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VwGH vom 26.11.1997, 95/13/0146

VwGH vom 26.11.1997, 95/13/0146

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des KB, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom , GZ. 16-95/3133/05, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungs(Einkommensteuer)akten des Beschwerdeführers befindet sich eine Vollmachtsurkunde vom , in der der Beschwerdeführer eine Wirtschaftstreuhandgesellschaft bevollmächtigt, ihn in allen steuerlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden und Personen rechtsgültig zu vertreten. Die Vollmacht enthält auch die ausdrückliche Ermächtigung zum Empfang von Schriftstücken der Abgabenbehörde, "welche nunmehr ausschließlich dem Bevollmächtigten zuzustellen sind". In der im Jänner 1995 beim Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 1993 ist die in der Vollmachtsurkunde bezeichnete Wirtschaftstreuhandgesellschaft ausdrücklich als steuerliche Vertretung angeführt.

Von dem in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1993 als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten "Kostenanteil für einen Krankenhausaufenthalt" in Höhe von S 10.432,-- und der "Kostenübernahme für die Mutter, die selbst keine Einkünfte hat" (laut Ermittlungsverfahren des Finanzamtes handelte es sich dabei um Prozeßkosten laut Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom ) in Höhe von S 47.345,-- erkannte das Finanzamt nur S 8.800,-- als zwangsläufig erwachsen an. Auch diese Aufwendungen blieben laut Begründung zum Einkommensteuerbescheid 1993 unberücksichtigt, weil sie den Selbstbehalt in Höhe von S 13.864,-- nicht überstiegen.

In der vom Beschwerdeführer selbst verfaßten Berufung vom vertrat dieser die Ansicht, daß es sich bei den von ihm übernommenen Prozeßkosten in der Höhe von S 47.345,-- und den anteiligen Krankhausaufenthaltskosten in Höhe von S 10.432,-- um abzugsfähige außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 34 EStG handle. Aus dem vorgelegten Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom ergebe sich, daß die gegenständlichen Prozeßkosten zwangsläufig entstanden seien, weil die Mutter des Beschwerdeführers geklagt worden sei, und das Verfahren sich weder als eine direkte noch indirekte Konsequenz eines Verhaltens darstelle, zu dem sich die Mutter des Beschwerdeführers aus freien Stücken entschlossen habe. Die Mutter des Beschwerdeführers habe kein Verhalten gesetzt, das zur Klage Anlaß gegeben habe, sondern vielmehr hätten die Prozeßgegner die Einverleibung einer Wegeservitut betrieben (auch habe lediglich ein Teil der Prozeßgegner obsiegt). Es könne nicht Intention des Gesetzgebers sein, die beklagte Partei zu zwingen, behauptete Ansprüche der klagenden Partei sofort anzuerkennen, ansonsten bei gegebenenfalls negativem Ausgang des Verfahrens die dann entstandenen Prozeßkosten als nicht zwangsläufig entstanden beurteilt würden. Zivilrechtlich seien Kinder verpflichtet, den Eltern den anständigen Unterhalt zu leisten, wenn die Eltern in Dürftigkeit verfallen seien. Das Ausmaß der rechtlichen Verpflichtung eines Kindes, einem Elternteil den anständigen Unterhalt zu verschaffen, könne nicht schlechthin mit dem Betrag einer nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen bestimmten Rente begrenzt werden. Bei mangelfreier Tatsachenfeststellung und richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die Behörde erster Instanz im Bescheid feststellen müssen, daß die Mutter des Beschwerdeführers über keine Einkünfte verfüge, sodaß der Beschwerdeführer gezwungen gewesen sei, "um den notdürftigen Unterhalt seiner Mutter sicherzustellen, die zwangsläufig erwachsenen Prozeßkosten im verzeichneten Ausmaß von S 47.345,-- abzudecken". Es werde daher beantragt, die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung durch anteilige Krankenhausaufenthaltskosten von S 10.432,-- und zwangsläufige Prozeßkostenübernahme für die Mutter des Beschwerdeführers von S 47.345,-- anzuerkennen.

Mit dem angefochtenen, dem Beschwerdeführer zu Handen der bevollmächtigten Wirtschaftstreuhandgesellschaft zugestellten angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Zu den Prozeßkosten führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt sei zu ersehen, daß der Beschwerdeführer und seine Mutter als Beklagte einen Prozeß verloren hätten, bei dem es sich um die "Feststellung des Bestehens von Dienstbarkeiten" (Wegerecht) zugunsten der Kläger gehandelt habe. Der Beschwerdeführer übersehe bei seiner Argumentation, "daß ihm, bzw. seiner Mutter, der Prozeß selbst nicht zwangsläufig erwachsen ist, weil kein Zwang für ihn oder seine Mutter bestand, den obsiegenden Klägern das Wegerecht (offenbar zu Unrecht) verweigern zu müssen". Habe aber ein freiwilliges Verhalten des Beschwerdeführers und seiner Mutter zu dem Prozeß geführt, dann seien die geltend gemachten Kosten nicht im Sinne des § 34 EStG 1988 zwangsläufig, auch wenn sie nach "freiwillig herbeigeführtem Prozeß für den Beschwerdeführer bzw. für seine Mutter zwangsläufig geworden sind". Es sei dabei auch nicht von Bedeutung, wie der Beschwerdeführer die "Qualität des Gerichtsurteiles" bewerte. Zu den Krankenhauskosten ging die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon aus, daß es sich hier um ebenfalls für die Mutter bezahlte Kosten gehandelt habe, wobei hier Telefonaufwendungen in der Gesamthöhe von rund S 1.632,-- nicht als zwangsläufig erwachsen beurteilt worden seien. Da die vom Finanzamt anerkannten S 8.800,--, ebenso wie die geltend gemachten S 10.432,--, unter die zumutbare Grenze (Selbstbehalt) von S 13.864,-- nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 fielen, könne die Frage der nur teilweisen oder vollständigen Anerkennung der Krankenhauskosten dahingestellt bleiben. Daß der Selbstbehalt falsch berechnet worden sei, habe der Beschwerdeführer (zu Recht) nicht behauptet.

