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VwGH vom 30.06.1994, 92/15/0213

VwGH vom 30.06.1994, 92/15/0213

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des H und der A in G, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VIII) vom , Zl. 6/4-4250/90-03, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 1985 und 1986, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht das Recht, eine Absetzung für Abnutzung als Werbungskosten im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung für eine Garage vorzunehmen, in Streit. Die ua mit dieser Garage bebaut gewesene Liegenschaft war von den Beschwerdeführern am im Wege der Versteigerung erworben und sodann mit Bestandvertrag vom der T-Gesellschaft m.b.H. (in der Folge kurz: Bestandnehmer) in Bestand gegeben worden. Im Bestandvertrag heißt es hiezu auszugsweise wie folgt:

"Der Bestandnehmer ist berechtigt, auf diesem Bestandobjekt ein Betriebsgebäude, welches aus dem diesem Vertrag als Bestandteil angeschlossenen Auswechslungsplan vom ersichtlich ist, als Superädifikat zu errichten und darin alle Geschäftszweige, die üblicherweise mit dem Betrieb eines Betriebsgebäudes verbunden sind, ausgenommen den Betrieb eines Reisebüros, zu betreiben und die hierzu erforderlichen Arbeiten und Bauführung sowohl über als auch unter der Erde auf eigene Kosten vorzunehmen. Der Bestandnehmer ist weiters berechtigt, die in Bestand genommene Liegenschaft für jeden geschäftlichen und betrieblichen Zweck zu verwenden.

Festgehalten wird, daß die gegenständliche Liegenschaft bereits geräumt vom derzeitigen Altbestand an den Bestandnehmer übergeben wird. Die Kosten für den Abbruch des Altbestandes an der Hauptstraße tragen die Bestandgeber. Der Abbruch der bestehenden Garage erfolgt durch den Bestandnehmer auf eigene Kosten, wofür ihm die Verwertung des Materials überlassen wird.

Die Bestandgeber verpflichten sich, alle im Zusammenhang mit der Errichtung und allfälligen späteren Änderungen des Betriebsgebäudes allenfalls erforderlichen Genehmigungen zu geben und die für die behördlichen Genehmigungen der Bauführung nowendigen, von dem Bestandnehmer vorgelegten Anträge zu fertigen bzw. Bewilligungen zu erteilen, die die Errichtung und den Betrieb des Geschäftes nach den Vorstellungen des Bestandnehmers im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten gewährleisten, weiters bei Anträgen auf Errichtung von Park- und Halteverbotszonen den Bestandnehmer zu unterstützen.

Baubehördliche Auflagen jeder Art betreffend das Bestandobjekt und das darauf zu errichtende Betriebsgebäude sind vom Bestandnehmer auf dessen Kosten zu erfüllen und sind die Bestandgeber diesbezüglich schad- und klaglos zu halten.

Als Entgelt zahlt der Bestandnehmer den Bestandgebern einen monatlichen Bestandzins in Höhe von S 16.000,-- (in Worten: Schilling sechzehntausend) zusätzlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

...

Die Bestandgeber gestatten dem Bestandnehmer, das auf der Bestandliegenschaft zu errichtende Superädifikat einschließlich der nicht zur Verbauung bestimmten Nebenflächen ohne Einschränkung zur Gänze oder in Teilen in Bestand zu geben.

...

Die Vertragspartner sind berechtigt, den vorliegenden Vertrag unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist zum Ende des Kalenderjahres aufzukündigen.

Die Bestandgeber verzichten jedoch auf die Dauer von 26 Jahren auf das Recht der Kündigung, so daß sie frühestens zu einer Kündigung bis zum berechtigt sind. Die Bestandrechte des Bestandnehmers aufgrund dieses Vertrages sind auf diese Dauer grundbücherlich im 1. Rang einzuverleiben.

Bei Auflösung des Vertrages geht das Superädifikat geldlastenfrei in das Eigentum der Bestandgeber über.

