folgenden Wortlaut:
"(2) Entsteht die Steuerpflicht in einem Pachtbetrieb, so haftet der Verpächter für die Steuerbeträge, die auf die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Beendigung der Betriebsführung durch den Pächter liegenden Kalenderjahres entfallen, mit folgenden Einschränkungen:
1. Der Verpächter haftet für jedes Kalenderjahr bis zu 110vH des Steuerbetrages, der im zweitvorangegangenen Kalenderjahr im verpachteten Betrieb angefallen ist; hat der Betrieb nicht das ganze Vergleichsjahr bestanden, so ist der im Vergleichsjahr angefallene Steuerbetrag auf ein ganzes Jahr hochzurechnen, hat er überhaupt nicht bestanden, so ist ein vergleichbarer Betrieb heranzuziehen.
2. Der Verpächter haftet aber immer bis zur Höhe des Pachtschillings, der für den Zeitraum, für den die Haftpflicht besteht, vereinbart wurde."
Die hier anzuwendenden Bestimmungen der WAO lauten:
"§ 2. (1) Abgaben im Sinn dieses Gesetzes sind, wenn nicht anderes angeordnet ist, neben den im § 1 bezeichneten Abgaben auch die Nebenansprüche zu diesen Abgaben.
(2) Zu den Nebenansprüchen gehören insbesondere a) die Abgabenerhöhungen, b) der Verspätungszuschlag, c) die im Abgabenverfahren auflaufenden Kosten und die in diesem Verfahren festgesetzten Zwangs- und Ordnungsstrafen sowie die Kosten der Ersatzvornahme, d) die Nebengebühren der Abgaben, wie die Stundungszinsen, die Aussetzungszinsen, der Säumniszuschlag, die Mahngebühr und die Kosten (Gebühren und Auslagenersätze) des Vollstreckungs- und Sicherungsverfahrens.
§ 5. (1) Personen, die nach Abgabenvorschriften für eine Abgabe haften, werden durch Geltendmachung dieser Haftung (§ 171) zu Gesamtschuldnern.
(2) Persönliche Haftungen (Abs. 1) erstrecken sich auch auf Nebenansprüche (§ 2 Abs. 1 und 2).
§ 192. Zur Einbringung einer Berufung ist jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.
§ 193. (1) Wer zur Berufung gegen einen Haftungsbescheid (§ 171) befugt ist, kann innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen den Abgabenbescheid (§ 146) berufen, wenn ein solcher bereits ergangen ist oder die Abgabe erstmals durch den Haftungsbescheid festgesetzt wurde."
Der Beschwerdeführer wurde als Verpächter gemäß § 5 Abs. 2 GetrStG zur Haftung herangezogen, wobei ihm gleichzeitig mit dem Haftungsbescheid der Abgabenbescheid gegenüber der Primärschuldnerin zugestellt wurde. Er war gemäß § 193 Abs. 1 WAO zu einer Berufung gegen den Abgabenbescheid berechtigt. Wie aus der mit ihm vor der Behörde aufgenommenen Niederschrift eindeutig hervorgeht, hat er zwar nur gegen den Haftungsbescheid berufen, inhaltlich aber allein ein Vorbringen gegen den Abgabenbescheid erstattet, in dem er behauptete, dass seit Februar 1991 ein getränkesteuerpflichtiger Umsatz gar nicht getätigt worden wäre. Wenn die Berufungsbehörde über seine Einwendungen gegen den Abgabenbescheid trotzdem abgesprochen hat, konnte allein dadurch eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers nicht eintreten.
Die Frage, ob die A.-GesmbH bis November 1991 eine getränkesteuerpflichtige Tätigkeit entfaltet hat, ist eine Tatfrage, die die belangte Behörde auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens und der vorgenommenen Beweiswürdigung gelöst hat. Mängel der Beweisaufnahme, wie sie der Beschwerdeführer geltend macht, sind nicht erkennbar: Hinsichtlich der Umsatzsteuerfestsetzung durch das Finanzamt für Körperschaften hat die belangte Behörde darauf verwiesen, dass diese Schätzung allein darauf beruhte, dass keine Umsatzsteuervoranmeldungen erstattet wurden, dass aber insbesondere keine Prüfung vorgenommen worden war. Was die Feststellung des in diesem Jahr eingetretenen Strom- und Gasverbrauches betrifft, so wurde dies dem Beschwerdeführer mit der Berufungsvorentscheidung vorgehalten; von der Möglichkeit, diesbezüglich ein Vorbringen im Vorlageantrag zu erstatten, hat der Beschwerdeführer aber keinen Gebrauch gemacht. Es kann daher keine Rede davon sein, dass er in diesem Zusammenhang in seinen "elementarsten Verteidigungsrechten beschnitten" worden wäre.
Weiters ist zu bedenken, dass nicht nur die Primärschuldnerin den Abgabenbescheid unbekämpft ließ, sondern dass auch die zur Haftung herangezogene Geschäftsführerin den Abgabenbescheid nicht nur nicht bekämpfte, sondern sogar um Raten ansuchte und schließlich, was zu einer entsprechenden Reduktion gegenüber dem Beschwerdeführer führte, umfangreiche Teilzahlungen leistete.
Wenn demgegenüber der Beschwerdeführer nur den Umstand ins Treffen führte, dass er bei mehreren Kontrollen festgestellt hätte, das Lokal wäre geschlossen gewesen, so ist die von der belangten Behörde getroffene Beweiswürdigung durchaus als schlüssig und nachvollziehbar anzusehen. Die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers ist daher nicht berechtigt.
Im Rahmen seiner Rechtsrüge wehrt sich der Beschwerdeführer gegen die Vorschreibung eines Verspätungszuschlages, eines Säumniszuschlages sowie von Zinsen und einer Mahngebühr. Dabei verkennt er aber, dass sich gemäß § 5 Abs. 2 WAO persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche (§ 2 Abs. 1 und 2 WAO) erstrecken.
Damit erwies sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG durch einen gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am