VwGH vom 22.04.1998, 95/13/0144
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der R & Co Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Heinz-Volker Strobl, Rechtsanwalt in Wien XXI, Floridsdorfer Hauptstraße 31, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat IIIa, vom , Zl. 11-94/2002/13, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1986 bis 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die nach Wiederaufnahme der betroffenen Verfahren ergangenen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1986 bis 1988 als unbegründet ab und änderte auf Grund der von der Beschwerdeführerin auch gegen den vorläufig erlassenen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1989 erhobenen Berufung diesen Bescheid ab und sprach die endgültige Umsatzsteuerveranlagung für das Jahr 1989 aus.
Wie der im Einklang mit der Aktenlage stehenden Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im angefochtenen Bescheid entnommen werden kann, hatte der Prüfer einer u.a. die Jahre 1986 bis 1988 umfassenden Betriebsprüfung im Unternehmen der Beschwerdeführerin, dessen Gegenstand u.a. der Handel mit Kraftfahrzeugen (Neu- und Gebrauchtwagen) sowie der Kleinhandel mit deren Bestandteilen und Zubehör ist, für das Jahr 1986 eine händische Buchhaltung in der Art eines amerikanischen Journals vorgefunden, wobei die Umsatzermittlung durch Gegenüberstellung des Bruttoein- und Bruttoverkaufspreises jedes einzelnen Kraftfahrzeuges erfolgt war. Von dem daraus resultierenden Übergewinn war von der Beschwerdeführerin eine Umsatzsteuer in Höhe von 20 % herausgerechnet worden. Diese Vorgangsweise war bei allen Geschäftsvorgängen unabhängig davon eingehalten worden, ob die Kraftfahrzeuge von einem zur Rechnungsausstellung nach § 11 Abs. 1 UStG 1972 berechtigten Unternehmer oder von einem privaten Veräußerer erworben worden waren. Für das Jahr 1987 hatte der Prüfer keine Abweichung von der im Jahr 1986 gewählten Vorgangsweise feststellen können. Der Prüfer ermittelte die Umsätze der Jahre 1986 und 1987 daraufhin auf dem Wege elektronischer Datenverarbeitung, indem er sämtliche Belege über Kfz-Einkäufe, getrennt nach solchen von Kfz-Händlern und solchen von Privatpersonen erfaßte. Verkäufe von Gebrauchtwagen, bei welchen die Bestimmung des § 4 Abs. 3 UStG 1972 nicht anzuwenden gewesen sei, und Verkäufe von Neuwagen unterzog der Prüfer dem Steuersatz von 32 %. Ferner stellte der Prüfer fest, daß Einkäufe von gebrauchten Kraftfahrzeugen von der Firma X. oftmals auf zwei Rechnungen derart aufgeteilt worden seien, daß in einer ersten Rechnung Rechnungsgegenstand das gebrauchte Kraftfahrzeug gewesen sei, während in einer zweiten Rechnung "anteilige Reparaturkosten bzw. Ersatzteile" in Rechnung gestellt worden seien. Reparaturaufträge hätten dem Prüfer in diesen Fällen nicht vorgelegt werden können, die Bezahlung der betroffenen Rechnungen sei nicht getrennt erfolgt und oftmals schon Wochen vor der tatsächlichen Auslieferung des betroffenen Kraftfahrzeuges geleistet worden. Der Prüfer vertrat dazu die Auffassung, daß diese Vorgangsweise von der Firma X. gemeinsam mit der Beschwerdeführerin zu dem Zweck gewählt worden sei, um der Besteuerung des gesamten Nettoerlöses mit 32 % zu entgehen. Es unterzog der Prüfer dementsprechend alle jene Geschäftsfälle, denen ein Kfz-Einkauf mit zwei Rechnungen zugrunde gelegen war, dem erhöhten Steuersatz nach § 10 Abs. 4 UStG 1972. Auch in den Jahren 1988 und 1989 hatte die Beschwerdeführerin nach den Feststellungen des Prüfers an den in den Jahren 1986 und 1987 wahrgenommenen Gepflogenheiten festgehalten; ausgehend von den für das Jahr 1987 festgestellten prozentuellen Abweichungen in der Ermittlung der Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen korrigierte der Prüfer die Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen für die Jahre 1988 und 1989 im gleichen Verhältnis.