...

Die vom Bestandnehmer auf der Bestandliegenschaft errichteten Anlagen und Baulichkeiten werden in der Absicht aufgeführt, daß sie nicht stets darauf bleiben sollen und stehen im alleinigen und unbeschränkten Eigentum des Bestandnehmers. Über Wunsch des Bestandnehmers wird nach Errichtung der Baulichkeiten das Bestehen des Bauwerkes gemäß § 435 ABGB im Grundbuch der Liegenschaft W, EZ. 1087, mit den Grundstücken Nr. 217/1 Baufläche und Nr. 50/1 Garten, ersichtlich gemacht. Die Bestandgeber verpflichten sich bereits jetzt, die für die Ersichtlichmachung des Bestehens eines Bauwerkes gemäß § 435 ABGB erforderlichen Vereinbarungen zu schließen, Anträge zu stellen bzw. Urkunden zu fertigen."

In der Folge hat der Bestandnehmer das Superädifikat errichtet und an eine Gesellschaft weiterverpachtet, die in diesem Gebäude einen Supermarkt betreibt. Bei Errichtung des Superädifikates wurden zwar andere Teile des Altbestandes, nicht aber die in Rede stehende Garage demoliert; dies im Hinblick auf den guten Bauzustand dieses Baukörpers. Zu diesem Punkt enthält der im Instanzenzug ergangene angefochtene Bescheid, mit dem den Beschwerdeführern die von ihnen beantragte Absetzung für Abnutzung nicht gewährt worden ist, im wesentlichen folgende Ausführungen:

Bei der ehemaligen Garage im Ausmaß von 169,32 m2 seien sämtliche Innenwände entfernt worden, die Dach- und Fußbodenkonstruktion erneuert und Durchbrüche bei den Außenmauern vorgenommen worden. Außerdem seien bauliche Maßnahmen zur Errichtung eines Kühl- und Heizraumes durchgeführt worden. In wirtschaftlicher Hinsicht könne davon ausgegangen werden, daß die ehemalige Bausubstanz lediglich durch die Verwendung von geringfügigen Teilen in die neue Baulichkeit (im Ausmaß von 513,76 m2) integriert worden sei. Mit der Errichtung des Superädifikates habe die ehemalige Garage ihren Charakter als eigenständiges Wirschaftsgut verloren. Für diese rechtliche Beurteilung spreche auch, daß "über dem sogenannten Altbestand auf einer neu errichteten Decke weitere Räume des Superädifikatsbesitzers liegen". Der Bestandnehmer sei auch wirtschaftlicher Eigentümer des Superädifikates, wie aus der schwachen rechtlichen Stellung der Beschwerdeführer hervorgehe. Hilfsweise heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiters, daß sich die Frage einer Wertminderung im Zusammenhang mit einer außergewöhnlichen technischen und wirtschaftlichen Abnutzung auch deswegen nicht stelle, weil die Absicht der Beschwerdeführer auf den Erwerb des nackten Grund und Bodens gerichtet gewesen sei und weniger auf das in der Folge abgerissene Gebäude, was daraus erhelle, daß bereits ein gutes halbes Jahr nach der Ersteigerung der Liegenschaft der Abbruch des erworbenen Gebäudes sowie die Errichtung eines Supermarktes von der Baubehörde bewilligt worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem ersten Satz des im Beschwerdefall anzuwendenden § 16 Abs. 1 EStG 1972 sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Im Katalog der beispielsweise aufgezählten Werbungskosten sind in Z. 8 dieser Gesetzesstelle auch Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung (§ 7) angeführt.

