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VwGH vom 28.05.1998, 97/16/0301

VwGH vom 28.05.1998, 97/16/0301

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der S GmbH & Co KG in W, vertreten durch Dr. Ernst Zauner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Edisonstraße 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. RV/079/01-09/Mü/97, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Verschmelzungsvertrag vom vereinbarten die Vertragsparteien, die S GmbH & Co KG mit Sitz in W sowie die B GmbH & Co KG mit Sitz in S, die S GmbH & Co KG mit der B GmbH & Co KG in der Weise zu verschmelzen, daß die erstgenannte von der zweitgenannten Gesellschaft zur Gänze, mit allen Aktiva und Passiva, mit allen Rechten und Pflichten unter Verzicht auf die Liquidation auf der Grundlage des Jahresabschlusses zum aufgenommen wird und damit die S GmbH & Co KG erlischt. Die erstgenannte Gesellschaft brachte ihr gesamtes Unternehmen in die aufnehmende Gesellschaft ein, welche die Buchwerte der aufgenommenen Gesellschaft fortsetzte. Den Kommanditisten der aufgenommenen Gesellschaft wurden Gesellschaftsrechte an der aufnehmenden Gesellschaft eingeräumt. Zum Vermögen der aufgenommenen Gesellschaft gehörte die Liegenschaft, welche im Zuge dieser Verschmelzung an die aufnehmende Gesellschaft übertragen wurde.

Mit vorläufigem Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz unter Ansatz des Einheitswertes des Grundstückes als Bemessungsgrundlage die Grunderwerbsteuer in Höhe von S 180.320,-- fest. Da nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der sich aus der Höhe der Gegenleistung errechnende Umfang der Abgabepflicht noch ungewiß gewesen sei, erfolge die Vorschreibung nur vorläufig. Die Höhe der Gegenleistung wurde vorläufig mit dem Betrag des Einheitswertes des Betriebsgrundstückes geschätzt.

Mit endgültigem Bescheid vom setzte das genannte Finanzamt die Grunderwerbsteuer unter Ansatz des zweifachen Einheitswertes als Bemessungsgrundlage gemäß 3. Teil Z. 1 lit. d UmgrStG i.V.m. § 7 Z. 3 GrEStG 1987 mit S 360.640,-- fest.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen und die Grunderwerbsteuer unter Heranziehung des Verkehrswertes der Liegenschaft von S 10,500.000,-- sowie dem Steuersatz von 3,5 v.H. in Höhe von S 367.500,-- festgesetzt.

Im Antrag auf Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte die Beschwerdeführerin aus, der Zusammenschluß zweier Personengesellschaften sei der klassische Anwendungfall des Art. IV § 11 StruktVG. Dies gelte auch dann, wenn der Zusammenschluß als Vermögensübertragung bezeichnet werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und setzte die Grunderwerbsteuer mit S 367.500,-- fest. Dies mit der Begründung, im Erkenntnis vom , Zlen. 81/15/0096, 0099, habe der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, daß § 11 Abs. 1 StruktVG keine Betriebseinbringung zum Gegenstand habe, sondern Unternehmenszusammenschlüsse. Es liege daher kein Anwendungsfall des § 11 Abs. 1 StruktVG vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Anwendung des Art. IV StruktVG auf den Unternehmenszusammenschluß verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist strittig, ob ein Zusammenschluß zu Handelsgesellschaften nach Art. IV § 11 StruktVG vorliegt oder nicht.

Schließen sich Einzelunternehmungen oder Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, zu Handelsgesellschaften zusammen, so sind gemäß § 11 StuktVG, wenn die zusammengeschlossenen Betriebe bereits länger als zwei Jahre bestehen, die dadurch verursachten Vorgänge von der Grunderwerbsteuer und den nach dem Gebührengesetz zu erhebenden Gesellschaftsvertragsgebühren befreit.

Ist die einer Verschmelzung oder Einbringung nach Art. I und III des StruktVG zugrundezulegende Bilanz der übertragenden Gesellschaft oder des einbringenden, auf einen nach dem liegenden Zeitpunkt aufgestellt, so ist gemäß

3. Teil Z. 1 lit. d Umgründungssteuergesetz (UmgrStG) für alle nicht endgültig rechtskräftig veranlagten Fälle die Grunderwerbsteuer für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 oder 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 vom Zweifachen des Einheitswertes der Grundstücke zu berechnen. Dies gilt auch bei Zusammenschlüssen nach Art. IV des StruktG, wenn die Erwerbsvorgänge nach dem verwirklicht wurden.