In ihrer Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, daß der Prüfer nur die Kraftfahrzeugankäufe von Privatkunden als Durchlaufer im Sinne des § 4 Abs. 3 UStG 1972 anerkannt habe, während nach Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen diese Begünstigung auch dann zustünde, wenn der erste Unternehmer das Kraftfahrzeug zum Einstandspreis an den zweiten Unternehmer weiterveräußere. Die von Markenvertretungen erworbenen Fahrzeuge seien vom Vertreterunternehmen, welches schließlich im Besitz der Originalbestandteile sei, repariert worden, welche Arbeiten gesondert in Rechnung gestellt worden seien. Das vom Prüfer beanstandete Fehlen gesonderter Reparaturaufträge entspreche einer Branchenübung. Es werde begehrt, die Umsatzsteuer auf der Basis einer beigelegten Berechnung festzusetzen.
Nachdem der Prüfer in einer Stellungnahme zur Berufung geäußert hatte, daß dem Zahlenmaterial in den von der Beschwerdeführerin vorgelegten "Umsatzsteuerproben" keine Beweiskraft zukommen könne, zumal die Beschwerdeführerin keine konkreten schriftlichen Vereinbarungen habe vorlegen können, wurde die Berufung mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes abgewiesen, woraufhin die Beschwerdeführerin die Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz unter Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragte.
Im Verfahren vor der belangten Behörde wurde der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin zur Erläuterung der das Jahr 1989 betreffenden Umsatzsteuerprobe für den vorgeladen, zu welchen Termin er jedoch trotz ausgewiesener Ladung ebensowenig erschien wie zur mündlichen Berufungsverhandlung.
Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß der Erwerbspreis eines im Inland ausschließlich zu Zwecken der Weiterveräußerung erworbenen gebrauchten Fahrzeuges gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 UStG 1972 in seiner für die Streitjahre geltenden Fassung ausschließlich dann als durchlaufender Posten habe gelten können, wenn der Lieferer nach § 11 Abs. 1 UStG 1972 nicht berechtigt gewesen sei, eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis auszustellen. Die erst durch das Abgabenänderungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 660, erfolgte Änderung der Rechtslage lasse sich auf den Streitzeitraum nicht anwenden. Hinzu komme im Beschwerdefall, daß die Beschwerdeführerin die Behauptung aufschlagsfreier Weiterveräußerung gebrauchter Kraftfahrzeuge trotz Aufforderung nicht unter Beweis gestellt habe. Es sei aber auch die Vorgangsweise des Prüfers zu billigen, mit welcher dieser die Vorgangsweise umsatzsteuerlich getrennter Behandlung des Ankaufes instandgesetzter Gebrauchtwagen nicht akzeptiert habe. Gehörten Leistungen wirtschaftlich zusammen und bildeten sie eine Einheit, dann seien sie auch umsatzsteuerrechtlich als eine Leistung zu beurteilen, ohne daß es zulässig wäre, einen einheitlichen Geschäftsvorgang zum Zwecke einer günstigeren Umsatzbesteuerung in seine Bestandteile zu zerlegen. Der Ankauf eines gebrauchten Kraftfahrzeuges, das der Verkäufer durch notwendige Reparaturen und den Einbau von Originalbestandteilen noch aufbereiten solle, stelle einen einheitlichen Wirtschaftsvorgang dar, der einheitlich zu besteuern sei. Daß die Bezahlung beider Rechnungen regelmäßig gemeinsam, aber auch oft Wochen vor der tatsächlichen Auslieferung des jeweiligen gebrauchten Kraftfahrzeuges erfolgt sei, erhärte diese Betrachtungsweise im vorliegenden Fall ebenso wie der Umstand, daß getrennt vom