VwGH vom 21.12.2000, 97/16/0334
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. Bernt Strickner, Rechtsanwalt in Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 6, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ib-8169/4, betreffend Getränkesteuer für 1988 bis 1992 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Seefeld), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im November 1993 fand beim Beschwerdeführer bezüglich seiner Gastronomiebetriebe "Hotel Hocheder", "Sportzentrum Olympia", "Hotel St. Peter" und "Golfrestaurant" eine Getränkesteuerprüfung statt. Nach dem Bericht vom wurden bei der Gegenüberstellung der Einkaufspreise mit den Verkaufspreisen mittels Warenbeteiligungen die durchschnittlichen Rohaufschläge ermittelt. Aus den Wareneinsätzen und den Rohaufschlägen wurde unter Berücksichtigung von Eigenverbrauch, Personalverbrauch, Repräsentationen, Schwund etc. ein steuerpflichtiger Umsatz von S 28,071.480,-- ermittelt, woraus sich eine Getränkesteuerschuld (geteilt nach alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken) von S 2,675.484,-- ergab. Unter Bedachtnahme auf die erklärte Getränkesteuer von S 1,887.819,-- ergab sich eine Nachforderung von S 787.665,--. In diesem Bericht wird auf eine Schlussbesprechung mit dem Beschwerdeführer und dem Steuerberater L. verwiesen, welche sich mit dem Prüfungsergebnis einverstanden erklärt hätten.
Mit Bescheid vom setzte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde auf Grund des Tiroler Getränkesteuergesetzes in Verbindung mit dem Gemeinderatsbeschluss vom , wonach die Gemeinde vom Verbrauch der Getränke eine Abgabe erhebe, die Getränkesteuer im Sinne des Prüfungsberichtes fest, wobei zur restlichen Getränkesteuer von S 787.665,-- noch ein 2 %iger Säumniszuschlag von S 15.753,-- vorgeschrieben wurde.
Nach zwei Rechtsgängen, in denen Berufungsbescheide des Gemeindevorstandes jeweils der Aufhebung durch die belangte Behörde anheim fielen, hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom die Berufung des Beschwerdeführers neuerlich als unbegründet abgewiesen. In Entsprechung der tragenden Aufhebungsgründe der zuvor ergangenen Bescheide der belangten Behörde wurde die Steuer gleich lautend wie im erstinstanzlichen Bescheid festgesetzt, allerdings ein zwischenzeitig geleisteter Teilbetrag von S 233.249,-- in Abzug gebracht. Bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage ging die Berufungsbehörde von den festgestellten Wareneinsätzen aus und nahm wie in den Beilagen 1 bis 9 zu diesem Bescheid detailliert dargelegt, Aufschläge vor. Insbesondere erfolgte in Beilage 2 eine Schätzung der Rohaufschläge für die Warengruppen, Bier, Wein, Sekt/Spirituosen, Limonaden und Warmgetränke, wobei aus den Verkaufspreisen für die vier eingangs genannten Betriebsteile jeweils der Rohaufschlag ermittelt, sodann ein Durchschnittsatz für jedes der fünf Jahre bestimmt und schließlich ein gewogener Rohaufschlag für alle fünf Jahre ermittelt wurde. Die Rohaufschläge für die Jahre 1988, 1989 und 1991 wurden unter Berücksichtigung der Preisentwicklung geschätzt. Zur Schätzung sei es wegen materiell unrichtiger Buchhaltung, wegen Inventurmängel und wegen Kalkulationsdifferenzen gekommen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung als unbegründet ab.
Die Berufungsbehörde habe dem Auftrag der Vorstellungsbehörde im zuvor ergangenen Aufhebungsbescheid Rechnung getragen, wonach betriebs- und jahresbezogene Kalkulationen einer neuerlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden müssen. Dies sei unter Berücksichtigung der dem angefochtenen Bescheid angeschlossenen Beilage 2 erfolgt. Die Aufsichtsbehörde teilte auch die Meinung des Gemeindevorstandes, dass es gravierende Buchhaltungsmängel im Prüfungszeitraum gegeben hätte. Im Zuge der Prüfungen des Finanzamtes seien in erheblichem Ausmaß Umsatzhinzuschätzungen erfolgt, sodass die Gemeindeinstanzen auf Schätzungen angewiesen gewesen seien. Als Ergebnis der Schlussbesprechung sei es zu einer Reduktion der ursprünglich errechneten Rohaufschläge gekommen. Die abschließende Besprechung mit dem Steuerberater L. sei nach Ansicht der Aufsichtsbehörde als Schlussbesprechung zu werten, weil nach Durchsicht und Überprüfung der Unterlagen und Kalkulationen keine Einwände gegen das Prüfungsergebnis erhoben worden waren. Im Einzelnen verwies die belangte Behörde hinsichtlich der Kalkulation zur Warengruppe "Bier" auf einen Aktenvermerk über eine Besprechung vom , bei der der Beschwerdeführer nach eingehender Erläuterung des Prüfungsergebnisses an Hand der Aufzeichnung erklärt hätte, dass die Richtigkeit der Kalkulation - richtige Verkaufspreise, richtige Portionierung - bestätigt werde. Die angeführten S 72,-- pro Liter Bier seien als Mischpreis anzusehen, weil bis zu S 83,-- verlangt werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Festsetzung der Getränkesteuer nach den tatsächlichen Umsätzen und in seinem Recht auf Unterbleiben einer Schätzung verletzt erachtet. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes vom über die Erhebung einer Abgabe vom Verbrauch von Getränken und Speiseeis (Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz-Tir GetrStG, LGBl. Nr. 102/1973), werden die Gemeinden ermächtigt, soweit ihnen eine solche Ermächtigung nicht schon durch Bundesgesetz eingeräumt ist, durch Beschluss des Gemeinderates vom Verbrauch von Getränken eine Abgabe (Getränkesteuer) nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erheben. Nach § 2 Abs. 1 leg. cit. ist der Steuersatz der Getränkesteuer durch Beschluss des Gemeinderates in einem Hundertsatz bis zum Höchstausmaß von 10 v.H. des getränkesteuerpflichtigen Entgeltes (Abs. 2 bis 4) festzusetzen. Er gilt in gleicher Höhe für das gesamte Gemeindegebiet und für alle der Getränkesteuer unterliegenden Getränke. Auf Grund des § 2 Abs. 2 leg. cit. i.d.F. LGBl. Nr. 58/1989 gilt als getränkesteuerpflichtiges Entgelt das dem Letztverbraucher in Rechnung gestellte Entgelt, einschließlich des Entgeltes für Zugaben, die üblicherweise im Preis für Getränke enthalten sind, wie Zucker, Milch, Zitrone und dergleichen, jedoch ausschließlich des Entgeltes für rückverrechenbare Verpackungen (Gebinde), die gesondert in Rechnung gestellt werden, der Getränkesteuer, der Umsatzsteuer, der Abgabe von alkoholischen Getränken und des Bedienungsgeldes.