Die Beschwerde bestreitet zunächst, daß die ehemalige Garage durch die Baumaßnahmen des Bestandnehmers als selbständiges und abnutzbares Wirtschaftsgut untergegangen ist. Sie spricht zwar selbst davon, daß die ehemalige Garage in den Neubau integriert bzw. "hineingebaut" worden sei, meint aber, daß der Anteil der ehemaligen Garage mit rund einem Drittel der Fläche des Neubaues nicht von untergeordneter Bedeutung sei. Dem Altbestand müsse auch wertmäßig Bedeutung zukommen, weil die Anschaffungskosten für den Erwerb des nackten Grund und Bodens andernfalls überhöht erschienen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob nach einer Bauführung ein einheitliches Gebäude oder mehrere Gebäude vorhanden sind, anhand bautechnischer Kritierin zu lösen. Maßgebend ist, ob Gebäude unmittelbar aneinander grenzend angebaut bzw. ineinander integriert bzw. aufeinander errichtet sind, oder mit entsprechendem räumlichen Abstand voneinander. Als weitere wesentliche Kriterien wurden in der hg.

Rechtsprechung die folgenden genannt: Errichtung der Bauwerke auf verschiedenen Grundstücken mit identen oder verschiedenen Eigentümern; Ineinandergreifen der einzelnen Räumlichkeiten sowie Bestehen eigener Eingänge und Stiegenaufgänge (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/15/0161, und die dort zitierten Vorentscheidungen). Im besonderen wurde eine Garage als Teil des alten Baubestandes und nicht als selbständiges Gebäude beurteilt, wenn zwischen den beiden Bauteilen eine solche Verbindung hergestellt wird, daß die Garage für sich allein baulich nicht bestehen kann (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/17/0505, und vom , Zl. 81/17/0208).

Da im Beschwerdefall die ehemalige Garage unbestrittenermaßen bautechnisch in das neu errichtete Gebäude integriert worden ist, hat erstere hiedurch ihre Eigenständigkeit verloren. Sie ist damit als selbständiges und abnutzbares Wirtschaftsgut untergegangen.

Zu lösen bleibt daher nur noch die Rechtsfrage, ob anläßlich des Unterganges der Garage der darauf entfallende, noch nicht abgesetzte Teil der Anschaffungskosten der Liegenschaft unter dem Titel Absetzung für Abnutzung als Werbungskosten absetzbar ist. Diese Frage könnte nur bejaht werden, wenn die Aufwendungen für die Anschaffung dieses Teiles der Liegenschaft solche zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen im Sinne des § 16 EStG 1972 wären. Dies würde ua erfordern, daß objektiv ein Zusammenhang bzw. sogar ein unmittelbarer Zusammenhang der abzusetzenden Aufwendungen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung besteht (vgl. hiezu Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 22 zu § 16; Doralt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz (1988), Tz 13 zu § 16; und Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 4 zu § 16 EStG 1988). Ein solcher Zusammenhang besteht jedoch im Beschwerdefall aus folgendem Grund nicht:

Laut Bestandvertrag sollte die Garage durch den Bestandnehmer auf eigene Kosten abgerissen werden, wofür ihm die Verwertung des Materials überlassen wurde. Der vereinbarte Bestandzins kann somit kein Äquivalent für die Überlassung des Gebrauches der ehemaligen Garage darstellen. Die Beschwerdeführer behaupten auch nicht, daß der Bestandzins wegen des etwa erst später erkannten guten Bauzustandes der Garage nachträglich erhöht worden sei. Sofern daher überhaupt von einer Minderung des Privatvermögens der Beschwerdeführerin durch Wertverlust des Gebäudes die Rede sein kann - immerhin repräsentiert das neu errichtete Superädifikat offenkundig einen höheren Wert als die vorher auf der Liegenschaft befindlichen Altbauten und wird der Neubau zu einem nach Ablauf der Sperrfrist gelegenen Zeitpunkt auf die Beschwerdeführer übergehen -, handelt es sich nicht um einen weiteren Verlust, der in der für Werbungskosten erforderlichen Weise mit steuerbaren Einkünften im Zusammenhang steht.

Auf Grund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.