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VwGH vom 19.03.2002, 2001/10/0138

VwGH vom 19.03.2002, 2001/10/0138

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde der D GmbH in Lassee, vertreten durch Dr. Reinhard Schuster, Rechtsanwalt in 2410 Hainburg an der Donau, Hauergasse 35, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU5-B- 203/001, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung und Auftrag zur Wiederherstellung des früheren Zustandes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Am suchte die Beschwerdeführerin um die naturschutzbehördliche Genehmigung der Zwischenlagerung von Lehmmaterial Eluatklasse 1 auf dem Grundstück Nr. X, KG Spannberg, bis an. Die Beschwerdeführerin hatte dieses Lehmmaterial angekauft, um es sukzessive dort einzubauen, wo es notwendig sei, wie z.B. in Deponien. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom wurde der Antrag auf naturschutzbehördliche Bewilligung zur Zwischenlagerung von Lehmmaterial auf dem Grundstück Nr. X, KG Spannberg, zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und zudem der Auftrag erteilt, die Ablagerungen von Lehmmaterial auf diesem Grundstück zu entfernen und den früheren Zustand wieder herzustellen (Spruchpunkt II. des Bescheides). Gemäß Spruchpunkt II.2. des Bescheides wurde eine Frist für die Wiederherstellung bis gesetzt.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Inhaltes des § 66 Abs. 4 AVG und des § 13 Abs. 3 AVG aus, dass gemäß § 31 Abs. 2 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes 2000, LGBl. 5500-0 (NSchG 2000), in Anträgen auf Erteilung von Bewilligungen oder Ausnahmen Art, Lage, Umfang und Verwendung des Vorhabens anzugeben seien sowie die zur Beurteilung des Vorhabens erforderlichen Unterlagen, insbesondere Pläne, Beschreibungen, Skizzen u.dgl. in dreifacher Ausfertigung sowie ein aktueller Grundbuchsauszug anzuschließen seien. Sei der Antragsteller nicht Grundeigentümer, sei die Zustimmung des Eigentümers glaubhaft zu machen. Weiters sei der Nachweis darüber zu erbringen, dass die beantragte Bewilligung nicht einem rechtswirksamen überörtlichen oder örtlichen Raumordnungsprogramm widerspreche.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens sei der Beschwerdeführerin die Möglichkeit eingeräumt worden, einen Nachweis darüber zu erbringen, dass die beantragte Bewilligung nicht einem rechtswirksamen überörtlichen oder örtlichen Raumordnungsprogramm widerspreche. Es sei daraufhin eine gutachterliche Stellungnahme des Raumordnungsplanungsbüros Architekt Prof. W. bei der Berufungsbehörde eingelangt. Die Zusammenfassung dieser Stellungnahme gehe dahin, dass die von der Beschwerdeführerin angestrebte temporäre Zwischenlagerung von Lehmmaterial der Eluatklasse 1 dem aufliegenden regionalen Raumordnungsprogramm für das nördliche Wiener Umland nicht widerspreche. Die belangte Behörde setzt mit der Feststellung fort, dass sich aus dem Gesetzestext ergebe, dass das geplante Vorhaben weder dem örtlichen noch dem überörtlichen Raumordnungsprogramm widersprechen dürfe. Die gutachterliche Stellungnahme spreche vom regionalen Raumordnungsprogramm, das einen Teil des überörtlichen Raumordnungsprogrammes bilde. Es ergebe sich aus dem Gutachten, dass die Gemeinde Spannberg das gegenständliche Grundstück mit der derzeitigen Widmung Grünland-Landwirtschaft auch als Grünland-Lagerplatz widmen könnte. Eine derartige Umwidmung würde nicht dem regionalen Raumordnungsprogramm widersprechen. Da aber diese Umwidmung nicht erfolgt sei, widerspreche die Lagerung dem örtlichen Raumordnungsprogramm. Da die formalen Voraussetzungen für eine Bewilligung nicht vorlägen, sei ohne Prüfung der materiellen Bewilligungsfähigkeit spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführerin in der richtigen Anwendung des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes, insbesondere der Bestimmungen der §§ 7, 31 und 35, verletzt erachtet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes 2000, LGBl 5500-0 (die Novellen 5500-1 und -2 betreffen die hier maßgeblichen Bestimmungen nicht) lauten:

"§ 7

Bewilligungspflicht

(1) Außerhalb vom Ortsbereich, das ist ein baulich oder funktional zusammenhängender Teil eines Siedlungsgebietes (z.B. Wohnsiedlungen, Industrie- oder Gewerbeparks), bedürfen der Bewilligung durch die Behörde:

1. die Errichtung und wesentliche Abänderung von allen Bauwerken, die nicht Gebäude sind und die auch nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit Gebäuden stehen und von sachlich untergeordneter Bedeutung sind;

2. die Errichtung, die Erweiterung sowie die Rekultivierung von Materialgewinnungs- oder -verarbeitungsanlagen jeder Art;

3. die Errichtung, Anbringung, Aufstellung, Veränderung und der Betrieb von Werbeanlagen, ...