Lieferdatum des Kraftfahrzeuges erteilte Reparaturaufträge von der Beschwerdeführerin nicht hätten vorgelegt werden können. Auch die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen durch den Prüfer begegne keinen Bedenken. Exakte Bemessungsgrundlagen für die Jahre 1986 und 1987 seien überhaupt erst durch die taxative Erfassung der Eingangsbelege durch den Prüfer in Form der getrennten Erfassung der Ankäufe von Händlern einerseits und Privaten andererseits ermöglicht worden. Die Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1988 und 1989 unter Zuhilfenahme der für das Jahr 1987 ermittelten prozentuellen Abweichungen der von der Beschwerdeführerin gehandhabten Ermittlung der Bemessungsgrundlagen von der rechtsrichtigen Bemessungsgrundlagenermittlung zu errechnen, sei eine zutreffend gewählte Vorgangsweise des Prüfers gewesen. Den der Berufung beigelegten Umsatzsteuerproben für die Jahre 1986 bis 1988 seien jeweils zu versteuernde Erlöse in geringerer Höhe als jene zugrunde gelegt worden, welche der Prüfer ermittelt hatte. Nur im Jahre 1989 sei die Beschwerdeführerin von höheren, von Durchlaufern bereinigten Erlöszahlen ausgegangen. Die Beschwerdeführerin habe ihre als "detaillierte Umsatzsteuerverprobung" bezeichnete Aufstellung nicht durch Zahlenmaterial erhärtet und eine ihr gebotene Möglichkeit, die Grundlagen der von ihr vorgenommenen Umsatzsteuerverprobung der belangten Behörde darzulegen, nicht wahrgenommen. Für den Fall des Ausbleibens sei der Beschwerdeführerin in der Vorladung angekündigt worden, daß der Umsatzermittlung für das Jahr 1989 die von ihr errechneten Erlöse zugrunde gelegt werden würden und die Aufteilung auf die einzelnen Steuersätze entsprechend dem vom Prüfer ermittelten Aufteilungsschlüssel vorgenommen werden würde. Da von der Beschwerdeführerin weder der Termin noch die mündliche Berufungsverhandlung besucht worden war, habe sie sich selbst der Möglichkeit begeben, ihre Argumente darzulegen und jene der Abgabenbehörde zu entkräften. Es gehe die belangte Behörde bei der Ermittlung der Erlöse des Jahres 1989 nach Berücksichtigung der Durchlaufer von jenem Betrag aus, der von der Beschwerdeführerin selbst zur Grundlage ihrer Umsatzsteuerprobe herangezogen worden sei. Auf der Basis dieses Betrages sei der Umsatzsteuerbescheid 1989 entsprechend abzuändern gewesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird vorgebracht, daß die Beschwerdeführerin immer auch die Möglichkeit gehabt habe, Fahrzeuge auch unrepariert anzukaufen. Da sie selbst keine Reparaturwerkstätte betreibe, sei sie zur Besorgung von Reparaturen auf eine Fachwerkstätte angewiesen gewesen, welche naheliegenderweise das Lieferunternehmen gewesen sei. Zufolge langjähriger Geschäftsverbindung seien schriftliche Reparaturaufträge nicht erforderlich gewesen, weil sich anfallende Reparaturen auch telefonisch hätten absprechen lassen. Es sei diese Vorgangsweise der Beschwerdeführerin von der Firma X. von Anfang an vorgegeben worden, was sie akzeptiert habe, da sie in der Praxis klaglos funktioniert und die Beschwerdeführerin die Gepflogenheiten des Kraftfahrzeughandels nicht so genau gekannt habe. Die Vorschreibung von Umsatzsteuer nach den Vorstellungen der Abgabenbehörde sei wirtschaftliche ruinös, wie anhand von Rechenbeispielen erläutert werde. Der Grundsatz der Unteilbarkeit der Leistung treffe auf die von der Beschwerdeführerin getätigten Einkäufe nicht zu. Die gleichzeitige Zahlung beider Rechnungen entspreche der buchhalterischen Ordnung. Daß Zahlungen schon