Die belangte Behörde vertritt ohne nähere Begründung die Auffassung, es liege kein Anwendungsfall des § 11 StruktVG vor, weil diese Bestimmung keine Betriebseinbringung zum Gegenstand habe, sondern im wesentlichen Unternehmenszusammenschlüsse.

Die belangte Behörde verkennt mit dieser Auffassung, daß bei der Verschmelzung durch Aufnahme die aufnehmende Gesellschaft aufgelöst und ihr Vermögen in die aufnehmende Personengesellschaft als Sacheinlage eingebracht, und zwar - mangels besonderer gesetzlicher Bestimmungen - im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Zwischen den Mitgliedern der beiden Personengesellschaften wird ein Gesellschaftsvertrag abgeschlossen, durch den die neu eintretenden Gesellschafter nach Maßgabe der von ihnen eingebrachten Vermögenswerte (Kapitalanteile) Gesellschaftsrechte in der aufnehmenden Gesellschaft erhalten (vgl. Helbich, Umgründungen, Erläuterungen zum Strukturverbesserungsgesetz4, 502).

Dem Beschwerdefall liegt eine solche Verschmelzung durch Aufnahme zugrunde, welche als Zusammenschluß im Sinne der Art. IV § 11 StruktVG anzusehen ist.

Das von der belangten Behörde in der Gegenschrift unter Hinweis auf Helbich, a.a.O., 507f und 543f, vorgebrachte Argument, der Zusammenschlußvertrag müsse möglichst zeitnah zum Stichtag errichtet werden, an welchem die gesellschaftsrechtlichen Folgen eintreten sollen, und im Art. IV StruktVG fehlten rückwirkende Bestimmungen, sodaß diese "Zusammenschlüsse mit steuerlicher Rückwirkung" nicht mögich seien, schlägt nicht durch. Die Bestimmungen der Art. I § 1 Abs. 4 bzw. Art. III § 8 Abs. 4 StruktVG besagen keineswegs, daß eine "steuerliche Rückwirkung" im Anwendungsbereich des Art. IV § 11 StruktVG (der Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften betrifft, für die die besonderen Regelungen über die Erstellung der Jahresabschlüsse wie bei Kapitalgesellschaften nicht gelten) gänzlich ausgeschlossen ist (vgl. dazu Helbich, a.a.O., 591 mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 3327, 3328/80).

Bei der Grunderwerbsteuer bindet das Gesetz die Steuerpflicht schon an den Erwerb des Rechtstitels zur (späteren) Übereignung und damit an das erste, ins Rechtsleben tretende Ereignis, nämlich an die Begründung des Übereignungsanspruches, also an das Verpflichtungsgeschäft und nicht an das Erfüllungsgeschäft (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 95/16/0288, 0289). Da die Grunderwerbsteuerpflicht mit der Begründung des Übereignungsanspruches - dem Abschluß des Verschmelzungsvertrages - und nicht mit dem im Verschmelzungsvertrag angeführten Stichtag entsteht, kommt der in der Gegenschrift angeführten "steuerlichen Rückwirkung" im Beschwerdefall keine Relevanz zu.

Das von der belangten Behörde zur Stützung ihrer Argumentation im angefochtenen Bescheid zitierte Erkenntnis vom , Zlen. 81/15/0096, 0099, VwSlg. 5620/F, betraf einen mit dem vorliegenden nicht vergleichbaren Beschwerdefall. Ging es doch in diesem Fall um die Vorschreibung einer Rechtsgebühr bei der Einbringung eines Einzelunternehmens durch die Kommanditistin bei der Neugründung einer KG.

Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Für das fortgesetzte Verfahren wird zu beachten sein, daß die Vorschreibung im endgültigen erstinstanzlichen Bescheid unter Zugrundelegung der Bemessungsgrundlage mit dem zweifachen Einheitswert der Rechtslage entsprochen hat.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.