4. Abgrabungen oder Anschüttungen, die nicht im Zuge anderer nach diesem Gesetz bewilligungspflichtiger Vorhaben stattfinden, sofern sie außer bei Hohlwegen sich auf eine Fläche von mehr als 1.000 m2 erstrecken und durch die eine Änderung des bisherigen Niveaus um mehr als einen Meter erfolgt;


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5.
...
6.
die Errichtung oder Erweiterung von Anlagen für die Behandlung von Abfällen sowie von Lagerplätzen aller Art, ausgenommen in der ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft übliche Lagerungen sowie kurzfristige, die Dauer von einer Woche nicht überschreitende, Lagerungen;
...

(2) Die Bewilligung nach Abs. 1 ist zu versagen, wenn


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1.
das Landschaftsbild,
2.
der Erholungswert der Landschaft oder
3.
die ökologische Funktionstüchtigkeit im betroffenen Lebensraum nachhaltig beeinträchtigt wird und diese Beeinträchtigung nicht durch Vorschreibung von Vorkehrungen weitgehend ausgeschlossen werden kann. Bei der Vorschreibung von Vorkehrungen ist auf die Erfordernisse einer zeitgemäßen Land- und Forstwirtschaft sowie einer leistungsfähigen Wirtschaft soweit wie möglich Bedacht zu nehmen.
...
§ 31
Antragsverfahren

(1) Anträge nach diesem Gesetz oder nach den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen sind schriftlich einzubringen.

(2) In Anträgen auf Erteilung von Bewilligungen oder Ausnahmen sind Art, Lage, Umfang und Verwendung des Vorhabens anzugeben sowie die zur Beurteilung des Vorhabens erforderlichen Unterlagen, insbesondere Pläne, Beschreibungen, Skizzen udgl. in dreifacher Ausfertigung sowie ein aktueller Grundbuchsauszug anzuschließen. Ist der Antragsteller nicht Grundeigentümer, ist die Zustimmung des Eigentümers glaubhaft zu machen. Weiters ist der Nachweis darüber zu erbringen, dass die beantragte Bewilligung nicht einem rechtswirksamen überörtlichen oder örtlichen Raumordnungsprogramm widerspricht.

Abschnitt VII

Besondere Maßnahmen und Strafbestimmungen

§ 35

Besondere Maßnahmen

...

(2) Unabhängig von einer Bestrafung nach § 36 sind Personen, die den Bestimmungen dieses Gesetzes oder aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen oder Bescheiden zuwidergehandelt haben, von der Behörde zu verpflichten, den früheren Zustand wiederherzustellen oder, wenn dies nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand den Interessen des Naturschutzes bestentsprechend abzuändern. Zu diesem Zweck kann die Behörde auch die Verpflichtung zur Erstellung eines Sanierungsplanes vorschreiben; dieser Plan ist der Behörde zur Bewilligung vorzulegen."

Nach der hg. Rechtsprechung stellt das Fehlen der nach dem anwendbaren Materiengesetz erforderlichen Beilagen zu einem Antrag ein Formgebrechen dar, welches zu einem Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG zu führen hat (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 95/07/0228, , Zl. 96/04/0198, , Zl. 96/07/0184).

Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob die Rechtsauffassung der belangten Behörde zutrifft, dass dann, wenn nach dem Materiengesetz ein "Nachweis" wie im vorliegenden Fall für die Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan zu erbringen ist, bei Vorlage einer Unterlage, welche inhaltlich nicht geeignet ist, den geforderten Nachweis zu erbringen, in gleicher Weise wie bei gänzlicher Unterlassung der Nachreichung einer erforderlichen Beilage mit Zurückweisung des Anbringens vorzugehen ist. Selbst wenn man § 31 Abs. 2 zweiten Satz NÖ NSchG dahingehend versteht, dass er (neben dem formellen Erfordernis, entsprechende Angaben und Belege über die Übereinstimmung mit den in Betracht kommenden Raumordnungsprogrammen beizubringen) gleichzeitig eine materielle Bewilligungsvoraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung nach § 6 NÖ NSchG normiere, sodass bei einem Misslingen des verlangten "Nachweises" (bei Vorliegen eines Widerspruches zum Flächenwidmungsplan als örtlichem Raumordnungsprogramm) der Bewilligungsantrag abzuweisen und nicht zurückzuweisen wäre, soferne nur zunächst den formellen Anforderungen genüge getan wurde, wäre die Beschwerdeführerin durch die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Zurückweisung ihres Antrages nicht in den geltend gemachten Rechten verletzt, da ihr im Fall des Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan kein Recht auf Erteilung der Bewilligung zusteht.