Grundlage der Getränkesteuerbemessung ist somit das dem Letztverbraucher in Rechnung gestellte Entgelt. Dieses Entgelt wurde (grundsätzlich) dadurch ermittelt, dass ausgehend von den für den Wareneinsatz gezahlten Einkaufspreisen und den aus Rechnungen erhobenen Verkaufspreisen Rohaufschläge festgestellt wurden die - unter Abzug für Schwund, Eigenverbrauch, Personalverbrauch, Gratisgetränke etc. - auf die erzielten Entgelte schließen ließen. Gegen diese Ermittlungsmethode hat der Beschwerdeführer keinen Einwand erhoben; er wendet sich gegen die hinsichtlich einzelner Komponenten erfolgte Schätzung.
§ 147 TLAO lautet:
"(1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich sind.
(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.
(4) In Abgabenvorschriften enthaltene weiter gehende Bestimmungen über die Schätzungsbefugnis der Abgabenbehörden bleiben unberührt."
Der Beschwerdeführer bestreitet die Erforderlichkeit der Schätzung. Hinsichtlich des Wareneinsatzes wurde (offenbar) von seinem Zahlenwerk ausgegangen, weil der Vorhalt des Prüfberichtes mit Schreiben vom , der aufgegliedert nach Jahren und Warengruppen den Wareneinsatz enthält, in seiner Stellungnahme vom diesbezüglich unbeanstandet blieb. Die Aufforderung der Behörde mit Schreiben vom , die Getränkekarten für sämtliche Betriebe sowie pro Betrieb und Jahr zwei Bonrollen der Registrierkassen sowohl für die Winter- als auch für die Sommersaison vorzulegen, ist der Beschwerdeführer nicht - auch nicht, wie angekündigt, bis Ende Jänner 1996 - nachgekommen. Ohne diese Unterlagen konnten die Behörden aber nur durch Schätzung von Rohaufschlägen zu den Wareneinsätzen das vom Letztverbraucher geschuldete Entgelt ermitteln. Eine Schätzung war daher jedenfalls erforderlich.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beispielsweise im Erkenntnis vom , Zl. 95/16/0222, ausgesprochen, dass es Ziel der Schätzung ist, die Besteuerungsgrundlagen, soweit sie sich nicht anhand der Unterlagen des Abgabepflichtigen, auf Grund seiner Bücher und Aufzeichnungen sowie der Abgabenerklärungen zuverlässig ermitteln oder berechnen lassen, möglichst zutreffend festzustellen, und zwar so, dass das Ergebnis die größere Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich hat, um auf diese Weise den tatsächlichen abgabenrechtsbedeutsamen Verhältnissen und wirtschaftlichen Gegebenheiten möglichst nahe zu kommen. Schätzungen ist weiters immer eine gewisse Ungenauigkeit immanent.
Die Berufungsbehörde hat die ihrer Schätzung zu Grunde liegenden Überlegungen und Ansätze in Zusammenhang mit den dem Bescheid angeschlossenen Beilagen ausführlich, schlüssig und nachvollziehbar begründet und es konnten vom Beschwerdeführer keine Zweifel daran geweckt werden, dass die erzielten Ergebnisse die größere Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich hätten. Insbesondere zeigt Beilage 2, dass je nach Jahr verschiedene Durchschnittsrohaufschläge ermittelt wurden, wobei der letztlich festgesetzte Rohaufschlag jeweils die Untergrenze bildete.
Der konkret erhobene Vorwurf, dass von einem unrichtigen Bierpreis (S 7.200,-- pro Fass) ausgegangen worden wäre, lässt sich mit dem Akt nicht in Einklang bringen, zumal die dortigen Kalkulationen (siehe insbesondere Beilage 2) jeweils 3.700,-- ausweisen.
Wenn der Beschwerdeführer schließlich moniert, die Getränkesteuererhebung beruhe auf keinem entsprechenden Beschluss des Gemeinderates über die Ausschreibung einer Getränke- und Speiseeissteuer, so ist er auf den hier ergangenen erstinstanzlichen Bescheid zu verweisen.
Indem die belangte Behörde der gegen den Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung keine Folge gab, konnte somit eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers nicht eintreten. Damit erwies sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am