In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der angefochtene Bescheid verletze den Beschwerdeführer "in dem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung und auf richtige Anwendung der Bestimmung des § 34 EStG 1988".

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe dem im Berufungsverfahren unvertretenen Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid nicht zugestellt, sondern "dem Beschwerdeführer eine nicht bestehende Rechtsvertretung angedichtet".

Diesem Vorbringen ist die auch vom Beschwerdeführer unbestritten gebliebene Aktenlage und insbesondere die oben erwähnte Angabe in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1993 sowie die (auch die Zustellung umfassende) Vollmacht der Wirtschaftstreuhandgesellschaft entgegenzuhalten, für deren Einschränkung die vom Beschwerdeführer selbst verfaßte Berufung keinen Anhaltspunkt bot. § 83 Abs. 5 BAO schließt bei Bestellung eines Bevollmächtigten nicht aus, daß der Vollmachtgeber im eigenen Namen Erklärungen abgibt (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 828). Die Zustellung des angefochtenen Bescheides durch die belangte Behörde an die Wirtschaftstreuhandgesellschaft erfolgte damit zu Recht (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 92/17/0234).

Der Abzug von Belastungen bei Ermittlung des Einkommens setzt gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 voraus, daß die Belastung außergewöhnlich ist (Abs. 2), zwangsläufig erwächst (Abs. 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt (Abs. 4) Zwangsläufigkeit liegt vor, wenn sich der Steuerpflichtige der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 34 Abs. 3 leg. cit.). Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie den nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

§ 34 Abs. 7 EStG 1988 (i.d.F. BGBl. Nr. 312/1992) regelt die Voraussetzungen, unter denen Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden können. In den Z. 1 bis 3 dieser Bestimmung sind dazu Regelungen betreffend Unterhaltsleistungen an Kinder und (Ehe)Partner enthalten; Z. 4 des § 34 Abs. 7 bestimmt weiters, daß Unterhaltsleistungen darüber hinaus nur insoweit abzugsfähig sind, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Diese Bestimmung schließt beispielsweise die Anerkennung laufender Unterhaltszahlungen von Kindern an Eltern von einer Begünstigung nach § 34 EStG 1988 aus (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer-Kommentar, Tz 6 zu § 34 Abs. 3 EStG 1988).

Bezüglich der als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Prozeßkosten der Mutter, zu denen in der Beschwerde im wesentlichen gleichlautend wie in der Berufungsschrift argumentiert wird, ist zunächst davon auszugehen, daß es sich bei der Übernahme dieser Prozeßkosten (ebenso wie bei der Übernahme einer Bürgschaft) nicht um Unterhaltsleistungen im Sinne des § 143 ABGB und damit auch nicht um solche im Sinne des § 34 Abs. 7 EStG 1988 handelte (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/14/0105, und vom , 92/13/0145). Aus § 143 ABGB ergibt sich somit keine Verpflichtung zur Übernahme der Prozeßkosten der Eltern. Es besteht aber - dieser Überlegung liegt die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zwangsläufigkeit der Bürgschaftsübernahme für nahe Angehörige (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/14/0016) zugrunde - auch grundsätzlich keine über die rechtliche Verpflichtung hinausgehende sittliche Verpflichtung zur Tragung von Prozeßkosten eines Angehörigen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wäre allenfalls nur dann zulässig, wenn die Prozeßführung unmittelbar zur Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage des nahen Angehörigen erforderlich gewesen wäre. Dafür ergibt sich aber nach dem beschwerdegegenständlichen Sachverhalt (der Zivilprozeß betraf das Bestehen von Wegeservituten auf dem Beschwerdeführer und seiner Mutter gehörenden Grundstücken) kein Anhaltspunkt. Die belangte Behörde hat somit zur Frage der vom Beschwerdeführer bezahlten Prozeßkosten die Rechtslage im Ergebnis zutreffend beurteilt.

Zur Frage der Kosten des Krankenhausaufenthaltes rügt der Beschwerdeführer einerseits die Nichtanerkennung der geltend gemachten Telefonaufwendungen, und bringt andererseits auch vor, daß die Krankenhauskosten entgegen den Feststellungen der belangten Behörde nicht seine Mutter, sondern den Beschwerdeführer selbst betroffen hätten. Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer aber schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil bei dem zur Anrechnung gekommenen Selbstbehalt von S 13.864,-- auch die Krankenhauskosten im Gesamtbetrag von S 10.432,-- zu keiner Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung hätten führen können. Daß der Selbstbehalt in Höhe von S 13.864,-- - wie in der Beschwerde erstmals behauptet - unrichtig berechnet worden wäre, ist ebenfalls nicht erkennbar. Bei dem im Einkommensteuerbescheid des Beschwerdeführers ausgewiesenen Einkommen von S 173.305,-- betrug der Selbstbehalt nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 8 %, sohin S 13.864,--.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.