vor Auslieferung eines Kraftfahrzeuges erfolgt seien, sei bedeutungslos. Hiefür könne es unterschiedlichste Ursachen geben. Die belangte Behörde sei auf die Umsatzsteuerproben der Beschwerdeführerin nicht eingegangen, sondern habe sich mit der unbewiesenen Behauptung einer Unwahrscheinlichkeit der in der Berufung geschilderten Gepflogenheiten über das fundierte Vorbringen der Beschwerdeführerin einfach hinweggesetzt. Es habe die Beschwerdeführerin keine Möglichkeit, in die Buchhaltung der Firma X. Einsicht zu nehmen; Sache des Prüfers wäre es gewesen, auf der Basis seiner Annahme einer unrichtigen Rechnungslegung durch die Firma X. diese zur Rechnungsberichtigung aufzufordern. Nur die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Umsatzsteuerproben hätten zu einem richtigen Resultat geführt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Daß sich nach der umsatzsteuerlichen Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Abgabenänderungsgesetzes 1989, BGBl. Nr. 660, derjenige, der ein gebrauchtes Kraftfahrzeug von einem Lieferer erworben hat, der zur Ausstellung einer Rechnung mit gesondertem Steuerausweis nach objektiven Gesichtspunkten berechtigt war, auf die Begünstigungsregel des § 4 Abs. 3 Satz 3 UStG 1972 in der damals geltenden Fassung nicht berufen konnte, hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen (vgl. etwa das im angefochtenen Bescheid zitierte hg. Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 6657/F, mit weiterem Nachweis). Die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung einer erheblichen wirtschaftlichen Nachteiligkeit der aus dieser Rechtslage erfließenden Umsatzbesteuerung für den Gebrauchtwagenhandel ist von vornherein schon kein Argument, welches eine dem Gesetz entsprechende Besteuerung als rechtswidrig erweisen könnte, weshalb sich eine Betrachtung der logischen Stimmigkeit der in der Beschwerdeschrift angestellten Rechenoperationen erübrigt.
Auch in der Frage der wirtschaftlichen Einheit des Verkaufes eines gebrauchten Kraftfahrzeuges einerseits und seiner vorherigen Reparatur und Instandsetzung andererseits und der daraus gebotenen Umsatzbesteuerung des als einheitlich zu beurteilenden Geschäftes ist der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht beizupflichten. Der Beschwerdefall gleicht auch in dieser Hinsicht derart weitgehend dem mit dem hg. Erkenntnis vom , 90/14/0012, entschiedenen Beschwerdefall, daß es gemäß § 43 Abs. 2 letzter Satz VwGG genügen kann, zu dieser Frage auf die Gründe dieses Erkenntnisses zu verweisen.
Auch der Aufhebungsgrund der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird von der Beschwerdeführerin nicht einsichtig dargetan. Daß und weshalb die von ihr in der Berufung dargestellte Ermittlung der Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen eher geeignet sei, zum "richtigen Resultat" zu führen, hat die Beschwerdeführerin im Verfahren vor der belangten Behörde trotz ausdrücklich und ausreichend gebotener Gelegenheit darzulegen verabsäumt. Daß die belangte Behörde angesichts der von der Beschwerdeführerin insoweit verweigerten Mitwirkung von der nicht als unschlüssig zu erkennenden Ermittlungsmethode des Prüfers ausgegangen ist, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden. Den Lieferanten der Beschwerdeführerin aber zu einer Rechnungsberichtigung aufzufordern, war nicht Sache des Prüfers, sondern wäre der Beschwerdeführerin freigestanden.
Die Beschwerde erwies sich damit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.