Wenn in der Beschwerde in inhaltlicher Hinsicht geltend gemacht wird, dass die Widmung Grünland-Landwirtschaft nach dem Niederösterreichischen Raumordnungsgesetz grundsätzlich die "Nutzungsart einer Lehmablagerung" ermögliche bzw. sie nicht von vorne herein ausschließe, so übersieht die Beschwerdeführerin, dass gemäß § 19 Abs. 4 NÖ ROG im Grünland ein bewilligungs- oder anzeigepflichtiges Bauvorhaben gemäß der NÖ Bauordnung 1996 nur dann und nur in jenem Umfang zulässig ist, als dies für eine Nutzung gemäß Abs. 2 erforderlich ist und eine nachhaltige Bewirtschaftung erfolgt. Bei der Erforderlichkeitsprüfung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob für das beabsichtigte Bauvorhaben geeignete Standorte im gewidmeten Bauland auf Eigengrund zur Verfügung stehen. Nach der hg. Rechtsprechung zu § 19 NÖ ROG ist bei der Beantwortung der Frage, ob eine Baulichkeit für eine Nutzung gemäß § 19 Abs. 2 NÖ ROG 1976 erforderlich ist, an die hiefür maßgebenden Kriterien ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0122, m. w.N., u.a. auf das hg. Erkenntnis VwSlg. 13.025 A/1989). Nach dem Beschwerdevorbringen dient die gegenständliche Lehmablagerung keinem landwirtschaftlichen Betrieb. Die Ablagerung widerspricht somit § 19 Abs. 4 NÖ ROG. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die im Verfahren vorgelegte Stellungnahme, der zufolge die beantragte Verwendung nicht dem regionalen Raumordnungsprogramm widerspreche, allenfalls belege, dass die Gemeinde zulässigerweise den Flächenwidmungsplan auch entsprechend ändern könne, dass aber auf der Grundlage der geltenden Widmung des Grundstücks ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan gegeben sei.

Soweit in der Beschwerde das Vorliegen der Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Nö NSchG "außerhalb vom Ortsbereich" bestritten wird, weil das gegenständliche Grundstück nur 250 m von einer Deponie entfernt liege, für welche die Widmung Bauland-Sondergebiet-Deponie bestehe, ist darauf hinzuweisen, dass selbst bei unmittelbarem Angrenzen eines Grundstücks eines Dritten an ein solcherart gewidmetes Grundstück der in § 7 Abs. 1 NSchG geforderte funktionale Zusammenhang nicht schon allein wegen der Lage des Grundstücks gegeben wäre; es erübrigt sich daher näher darauf einzugehen, ob die vom Beschwerdeführer genannte Deponie überhaupt "Ortsbereich" im Sinn des § 7 Abs. 1 NSchG sein könnte.

Zur Frage der Rechtswidrigkeit des erteilten Entfernungsauftrages wird in der Beschwerde nur vorgetragen, dass diese aus der Rechtswidrigkeit der Erledigung des Bewilligungsantrages folge.

Tatbestandsvoraussetzung für die behördliche Anordnung einer Maßnahme nach § 35 Abs. 2 NSchG ist jedoch allein das Zuwiderhandeln gegen das Naturschutzgesetz; nach der hg. Rechtsprechung zur insoweit gleichlautenden Vorläuferbestimmung des § 25 Abs. 1 NSchG 1991 ist bei bewilligungspflichtigen Maßnahmen die Ausführung ohne Bewilligung ein Zuwiderhandeln (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/10/0020). Die belangte Behörde konnte daher davon ausgehen, dass die Voraussetzung des § 35 Abs. 2 NSchG, dass dem Naturschutzgesetz zuwidergehandelt wurde, vorlag (nach dem Vorgesagten ist überdies davon auszugehen, dass die Ablagerung auch nicht konsensfähig war). Auch die sonstigen Voraussetzungen gemäß § 35 Abs. 2 Nö NSchG, wie insbesondere die Durchführung der gegen das Naturschutzgesetz verstoßenden Maßnahme durch die beschwerdeführende Partei (die daher zu Recht als Adressat des Beseitigungsauftrages in Anspruch genommen wurde), sind nach den Angaben der Beschwerde gegeben.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom , Zlen. 1902, 1903/78).

Wien, am